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5. Sonnenschein der Nacht

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Nächte sowie Tage vergingen, meine Ungeduld wurde wahrhaftig immer unerträglicher. Was war bloß los mit mir? Warum war ich so ungeduldig? Wieso wollte ich um jeden Preis erfahren wer sie, diese fremde Maid, tatsächlich war. Weshalb?

Jeden Tag verrichtete ich die gleichen belanglosen Dinge, sodass ich mehr alsdann genug Zeit damit verbrachte über diese seltsame Fremde nachzudenken. Meine Gefährten bemerkten, dass mich irgendetwas beschäftigte. Zudem waren sie mehr als erstaunt, dass ich auf Ludgers Bemerkungen, die er aus purer Gewohnheit tat keinesfalls reagierte. Dennoch fragte keiner oder sprach diesbezüglich ein Wort über den vergangenen Vorfall. Und dies war wahrlich auch gut so!

Wahrscheinlich hatte ich lediglich einen Anflug von Neugierde? Nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich erst einmal ihr Geheimnis herausgefunden hätte, was mit dieser seltsamen Maid wahrhaftig geschehen wart, so würde ich gewiss das Interesse an ihr verlieren. Sie wäre eine unter vielen Geschichten, die ich ohnedies in meinem Leben sooft vernommen hatte. Darüber hinaus war sie ja lediglich eine Maid und dennoch…

Gedankenversunken schweifte mein Blick über die Bäume, wobei ich einen Greifvogel erblickte. Dieser spähte nach seiner Beute aus. - Frei wie ein Vogel, manchmal wäre dies von Vorteil. Ein tiefes Seufzen entglitt mir. Freiheit was würde ich damit wohl anfangen?

Wie auch immer, die Männer von Gundsrad suchten anscheinend keineswegs mehr nach ihr. Wahrscheinlich war sie keinesfalls mehr so bedeutsam oder Gundsrad hatte sich ein neueres Opfer ausgesucht. Selbst wenn Gundsrad keinesfalls mehr hinter ihr her war, musste es ja irgendeine Bewandtnis haben. - Wenn sie ungeachtet dessen endlich aufwachen würde, sodann könnte sie uns gewiss alles gänzlich erklären. Fragen über Fragen sowie keinerlei Antworten. Darüber hinaus hatte diese Maid irgendetwas an sich… Was?! Was war es bloß, dass sie, diese junge Maid, mich so in ihren Bann zog?

Ein weiteres Mal dachte ich über sie nach und ehrlich gesagte verärgerte mich das zunehmend. Nachdem ich sie fand, beabsichtigte ich ihr lediglich zu helfen. Da sie verletzt war und zugleich von Gundsrads Männern verfolgt wurde. Indessen allerdings, mit zunehmender Stunde und Tagen, wurde diese junge Maid auf einmal so… so bedeutsam für mich. Ich wollte lediglich noch eines, dass sie wahrhaftig überlebte! Unerheblich wer oder was sie zudem immerfort war.

Zum Glück verstand Bruder Matthias mich. Er schaute mich lediglich an, jedoch fragte er keineswegs über meine Veränderung. Bei ihm wäre sie in guten Händen, er verstand sich auf die Heilkunst mit diversen Kräutern. Wenn einer dieses bewerkstelligen könnte sie zu retten, sodann er. Bruder Matthias! Ohne jede Frage hatte der Mönch so viele geheilt, warum sodann keinesfalls auch sie?


***


Trotz alledem schritt ich gedankenverloren durch die verworrenen Pfade, mittendurch Farne sowie Flechten. Der Wald wurde hierselbst noch dichter. Man hatte das Gefühl der Weg wäre an dieser Stelle zu Ende und eine undurchdringbare, grüne Wand würde den Weg versperren. Grün… wild… undurchdringbar!

Schließlich stieg ich eine kleine Anhöhe empor, sodann trat ich augenblicklich zwischen einige Bäume und blieb stehen. Was sich jetzig vor mir auftat war ein riesiger Wald, mit Tälern sowie Bergen, in denen sich einzelne Höhlen verbargen. Es war so farbenprächtig, dass jeder erdenkliche grüne Farbton vorhanden war. Dieser Duft von Moosen, satten grünen Farnen und wildem Efeu verblüffte mich immer wiederum aufs Neue. Schwer vorzustellen, dass ich vor zwei Jahren nicht einmal annähert daran gedacht hätte, in diesem feuchten, nebligen England zu verweilen. Fernab von meiner eigentlichen Heimat! Dortig, war es immerfort heiß. Die sengende Hitze war manchmal so unerträglich und das hiesige Wasser war so kostbar, als wäre es Gold oder Silber.

Einige Regentropfen auf meinem Gesicht holten mich wiederum in die Gegenwart zurück. Ich war beinahe an unserem Versteck, unserem zweiten Lagerplatz. Diesen benutzen wir lediglich in den kalten Monaten, da es mehr Schutz bot. Durch die vielen hohen Tannen, dem verworrenen Gebirge sowie den undurchschaubaren Ebenen waren wir so gut wie unsichtbar. Natürlich hatten wir unsere Vorsichtsmaßnahmen, die aus einigen Spähern sowie ihren Pfeilen bestand. Deswegen vermutete ich gleichwohl, dass Harroh sowie die anderen mich bereits erwarteten. Ich blickte auf die Mitte des Berges, der sich in nördlicher Richtung befand. Ebendort, gut verborgen hinter Gräsern sowie Büschen waren mehrere Höhlen und in einer dieser Höhlen war sie.

„Es ist Samuel!“, rief ein leicht dickbäuchiger Mönch, der mir in einer braunen Kutte entgegenkam. Bruder Matthias! Er musste aus seiner Kirche fliehen, da er einem armen Bauern etwas zu essen gegeben hatte. Damit hatte er die Obrigkeit gegen sich aufgebracht, wie auch immer. Er beschloss sich unserem unbeugsamen Haufen, der wir nun einmal waren, gänzlich anzuschließen.

