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Der König ist tot, lang lebe der König!

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Caye Caulker, den 4. November 2019 Adios Mexiko - Welcome Belize. Das Ende des einen, ist der Anfang des Nächsten, wie es die französische Heroldsformel zum Ausdruck bringt. Wir waren in den wenigen Tagen auf der Yucatán-Halbinsel in Mexiko ausgesprochen glücklich. Wir fühlten uns willkommen und hatten nach der Abfahrt sogleich Fernweh bekommen, obschon wir gerade eben nur knapp zwei Seestunden vom mexikanischen Festland entfernt sind, aber der Reihe nach. Für uns beide war der Tag des ersten internationalen Grenzübertritts angebrochen. Nachdem wir aus Erfahrung berichten konnten, dass ein Spaziergang in praller Hitze auf dem Highway möglich, aber nicht sinnvoll ist, hatten wir uns für den Rückweg von unserer Unterkunft nach Bacalar ein Taxi bestellt. Mit Marschgepäck wäre die Strecke ohnehin wesentlich beschwerlicher geworden. Ohne Bargeld in der Hosentasche setzte uns der Taxifahrer deswegen am Park neben den Geldautomaten ab. Während Bianca Geld abhob, verkürzte ich die Wartezeit, indem ich mit dem Fahrer über unser nächstes Ziel Chetumal sprach. "Mit dem Taxi?" "Nein, mit dem Bus." "Ah, zur Busstation fahren?" "Nein, wir laufen." Der Zeitfüller war geglückt und der Taxifahrer fühlte sich dem Anschein nach ebenso von der Bezahlung, wie von meiner Scharade beglückt, als ich ihm verständlich machen wollte, dass wir laufen. Es sah aus als wolle ich Skilaufen, aber das kannte er wahrscheinlich nicht. Kurzum, die Strecke ist von geringer Distanz, aber jeder Mexikaner, der eine adäquate Alternative zum Laufen sieht, nimmt diese wahr. Selbst in Europa, zum Beispiel im portugiesischen Lissabon, galt unmotorisierten Fortbewegen lange Zeit als Zugeständnis der eigenen Armut, deswegen blieb trotz eines grünen Rucks Fahrräder als verpönt. In Mexiko wurden Fußgänger mit Gepäck, nicht weniger seltsam beäugt. Der Eindruck entstand, dass das Geld für einen gebrauchten Pick-up oder einen nostalgischen VW Käfer nahezu immer ausreichte. Gerade die deutschen Modelle erfreuten sich großer Beliebtheit. In einem senffarbenen Käfer klebte in der Heckscheibe sogar die Schwarz-Rot-Goldene Flagge als Aufkleber mit der Inschrift 'Führer Wagon Club' - Deutsche sind im Allgemeinen hier besser angesehen, als auf anderen Erdteilen. Wir trafen unseren Taxifahrer wieder, als wir die Busstation erreichten. Prompt ahmte er meine vorherige Bewegung lachend nach, während er seinen nächsten Kunden bediente. Wir beobachten danach die Mechanismen, die griffen, sobald ein Bus anhielt. Ein Sandwich- und ein Knabbergebäckverkäufer stürmten ad hoc den Bus, der dritte im Bunde trug die Salsa und folgte mit etwas Verzögerung, durfte aber natürlich nicht fehlen. Ein schweißtreibendes Business seine Waren unter diesen Anstrengungen anzubieten, aber es funktionierte. Wir wurden natürlich auch angesprochen, jedoch nur einmal. Der Mexikaner drängt sich nicht auf, er fragt höchstens einmal und bohrt bei einer Verneinung nicht weiter. Diese Feststellung ist uns sooft widerfahren, weswegen wir sie ohne schlechtes Gewissen verallgemeinern können, so wie die Eigenheit, dass die Person, die mit einer Frage nichts anzufangen weiß, häufig einfach mit "Si" und noch häufiger mit "Si Si" bestätigt. Auf diese Weise warteten wir auf der falschen Straßenseite auf unseren Bus und stiegen aller