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FRANZÖSISCHHHHHH

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Die Hitze in ihrem Inneren wurde unerträglich. Schweißperlen sammelten sich zu Rinnsalen zwischen ihren Brüsten, die rhythmisch auf und ab hüpften. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und der Atem kam stoßweise. Lange würde sie dieses Tempo nicht mehr durchhalten. Ihre Beine begannen zu zittern. Sie stöhnte und verlangsamte den Rhythmus. Vergeblich fischte sie mit der freien Hand nach ihrem Handtuch. Sie erspähte es auf dem Boden. Unerreichbar.

Rigoros drückte sie den roten Stopp-Button.

Welcher Teufel hatte sie nur geritten, das Advanced-Hiking-Program-Plus auf dem Stepper einzuschalten? Immer noch nach Luft schnappend, beugte sie sich einen Moment vornüber, um ihren Körper zu beruhigen.

Eine Hand kam in ihr Blickfeld. Eindeutig männlich. Die Hand hielt ihr das Handtuch hin. Vage fühlte Salomé sich an den letzten Sommer erinnert, als wechselnde Verehrer ihrer Freundin Julia nach ihrem morgendlichen Schwimmtraining ebenfalls das Handtuch gereicht hatten. Auf Anmache, vor allem hier im Fitnessstudio, hatte sie keine Lust.

Salomé richtete sich auf und hatte bereits einen Spruch auf der Zunge, der ihrem Gegenüber garantiert verdeutlichen würde, dass sie nicht interessiert war, als ihr Herz vor ihrem Verstand begriff, wer da vor ihr stand. Es pochte so stark, dass Salomé zu ersticken drohte. Nate!

„Woher weißt du, dass ich hier bin?“, keuchte sie, entwaffnet von seinem Anblick, während sie automatisch das Tuch entgegennahm und sich geistesabwesend das Dekolleté abtupfte.

Nate heftete seinen Blick hungrig auf ihre schweißglänzende Haut und räusperte sich.

„War nicht schwer. Ich musste mir nur aufmerksam die Bilder von dir im Internet anschauen. Eins davon zeigte dich vor diesem exklusiven Studio.“

Salomé verzog gequält das Gesicht. Diese Fotos! Im Büro hatte man sie bereits darauf angesprochen. Auf den alarmierten Anruf ihres Vaters hin hatte sie die ganze Sache als haltlose Erfindung der Klatschpresse heruntergespielt. Wie es schien, hatte er das geschluckt. Vor allem, weil seitdem keine weiteren Bilder mehr von ihr und Nate erschienen waren. Dieser Anruf hatte einmal mehr bestätigt, dass ihr Instinkt richtig gewesen war: Charles wäre über eine Verbindung seiner Tochter mit einem Hollywoodstar „not amused“.

Das hatte sie alles diesem Mann zu verdanken, der jetzt, wie üblich getarnt mit Basecap und hochgestelltem Kragen, vor ihr stand.

„Ich wusste gar nicht, dass du so schnell wieder in New York sein würdest.“ Sie sog am Strohhalm ihrer Plastikflasche und hoffte so, gelassener rüberzukommen, als sie sich fühlte.

Nate versenkte die Hände in seinen Hosentaschen.

„Doch. Ein unaufschiebbarer Termin.“

„Aha.“ Einen Augenblick lang herrschte befangenes Schweigen.

„Hör mal. Ich konnte mich das letzte Mal gar nicht richtig von dir verabschieden.“

Salomé sah es sofort wieder vor sich: Nate, den ganzen Abend umschwärmt von den älteren Damen der New Yorker High Society auf der Tanzfläche und dann an der Limousine die kurze Berührung durch das geöffnete Fenster.

„Außerdem fühle ich mich verantwortlich. Die Paparazzi belagern dich anscheinend meinetwegen.“

Salomé zuckte mit den Schultern und verstaute die Flasche in der Sporttasche. Sie fand, es wäre eine coole Geste, die Tasche über ihre Schulter zu hängen, so, als ob sie im Aufbruch wäre. Sogleich runzelte Nate die Stirn.

