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PROLOG – DIE ENTSCHULDIGUNG

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6. Februar 2020. Es klingelte an der Haustür, und ich schaute auf meine original afrikanische Rolex: 15 Uhr und 26 Minuten. Pünktlich wie die Maurer. Carlo, mein Tourmanager, war eben nicht nur ein kluger und besonnener, sondern auch äußerst zuverlässiger Mensch. Ich öffnete die Tür und sagte: „Carlo, ich dachte schon, du kommst nicht mehr!“

Er verzog keine Miene und schnappte sich meinen verbeulten Alukoffer. Völlig emotionslos entgegnete er: „Wir haben 15.30 Uhr gesagt, es ist 15.28 Uhr.“

Ich antwortete leicht schnippisch. „Ja, eben! Was ist denn da los? Du bist doch sonst so pünktlich!“

Natürlich kannte Carlo meine kleinen Provokationen und Sticheleien. Statt mir zu antworten, hängte er sich meinen Rucksack um, und wir gingen gemeinsam zum Auto. Ich stieg ein und sah mit einem Blick, dass Carlo alles im Griff hatte. In den Türfächern waren überall Wasserflaschen und Jägermeister-Fläschchen platziert, das Ladekabel fürs Handy steckte im USB-Schlitz. Ich hatte es kaum eingestöpselt, da klingelte es.

Töne Stallmeyer, mein Manager, meldete sich: „Na, Dicker, alles klar gleich für Lanz? Bist du in der ersten oder zweiten Aufzeichnung?“

Ich schaute fragend nach links.

Im Gegensatz zu mir wusste Carlo es natürlich. „Wir sind in der ersten!“

Töne seufzte erleichtert. „Danke, Carlo. Wenn sich der feine Herr Schröder schon nicht für seine Termine interessiert, beruhigt es mich doch sehr, dass wenigstens du Bescheid weißt!“

Ich verschraubte die Augen hinter meiner legendären, blau getönten Alpina-Brille. „Ey, Töne, komm mal runter. Wie oft war ich schon bei Lanz? Das ist doch Routine, das mach ich im Schlaf, das Ding lauf ich auf ’ner halben Arschbacke nach Hause! Du weißt doch, wie das läuft: reinkommen, Heidemanns Guten Tag sagen, bisschen Small Talk mit Markus Lanz, schminken, ab in die Sendung und fertig!“

Töne ließ nicht locker. „Ist Heidemanns denn da? Oder turnt der wieder auf Mallorca rum?“ Markus Heidemanns, der Produzent der Sendung Lanz, besitzt ein schönes Haus auf Mallorca, wo Töne und ich ihn schon oft besucht haben.

„Weiß ich nicht, Töne. Ich bin ja kein Hellseher.“ Ich hätte genauso gut sagen können: „Wer Hühner klaut, der frisst auch Raps“, es hätte nichts genutzt. Er hörte einfach nicht auf zu fragen.

„Weißt du denn wenigstens, wer sonst noch in der Sendung ist?“

„Nee, Töne, ist doch auch egal. Wahrscheinlich irgendeiner, der immer da ist, Lauterbach oder Kubicki. Völlig wumpe, irgendwann bin ich dran, und dann heißt es wie immer: ,Bin da, kann losgehen‘, bisschen Tour-Promo und zum Schluss was von Furzen im Fahrstuhl, die Nummer kommt echt gut an!“

„Furzen im Fahrstuhl?“ Tönes Stimme klang besorgt. „Du weißt, dass da heute auch eine Holocaust-Überlebende sitzt?“

Um ihn noch ein bisschen mehr zu beunruhigen, sagte ich: „Ja, Töne, egal, das macht doch nix. Umso wichtiger, dass ich da ein bisschen Spaß reinbringe, wenn ich dran bin! Wir sind jetzt am Studio, ich melde mich nach der Sendung und sage dir, wie es gelaufen ist!“