Voraussicht nach auch zu früh aus diesem aus. Direkt nach dem Ausstieg konnten wir darüber bereits lachen, wenngleich der Weg durch Chetumal, bei dem ich mich permanent fragte, ob wir durch ein Ghetto oder einen noblen Vorort gingen, scheußlich anzusehen war. Die im Zenit stehende Sonne tat ihr übriges, aber trotz aller Widrigkeiten erreichten wir rechtzeitig den Hafen von Chetumal, um die einzige Fähre des Tages nach Belize zu bekommen. Auffällig waren die dort angebrachten Hinweisschilder, die vor Krokodilen warnten, aber warum? Bei dieser tristen Umgebung würde ich als Panzerechse vermutlich keine Zeit in Chetumal verschwenden. Die Tickets sind gezahlt nach erster Uneinigkeit über den Preis und wiederholtes Geldabheben, danach füllten wir das Immigrations-Formblatt für die Einreise nach Belize aus und mussten für die Ausreise 558 mexikanischen Pesos berappen, umgerechnet 63 Euro. Als Befürworter der 'No Borders, No Nations'-Idee wurde ich vom bürokratischen Eifer eingeholt. Eine einzelne Frau wies somit geschätzt 50 Menschen aus. Wo ihr Arbeitsalltag endete, begann der Auftritt eines Militärs. Auf der schmalen Zufahrt zum Abfahrtshäuschen wurden zwei Reihen gebildet und einander gegenüber gestellt, das Gepäck zwei Schritte entfernt davor. Nun waltete der Polizeispürhund seines Amtes, der dabei fürs Protokoll von seinem schwer bewaffneten Herrchen gefilmt wurde. Eine groteske wie gleichsam witzige Situation, zumal währenddessen aus den Hafenlautsprechern laut Umberto Tozzi mit seinem berühmten Lied 'Ti amo' tönte. Das Festland schrumpfte zu einem schwarzen Gürtel, der Himmel und Meer zusammen zuhalten versuchte. Die Einreise in San Pedro war simpel. Alle, auch die Weiterfahrenden stiegen aus, um sich einen Einreisestempel zu organisieren, die Einreisegebühr zu bezahlen und um den nominellen Gepäckscanner zu passieren. Nominell deswegen, weil es zwar Sicherheitspersonal gab, die sich aber nicht im geringsten für eine Kontrolle interessierten und lieber weiter miteinander plauschten. Erneutes Verstauen unseres Gepäcks unter Deck und eine letzte Etappe konnten beginnen, diesmal führte sie direkt in den Sonnenuntergang, vorbei an Mangroveninseln auf die offene See, bis das Eiland Caye Caulker so groß gewachsen war, dass wir darauf stehen konnten. Die Menschen, die hier ihre Chauffeursdienste zur Unterkunft anboten, wirkten schlagartig aufdringlicher, freilich der Armut geschuldet, denn als ehemalige Kolonie Britisch-Honduras wurde ihnen selten etwas geschenkt, als letztes die Unabhängigkeit im Jahr 1981, jedoch gibt es weiterhin tragende Verbindungen zum britischen Empire, wie das Konterfei von Queen Elisabeth II. auf Geldscheinen, sowie Münzen, erahnen lässt. Durch Kooperationsverträge ist Belize auch stark an Guatemala gebunden, welche stets darauf lauern, das Land komplett in Anspruch zu nehmen, wie natürlich ebenso der andere Nachbar Mexiko. Da bekommt der lateinische Sinnspruch auf der Nationalflagge 'Sub umbra floreo' ('Im Schatten blühe ich auf') gleich eine weitreichende Bedeutung. Auf der Suche nach unserer Unterkunft, die sich direkt an den Anlegern befinden sollte, verneinten wir jegliche Hilfe, denn wir konnten noch kein Vertrauen fassen, wo wir Mexiko schmerzlich vermissten! Wir überwanden uns schließlich und fanden, dank der Hilfe eines Rastafaris, unser Hostel - das Abenteuer Belize kann beginnen.

Mañana

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