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Heiliges Römisches Reich (deutscher Nation) Das Heilige Römische Reich war ein ausgeprägt dezentrales, föderatives Gebilde, das sich aus einer Vielzahl politischer Einheiten zusammensetzte, die jeweils von einer eigenen Territorialobrigkeit (Landesfürst, reichsstädtischer Magistrat) regiert wurden. Es überwölbte als Dachverband Territorien (z.B. Bayern), die für sich Merkmale damaliger Staatlichkeit entwickelt hatten, war jedoch kein Staat. Die Frage, ob es als Gesamtheit ebenfalls frühe staatliche Merkmale aufwies und als „Reichs-Staat“ verstanden werden kann, war in den letzten Jahren Gegenstand einer Forschungskontroverse und wird mehrheitlich verneint. Der Zusatz „deutscher Nation“ wurde im 15. Jahrhundert beigefügt und bezeichnete einschränkend die deutschen Teile einschließlich Savoyens im Unterschied zu den Gebieten in Ober- und Mittelitalien („Reichsitalien“) sowie Burgund. Seine Grenzen sind nicht linear zu sehen, denn vor allem im Süden und Westen gab es breite Randzonen mit Bereichen unvollständiger Eingliederung. Ebenso wenig darf es als früher Nationalstaat der Deutschen missverstanden werden, denn der Länderkomplex war per se übernational angelegt – multilingual und gleichzeitig nicht alle deutschsprachigen Gebiete beinhaltend. Zusammengehalten wurde er durch übergreifende Institutionen: die Versammlungen der Reichsstände (Reichstage und gemeinsame Gerichtshöfe) und vor allem das Reichsoberhaupt, den von den Kurfürsten auf Lebenszeit gewählten römisch-deutschen König bzw. Kaiser. Mit der Würde war viel Prestige verbunden, jedoch nur wenig konkrete Herrschaftsgewalt. Um wirksam regieren zu können, musste der Kaiser mit den Reichsständen (Kurfürsten und Reichsfürsten) zusammenarbeiten (Kap. II.4). In der Historiografie kann man einen Wandel von der ablehnenden Haltung gegenüber dem Reich im 19. und 20. Jahrhundert (begründet durch den fehlenden preußischkleindeutschen Charakter) hin zu einer besonderen Wertschätzung seit den 1970er Jahren hinsichtlich der föderalen Rechts- und Friedensordnung nachzeichnen.

Rückzug Karls V. aus der Politik

Der Rückzug des Habsburgers aus der großen Politik begann im Sommer 1555, als er bekannt gab, als Kaiser abdanken zu wollen. Wenig später übergab er seinem Sohn Philipp II. (1527/55–1598) die Herrschaft über die Niederlande. Im folgenden Jahr trat er ihm die spanischen, italienischen und nordafrikanischen Gebiete sowie die Besitzungen in der Neuen Welt ab. Die Demission als Kaiser erwies sich als kompliziert, denn reichsrechtlich war Karl dazu gar nicht befugt. Erst 1558, wenige Monate vor seinem Tod, nachdem die Kurfürsten zugestimmt hatten, folgte ihm sein Bruder Ferdinand I. (1503/58–1564) offiziell auf den Thron. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Karl V. zurückgezogen in einem kleinen, neben einem Kloster gelegenen Palast in San Jerónimo de Yuste in Spanien.

Beweggründe

Über die Gründe des Machtverzichts spekulierten viele Historiker. Der Habsburger selbst verwies auf seine angegriffene Gesundheit. Einen gewichtigen Grund bildete ferner der Ausgang des Glaubenskonflikts im Heiligen Römischen Reich, denn der Augsburger Religionsfrieden 1555 beendete mit der reichsrechtlichen Anerkennung des Luthertums die Einheit der Kirche; eine Entwicklung, die der strenggläubige Habsburger nicht mittragen wollte. Zu nennen sind ferner Finanzprobleme, die zermürbenden Auseinandersetzungen mit Frankreich und die sich abzeichnende Kinderlosigkeit der Ehe seines Sohnes Philipp mit der englischen Königin Maria Tudor („Bloody Mary“, 1516/53–1558). Insgesamt dürften alle Faktoren zusammen zu einer allgemeinen Regierungsmüdigkeit geführt haben.

Spaltung des Universalreichs

Mit seinem Rückzug zerbrach das habsburgische Universalreich in zwei Teile (Karte: Die Habsburger Reiche um 1600, S. VIII): Die spanische Linie der Dynastie mit Philipp II. als Oberhaupt beherrschte die Gebiete auf der Iberischen Halbinsel und in Italien, die Niederlande, die Stützpunkte an der nordafrikanischen Küste sowie die Kolonien in Übersee. 1580 kamen durch Erbschaft Portugal und dessen Kolonialreich in Südamerika (Portugiesisch-Brasilien), Afrika und Asien hinzu (Iberische Union, 1580–1640/68). Das Herz bildete das bevölkerungsreiche Kastilien (ca. 400.000 km2), dessen König besonders viel Macht besaß und das für die Finanzen von entscheidender Bedeutung war. Der Herrschaftsbereich des österreichischen bzw. deutschen Zweigs mit Ferdinand I. an der Spitze war deutlich kleiner: Das Zentrum bildeten die Erbländer (ca. 103.000 km2), dazu kamen die Königreiche Böhmen (ca. 127.000 km2) und Ungarn (ca. 350.000 km2), das allerdings größtenteils von den Osmanen besetzt war, mit ihren Nebenländern. Der Habsburger war außerdem Kaiser und Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches.

Die Habsburger Reiche 1555-1740

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