„Also, Zaza. Was ich eigentlich sagen will: Was hältst du davon, wenn ich das wiedergutmache und dich heute zum Dinner einlade?“

Salomé konnte sich einen spöttischen Laut nicht verkneifen. Musste er sie an diesen Abend erinnern, an dem sie sich lächerlich vor ihm gemacht hatte, weil sie nicht wusste, wie prominent er war? Allein beim Gedanken daran schoss ihr vor Scham die Röte in die Wangen.

„Wie soll das gehen, Nate? Hast du schon wieder ein ganzes Lokal gebucht?“

Sein jungenhaftes Grinsen scheuchte einen Schwarm Schmetterlinge in ihrem Magen auf. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Sie durfte diesen Mann nicht toll finden! Er hatte am Telefon doch eine andere „Bonnie“ genannt.

„Nein, heute mal ganz spontan. Du darfst sogar was aussuchen.“

Salomé stutzte.

„Und das geht so einfach? Du und wilde Horden von hysterischen Fans in einem Restaurant?“

Sein Lächeln flackerte kurz. Dann riss er sich offenbar zusammen.

„Wir können es ja mal versuchen. Das hier ist New York. In Los Angeles würde ich das, ehrlich gesagt, lieber nicht tun.“

Salomé wurde bewusst, sie konnte jetzt kaum noch kneifen. Dinner? Er hatte doch eine andere Frau. Durfte sie das? Auf der anderen Seite: Dinner war unverfänglich. Warum also nicht? Da konnte ja nichts passieren. Es sprach schließlich nichts dagegen, ihn besser kennenzulernen. Und alle anderen geplanten Beschäftigungen heute Abend schienen im Vergleich dazu fad.

„Und wenn ich schon etwas anderes vorhabe?“

Das Grinsen schlich sich wieder in Nates Mundwinkel.

„Hast du nicht. Zumindest nichts Besseres!“

„Oh, wir sind heute gar nicht eingebildet.“

Nate lachte laut auf.

„Also, was ist nun. Ja oder ja?“

Salomé musste jetzt auch lachen.

„Okay. Aber nur, wenn du mich vorher noch unter die Dusche lässt.“ Der Blick, den Nate ihr zuwarf, ließ sie ganz schwach werden. Er dachte doch wohl jetzt nicht an sie, wie sie nackt unter der Dusche stand? Sie selbst hatte zumindest dieses Bild vor Augen, allerdings war er auch dort. Nackt. Das wurde ja immer besser! Sie wollte Nate aus ihren Gedanken verbannen. Wieso also schob sich der Gedanke von ihr und diesem Sexgott eng umschlungen unter der Dusche vor ihr inneres Auge? Wo sollte das nur hinführen?

Nates Stimme war belegt.

„Klar. Wir treffen uns in der Lobby.“


Salomé grinste, als sie wenig später Nates Leibwächter gegenüberstand.

„Das ist Leo. Er wird uns begleiten“, stellte Nate ihn knapp vor.

Er erkannte in Salomés Augen das, was er selbst gedacht hatte, als Cary den Leibwächter angeschleppt hatte: Leo, der Salomé mit ernster Miene von oben bis unten scannte, war zweifellos durchtrainiert, sah jedoch nur ... drollig aus.

Der etwa dreißigjährige Mann mit lateinamerikanischen Zügen beindruckte mit einem Sixpack, das sogar durch sein eng anliegendes schwarzes T-Shirt sichtbar war. Nate vermutete, dass sein Bizeps einen größeren Umfang hatte als Salomés Oberschenkel. Sein Gesicht hingegen wirkte durch die warmen braunen Augen und die hochgezogenen Mundwinkel völlig harmlos. Eher so freundlich wie bei Balu, der Bär. An diesem Teddybär-Image änderte auch die Narbe nichts, die sich quer über seine rechte Wange zog.

Nate musterte Salomés zuckende Mundwinkel und flüsterte ihr zu: „Er war bei den Marines.“ So, als würde das alles erklären.