Ich steckte das Handy in die Jackentasche und stieg aus. Mein Gott, dieser Töne ließ nie locker. Das war schon beeindruckend. Seit 2002 kümmerte sich das rothaarige Energiebündel um meine Karriere, mit einem Engagement und einer Leidenschaft, die nie nachzulassen schienen. Alles war wichtig, jedes noch so kleine Detail behielt er im Auge. Während ich nach zwanzig Jahren Supercomedy-Stardasein meinen Legendenstatus gerne mal mit ironischer Distanz betrachtete und die Zügel nicht mehr ganz so stramm in den Händen hielt, war er immer auf Sendung und ließ nichts anbrennen. Am liebsten wäre er wahrscheinlich hier vor Ort, um alles selbst zu regeln. Das ist sein Ding, er ist ein absoluter Kümmerer. Wenn Töne in der Garderobe ist, gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: Er ist der Letzte, der meine prachtvollen Locken zurechtzupft. Egal ob ich schon von meiner Maskenbildnerin oder sonst wem geschminkt und frisiert wurde, kurz bevor wir die Garderobe verlassen, fuckelt er mir mit einer Gabel in meinen Haaren herum. Das lässt er sich nicht nehmen, und keiner wagt es, ihm in die Parade zu fahren. Ich schon gar nicht, ich bin ja nicht lebensmüde und lege mich mit dem roten Höllenhund an! Ich liebe diesen Kerl.

All das ging mir durch den Kopf, als wir durch die Produktionsfirma Die Fernsehmacher schlenderten, um ein Redaktionsmitglied zu finden. Auf einmal hörte ich Markus Heidemanns über den Flur rufen: „Da ist ja unser neuer Promi-Hamburger! Lass dich mal drücken, mein feiner Freund!“

Wir umarmten uns herzlich und warfen uns die üblichen Floskeln an den Kopf. „Müssen uns unbedingt wieder treffen … habe ein sensationelles neues Bouillabaisse-Rezept … und, schon eingelebt in Hamburg?“ Die letzte Frage ging an mich, weil ich vor ungefähr einem halben Jahr nach Hamburg gezogen war. Ich wollte gerade antworten, da redete Markus schon hektisch weiter. „Du, wir haben heute eine Auschwitz-Überlebende zu Gast, am besten du …“

Ich fiel ihm ins Wort. „Kein Problem, Markus, ich halt mich da komplett raus, ist ja überhaupt nicht meine Baustelle.“

Er nickte zufrieden, haute mir auf die Schulter und verschwand in der Regie.

Die Aufnahmeleiterin erschien. Sie zeigte uns die Garderobe und den Aufenthaltsraum, wo schon ein paar Leute saßen. Carlo und ich nahmen uns einen Kaffee und ein paar von den Süßigkeiten, die auf einem großen Tisch lagen. Kauend schaute ich mich um. Nichts los. In der Ecke saßen eine kleine ältere Frau und eine jüngere Begleiterin. Wahrscheinlich gehörten die beiden zu einem der anderen Talkgäste, von denen aber noch keiner da war. Mir wurde langweilig. Ich nahm meinen Kaffee, ließ mir von Carlo die Garderobe aufschließen und sagte ihm, ich würde jetzt ein Nickerchen machen, bis Patsy, meine Maskenbildnerin, käme. Carlo nickte nur. Fünf Minuten später war ich herrlich eingedöst.

Bumm-bumm-bumm, hämmerte es an der Tür. Verdammt! Da hatte ich wohl richtig tief geschlafen. Ich erhob mich mühsam, torkelte zur Tür und schloss auf. Patsy und Carlo betraten grinsend den Raum. Nach dem üblichen „Küsschen links, Küsschen rechts“ fing Patsy an, mein vom Schlaf zerknautschtes Antlitz zu veredeln. Zehn Minuten später, ich war gerade fertig, klopfte die Aufnahmeleiterin an die Tür: Zeit für die Sendung! Artig trabten Carlo und ich hinter ihr her, direkt ins Studio.