„Einer müsste sich ja um euer Seelenheil kümmern“, meinte er eines Tages, alsdann ich ihn danach fragte. Was er auch immerfort damit meinte oder gänzlich bezweckte, war für mich wahrlich ein Rätsel. Da er allerdings ebenfalls die Kunst des Bierbrauens verstand, war er mehr alsdann willkommen. Dies konnte ich keinesfalls gänzlich nachvollziehen. Mein Glauben verbot mir jegliche Art von berauschenden Getränken. Wozu Bier wohl weißlich gehörte. Allerdings solche Nebensächlichkeiten konnte man bei seinen Kampfgefährten ohnehin billigen.

Der feine Regen hatte ein wenig nachgelassen und ich erreichte endlich unser Tal. Veland und Ludger saßen bei der Feuerstelle auf einem moosbedeckten Baumstamm. Ein Wildbret hing bereits über dem lodernden Feuer und schmorte vor sich hin. Beide sahen mich lediglich an und aßen weiter.

Veland war ein stämmiger Bursche, mit braunen, kurzen Haaren sowie einem Vollbart. Beinahe sein gesamtes Dorf, darunter sein Weib sowie seine beiden Kinder, wurden von der sogenannten Obrigkeit niedergemetzelt. Dieweil sie die hiesigen Steuern keinesfalls bezahlen konnten.

Ludger war bereits lange dabei, einer der Ersten. Ein listiger, durchtriebener, kleiner Dieb, der alles nahm was er bekommen konnte. Ein Künstler der schnellen Finger und genau dieses hätte ihm beinahe den Kopf gekostet. Seine braunen, unruhigen Augen passten zu seinem wilden, lockigen, kurzen, dunkelblonden Haaren. Er hatte eine äußerst dünne eher schmächtige Gestalt, jedoch dafür war er ausgesprochen flink sowie stark.

Er steckte wie annähernd alle, in enganliegenden Beinkleidern, ein Flachshemd und geschnürten aus Leder gebundenen Schuhen. Meistens trug Ludger einen hüftlangen, braunen Umhang, der momentan neben ihm auf dem Baumstamm lag. Ich hingegen bevorzugte lieber Sachen aus Leder. Die zerrissen erstmalig keinesfalls so rasch und beim Kämpfen waren sie um einiges nützlicher, als diverse Sachen aus Tuch.

Tiw kam mit einem Bündel Feuerholz aus dem Wald. Er war der Jüngste in der Truppe und einer der Wenigen, die das Morden in Velands Dorf überlebt hatte. Veland kümmerte sich infolgedessen um ihn. Tiw hatte genauso wie er, seine gesamten Familienangehörigen bei dem damaligen feigen Überfall verloren. Deshalb nahm Veland ihn als sein Mündel bei sich auf.

Selbstverständlich war er genauso einfach gekleidet wie alle anderen Bauern, mit grün oder bräunlich roten Farben. Tiw war trotz alledem ein aufrichtiger Kerl, selbst mit seinen jungen Jahren. Mitunter war er allerdings ein wahrer Draufgänger, was wiederum Veland von Zeit zu Zeit gewaltig aus der Haut brachte. Jedoch konnte man Tiw keinesfalls lange böse sein, mit seiner spaßigen Art, wickelte er beinahe jeden um den Finger und dies nutze er bisweilen gänzlich zu seinen Gunsten aus. Wie damalig, alsdann er ein adliges Gewand entwendete. Lediglich zum Spaß, um dieses Minna zukommen zu lassen.

Wenn man wahrlich darüber nachdachte, war dies schon ungerecht verteilt. Die Adligen, die sogenannte Obrigkeit schmückte sich mit den buntesten und edelverzierten Gewändern. Unsereins wurde bestraft, wenn man sich keinesfalls an die Kleiderordnung hielt. Sie lebten in Saus und Braus, ihre Untertanen hatten mitunter jedoch nichts zu essen. Was natürlich keineswegs für uns galt, wir hatten es dagegen wahrlich gut. Wir waren mit viel Wild gesegnet. Zwar gestohlenes Wild, da es gänzlich der Obrigkeit gehörte und es ferner verboten war es zu jagen. Allerdings störte uns dies nicht im Geringsten!

„Veland, wo sind Harroh und Minna?“, fragte ich ihn und durchsuchte mit meinem Blick das Lager. Veland starrte allerdings weiterhin ins Feuer, ohne jedoch aufzublicken meinte er betrübt: „Sie sind zum Dorf Isit. Die Männer des Sheriffs beabsichtigen ebendort heutigen Tages die Steuern einzutreiben. Harroh und Minna wollten in Augenschein nehmen, wie ernst die Lage wahrlich ist. Da auch Weiber sowie Kinder beteiligt sind.“

In der Tat konnte ich mir lebhaft vorstellen was dies für ihn bedeutete. Veland hatte seine gesamte Familie auf so ähnliche Weise verloren. „Minna beabsichtigt außerdem, sich sodann nach unserem Besuch zu erkundigen. Vielleicht weiß jemand etwas über eine junge Maid, die von Gundsrad verfolgt wurde?“ Veland hob seinen Blick und schaute mich niedergeschlagen sowie grüblerisch an.

„Wie geht es diesbezüglich der Fremden? - Ist sie wiederum bei Bewusstsein?“, fragte ich die beiden in einem eher gelangweilten Ton. Ich hoffte insgeheim, dass meine Miene mich keineswegs zu sehr verraten würde. Wie viel sie mich in Wirklichkeit beschäftigte, brauchte niemand wahrlich zu erfahren.

Veland zuckte mit seinen Schultern, worauf er vorwurfsvoll meinte: „Ich kann dir dies keinesfalls beantworten. Matt ist wahrhaftig die gesamte Zeit bei ihr. Ich muss hierselbst gänzlich verhungern, schau mal wie abgemagert ich bereits bin. - Bier braut er ebenfalls keines mehr, seit sie gegenwärtig bei uns im Lager angekommen ist. Das ist äußerst ärgerlich.“ Veland warf ein Stück Holz ins Feuer, missmutig blickte er mich an.