„Aha. Gute Tarnung“, wisperte Salomé mit hochgezogenen Brauen, und Nate biss sich vor unterdrücktem Lachen auf die Lippe.

Nach einer rasanten Fahrt – Nate erschloss sich nicht, weshalb Leo es so eilig hatte – hielten sie direkt vor dem Eingang des von Salomé vorgeschlagenen Restaurants, das in einer kleinen Seitenstraße in Tribeca lag. Nate bestand darauf, dass Leo im Wagen blieb. Nach einer kurzen Diskussion gab der Leibwächter nach. Sein unglücklicher Gesichtsausdruck ließ in Nate kurz Mitleid aufflammen. Er hielt sich gerade noch zurück, seine Anweisung zu widerrufen, und folgte Salomé in das französische Restaurant Chez Gustave.

„Ah, Mademoiselle Salomé!“, begrüßte sie ein rundlicher Herr in den Sechzigern, über dessen Bauch eine blütenweiße Schürze spannte.

„Salut, Gustave!“

Salomé tauschte mit Gustave die üblichen Küsschen, und beide sprachen eine Weile angeregt auf Französisch miteinander. Obwohl Nate diese Sprache beherrschte, war er viel zu angespannt, um den Sinn des Small Talks zu verstehen. Salomé hatte mit ihrer Vermutung, er meide öffentliche Restaurants, ins Schwarze getroffen. Er hatte nur ihr zuliebe so cool getan. In Wirklichkeit stand ihm vor lauter Panik, dass sich gleich eine hysterisch kreischende Menschentraube um ihn scharen würde, der Schweiß auf der Stirn. Nate war schon lange nicht mehr ohne falschen Schnurrbart in einem öffentlichen Restaurant essen gewesen. Bisher schien alles ruhig, aber er hatte auch noch nicht das Basecap abgenommen.

Soweit er das überblicken konnte, war der Laden rappelvoll. Sie würden wohl wieder gehen müssen. Sollte er vielleicht doch seinen Promi-Bonus ausspielen?

„Xavier!“, rief Gustave in diesem Moment einem jungen Mann zu, der hinter der Bar rumwuselte.

Dieser wusste anscheinend sofort, was von ihm verlangt wurde. Er verschwand kurz in einem Nebenraum und quetschte dann einen weiteren Tisch zwischen die Gäste, denen die dadurch entstehende Enge anscheinend überhaupt nichts ausmachte. Nate war verblüfft.

„Die bekommen dafür Gustaves berühmte Zitronencreme spendiert“, flüsterte Salomé dem immer noch erstaunten Nate zu.

Salomés Connection reichte offenbar aus, um hier einen Tisch zu ergattern. Wow, war das sexy! Verlangen überkam ihn. Hoffentlich war dieser Xavier bald fertig mit dem Aufdecken. Er musste sich unbedingt setzen, damit die verräterische Ausbuchtung in seiner Hose nicht so auffiel.

„Dabei ist das gar nicht Gustaves, sondern Fredos Creme. Ich importiere sie, weil Fredo, der gerissene Kerl, das Rezept nicht rausrückt. Ich vermute fast, er weiß es gar nicht, und seine Frau Joline macht die Creme.“

Salomés Mundwinkel zuckten verräterisch, als sie Nates verwirrte Miene sah. Musste er das verstehen? Fredo? Joline?

Als der Tisch fertig eingedeckt war, nahmen beide Platz, und Nate legte die Serviette auf seinen Schoß.

Gustave erschien und ratterte freudestrahlend eine wohlklingende Folge an französischen Speisen herunter. Während Salomé ihm lächelnd zuhörte, war Nates Blick auf seine schöne Begleiterin gerichtet. Sein Gehirn war wie leergefegt. Er starrte auf ihre Hand, die in einer weiblichen Geste das Haar hinter die Schultern schob. Sie hatte schöne Hände. Zart, aber doch kräftig. Ob sie Klavier spielte? Er wusste noch viel zu wenig von ihr und nahm sich vor, dies rasch zu ändern.