Ich wurde vom Tontechniker verkabelt und zu meinem Sitzplatz geführt. Als ich mich setzte, betrat mein alter Freund Markus Lanz das Studio. Er flüsterte mir im Vorbeigehen zu: „Wir sehen uns nach der Aufnahme in meiner Garderobe!“, und wandte sich dann an die anderen Talkgäste – den Virologen Jonas Schmidt-Chanasit von der Universität Hamburg und … ja, zu meiner Überraschung saßen da die beiden Damen aus dem Catering!

Beide begrüßten mich. Die Ältere, die recht frisch und elegant aussah, hieß Eva Szepesi. Die andere war ihre Tochter Anita und ungefähr mein Alter, vielleicht fünf Jahre jünger. Anita konnte es sich nicht verkneifen, mir augenzwinkernd zu stecken, dass die beiden mich schon für „ganz schön arrogant“ gehalten hatten, weil ich sie im Aufenthaltsraum weder gegrüßt noch sonderlich beachtet hatte. Ich versuchte ihr zu erklären, dass das keine Absicht gewesen war, sondern eher auf meine Müdigkeit zurückzuführen, aber sie winkte lächelnd ab. „Alles okay“, sagte sie nur.

Dann ging die Aufzeichnung los. Und mir wurde schlagartig klar, dass diese aparte ältere Dame – Eva Szepesi –, dass sie die Holocaust-Überlebende war. Ich hatte von einer solchen Person gar keine Vorstellung gehabt. Wann trifft man schon mal eine Frau, die das abscheulichste Verbrechen der Menschheit überlebt hat, das Inferno des Grauens, die millionenfache, fabrikmäßige, bestialische Tötung von über sechs Millionen Menschen …? Eva Szepesi sah überhaupt nicht verhärmt, schwächlich oder von abscheulichen Erlebnissen gezeichnet aus. Das ging mir durch den Kopf, als das Interview mit ihr und ihrer Tochter begann.

Eva Szepesi berichtete eindrucksvoll von ihrer unfassbaren Leidensgeschichte. Als Zwölfjährige kam sie am 2. November 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau an. Weil ihr eine Aufseherin gesagt hatte, dass sie sich besser als Sechzehnjährige ausgeben sollte, wurde sie vor dem sofortigen Gang in die tödlichen Gaskammern bewahrt. Als sich Ende Januar 1945 der Todesmarsch aus dem Lager in Bewegung setzte, weil die Russen näher rückten, nahm man Eva nicht mit, weil man sie schon für tot hielt. Bei der Befreiung des Lagers am 27. Januar 1945 rettete sie ein russischer Soldat. Da hatte sie schon mehr als eine Woche lang ohne Essen und Trinken in der Kälte zwischen all den Leichen ausgeharrt.

Ich war entsetzt.

Natürlich kannte ich Filme zum Thema, aber die Geschichte dieser kleinen, tapferen und würdigen Frau zu hören, das war eine ganz andere Nummer. Das war kein abstraktes Filmdokument, sondern hier saß eine Frau im deutschen Fernsehen, die allen Grund hätte, nie wieder einen Fuß ins Land der Täter zu setzen. Ich rutschte während der Schilderung der Ereignisse auf meinem Sessel hin und her. Evas Tochter Anita, die vorher erzählt hatte, wie sie ihre Mutter dabei unterstützt, öffentlich über ihre Zeit im Konzentrationslager zu reden, bemerkte meine Unruhe. Sie berührte zwischendurch immer wieder besänftigend meinen Arm. Aber ich kriegte mich überhaupt nicht mehr ein. Evas Schicksal ging mir durch Mark und Bein.

Nur am Rande bekam ich mit, dass Markus Lanz mittlerweile mit Jonas Schmidt-Chanasit über ein neuartiges Virus in China sprach. Der Tenor war damals, zumindest in meiner Erinnerung: Der Chinese mag gerne Fledermaus süß-sauer, da hüpft schon mal ein putziges Virus rüber zum Menschen, das kann schlimm werden – hier bei uns aber wahrscheinlich nicht, und wenn, dann wird’s auch nicht schlimmer als ’ne ordentliche Wintergrippe.

Kam alles ganz anders. Das wissen wir jetzt. Aber am 6. Februar 2020, da war Corona noch in Wuhan.