„Im Gegensatz dazu geht zu ihm und jagt den Mönch endlich aus der Höhle.“ Veland grinste mich hämisch an.

„Euer Wunsch sei mir Befehl, euer Hochwohlgeboren.“, lachte ich zugleich und machte eine tiefe Verbeugung. „Ich werde Bruder Matthias persönlich mitteilen, dass ihr lediglich noch Haut und Knochen seid. Folglich sollte er sich umgehend um euch bemühen. Da Ihr gegebenenfalls infolgedessen auch noch verdurstet. Dies wäre mit Sicherheit wahrlich äußerst fatal.“ Laut lachend drehte ich mich um, kurz danach betrat ich die riesige Höhle.

Sie war mit einigen Fackeln hell erleuchtet, wodurch man die jetzige Größe erst sichtlich erkennen konnte. Die Höhle bot genügend Raum für mehrere Schlafplätze und genau in einem dieser lag sie. Der Mönch deckte die unbekannte Schönheit soeben zu. Nachdem mich Bruder Matthias bemerkte hatte, seufzte er besorgt und schaute niedergeschlagen in meine Richtung.

„Die Kräuterumschläge wirken keinesfalls so wie ich es mir erhofft hatte. Den Pfeil hast du gottlob gänzlich herausgezogen. Jedoch anderseits bekomme ich ihre Fieber trotz alledem keineswegs gesenkt. Wenn gleich ich wahrhaftig alle erdenklichen Möglichkeiten versucht habe. - Wahrscheinlich ist sie deshalb auch noch keineswegs erwacht.“ Mutlos blickte er zu Boden, gleichzeitig atmete der Mönch abermals schwer aus.

„Eine Möglichkeit gäbe es eventuell. Ein Heilkraut, zudem selten sowie ausgesprochen schwer zu beschaffen. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt mit Tiw in den alten Wald gehen und nach genau diesem seltenen Kraut suchen. Vielleicht finde ich es ebendort, da dieser Wald so gut wie niemals betreten wird. - Angeblich leben dortselbst die Geister des Waldes. Wie auch immer, entweder die Geister oder sie wird sterben.“

Er blickte in Richtung Höhlenausgang und sprach weiter: „Ich kann mir keineswegs vorstellen, dass ein Mönch sowie ein Jüngling dortselbst in Gefahr sind. Wir werden allerdings einige Tage unterwegs sein. Könntest du dich ihrer annehmen?“ Bruder Matthias schaut mich fragend an, worauf ich zustimmend nickte.

„Hervorragend! Alle Sachen befinden sich neben ihrem Lager.“ Der Mönch zeigte auf eine flache Schüssel mit irgendeiner dunklen Flüssigkeit. Die, wenn ich ehrlich zu mir war, keinesfalls sehr genussvoll roch. - Nein! Sie stank abscheulich, einfach widerlich.

„Du musst ihr damit oftmals einen frischen Umschlag anfertigen. Ihre Lippen benässen, sowie ihr Gesicht.“ Entgeistert schaute ich den Mönch an und fragte: „Was mit dieser dunklen Brühe?“

„Natürlich lediglich für ihre Wunde ist diese Kräutertinktur. Das Gesicht sowie die Lippen musst du selbstverständlich mit klarem Wasser abtupfen. Genauer gesagt, zum Trinken ist die Tinktur gewiss keinesfalls gedacht, viel zu bitter. - Bist du sicher, dass du dieses zustande bringen kannst?“, meinte Bruder Matthias ein wenig entrüstet, worauf er mich zweifelnd anschaute.

„Gewiss. Ich werde dies schon bewältigen. Du kannst getrost mit Tiw in den Wald dich begeben“, meinte ich völlig selbstgefällig zu Bruder Matthias. Gleichzeitig blickte ich ihm fest in die Augen. Wahrscheinlich hatte er persönlich dereinst diese Tinktur gekostet? Tatsächlich schwer vorstellbar.

Allerdings ließ ich mir meinen Ekel keineswegs anmerken und grinste ihn zuversichtlich an. „Bevor du allerdings mit Tiw aufbrichst, solltest du womöglich zu Veland dich begeben. Er wollte bei dir eine Beschwerde vortragen“, fragend sah mich Bruder Matthias an.

„Weswegen?“

„Veland ist ausschließlich der Meinung, du würdest ihn gänzlich verhungern sowie verdursten lassen.“ Der Mönch blickte mich amüsiert an und schüttelte seinen Kopf.

„Mmh, wie auch immer Veland sich dieses vorstellen mag. Selbst er muss sich augenblicklich mit weniger begnügen sowie wir anderen dies ebenfalls tuen.“ Er klopfte sich reumütig auf seinen Bauch und grinste. Jedoch wurde sein Gesicht plötzlich ernst.

„Samuel konntest du irgendetwas über sie erfahren? Wer ist sie und was sie an diesem Ort zu suchen hatte? - Je eher du es mir diesbezüglich mitteilst, desto schneller kann ich mit Tiw aufbrechen“, der Mönch blickte mich abwartend an. Wie konnte man so neugierig sein?

Ich zuckte mit meinen Schultern, allerdings schaute ich ihn lange an. „Da mir folglich ein gewisser Mönch keinerlei Ruhe lassen wird, werde ich es dir erzählen. Zu meinem Bedauern konnte ich keineswegs viel über sie erfahren. Der Schmied aus dem hiesigen Dorf wusste lediglich, dass Gundsrads Männer nach einer Tochter von einem Adligen suchen. Ich glaube, ihr Name war Lillian, Tochter von Anthony… ich weiß dies keinesfalls mehr so genau. War gewiss keineswegs so bedeutsam.“ Mein Blick richtet sich auf die schlafende Schönheit, gleichzeitig atmete ich schwer aus.