„Was möchtest du essen?“

Ertappt riss sich Nate aus seinen Gedanken. „Wähle du. Ich begebe mich gerne in deine Hände.“

Salomé errötete und warf ihm einen merkwürdigen Blick zu. Als Nate die Zweideutigkeit seines Satzes auffiel, stahl sich automatisch das jungenhafte Grinsen in sein Gesicht. Salomé blinzelte und räusperte sich, bevor sie sich wieder an Gustave wandte.

„Willst du diese Kappe nicht endlich abnehmen?“, fragte sie, als Gustave ihre Bestellungen entgegengenommen hatte.

Nate seufzte und riss sich das Basecap vom Kopf. Adieu Intimität. Er zog die Schultern hoch in Abwehr des erwarteten Ansturms. Doch es blieb still. Sofern man das gemütliche Geplapper der Restaurantgäste als still bezeichnen konnte.

„Alles okay?“, frage Salomé, die Nate amüsiert beobachtet hatte.

„Ja … alles okay. Scheint zumindest so.“

In diesem Moment erschien der junge Xavier mit Wein und einem Glas Pastis. Salomé stellte den Pastis vor Nate und legte ihre Hand auf seinen Arm.

„Hier, zur Beruhigung. Eigentlich wollen Frauen ja, dass man ihretwegen nervös ist. Ich finde, du kannst langsam runterkommen. Hier hast du nichts zu befürchten. Gustave ist cool und seine Gäste auch. Man muss eben nur die richtigen Orte kennen.“

Ein Kribbeln breitete sich von der Stelle aus, an der Salomés Hand lag. Nate schwitzte.

„Kein Wunder, dass du noch nichts von mir gehört hattest, wenn du dich nur an solchen Orten aufhältst.“ Er nahm einen großen Schluck von der milchigen Flüssigkeit.

Salomé schien ernsthaft über seinen Satz nachzudenken, während ihr Finger über den Rand des Weinglases strich.

„Du könntest recht haben. Mirabel ist auch so ein Ort. Als du auf der Geburtstagsfeier meines Vaters warst, ist keine Frau in Ohnmacht gefallen.“

„Mir hätte es gereicht, wenn eine schwach geworden wäre.“ Nate schaute sie durchdringend an.

Jetzt war es an Salomé, trocken zu schlucken.

Langsam begann Nate, sich zu entspannen. Er blickte sich um. Gustave hatte es geschafft, die Bistro-Atmosphäre nach New York zu bringen. Durch die enge Bestuhlung war die Stimmung familiär und gesellig. Die Gäste saßen an viereckigen Tischchen, auf denen weiße Decken lagen. Die Wände waren bis Brusthöhe in dunklem Holz getäfelt, und unzählige kleinformatige Fotos in antiken Rahmen zeigten Gustave mit seinen Gästen. Viele der abgebildeten Personen waren prominent, Politiker, Sportstars, Schauspieler. Jetzt wurde Nate auch klar, weshalb er hier kein Aufsehen erregte. Neben den Größen, die auf den Fotos abgebildet waren, war er eine vergleichsweise kleine Nummer.

„Möchtest du Brot?“ Salomé hielt Nate das geflochtene Körbchen mit knusprigen Baguettescheiben hin.

„Brot? Ich hatte ganz verdrängt, dass es Menschen gibt, die noch Brot essen. In Kalifornien ist Brot mittlerweile fast so verpönt wie Zigaretten.“

„Tja, wir sind aber hier nicht in Kalifornien, sondern in Frankreich“, stellte Salomé fest, während sie demonstrativ Butter auf eine Scheibe Baguette strich.

„Habe ich was verpasst?“

Nate grinste sie an, und Salomé bemerkte ihren Versprecher.

„Komisch, nicht wahr? Wenn ich hier bin, kommt es mir vor, als wäre ich in Frankreich.“ Sie warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu.

Ein Zischen am Nachbartisch unterbrach sie, Xavier karamellisierte dort eine Creme Brulée. Salomé strahlte Nate an.

„Himmlisch, wie das duftet, nicht?“

Gustave servierte die Vorspeise, eine französische Lauchsuppe.

