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Kapitel 4

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Wu Guan Tai sah die Hütte schon von weitem. Direkt am Fuße eines kleineren Berges stand sie da, vollkommen in die Landschaft eingebettet. Soweit er wusste war die Hütte aus gestampftem Lehm gebaut und mit Ziegeln überdacht. Um die Hütte herum gab es keinen Zaun und der Pfad, der zu ihr führte war kaum breiter als 30 Zentimeter. Der Meister überließ die Natur um die Hütte herum sich selbst, und entsprechend durchwachsen sah die Gegend hier eben aus. Im Inneren der Hütte würde aber Ordnung herrschen, das wusste Wu Guan Tai genau „Ordnung im Haus-Ordnung im Kopf“ pflegte der Meister zu sagen. Es ist nicht lange her als Guan Tai die Kunst des Feng Shui zu erlernen begann. Die Kunst mit seiner Umgebung im Einklang zu leben, das Qi der Himmelsrichtungen und der Sterne zu nutzen und durch sein Dasein die Harmonie der Natur nicht zu stören. Aber erst jetzt bemerkte er dass die Hütte eine freie Fläche vor dem Haus hatte; –Das ist der Phönix, er braucht einen freien Blick nach vorne um sich zu entfalten,- und hinter der Hütte ein Berg war. – Die Schildkröte bietet dem Haus Schutz, vor dem Haus herrscht Yang, hier fließt ein kleiner Fluss, es ist hell und es herrscht Bewegung, hinter dem Haus herrscht Yin, Ruhe und Schatten. Die Grundsätze des Feng Shui,- Guan Tai wiederholte im Kopf, was er einst gelernt hatte.

Der Meister hatte natürlich auch kein Schloss an seiner Tür. Er hatte schließlich so gut wie nichts, alles was er besaß war eine Matratze die mit irgendwelchen merkwürdigen Algen gefüllt war, einen kleinen Tisch, einen Stuhl, Kleidung und einige Bücher. Die Bücher waren jedoch sehr alt und vermutlich nicht nur wegen ihres Inhalts wertvoll. Es waren meist Bücher zu allen möglichen Philosophien. Unter Ihnen fand man daoistische Klassiker wie das Dao De Jing, Zhuang Zi, Liezi oder Daozhang. Aber es gab dort auch buddhistische, konfuzianistische, christliche und islamische Heilige Schriften. Dazu viele Schriften über Medizin, Kampfkunst und Geschichte. In der kleinen Küche hatte er etwas Geschirr und unheimlich viele Kräuter, die er selbst gesammelt hatte. Unter dem Boden der Küche befand sich auch noch ein Erdloch, das hin und wieder als Kühlschrank genutzt wurde. Der Meister machte sich keine Sorgen um Diebe: man sollte nicht an Dingen haften, wenn was wegkommt hat es eben ein anderer, ich hoffe es nützt ihm dann genau so viel wie zuvor mir!“, antwortete der Meister einst auf Guan Tais Frage ob er denn keine Angst habe, dass jemand seine Hütte ausrauben könnte.

Guan Tai näherte sich rasch der Hütte. Es gab immer noch etwas Sonnenlicht, welches die malerische Landschaft der Wudang Berge magisch erscheinen ließ.

„Onkel, ich bin wieder da!“, rief er in Richtung der Hütte.

„Onkel, bist du zu Hause?“, Guan Tai nannte seinen Meister immer Onkel, das war eine der Bedingungen, damit er von ihm als Schüler akzeptiert wurde. Es war zwar etwas ungewohnt so einer Respektperson nicht die in Asien übliche Ehrfurcht vor dem Meister auch sprachlich entgegenzubringen, also ihn auch Meister zu nennen, aber er wollte es nicht. Sein Meister war eben anders. Er war eigenartig und wie Guan Tai mittlerweile überzeugt war, war er auch einzigartig.

„Onkel!“, Guan Tai war nur noch zwei Schritte von der Tür entfernt als diese plötzlich aufging.

Guan Tai hatte ein breites Grinsen auf seinem Gesicht, doch in der Tür sah er jemanden, den er nicht erwartet hatte. Er stoppte überrascht vor der Tür.

„Wo...wo ist der Onkel?“, stotterte Guan Tai.

Vor ihm stand eine der hübschesten Frauen, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Sie hatte lange schwarze Haare, große braune Augen und volle Lippen. An ihrer Kleidung und ihrem geschminkten Gesicht, erkannte er sofort, dass sie keine von den daoistischen Nonnen sein konnte, die den Meister manchmal besuchen, um ihn in allen möglichen Angelegenheiten um einen Rat zu bitten. Sie war sehr modern angezogen. Eine kurze dunkle Jeansjacke, ein weißes Kleid darunter und dazu völlig unpassende Turnschuhe die sie jedoch offensichtlich nur wegen der Wanderung in die Berge trug.

„Du bist bestimmt Guan Tai, ich heiße Mey!“, sagte die junge Frau freundlich.

„Hallo!“, erwiderte Guan Tai und hob etwas seine Hand zum Gruß um zu winken.

„Der Meister hat mich gebeten hier auf dich zu warten “, sie machte eine einladende Bewegung, „komm doch rein.“

Guan Tai folgte ihr in die Hütte, darin hatte sich wieder mal nichts verändert. Schon seit Jahren nicht. Nur roch es jetzt nach Parfum.

„Du hast bestimmt Hunger von der langen Reise.“ Sie griff in eine große weiße Handtasche „Ich habe dir etwas gebratenen Reis aus der Stadt mitgebracht“

Sie reichte ihm die Dose mit dem Reis.

„Leider ist er schon kalt geworden.“

„Das macht nichts.“

Guan Tai bedankte sich und stellte die Dose auf den Tisch.

„Wo ist denn der Onkel hin?“

„Er ist in die Berge um…“, die junge Frau zögerte etwas, „ich glaube er hat was von Talismanen gesagt“, sagte sie vorsichtig, als ob sie raten würde. „Er will morgen wiederkommen.“

„Talismane? Wozu?“, rutschte es Guan Tai heraus.

Mey zuckte bloß mit den Schultern.

„Ich würde ja noch gern bleiben aber ich muss langsam los bevor es dunkel wird“, sagte sie und schaute auf ihre goldfarbene Armbanduhr. „Ich warte hier schon ziemlich lange, der Meister hat mir nicht gesagt, wann genau du kommst.“

„Entschuldige.“

„Naja, das macht nichts. Du kannst ja nichts dafür.“ Sie packte ihre weiße Tasche und stand schon bald in der Tür: „Ich hoffe wir sehen uns bald wieder.“

Guan Tai wusste nicht wie gut Mey sich in diesen Bergen auskannte. Es wurde immer dunkler und er wurde so erzogen, dass er eine Frau nicht nachts alleine durch den Wald gehen lassen konnte. Außerdem hatte er sowieso nichts mehr zu tun solange der Meister nicht da war, also schlug er ihr vor, sie zu begleiten.

„Aber wenn du dann zurück läufst wird es schon sicher ganz dunkel sein“, entgegnete Mey.

„Ich kenne diese Gegend ganz gut“, gab Guan Tai zurück. Mey lächelte.

Die beiden machten sich auf den Weg. Schüchtern und schweigend liefen sie den schmalen Pfad entlang, den Guan Tai gerade erst gekommen war, durch das satte Grün der Wudang Berge. Doch obwohl sie sich zum ersten Mal getroffen hatten, fühlten sie sich nicht fremd, was Guan Tai nicht ganz verstehen konnte.

Meister der Pyramiden

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