Während Lanz also mit dem Virologen plauderte, kam in mir ein Gedanke hoch: Wie wahnsinnig das eigentlich war, dass da ein Opfer im Sessel saß, das ungefähr so alt war, wie mein Vater gewesen wäre, der allerdings auf der Seite der Täter gestanden hatte. Der als Panzerfahrer im Krieg schreckliche Dinge erlebt und verbrochen hatte.

Der Gedanke war so überwältigend, so unfassbar und beschämend auf einmal. Unglaublich, wie die Zeiten sich änderten! Ich saß auf diesem Stuhl, in diesem Fernsehstudio, neben der Opferfamilie Szepesi als der Sohn meines geliebten Vaters, Vertreter des Tätervolks. Quasi als Täterkind neben dem Opferkind, eine Generation später. Zwei Kinder, aufgewachsen im Frieden, großgezogen von Eltern, die in einem mörderischen Krieg ihre Jugend verloren hatten. Was für ein Wahnsinn, was für eine Geschichte! Es überkam mich richtig bei dem Gedanken, dass wir eigentlich nichts miteinander zu tun haben dürften, weil diese Frau eigentlich nicht nur auf meinen Vater, sondern auch auf seinen Nachwuchs, auf mich, einen abgrundtiefen Hass haben müsste. Dass wir ohne Security gar nicht nebeneinandersitzen dürften. Dass diese Opferfamilie das überhaupt ertrug, in Deutschland zu sein, mit Deutschen zu reden. Ich schämte mich dafür, dass jüdische Synagogen, nach all dem, was wir Deutschen den Juden angetan haben, 82 Jahre nach der Reichspogromnacht, immernoch bewacht werden müssen. Dass Juden auf offener Straße bespuckt und beschimpft werden.

Ja, ich schämte mich fürchterlich und verzweifelte an der Frage, wie jemand, dem so etwas Schreckliches passiert ist, überhaupt die Lust und die Kraft haben konnte, im Fernsehen über das Grauen zu sprechen. Und ich war zutiefst beeindruckt und beschämt von dem Satz, den Eva Szepesi am Ende des Interviews gesagt hatte: „Ich kann nicht hassen!“

Ab da – aber das wurde mir erst später klar – hatte ich die Kontrolle über die Bühnenfigur Atze Schröder verloren.

Im Vorfeld hatte ich Markus Lanz’ Idee zugestimmt, auch ein paar private Fragen über meinen verstorbenen Vater zu beantworten, hatte mir diesbezüglich allerdings vorgenommen, nur ein paar launige Schnurren über meinen geliebten Vater zu erzählen. Die Idee hatte Markus gehabt, weil ich in einem Interview mit Clara Ott in der Welt am Sonntag schon mal einen kleinen Einblick in meine privaten Ansichten abseits der Bühnenfigur Atze Schröder gegeben hatte. Meine Einstellung dazu war: Allzu viele Hoffnungen sollte sich Markus nicht machen. Ich hatte keine Lust, groß über Privates zu reden. Vielmehr hatte ich Bock auf charmante Legendenpflege mit ein paar Lachsalven aus meiner gut geschmierten Pointenorgel.

Aber immer hübsch der Reihe nach.

Markus Lanz hatte die schweren Themen Holocaust und Corona hinter sich gebracht und wollte die Sendung mit mir in Heiterkeit und bester Atze-Manier nach Hause schaukeln. Dachte ich jedenfalls. Am Anfang ging ja auch alles auf. In der Redaktion hatte man alte YouTube-Videos aus den Anfangstagen meiner Comedygruppe The Proll ausgegraben, auf denen ich absurd bescheuert aussah und die Darbietung nicht minder skurril war. Herrlich! Das Publikum lachte sich mit uns kaputt. Es konnte nur noch besser werden.