„Mehr konntest du in keinster Weise erfahren? Dies ist allerdings äußerst gering.“ Er musterte mich wiederum und schaute zugleich ungläubig. Ich atmete abermals tief aus. Wie konnte man gänzlich so verbissen sein?

„Nun gut, angeblich wurde die Adlige von Geächteten verschleppt. Der hiesige Sheriff sowie Gundsrad von Hereford höchstpersönlich suchen nach ihr. Was wiederum mitunter nichts Gutes bedeutet. Man munkelt sie sei angeblich Gundsrads Erwählte. Mehr konnte mir der Schmied allerdings nicht im Geringsten mitteilen. - Andererseits, wenn sie wahrhaftig seine Erwählte ist… sodann haben wir ein gewaltiges Problem. Was machen wir alsdann mit ihr? Bei uns kann sie auf gar keinen Fall bleiben… Sie würde alle anderen gefährden und sehr wahrscheinlich an Gundsrad ausliefern.“

Abrupt blickte ich den Mönch an, jedoch dieser sagte kein einziges Wort. Demzufolge sprach ich einfach weiter: „Was machen wir, wenn es sich bewahrheitet? - Hätte ich sie dortig im Wald zurücklassen sollen?“

„Unter gar keinen Umständen“, antwortete der Mönch kurz. Jedoch ich sprach ohne auf ihn zu achten weiter: „Hoffentlich erwacht sie alsbald, damit sie uns erklären kann, wer sie in Wirklichkeit ist.“ Zerknirscht blickte ich zu Bruder Matthias sowie zu dieser geheimnisvollen Maid.

„Gott wird uns gewiss helfen, selbst wenn du über diese Sache keineswegs meiner Meinung bist. Du wirst es selber erleben, es gibt für alles einen wahren Grund. Schicksal… Fügung oder Bestimmung, wie du dies immerfort nennen wirst. Sie wird dich… dich persönlich Samuel in deinen Grundlagen erschüttern. Ansonsten hättest du sie im Wald zurückgelassen und keinesfalls gerettet.“

Erstaunt schaute ich ihn an, allerdings ignorierte er meinen Blick. „Samuel, du hättest sie dortig liegengelassen in dem Moment wo du erkanntest, dass sie ein Weib war. Dadurch, dass du sie an diesen Ort gebracht hast, bist du, egal wer sie wahrhaftig ist, für sie gänzlich verantwortlich.“ Er blickte mich wissentlich an. Was führte dieser Mönch indessen im Schilde, wusste er etwa mehr wie ich selbst?

„Es wird sich schon alles zum Guten wenden. Habe lediglich dieses eine Mal Vertrauen zu Gott.“ Der Mönch legte mir die Hand beruhigend auf die Schulter.

„Samuel, dein Geheimnis über dein Mitgefühl zu dieser holden Maid ist gut bei mir aufgehoben. Ich bin mir völlig bewusst, dass du eine gute Seele in dir trägst. Zudem wirst du gewiss das Richtige tuen, dessen bin ich mir vollkommen bewusst.“ Der Mönch nickte zuversichtlich, ließ mich los, nahm seinen Bündel und verließ die Höhle.

„Tiw kommt, wir wollen indessen aufbrechen! Hoffentlich finden wir dieses Kraut alsbaldig! - Samuel wird sich ein paar Tage um die Fremde kümmern! - Veland könntest du Harroh mitteilen, dass wir beide uns am großen Felsen bei der knorrigen Eiche befinden. Ebendort werden wir nach diesem seltenen Kraut suchen. In etwa zwei Tagen sind wir gewiss wiederum zurück, bis dahin! - Veland! Ungeachtet dessen, du wolltest diesbezüglich noch etwas von mir? Die Sache mit dem Durst, wenn wir wiederum zurückkommen…


***


Irgendwann blendete ich den Wortwechsel zwischen Matt sowie Veland gänzlich aus. Meine Gedanken kreisten um die Worte des Mönches. Er hatte wahrhaftig mit allem Recht. Indem ich sie ins Lager gebracht hatte, gefährdete ich alle anderen und war somit für sie gänzlich verantwortlich. So hatte ich dieses zurzeit keinesfalls betrachtet. Dennoch was sollte ich jetzig tun? Es war wohl mein Schicksal, dass ich ausgerechnet diesen Pfad an jenem Tag eingeschlagen hatte. Normalerweise ging ich niemals in diese Richtung. Denn dieser Weg lag eigentlich keinesfalls auf meinem Erkundungsgang. Dennoch konnte ich es jetzig keineswegs mehr rückgängig machen. Sie war hier, bei mir, und wachte mitnichten auf!

Nun war ich richtig ratlos, niedergeschlagen sowie irgendwie gänzlich enttäuscht. Was würde geschehen, wenn sie wahrhaftig die Tochter eines Grafen, demnach eines Adligen wäre?

Innerlich spürte ich, dass dieser Gedanke mir beträchtliches Unbehagen bereitete. - Wir bekämpften in jeder erdenklichen Weise die Adligen. Die sogenannte Obrigkeit sowie ihre verhassten Schergen. Jedoch warum war sie auf der Flucht vor Gundsrads Männern?

Wieso hatte sie Bauernsachen von einem Knaben getragen? Dies war natürlich ebenso verboten, wie für unsereins das Wildern, selbst für eine Adlige. Außerdem was suchte sie auf einem Pferd mitten im Wald und noch dazu gänzlich allein? Äußerst merkwürdig fand ich dies allemal. Was sollte diese Maskerade?

Warum hatte sie kein einziges Wort gesprochen oder konnte sie vielleicht gar nimmer sprechen? Jedoch diese Augen, dieser Blick, in dem damaligen Wald. Alsdann sagten sie zu mir etwas gänzlich anderes. Ihre Augen wirkten so unergründlich, wie ein tiefer, klarer Gebirgsbach. So rein… so faszinierend und so unschuldig… so wahrlich wunderschön. Ein tiefer sehnsüchtiger Seufzer entglitt mir und ich verfiel abermals meinen Gedanken.

