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Vorwort

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„Seinesgleichen geschieht“ heißt eine Kolumne, die unter diesem Titel seit 1983 in der Wiener Wochenzeitung Falter erscheint. Der Titel ist von Robert Musil entlehnt, aus „Der Mann ohne Eigenschaften“, dem österreichischen Roman schlechthin. Er spielt darauf an, dass alles, was geschieht, eben geschieht. Und darauf, dass man meint, alles, was geschieht, schon einmal gelesen zu haben. In der Tat könnte man manches vor 18 Jahren Geschriebene mit geänderten Namen heute wieder veröffentlichen.

Die vorliegende Auswahl beschränkt sich auf die beiden österreichischen Wendezeiten, also auf die Vorbereitung der ersten blau-schwarzen Koalition im Jahr 2000 bis zu deren Scheitern. Das rot-schwarze Zwischenspiel erwies sich nur als Vorbereitung auf die zweite, weitaus besser vorbereitete Wende 2017. Weitgehend ausgeblendet bleiben internationale Themen, Europa, Sport, Kultur und Polemik, mit denen sich die Kolumne ebenfalls auseinandersetzt.

Obwohl vom Herausgeber des Falter geschrieben, ist „Seinesgleichen geschieht“ kein Leitartikel, der das Programm der Zeitung Falter vorgäbe. Ebenso wenig ist die Kolumne eine private Äußerung oder gar ein Hobby. Sie ist vielmehr der Versuch, öffentlich selbst zu denken und dieses Denken literarisch zu formulieren. Getreu der Einsicht, dass der beste Inhalt, unangemessen ausgedrückt, die Sache verfehlt.

Der österreichische Kommandojournalismus kümmert sich weder um Form noch um Fakten, ihm liegt vor allem am ökonomischen Wohl der jeweiligen Herausgeber. Diese Kolumne ist ein Manifest gegen solchen dienstfertigen Journalismus. Sie kritisierte ihn von Anfang an. „Seinesgleichen geschieht“ setzte sich die Wiedergeburt der Medienkritik zum Ziel, allerdings ohne die Absicht, Öffentlichkeit zu zerstören, wie es das Kampfwort „Lügenpresse“ beabsichtigt. Vielmehr möchte die hier geübte Journalismuskritik Öffentlichkeit retten oder wiederherstellen.

Die Medienkritik von „Seinesgleichen geschieht“ tritt in dieser Auswahl weitgehend zugunsten von Zeitgeschichte zurück. Von 1994 bis 2014 endete die Kolumne mit dem Satz „Im Übrigen bin ich der Meinung, die Mediaprint muss zerschlagen werden“. Er richtete sich gegen das wider jedes Kartellrecht zustande gekommene Oligopol von Kronen Zeitung und Kurier, und später, in der Formulierung „Mediamil-Komplex“, gegen die Fusion von Mediaprint und News-Gruppe.

Dieser „letzte Satz“ machte den Verfasser bekannt als „den Mann, der sich so etwas zu schreiben traut“. Den Rest brauchte man nicht mehr zu lesen. Damit war der Satz von einer Widerstandsgeste zu einem Markenzeichen von Einverständnis geworden. Zudem lenkte er ab von neuen Kommunikationsverhältnissen. Die digitale Sphäre, von vielen als egalitäres demokratisches Eldorado begrüßt, erwies sich mit Datenextraktion und Verhaltensüberschuss als die Vorhölle von etwas, das man digitalen Totalitarismus nennen könnte. Mit dieser Gefahr lässt sich die lähmende Wirkung eines nach wie vor bestehenden österreichischen Print-Oligopols nicht vergleichen.

Die Texte wurden, wenn überhaupt, nur geringfügig verändert und mit kurzen erklärenden Einleitungen, Fußnoten und einem Namensregister versehen.

Armin Thurnher

Wien, Jänner 2019

Seinesgleichen

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