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WARM-UP


Als junger Mann wollte ich alles Mögliche. Nur keinen Sportjournalismus betreiben. Das erschien mir nicht wichtig genug. Stattdessen zog es mich in die Politik. Ich war als Parlamentskorrespondent tätig und traf reichlich Politprominenz, von Angela Merkel über Joschka Fischer bis Donald Rumsfeld. Aber das politische Berlin war nicht meine Welt. Ich kündigte meinen Job, ließ mich ein wenig treiben und machte mich schließlich als PR-Berater selbstständig.

In dieser Funktion flog ich im Herbst 2006 nach Lanzarote, um mit dem äthiopischen Läufer Haile Gebrselassie im Auftrag seines Sponsors ein Interview zu führen. Im Sportclub La Santa sprach ich mit einem schmächtigen Mann, der mich schwer beeindruckte. Nicht, weil er Olympiasieger und mehrfacher Weltmeister war; sondern weil ich nie zuvor mit einer Person gesprochen hatte, die so charismatisch war, so stolz und gleichzeitig so bescheiden. Haile Gebrselassie verkörperte für mich das, was ich mir immer unter einem Staatsmann vorgestellt hatte.

Nach dieser Begegnung wollte ich mehr, und so beschloss ich, weitere Sportler zu befragen, um herauszufinden, woher sie kommen und wohin sie wollen; was sie erfolgreich gemacht hat, woran sie gewachsen sind, und was sie wirklich bewegt. Es war der Beginn einer Serie von mehr als 70 Interviews, die ich bis heute geführt habe. Darunter waren Stars wie Usain Bolt, Franziska van Almsick oder Shaun White, aber auch weniger bekannte Athleten wie die Bergläuferin Andrea Mayr oder der Apnoetau- cher Herbert Nitsch, die sich als nicht minder faszinierende Gesprächspartner erwiesen.

Die auf den folgenden Seiten zu Wort kommenden Sportler haben bis heute (Stand: Mai 2021) insgesamt 263 WM-Titel und 111 Medaillen bei Olympischen Spielen gewonnen sowie 89 Weltrekorde aufgestellt. Eine Erfolgsbilanz, die verdeutlicht, dass diese Athleten vieles richtig gemacht haben. Ihre wertvollsten Tipps, emotionalsten Erlebnisse und schönsten Gedanken finden sich nun in diesem Buch.

Es beginnt mit der Frage, warum wir unsere Komfortzone überhaupt verlassen sollten, nimmt uns mit auf den Weg zu neuen Möglichkeiten und bringt uns an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit; es berichtet vom Aufstehen nach der Niederlage und erzählt uns davon, warum wir durch den Sport zu besseren Menschen werden können.

Dabei ist mir eines wichtig zu betonen: Ich habe nicht von langer Hand geplant, dieses Buch zu schreiben. Nach meinem Interview mit dem staatsmännischen Wunderläufer Gebrselassie war ich einfach nur fasziniert, sprach mit mehr und mehr ausgewählten Athleten und kam schließlich auf die Idee, die Gespräche gezielt auszuwerten und den darin enthaltenen Wissensschatz in aufbereiteter Form zur Verfügung zu stellen.

Es hatte vorab keine Struktur gegeben. Keinen Plot und keinen Plan. Es wurden also keine Interviews für ein Buch geführt; sondern es wurde nachträglich ein Rahmen für all die Protagonisten und Begegnungen geschaffen. Deshalb sind die einzelnen Erzählungen und Athletenporträts nicht immer trennscharf in ihren Inhalten, teilweise changieren sie über ihre Kapitel hinaus.

Das vorliegende Buch ist keinem Genre zuzuordnen. Es ist sowohl Sachbuch als auch Ratgeber. Nennen wir es ein multi-biografisches Sportlesebuch. Oder ganz einfach: eine Quelle der Inspiration.

Ich denke, dass jeder von uns eine Menge aus den vorliegenden Gesprächen für sich mitnehmen kann. Für seine sportlichen Ambitionen. Für die Verwirklichung seiner Träume. Und für ein selbstbestimmtes Leben.

Mich persönlich hat der Inhalt dieses Buchs verändert. Weil ich mit Menschen gesprochen habe, die dafür brennen, was sie tun. Menschen, die ihr Leben lieben und es deshalb so sehr leben. Besonders angezogen fühlte ich mich vom Mythos des Ironmans®. Ich erinnere mich noch genau daran, wie unbegreiflich mir die Tatsache erschien, dass ein Mensch nach 3,8 Kilometer Schwimmen im offenen Meer und 180 Kilometer auf dem Fahrrad noch einen Marathon laufen kann.

Im Frühling 2019 bin ich schließlich nach Lanzarote zurückgekehrt. Dorthin, wo ich 13 Jahre zuvor auf Haile Gebrselassie getroffen war. Wieder war ich auf dem Weg in den Club La Santa. Diesmal kam ich allerdings nicht als Journalist, sondern als Athlet; als Teilnehmer des Ironman® Lanzarote, den ich wenige Tage später erfolgreich absolvieren sollte.

Für mich hat sich damit ein Kreis geschlossen: Der in diesem Buch zusammengetragene Heldenstoff hat mich mehr als ein Jahrzehnt lang begleitet. Er hat mich dauerhaft inspiriert. Und bis ins Ziel des härtesten Ironmans® der Welt geführt.

Heldenstoff

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