In dem Moment, wie ich sie erblickte… wahrlich erblickte, was sie war… hatte ich ein seltsames Gefühl verspürt. Dass ich bis dahin noch nie… niemals in meinem jetzigen Dasein verspürt habe. Es ärgerte mich ein wenig, dass ich mir ohnedies wiederum Gedanken über diese Fremde machte. Wahrhaftig zu viele Gedanken!

Ich, der Krieger, wie ich mich selbig gerne bezeichnete, sollte keinesfalls so töricht sein, sich an einen Weiberrock zu hängen. Dies war so beschämend… so entwürdigend! Die bedeutsamste Frage war trotz alledem, ist sie genauso oberflächlich wie alle Adligen es ohnehin waren. Hatte sie ein Herz für die Bediensteten… die Untertanen… die Bauern… das niedrige Volk?

Unwillkürlich drehte ich mich in ihre Richtung und schritt langsam näher an dessen Schlafplatz. Mein Blick glitt gemächlich über ihre zierliche Gestalt. Sie hatte einen Umschlag aus Brei der mit Blättern bedeckt. Dieser befand sich an ihrer linken Schulter und war mit einem Band befestigt. Sie war überaus bleich, so als wäre sie beinahe bereits blutleer. Auf ihrer Stirn hatten sich kleine Schweißtropfen gebildet, außerdem zitterte sie ein wenig. Die Augen hatte sie immer noch geschlossen. Ihr gesamter Körper war, bis auf die Schultern sowie ihrem Kopf, von einer Art Decke umhüllt.

Urplötzlich warf sie sich hin und her. Ihr Körper begann massiv zu zittern, allerdings noch heftiger als zuvor. Die Decke fiel zu Boden, wobei ihr Oberkörper entblößt wurde. Sie trug ein dunkelweißes Leibchen, das an der Taille sowie den Armumfassungen vorwiegend aus edler Spitze bestand. In der Mitte wurde es mit weißen, feinen Bändern zusammengehalten. Ein kleiner Ansatz von ihren weiblichen Konturen blitzte hervor, die durch den Schein der Fackeln schließlich noch mehr zur Geltung kamen.

Unbewusst richtete ich meinen Blick auf ihre atemberaubende, weibliche Gestalt. Ihre rotbraunen, langen Haare umschmeichelten ihr makelloses Gesicht. Obwohl sie jetzig regungslos ebendort lag, strahlte sie eine geheimnisvolle Aura aus. Die mich unaufhörlich immer mehr in ihren Bann zog. Ich schluckte laut, nahm instinktiv die Decke und legte diese über ihren zitternden Körper. Mit einem Tuch tupfte ich vorsichtig die Schweißperlen von ihrer Stirn. Für einen kurzen Moment öffnete sie die Augen, sie waren jedoch vom Fieber gezeichnet.

Es mussten etliche Stunden vergangen sein, ich hatte wahrlich jegliches Zeitgefühl verloren. Offensichtlich ging es ihr ein wenig besser, da ihre Atmung ruhiger geworden war. Erleichtert beschloss ich, eine Weile nach draußen zu den anderen, zu gehen und mich am Feuer auf zu wärmen. Alsdann ich aus der Höhle trat, kam mir ein kühler Wind entgegen. Es dämmerte bereits, zudem kam ein leichter Nebel vom Wald auf die Lichtung herübergekrochen. Die klare, frische Luft machte meinen Kopf allerdings wiederum frei.

Erst jetzig bemerkte ich das mein Magen bislang noch keinerlei Nahrung in sich hatte. Somit trat ich an die Feuerstelle, nahm mir etwas von dem Wild und starrte in die Glut. Gänzlich in Gedanken versunken setzte ich mich zu den anderen ans Feuer. Veland warf mir seinen Umhang zu, der mich in die Gegenwart zurückholte, zugleich schaute er mich fragend an.

„Wie geht es unserem Gast? Ist sie endlich erwacht? - Harroh ist mit Minna anscheinend noch im Dorf. Hoffentlich ist alles zum Guten verlaufen.“ Gemächlich erhob sich Veland, warf ein Stück Holz ins Feuer und blieb schweigend neben mir stehen.

Auf einmal sagte Ludger: „Ich glaube, das Weib überlebt es sowieso in keinster Weise. Wie lange die bereits ohne Bewusstsein ist. Allenfalls wäre es für alle diesbezüglich das Beste, dass sie baldig das Zeitliche segnet. - Eine von den verdammten Herrschaften weniger. Außerdem machen Weiber ausschließlich Ärger. - Wieso hast du das elende Weibsstück überhaupt mitgebracht? Du hast wohl eine Schwäche für sie… oder? Nichtsdestotrotz ist sie ein adliges Miststück.“

Ludger lachte laut auf und fuhr verschwörerisch fort: „Ich könnte ja ein wenig nachhelfen. Was meinst du? Wir verscharren sie irgendwo im Wald, sodann wäre wiederum Ruhe im Lager.“

Veland beäugte mich von der Seite, gleichzeitig erkannte er, dass ich langsam immer wütender wurde. Er stieß mit seinem Fuß den meinen an und sagte sodann zu Ludger: „Wir werden sehen. Außerdem entscheidet dies Harroh und keinesfalls du selbst.“ Veland schaute mich kurz an, alsdann starrte er wiederum ins Feuer.

Erbost stand Ludger auf und maulte gereizt: „Ich werde jetzig einen kurzen Rundgang machen, da wir wegen diesem elenden Weibsstück zu wenige im Lager sind. Auf noch mehr ungebetene Gäste kann ich gänzlich gerne verzichten.“ Wütend nahm Ludger seinen Bogen, den Köcher sowie seinen Umhang. Fluchend verschwand er schließlich in Richtung Wald. Aufgebracht blickte ich ihm nach.

