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DER ZWEIFEL

TRAUERMARSCH

I

Wer hat das Schwefelschwarz der Todesnacht,

Den Sturz der Leiber heimlich ausgedacht?

Von Dunst beglitzert ziehen wir dahin,

Unsinnig flackert unser Daseinssinn.

Wir tappen Tänze wie im Singsangspiel,

Am Bühnenhorizont zerplatzt das Ziel.

Als Vagabunden, nur mit etwas Geld,

Begaffen und begaunern wir die Welt.

Selbst Glückesgrübler, Künstler, Staatenlenker,

Die Welt-Erneurer – sind nur Menschenhenker.

Es ist das unheilbare Leidensmal:

Der höchste Aufstieg zeugt die schwerste Qual.

Nur dann erhöht sich unser Menschenschritt,

Wenn er die Schwachgebornen niedertritt.

Doch wie wir uns auch in die Weiten dehnen,

Wir sind verseucht vom engen Erdenstöhnen.

Wir bleiben tolle Tölpel ohne Taten,

Teils voller Wahn, teils in den Schlamm geraten.

Das Erdentsetzen winselt weh und wund

Wie ein getretener verheulter Hund.

II

Weiter als der Wolkenfülle Stürme

Brechen unsre Wünsche ins Getürme

All der dunkel brüllend wilden Zeit,

Die kein Wille von sich selbst befreit.

Festgebunden an die Erdensperre,

Angekettet an das Schmerzgezerre,

Tragen wir den Ekel unsrer Lust,

Pfeile wilder Wachheit in der Brust.

Und wir beten, bitten, singen blind

In den leer verstreuten Aschenwind.

Und wir hängen an den milden Blicken,

Die wir träumen, um uns zu beglücken.

Freunde finden sich im Kämpfermut,

Todverwundet fluchen sie dem Blut.

Heulend, tosend tönen die Fanfaren,

Die den Tod der Erde offenbaren.

III

Der Lärm des Lebens knattert, pfeift und singt,

Ein Hagelsausen, das die Leiber düngt.

Muß an der Erde wie an einem Stein

Die unbegrenzte Brust gekreuzigt sein?

O möchte doch Aufruhrmusik erklingen,

In einen Taumeltraum die Leiber schwingen!

Doch schweige, Lust! Dein Aug’ ist nachtbenetzt,

Dein Weg ist todwärts durch den Raum gehetzt.

Wir können nicht die Erdenmacht zersprengen,

Solang wir Tiere sind in Felsenhängen.

Wir können nicht die Sonne niederreißen

Und nicht den Erdball in den Himmel schmeißen.

Wir sind gebannt, auch wenn wir rasend rennen,

An unser Fleisch, das wir den Menschen nennen.

Wir heulen einen tief zerstückten Schrei

Nach einem Sein, das mehr als Dasein sei.

Der kaum Geborne schreit schon Widerstand,

Als fürchte er den erdverfluchten Sand.

Was bleibt an Mut im Elendeinerlei?

Ein bißchen Glück, ein bißchen Narretei.

Man kreischt und zittert in den Erdenklippen —,

Und schweigt verbissen mit zerquälten Lippen.

Die Erdenfreunde sinken Blick in Blick —

Ein letzter Liebehaß zerreißt ihr Glück.

Und über allem brausen die Fanfaren,

Den Tod der Erde grell zu offenbaren.

Der unendliche Mensch (Arthur Drey) (Literary Thoughts Edition)

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