Nate konnte sich an Salomés sinnlicher Art zu essen nicht sattsehen. Sie brummte genießerisch, als sie den ersten Löffel Vichyssoise zu sich nahm und dann herzhaft in das Baguette biss. Ihre buttrigen Lippen glänzten, und er keuchte leise, als Salomés rosige Zungenspitze erschien und unbewusst ihre Lippen sauber leckte. Seine Temperatur stieg. Er lockerte seinen Hemdkragen.


„Nate, bist du noch da?“

Anstatt zu antworten, beugte er sich langsam vor, und wie in Zeitlupe sah Salomé Nates Gesicht näher kommen. Was sollte das? Wollte er sie etwa küssen? Wie hypnotisiert starrte sie auf seine sinnlichen Lippen und fand die Idee auf einmal gar nicht so schlecht. Eine Sekunde später fühlte sie Nates Daumen an ihrem Mundwinkel. Die Berührung jagte einen flirrenden Schauer durch ihren ganzen Körper. Unweigerlich öffnete sie ihre Lippen und holte tief Luft. Nate zog seine Hand zurück, und Salomé spürte den Verlust körperlich. Seine Stimme klang rau.

„Du hattest da einen Krümel, Zaza.“

Salomé nickte nur. Die Geräusche der anderen Gäste schienen unwirklich gedimmt. Warum sonst konnte sie trotz des Trubels im Bistro ihre eigene beschleunigte Atmung hören? Wie schaffte es dieser Mann nur, dass sie sich ihres Körpers und ihres Begehrens so bewusst wurde?

Ihre Brustwarzen zogen sich zusammen und drängten sich auf der Suche nach seiner Nähe gegen ihre Seidenbluse. Ein sehnsuchtsvolles Ziehen pochte zwischen ihren Beinen. Verschwommen nahm sie wahr, wie Xavier die Vorspeise abtrug, während sie in den Tiefen von Nates Augen versank. Gleichzeitig nagte eine beharrliche Stimme in ihr. Du darfst nicht schwach werden, Zaza. Er ist vergeben. Du darfst ihm nicht vertrauen. Er will dich nur erobern und wird dich dann fallen lassen.

Gustave rettete sie mit zwei Schüsseln Moules frites. Die Muscheln mit Pommes frites dufteten herrlich. Erleichtert, dass der Zauber gebrochen war, richtete Salomé ihre Aufmerksamkeit auf das Gericht.


Nate war verwirrt. Während ihre Blicke ineinander versunken gewesen waren, hatte er eine unglaubliche Nähe zu dieser Frau gespürt. Fast hatte er das Gefühl gehabt, er und Salomé wären die einzigen Gäste in dem Bistro. Dann hatte ihr Blick geflackert, und der intime Moment war vorbei gewesen. Jetzt galt ihre Aufmerksamkeit wieder ganz dem Essen.

Salomés Begeisterung über das Gericht ließ sie in die Hände klatschen. Er musste schmunzeln. Diese bereits vertraute Geste von ihr, wenn sie sich freute, rührte ihn zutiefst an.

Während des weiteren Essens war die Stimmung zwischen ihnen außergewöhnlich harmonisch. Der Wein löste ihre Zungen, und inbrünstig diskutierten sie über Themen, die sie bewegten. Wobei sie einen Bogen von Colins Kunst über den neuesten Finanzskandal zu den vielversprechendsten Regisseuren schlugen.

Salomé hatte eine Art, von ihrer Kindheit und Jugend auf Mirabel zu erzählen, dass Nate sie als bezopftes Mädchen vor seinem inneren Auge sah. Er fieberte nachträglich mit ihr über die Entdeckung ihres Halbbruders Mathieu diesen Sommer und die stetig wachsende Freundschaft zu Julia. Salomé klärte Nate über die berühmte Zitronencreme auf, die Fredo, der beste Freund ihres Halbbruders Mathieu, in seiner kleinen Cabane am Meer zubereitete und die, so Julias Vermutung, sogar dafür verantwortlich war, dass Salomé bald Tante würde.