„Samuel lasst ihn ziehen. Hast du erfahren können, wer sie in Wahrheit ist oder behältst du es lieber für dich? Ich meine wegen Ludger. Er ist auf sie keinesfalls sonderlich gut zu sprechen, allerdings weißt du auch mit Sicherheit warum.“ Veland hob sein Kopf, überdies schaute er mich prüfend von der Seite an und wartete auf eine Antwort. Ich atmete tief aus und ließ meine Schultern durchhängen.

„Angeblich soll sie die Tochter von einem Sir Anthony von… Dies weiß ich keinesfalls so genau. Allerdings genaugenommen ist dies wahrhaftig keinesfalls mehr von solcher Bedeutung. - Sie müsste endlich wiederum aufwachen.“ Ich seufzte und blickte instinktiv in die Glut des Feuers. Veland schaute mich überrascht an.

Unverzüglich blickte ich zu ihm, zugleich bemerkte ich, dass ich die gesprochenen Worte besser für mich behalten hätte. Nur gut, dass es Veland war und keinesfalls Ludger, dieser war kein Freund der Adligen. Egal ob Mann oder Weib, dies spielte für ihn keinen großen Unterschied. Ludger verachtete sie alle.

„Ah… natürlich meinte ich, wenn sie eine Adlige ist, haben wir wiederum ein Problem.“ Sagte ich etwas kleinlaut und schaute abermals ins Feuer.

Veland räusperte sich. „Wohl wahr. Sicherlich wissen wir mehr, wenn Harroh sowie Minna zurück sind. Ich hoffe lediglich, dass es sich im Dorf keinesfalls zum Schlechten entwickelt hat. Darüber hinaus müssen wir mehr auf den Wald achten. Wenn sie tatsächlich adlig ist, wird es baldig im Wald nur so von Sheriffs Schergen wimmeln. Dies ist dir hoffentlich bewusst oder?“

Augenblicklich sah er mich wiederum an, sein Blick war nachdenklich geworden. Ich nickte, zugleich zog ich den Umhang etwas mehr über meine Schultern.


***


Die heiße Jahreszeit war so gut wie vorüber. Jetzig wurde es sichtlich immerfort kühler, jedoch das Feuer wärmte uns und versetzte die Umgebung in bizarre Schatten. Die Flammen loderten in hellen sowie dunklen, orangeroten Tönen und reckten sich in Richtung des abendlichen Nachthimmels. Sie ergaben ein faszinierendes sowie eigenartiges Farbenspiel. Die Sterne schauten hinter einigen Wolken hervor und ich versank gänzlich in den Zauber dieses einen Moments.

Wie lange ich ebendort am Feuer gesessen hatte, war mir sichtlich entfallen. Irgendwann kehrte Ludger von seinem Rundgang zurück. Auch wenn ich ziemlich übermüdet war, schleppte ich mich zur Höhle, an ihren Schlafplatz. Sie schlief! Eigentlich beneidenswert, was hätte ich jetzig für ein wenig Schlaf gegeben. Es hatte keinen Zweck ich musste mich zusammennehmen.

Zuerst sah ich nach ihrer Wunde, sodann befeuchtete ich vorsichtig ihr Gesicht sowie ihre beinahe farblosen Lippen. - Wann würde sie endlich wiederum aufwachen? Vielleicht würde ich von ihr gänzlich enttäuscht sein? Ich setzte mich auf den kühlen Boden, direkt neben ihrem Schlafplatz. Lediglich einen Moment ausruhen keinesfalls mehr, sodann würde ich…

Verwirrt öffnete ich meine Augen. Ich saß immerfort auf dem Boden der Höhle, allerdings war Bruder Matthias wiederum an Ort und Stelle. Erstaunt schaute ich ihn an. Wollte er mitnichten in ein paar Tagen wiederum anwesend sein?

„Guten Morgen.“, grinste der Mönch mich sichtlich erheitert an. Gänzlich verschlafen versuchte ich mich aufzurichten. Selbst wenn mein Körper keineswegs wahrlich dafür bereit war.

„Ich dachte, du würdest andernfalls erst in ein oder zwei Tagen zurückkehren? Habt ihr dieses Kraut bereits gefunden? - Ich wollte mich lediglich einen kurzen Moment ausruhen. Ich habe beinahe zwei Tage kein Auge zu gemacht, zudem bin hinsichtlich keineswegs zur Ruhe gekommen, ich…“

Für einen kurzen Moment überlegte ich, gleichzeitig blickte den Mönch verwundert an. „Wie lange habe ich mich ausgeruht? - Verdammt!“ Abermals versuchte ich aufzustehen, jedoch Bruder Matthias drückte mich auf den Boden zurück.

„Bleibt indessen sitzen es ist alles in gänzlicher Ordnung. - Wir haben dieses Kraut schneller gefunden, alsdann ich gedacht hatte. Minna sowie Harroh sind ebenfalls wiederum zurück. Im Dorf ist alles wahrlich gut verlaufen, keine Übergriffe. Minna hat sich in der Zeit, wo du dich ausgeruht hast um sie gekümmert. - Wie fühlst du dich? Hier trinkt dies.“

Der Mönch reichte mir eine Holzschale mit warmer Flüssigkeit. Augenblicklich spürte ich, wie überaus durstig ich trotz alledem war. Gierig trank ich und gab ihm die leere Schale wiederum zurück. Abermalig blickte ich Bruder Matthias an.

„Ich danke dir Matt, dies habe ich wahrhaftig benötigt. Wie lange habe mich ausgeruht? - Überdies ist sie bereits erwacht?“ Irgendwie war ich ohne jegliches Zeitgefühl, inzwischen waren meine Lebensgeister wiederum zum Leben erwacht. Augenblicklich streckte ich meine Glieder und bewerkstelligte endlich aufzustehen. Mein Blick ging gleichzeitig zum Höhlenausgang, es wunderte mich allerdings, dass es immer noch vor der Höhle dunkel war.