Irgendwann kamen die ersten Fragen zu meinem Vater. Ich erzählte, dass er einer meiner besten Freunde war und dass ich das große Glück hatte, ihm die Hand zu halten, als er friedlich starb. Was mir allerdings nicht half, meine Trauer über den immensen Verlust richtig zu verarbeiten. Jahre später hat mich das ganz schön gebeutelt. So ist das eben: „Alles Unterdrückte und Verdrängte steht eines Tages vor der Tür und haut dir zur Begrüßung in die Fresse!“ Mit diesem etwas rüden Spruch wollte ich zurück ins rustikale Fahrwasser, denn ich spürte, wie in meiner eh schon wenig stabilen Verfassung und bei der Erinnerung an meinen geliebten Vater der Kloß in meinem Hals immer größer wurde. Aber da hatte ich die Kontrolle, wie gesagt, schon verloren. Es sprach nur noch der Privatmensch Atze. Über die vielen Selbstmorde in der Familie meines Vaters, seine Brüder, meine Großmutter – ich konnte einfach nicht aufhören, die verdammte traurige Wahrheit zu erzählen.

Markus war feinfühlig genug, nur minimal einzugreifen. Er spürte, dass ich nicht anders konnte: Ich musste reden. Darüber, dass mein Alter als Jugendlicher in diesem beschissenen Krieg mit seinem Panzer andere Menschen tötete, weil es im Krieg nun mal um nichts anderes geht als ums Töten. Dass er später in russischer Gefangenschaft überlebte. Und dass er, endlich heimgekehrt, beschloss, ein guter Mensch zu werden und die schrecklichen Gräueltaten zu vergessen. Er trichterte mir ein, niemals eine Waffe in die Hand zu nehmen. Sagte mir die Wahrheit über seine schrecklichen Taten, beschönigte nichts.

Markus Lanz ist ein Profi, der weiß, wann er seine Gäste „laufen“ lassen muss. Als ich etwas zur Ruhe kam, fragte er: „Was würde dein Vater sagen, wenn er jetzt hier wäre?“

Die Frage traf mich wie eine mächtige Abrissbirne. Ich schluckte. Sanft sah Markus mich an und fragte noch mal, ruhig und bestimmt. „Was würde dein Vater machen, wenn er jetzt hier wäre?“

Ich war kaputt, ich konnte nicht mehr. Ich wollte weinen, unterdrückte die Tränen. Der beschissene Kloß im Hals wurde noch größer. Ich verlor die Fassung.

„Er würde sich entschuldigen, vermute ich mal …“, hörte ich mich sagen. Dann stand ich auf, ging zu Eva Szepesi hin, gab ihr die Hand und entschuldigte mich.

Eva sah mich an, ergriff meine Hand und sagte: „Danke. Das bedeutet mir sehr viel!“

Auch bei Anita, ihrer Tochter, entschuldigte ich mich. Sie nahm meine Hand mit den Worten: „Alles ist gut!“

Ich setzte mich wieder hin und ließ ein paar Tränen raus.

Mein Name ist Atze Schröder. Ich habe bei Markus Lanz in der Talkshow gesessen und geweint, weil ich traurig und glücklich war. Traurig, weil mein Vater schon lange tot ist. Traurig, weil von einigen widerlichen Menschen versucht wird, Judenhass und Rassismus in unserem Land wieder salonfähig zu machen. Glücklich, weil Eva Szepesi mich nicht hassen kann. Weil ihr meine Entschuldigung etwas bedeutet.

Ich war 55 Jahre alt, und jeder, der genauer hingeschaut hat, konnte Tränen hinter meinen blauen Augen sehen. Ich bin ein sogenannter Star, ein „A-Promi“, eine „Comedy-Legende“, ein „Humor-Titan“. Doch am Ende jener Sendung hat die Kunstfigur Atze Schröder die Bühne verlassen. Geweint hat Atze Schröder, der Mensch hinter der Figur. Wie konnte das passieren? Und wieso hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, etwas wirklich Wichtiges, Anständiges und Bedeutendes getan zu haben, nach all den Jahren? Was ist überhaupt passiert, seit ich in Essen-Kray das Licht der Welt erblickte? An einem Montag, dem 27. September 1965 …

Blauäugig

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