Nate erzählte von seinen Rivalitäten mit Colin und der Kindheit in den schottischen Highlands. Sie lachte herzlich, als Nate ihr sehr bildhaft von seinen ersten Schauspielerfahrungen im Schultheater berichtete, dem er angeblich nur wegen einer Becky beigetreten wäre, in die er damals unsterblich verliebt gewesen sei.

Während sie lauschte, betrachtete sie sein schönes Gesicht. Er ließ sich einen Bart stehen. Für seine Rolle als Highlander, wie sie vermutete, und wirkte dadurch noch männlicher. Er war geistreich und amüsant.

Ihr war die knisternde Erotik, die sie umhüllte, mehr als bewusst. Und sie konnte Nate ansehen, dass es ihm genauso erging. Die Berührungen ihrer Hände und ihrer Knie waren alles andere als zufällig. Salomés Blick heftete sich mehr als einmal auf Nates leuchtende Augen und versank in ihnen.

Dieses kleine Bistro bildete eine Insel in ihrem Leben, auf der alles möglich schien.

„Das ist also Fredos berühmte Zitronencreme?“, fragte Nate in diesem Moment.

Statt einer Antwort nickte Salomé, schob sich langsam den Löffel in den Mund und lutschte diesen genussvoll ab, während sie sinnlich die Augenlider senkte. Mit Genugtuung registrierte sie, wie Nates Blick sich weitete. Sie begann zu kichern.

„Du Hexe!“, zischte Nate und grinste dabei von einem Ohr zum anderen.

Das Bistro leerte sich. Nate beglich die Rechnung. Und Gustave ließ es sich nicht nehmen, von Xavier einen Schnappschuss von sich und dem berühmten Gast machen zu lassen. Leo stand an der Tür und hielt sie für sie auf. Ganz der Bodyguard checkte er die Straße und nickte kurz, als die Luft rein war.

Draußen fiel Salomé auf, wie sie doch etwas schwindelig war. Gustave hatte es mit dem Nachschenken eindeutig zu gut gemeint.

„Noch Lust auf einen Absacker?“

Salomé zog scharf die Luft ein. Er hatte sie das schon einmal gefragt. War „Absacker“ etwa ein Codewort für mehr, und das war seine Masche? Unvermittelt stand ihr wieder die Szene vor Augen, als sie das Ende des Telefonats zwischen Nate und seiner Freundin – oder Frau – belauscht hatte. Inzwischen kannte sie diese Frau sogar. Das kam überhaupt nicht infrage.

„Besser nicht.“ Salomé blickte die Straße entlang und scannte diese bereits nach einem Taxi.

Nates Blick verengte sich. Er war offensichtlich enttäuscht. Sie konnte ihn verstehen. Die Stimmung im Bistro war eindeutig mehr als nur nett gewesen.

„Wie meinst du das: ‚Besser nicht‘? Wir hatten so einen schönen Abend. Genau wie bei unserem ersten Date. Und dann schlägt deine Stimmung um. Ich verstehe das nicht, Zaza.“

Salomé stieß ungeduldig die Luft aus. Okay. Augen zu und durch. Auch wenn sie es nach dem schönen Abend bedauerte, dass sich hier ihre Wege wohl trennen würden.

„Hör zu, Nate. Ich wollte nicht lauschen. Aber auf Colins Vernissage hast du telefoniert, und ich konnte nicht verhindern, deine letzten Worte zu hören. Du hast dich sehr inbrünstig und liebevoll von jemandem verabschiedet. Und dann habe ich deine Freundin ja kennengelernt auf der Gala. Du erinnerst dich?“

Nate blickte sie verblüfft an. Seine Stirn runzelte sich. Salomé setzte zu weiteren Erklärungen an.

„Also, es ist ja okay, wenn du mit jemandem zusammen bist. Aber bitte versteh: Ich bin einfach nicht der Typ für eine Affäre.“ So, jetzt war es raus.

„Zusammen? Affäre? Was meinst du?“ Nate fasste sich nachdenklich an die Stirn. Dann verzog sich sein Gesicht, und zu Salomés unendlicher Irritation brach er in schallendes Gelächter aus. Jetzt war es an ihr, die Stirn in Falten zu legen.