„Wie lange hast du gesagt habe ich mich ausgeruht?“ Ich schaute den Mönch immer noch irritiert an.

„Ich denke von der Abenddämmerung bis beinahe zur Morgendämmerung ist zweifellos ein gewisser Zeitraum. Samuel du darfst dich keinesfalls so verausgaben. Wenn du dich in keinster Weise ausruhst, kannst du bei Bedarf nicht mehr kämpfen. Dies wäre in der jetzigen Lage durchaus sehr fatal, wenn wir angegriffen werden. Sieh dir Tiw an der schläft tief und fest. Ein Wunder das alle Bäume noch stehen, bei dem Geschnarche.“ Bruder Matthias zeigte belustigt auf das grummelnde Bündel.

„Ludger und Veland sind die Gegend erkundigen sowie jagen gegangen. Minna und Harroh sitzen draußen beim Feuer… mit interessanten Neuigkeiten aus dem Dorf. Darüber hinaus ist unser Gast im Gegensatz dazu noch weiterhin ohne Bewusstsein. - Habe ich vielleicht darüber hinaus noch irgendetwas vergessen? - Ich glaube mitnichten. Samuel nimm dir noch dieses Stück Brot.“ Er reichte mir ein Stück trockenes Brot und ich biss hinein.

„Nun denn, Harroh wartet bereits auf dich. An deiner Stelle würde ich ihn keinesfalls noch länger warten lassen. Unter uns, er ist sichtlich aufgebracht über dein kleines Schläfchen.“ Mein Blick ging zu ihr, was selbstverständlich Bruder Matthias bemerkte, worauf er schmunzelte.

„Samuel, sie muss sich erholen um gesund zu werden. Infolgedessen sei ein wenig geduldiger. - Geht zu Harroh bevor er dir wahrhaftig noch den Kopf abreißt. Wenn Harroh keinerlei weiteren Pläne mit dir vorhat, kommst du mich, sobald alsdann möglich, ablösen. Jetzig dürftest du ja gewiss ausgeruht sein.“ Er blickte mich freundlich an und schob mich energisch aus der Höhle.

Die frühe Morgendämmerung brachte einen erfrischenden Wind mit sich. Langsam wurde es nach und nach heller. Die Sonne stieg unaufhörlich, jedoch beständig hinter dem Waldesrand auf. Diese Farbenpracht der verschiedenen rot, orange und gelb Töne war so überwältigend, dass ich für einen kurzen Moment stehenbleiben musste und den Sonnenaufgang betrachtete.

Durch ein lautes Räuspern löste ich mich von der Morgenröte, zugleich erblickte ich Harroh. Dieser saß mit eisiger Miene an der Feuerstelle und starrte schweigend in die Glut. Ich schritt langsam auf ihn zu und räusperte mich ebenfalls schuldbewusst.

„Wahrhaftig, du bist bereits munter? … Du warst gänzlich weggetreten“, meinte er ohne allerdings aufzublicken. Ich schaute meinen Anführer reumütig an und sagte leise: „Harroh es wird in keinster Weise wiederum vorkommen. - Ich war einfach zu abgelenkt um mich auszuruhen. Ich meine… ich hatte keinesfalls den Kopf derart frei, ich…“, stammelte ich. Oh nein, wie peinlich war das denn?

Harroh blickte mich mit seinen Augen eindringlich an. „Ich kann verstehen, wenn sie dich verwirrt. Du gänzlich mit deinen Gefühlen und Gedanken keinesfalls mehr zurechtkommst. - Mir ging es am Anfang bei Minna wahrhaftig keinesfalls anders. Jedoch musst du jetzig Prioritäten setzen. Ich muss mich gänzlich auf dich verlassen können. - Nur gut, dass keineswegs etwas Außergewöhnliches vorgefallen ist. Veland ist zwar stark und äußerst kräftig, allerdings im Falle eines Angriffs hätte Veland sowie auch Ludger keinerlei Möglichkeit gehabt das Lager zu verteidigen. Hast du das verstanden Samuel?“

Schwer schluckte ich sagte allerdings kein Wort, worauf er weitersprach: „Du musst den Kopf gänzlich freibekommen. Die Anderen, wie auch ich selbst vertrauen dir. Wir verlassen uns in jeder Hinsicht auf dich, Samuel. Endscheide dich, wem du verpflichtest bist. - Entweder wir können auf dich zählen oder du musst gänzlich die Konsequenzen tragen.“ Energisch sah er mich an. Ich wusste nur zu gut was geschehen würde, wenn wir keinesfalls allesamt auf unserem Posten waren. Verflucht! Dies war mir allerdings wahrhaftig noch niemals passiert.

„Ich habe verstanden Harroh. Ich gebe dir in allen Punkten recht. Ich werde versuchen, dass dies ein einmaliges Vergehen war. Zugleich danke ich dir in der Tat für deine Offenheit.“

Verständnisvoll blickte ich ihn an, jedoch er nickte lediglich. Sodann erhob er sich und streckte seine Glieder. Harroh schaute mich abschätzend mit einem forschen Blick an. Danach drehte er sich abermals zum Feuer und warf ein Holzstück hinein.

„Minna hat im Dorf erfahren, dass sie wahrscheinlich die Tochter von Anthony von Dudley ist. Weißt du etwas darüber?“ Harroh schaute wiederum zu mir und fuhr weiter fort: „Sir Anthony sowie auch Gundsrads Schergen suchen nach ihr. - Wieso, konnte Minna keinesfalls erfahren. Allerdings heißt es: Sie wäre angeblich geraubt worden. Was sodann wiederum mit ihrer Kleidung keinesfalls gänzlich übereinstimmen kann.“ Er atmete tief ein und aus, worauf er mich abermals abschätzend ansah.

