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2.

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Als Oma endlich aufgehört hatte, Opa zu beweinen und Abfall und Tabletten überall im Haus zu horten, fuhren die Kinder zusammen mit ihr und mit ihrem Onkel nach Smoluća, jenem Dorf, in dem die Großmutter geboren und aufgewachsen war, um dort die Sommerferien zu verbringen. Nach ihrer Ankunft wechselte der Onkel sogleich vom Fahrersitz auf die Bank unter einem Walnussbaum, öffnete eine Flasche Bier und betrachtete die Wiese vor dem benachbarten Ferienhaus. Die Kinder umkreisten ihn, drei Mädchen, die alles wissen wollten. Der Onkel trank in großen Schlucken.

»Willst du später in dem Fass baden?«, fragten die Kinder.

»Natürlich«, sagte der Onkel.

Am selben Tag sollten Verwandte in das benachbarte Ferienhaus einziehen. Sobald sie einträfen, würden alle auf die Bäume klettern und sich gegenseitig mit unreifen Früchten, zumeist Pflaumen, bewerfen. Der Onkel würde ihnen helfen, sich dünne, gezwirbelte Schnurrbärte ins Gesicht zu malen. Sie würden Maiskolben von dem benachbarten Feld klauen und den Dorfkindern dafür die Schuld in die Schuhe schieben. Die älteste Cousine würde vermutlich zu viel unreifes Obst und Mais essen und anschließend – wie im letzten Jahr – zwei Stunden auf dem Plumpsklo verbringen. Die anderen Kinder würden lachen und ihr angewidert neue Rollen Toilettenpapier anreichen. Alles wäre wie immer.

»Der Brunnen ist ausgetrocknet«, hörten sie die Großmutter vom Fuß des Hügels rufen. »Es gibt keinen Tropfen Wasser.«

Der Onkel trank weiter sein Bier und machte sich keine großen Sorgen. Er mochte es sowieso lieber, zu Hause zu bleiben und sich vor den Fernseher zu fläzen.

»Es gibt kein Wasser, mein Gott, es gibt Schlimmeres«, sagte er zu den Kindern.

Jedes Mal, wenn sie hier waren, sagte der Onkel: »Unten im Tal, direkt neben dem Brunnen, liegen riesige, mit Gold gefüllte Krüge vergraben. Wenn die Außerirdischen kommen, um mich zu holen, werde ich sie ausgraben und mit zum Mars nehmen.«

»Vergiss bloß nicht das Bier«, pflegte Oma ihm bissig zuzuwerfen, aber der Onkel scherte sich nicht um ihre Worte.

»Warum graben wir sie nicht sofort aus?«, fragten die neugierigen Kinder.

»Weil die Zeit noch nicht reif ist«, sagte der Onkel.

Die Kinder glaubten ihm, weil er zu Hause eine umfangreiche Kollektion der Zeitschrift Arke hatte, die sich den Themen Ufos, Hexen, Meeressirenen und Geister verschrieben hatte. Und die Kinder lasen sie immer, wenn sie Gelegenheit dazu hatten. Hier und da hatten sie auch Pornos gefunden, die der Onkel in Schallplattenhüllen versteckte. Sie konnten nicht verstehen, warum er sie ausgerechnet dort aufbewahrte oder warum er sie überhaupt versteckte.

»Oma, Oma, wo kommt das denn her?«, fragten die Enkelinnen einmal.

Die Großmutter, die mitgekommen war, um die Wohnung des Onkels aufzuräumen, fing sich schnell.

»Das hat Opa vor langer Zeit im Hauseingang gefunden und hierhergebracht, damit wir damit die Fenster putzen können.«

Die Kinder waren naiv, aber nicht dumm. Es war klar, dass Oma etwas verbarg. Bald darauf, als sie das nächste Mal in die Wohnung des Onkels kamen, lagen die Pornos nicht mehr in den Schallplattenhüllen, die Arke-Hefte lagen dennoch an ihrem gewohnten Platz. Die Kinder fanden all das seltsam. Die Bilder, die man in den Arke-Heften sehen konnte, kamen ihnen merkwürdiger vor als jene, mit denen der Onkel angeblich die Fenster putzte, und diese hatte er jedoch nicht versteckt. Die Großmutter kam langsamen Schrittes zum Ferienhaus. Der Onkel sah sie lächelnd an.

»Wie willst du in dem Fass baden, wenn es kein Wasser gibt?«, fragten ihn die Kinder.

»Ich werde das Fass mit nach Hause nehmen«, antwortete der Onkel und nahm noch einen Schluck Bier.

»Wir müssen Zoran rufen«, warf Oma ein. »Ich glaube, dass der Brunnen nicht mehr zu retten ist.«

»Warum willst du ihn nicht mit den Kindern holen gehen?«, fragte der Onkel und öffnete ein neues Bier. »Das Auto schafft diesen steilen Hang nicht. Ihr könnt durch den Wald spazieren gehen.«

Großmutter blickte ihn an, sagte aber nichts. Sie drehte sich zu ihren Enkelinnen und fragte: »Möchtet ihr mit mir einen Spaziergang machen?«

»Wir würden lieber mit dem Onkel gehen«, antworteten sie.

Die Großmutter küsste sie der Reihe nach auf die Stirn, blickte wieder ihren Sohn an und sagte ruhig: »Sag Zoran, er soll sich beeilen. Das ist schon der dritte Brunnen, der ausgetrocknet ist. Und auch im Brunnen deiner Schwester gibt es kein Wasser.«

Der Onkel stand lustlos auf und zog ein T-Shirt an, das er einige Minuten zuvor wegen der Julihitze ausgezogen hatte.

»Vielleicht schafft es der Fiat doch bis zu Zorans Haus. Der Hang ist gar nicht so steil«, sagte er.

Mars

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