„Du bist eifersüchtig“, spottete Nate.

Salomé klappte verblüfft der Mund auf.

„Was? Weshalb sollte ich eifersüchtig sein?“

„Gib es zu, du bist es. Sonst hättest du nicht so reagiert.“

Langsam wurde es Salomé zu bunt.

„Fakt ist, wir haben doch gar nichts miteinander. Weshalb also sollte ich eifersüchtig sein? Aber solange du eine Freundin oder vielleicht sogar eine Frau hast, wird auch nicht mehr aus uns werden. Auch dass du ein Filmstar bist, ändert nichts an meiner Haltung.“

Sie wandte sich ab, wurde jedoch von Nates Hand, der sie am Arm zurückhielt, sanft gestoppt. Herausfordernd reckte sie ihm ihr Kinn entgegen. Er hob seine Hand und fuhr mit dem Daumen sacht die Linie ihrer Lippen nach, was ihre kühle Fassade wackeln ließ.

„Wir haben also nichts miteinander, Bonnie? Interessant!“, flüsterte er. Ihr Herz flatterte wie ein eingesperrter Vogel. „Tut mir leid, wenn du da einiges missverstanden hast. Ich ...“, er suchte nach Worten. „Ach, was soll’s! Also zuerst einmal: Mit der Frau, mit der ich auf der Gala war, Ivana, hatte ich lediglich eine geschäftliche Vereinbarung. Das ist so üblich. Schauspieler und Models besuchen gemeinsam wichtige Veranstaltungen, werden zusammen fotografiert, und der eine profitiert vom Image des anderen. Für beide ist es besser, nicht alleine bei einer Gala zu erscheinen. Die Fotos sehen dann einfach ... geselliger aus, und es gibt keine Fragen, warum man alleine ist. Das ist alles.“

Salomé runzelte die Stirn.

„Und da läuft nichts zwischen euch? Sie ist nicht deine Freundin?“

„Nein. Ich kenne sie nicht mal richtig. Ich habe sie am Abend der Gala zum ersten Mal gesehen und vielleicht zehn Sätze mit ihr geredet.“

„Okaaaay.“ Salomé war nur halb überzeugt.

„Das Telefonat bei meinem Bruder in der Galerie ist eine andere Sache.“

Unmerklich presste Salomé ihre Kiefer fest aufeinander. Jetzt würde sie erfahren, wer diese Bonnie war.

„Es ist eigentlich vereinbart, mit niemandem darüber zu reden. Aber das scheint ein dringender Fall für eine Ausnahme zu sein. Bitte, lass es mich erklären!“

Salomé seufzte. Welche Geschichte würde er ihr wohl jetzt auftischen?

„Zaza, ich habe keine Freundin und auch keine Frau. Die Person, mit der ich neulich Abend telefoniert habe, ist auf jeden Fall das wichtigste weibliche Wesen in meinem Leben. Ich habe mit Liz gesprochen.“

„Mit deiner Mutter?“, warf Salomé, deren Herzschlag sich wieder beschleunigte, ungeduldig ein. Sie mochte gerne klare Ansagen, und das ging ihr alles zu langsam.

Nate schnaubte amüsiert.

„Nein, nicht meine Mutter. Liz ist meine Tochter.“

Salomé sah ihn mit ausdruckslosem Gesicht an. Die Stille zwischen ihnen war greifbar.

„Oh“, hauchte sie dann. „Du hast eine Tochter?“

„Ja, sie heißt Liz. Sie ist fünf Jahre alt und wohnt mit mir und unserer Kinderfrau Rosie in L. A. Sie hat mich angerufen, weil sie mich vermisst hat und nicht einschlafen konnte.“

Salomé musste diese Information erst einmal verdauen.

Nate hatte also ein Kind.

Oh mein Gott, wie es sie erleichterte, dass er nicht der miese Typ war, den sie sich die gesamte vergangene Woche eingeredet hatte. Er flirtete nicht am Telefon mit einer Frau, während er ein Date mit einer anderen hatte. Und er saß nicht mit seiner Freundin am Tisch, während er an einer anderen sein Knie rieb.