„Sag mir was hat Gundsrad von Hereford mit dieser Sache zu tun? Es ist doch überaus merkwürdig, dass ausgerechnet Gundsrad von Hereford nach ihr sucht. Der Vetter vom Berater des Königs, hat diesbezüglich ein so großes Interesse an dieser Adligen, warum? - Zumal ihr Vater mit Gundsrads Machenschaften keinesfalls etwas zu schaffen hat. Findest du dies keinesfalls seltsam? Was hat der Lord mit Gundsrad gemeinsam? Dieser Lord Anthony galt bis dato, als ein äußerst gerechter sowie ehrenhafter Mann.“ Ich zuckte mit meinen Schultern und sah auf die Glut des Feuers. Eigenartig war dies schon, da gab ich Harroh recht.

Harroh strich sich nachdenklich über sein Kinn und fuhr fort: „Warum schließt sich ein unbeeinflussbarer Lord mit einem tyrannischen Gundsrad von Hereford zusammen? Weshalb lässt Gundsrad dessen Tochter überall suchen? - Merkwürdig ist dies gewiss allemal, wie gesagt. - Samuel konntest du mehr erfahren wie unsereins?“ Harroh blickte mich weiterhin missmutig an und wartete. Verdammt er war weiterhin aufgebracht und dies mit Recht. Laut atmete ich aus, zudem schaute zu den Höhlen.

„Harroh der hiesige Schmied hat verlauten lassen, dass sie Gundsrads Erwählte sein soll. Dies wiederum erklärt keinesfalls aus welchem Grund sie im Wald vor seinen Männern geflohen ist? - Was machen wir, wenn es sich bewahrheitet? Was schlägst du augenblicklich diesbezüglich vor?“ Fragend sowie abwartend sah ich ihn an, jedoch Harroh zuckte lediglich mit den Achseln und schaute ebenfalls in Richtung Höhle.

„Wir müssen uns bereitmachen, falls wir unliebsamen Besuch erhalten. Ich hoffe sie erwacht baldig. Samuel, wenn sie es keinesfalls überleben sollte, sodann müssen wir ihre Leiche im Wald verscharren. Dies ist der einzige Weg, wir dürfen keinerlei Risiko eingehen.“ Er musterte mich, worauf ich beklommen nickte.

„Ich werde mich ein wenig ausruhen. Kommst du allein damit zurecht?“, wiederum bejahte ich dies. „Keine Sorge diesbezüglich ich bin wahrhaftig zu allem bereit. Wenn Ludger und Veland von der Jagd zurückkommen werde ich Matt ablösen. Oder hast du etwaige andere Pläne mit mir?“

„Nein! Ludger sollte sich sodann ebenfalls ein wenig ausruhen. Veland braucht wahrlich viel weniger Schlaf, als unsereins. Er kann zunächst erst einmal das Lager bewachen und dich allenfalls rufen. Sollte irgendetwas vorfallen wirst du mir unverzüglich Bescheid geben.“ Ich nickte bejahend zu Harroh. Nach einer Weile stand er auf und legte sich zu Minna, seinem Weib, die in der Nähe des Feuers schlief.

Minna und Harroh hatten sich auf dem Markt in der Nähe von Nottingham Carsel kennengelernt. Auf dem hiesigen Markt verkaufte Minna sowie ihre beiden Schwestern Töpfe und Krüge. Ihr Vater wurde dortig verhaftet, da er seine Steuern keinesfalls begleichen konnte. Er wurde sodann in den hiesigen Kerker gesperrt. Kurze Zeit später verstarb dieser im besagten Kerker. Minna beschloss bei Harroh zu bleiben und wurde sein Weib. Ihre beiden Schwestern begaben sich zu ihrem Onkel nach Grimsby, da sie noch nicht mündig waren.

Minna ist diesbezüglich das erste Weib, was sich jemals diesem seltsamen Haufen angeschlossen hatte und bei weitem sollte man sie keinesfalls unterschätzen. Von dieser Zeit an widersetzte sich Minna sowie Harroh der Obrigkeit. Sie zahlten keinerlei Steuern mehr und halfen den Bauern, dem niedrigen Volk, wo sie nur konnten. Wahrlich ein äußerst bemerkenswertes Paar.

Ich für meinen Teil kam gänzlich viel später hinzu. Mein Herr, dem ich durch einen Schwur verpflichtet war, wurde durch einen heimtückischen Verrat durch die Obrigkeit getötet. Harroh rettete mir unerwartet das Leben und ließ mir gänzlich dennoch die Wahl. Die Freiheit oder mich ihm anzuschließen, als ein wahrhaftiger Gleichgesinnter. Ich beschloss Harroh in seinem Kampf gegen die sogenannte Obrigkeit beizustehen. So schloss ich mich ihnen an.

Unsere Aufgaben waren manchmal ziemlich haarsträubend. Nahm die Obrigkeit zu viel von den Bauern, beschafften wir es auf die eine oder andere Weise wiederum zurück. Wir befreiten einige aus der Gefangenschaft. Brachten das Vieh sowie andere Dinge allenfalls zu dem Besitzer zurück. Was allerdings mit der Zeit immerfort schwieriger wurde, da manchmal der Vetter des Königs auf uns aufmerksam wurde.

Zum Glück hatte der Sheriff von Nottingham genug mit seinen Geächteten zu kämpfen. Was wiederum gut für uns war. Dadurch konnten wir viel schneller agieren, wenn Nottingham oder Prinz Johann zu beschäftigt mit ihren Grafschaften waren. Schließlich konnte er ja keinesfalls an zwei Stellen zugleich sein. Allerdings wussten auch die umliegenden Grafschaften davon. Deswegen war Sir Gundsrad von Hereford in der Tat so gefährlich. Ein junger Adliger, der sich die Gunst des Königs erschleichen wollte. - Wenn sie wahrhaftig seine Erwählte war, könnte sie unser Bestreben nach Gerechtigkeit erheblich gefährden. Oder sogar unser ganzes Verderben sein.




















Im Schatten des Waldes

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