Sie war so erleichtert, dass sie kurz darüber nachdachte, ob Nate vielleicht recht hatte. War sie eifersüchtig? Weshalb sollte sie es sein? Zwischen ihnen war ja nichts. Oder doch? Er war anscheinend anderer Ansicht. Seine angespannte Miene verriet ihr, dass sie ihm noch eine Reaktion schuldete.

„Das habe ich nicht gewusst.“

„Ja, das weiß keiner. Cary fand es nicht förderlich für meine Karriere, und ich brauche dir hoffentlich nicht zu sagen, dass das eine streng vertrauliche Information ist.“

Salomé nickte. Gleichzeitig strich sie über ihren Mund, als würde sie ihn mit einem Reißverschluss versiegeln.

„Und die Mutter?“

„Was hast du eigentlich mit meiner Mutter, Zaza?“

Salomé verdrehte die Augen, konnte aber ein Schmunzeln nicht verhindern. „Nein, ich meine die Mutter von Liz.“

Nate hob eine Hand und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.

„Was soll mit ihr sein? Sie war eine Schauspielkollegin in der Krankenhausserie, in der ich am Anfang meiner Karriere gespielt habe. Wir hatten eine kurze Affäre. Sie wurde schwanger. Sie wollte das Kind nicht, also habe ich Liz zu mir genommen. Mehr gibt es da nicht zu erzählen.“ Nate lächelte.

„Also, was ist nun mit dem Absacker?“ Dabei blickte er sie so intensiv an, dass Salomés Herz stolperte.

„Nun gut. Aber wirklich nur einen.“ Nates Erleichterung war so offensichtlich, dass Salomé kichern musste.

„Also wohin?“

Nate legte den Arm um sie und zog sie stürmisch zu der Limousine. Leo wollte gerade die Autotür öffnen, als eine Gestalt um die Ecke kam. In diesem Moment ging das Gekreische los. Ein Fan zückte ein Smartphone und war ganz aus dem Häuschen, Nate nachts auf der Straße zu begegnen.

Mist, er hatte ganz vergessen, das Basecap wieder aufzuziehen, so entspannt war der Abend mit Salomé gewesen. Leo stellte sich blitzschnell vor Nate und schirmte diesen und Salomé, die den Kopf so weit wie möglich gesenkt hielt, von den aufgeregten Fans ab. Bevor noch weitere Schaulustige angelockt werden konnten, stiegen sie in den Wagen. Aufgewühlt nahm Salomé neben Nate Platz. Durch die verdunkelten Scheiben konnten sie sehen, wie die aufdringlichen Fans mit allen Mitteln versuchten, einen Blick in das Innere des Autos zu werfen. Behutsam setzte Leo die Limousine im Schritttempo in Bewegung.

„Es tut mir leid. Es ist grässlich, aber das ist halt so“, zuckte Nate entschuldigend die Achseln.

„Ich habe nur gerade überlegt, wo du dir vorstellst, einen ruhigen Absacker mit mir trinken zu können, wenn die Fans wissen, dass du in der Stadt bist? Twitter pfeift es wahrscheinlich jetzt schon von den Dächern.“

Nate grinste schief.

„Also, das ist jetzt sehr peinlich.“ Nate kratzte sich demonstrativ am Kopf, und sein Lausbubengesicht verfehlte seine Wirkung auf Salomé nicht. Sie ahnte, was jetzt kommen würde.

„Es gibt eigentlich nur einen Ort, an dem wir ungestört sind.“

„Lass mich raten: dein Hotelzimmer?“

Vermeintlich zerknirscht hob er die Hände.

„Du kannst immer noch Nein sagen.“

„Ist schon gut. Ich wollte immer mal von einem Star aufs Zimmer verschleppt werden.“

Statt eines Grinsens küsste Nate mit einem übertrieben glutäugigen Blick die Fingerknöchel ihrer Hand.

Obwohl Salomé wieder kicherte, pochte in Wahrheit ihr Herz vor Aufregung wie verrückt.

Stargeflüster

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