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Kapitel 6
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Kriminalkommissar Michael Leyrhofer war Routinier. Der Tod des Finanzministers war nicht der erste prominente Fall, den er übernommen hatte – oder besser gesagt, zu dem er aufgrund seiner Expertise und seines Know-hows zwangsverpflichtet worden war. Sicher hätte er den Fall auch ablehnen können. Noch war sowieso nicht klar, ob es überhaupt ein Fall war oder doch nur ein Unfall. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sah für ihn alles nach einem Unfalltod aus. Das Auto war dem Rad ausgewichen und in die Baumallee geknallt. Aus. Ende. Das wäre zwar ein Fall für die Versicherung des Autoherstellers, aber sonst nichts. Nur die Tatsache, dass das Fahrzeug dabei beschleunigt hatte, war irritierend. Das gehörte selbstverständlich untersucht. Mit oder ohne Finanzminister als Insassen.
Aber weil es der erste Tote in einem selbstfahrenden Auto war, hatte die Innenministerin Elfriede Haderl angeordnet, dass für den Fall die Kriminalpolizei zuständig sei – insbesondere er, Michael Leyrhofer. Der Kriminalkommissar war nicht nur ein Ermittler mit scharfem Verstand, dem nicht so schnell Details entgingen, er war auch Medienprofi. Leyrhofer wusste ganz genau, welche Informationen in heiklen Fällen nach außen dringen durften und welche er besser verschwieg. Seine Taktiken hatten ihm in der Vergangenheit bereits dabei geholfen, den ein oder anderen Fall aufzuklären. Eine Witwe, die nach außen hin nahezu herzzerreißend um ihren Mann getrauert hatte, hatte ihre Täterschaft etwa dadurch verraten, indem sie Details über den Ort ausplauderte, die nie an die Öffentlichkeit kommuniziert worden waren.
An Kommissar Leyrhofer biss sich aber auch so mancher Journalist die Zähne aus, so wenig Informationen ließ er nach draußen durchsickern, wenn er schlecht gelaunt war. Und schlecht gelaunt – das war er eigentlich immer häufiger in letzter Zeit. Er hatte nur noch wenige Jahre bis zu seiner Pensionierung. Auch wenn er seine Arbeit prinzipiell gern machte, kämpfte er damit, dass die Kriminologie in den vergangenen Jahren nicht gerade einfacher geworden war, um es milde auszudrücken. Der Druck, Fälle rasch aufzuklären, war gestiegen. Und die technischen Mittel, die sie jetzt zur Aufklärung einsetzen mussten, halfen dabei oft nur sehr bedingt, verschlangen aber unendlich viel Zeit und Ressourcen. Und dazu kamen dann auch noch Personaleinsparungen. Nicht nur in der freien Marktwirtschaft wurden Arbeitskräfte wegrationalisiert, sondern auch bei den Behörden.
Leyrhofer hatte sich zwar für sein Alter rasch umgestellt und die technischen Entwicklungen nicht nur akzeptiert, sondern sie auch ausreichend analysiert, um sie für seine Tätigkeiten gewinnbringend einzusetzen. Aber ganz klar war ihm freilich nicht, was da bei den Datenbanken und Programmen im Hintergrund ablief und warum Computer manchmal Ergebnisse ausspuckten, die sich so gar nicht mit seinem Gespür deckten. Ein Gespür, auf das er sich eigentlich immer verlassen konnte. Er war präzise, objektiv, hart, aber gerecht. Kein Computer dieser Welt konnte dies ersetzen.
Der Kriminalkommissar biss gerade in seine Leberkäse-Semmel, als das Telefon klingelte. Von seiner Sekretärin war im Moment weit und breit keine Spur. Er blickte aufs Display. Unbekannte Nummer. Trotzdem hob er, noch an dem Leberkäse kauend, ab. Es könnte ja wichtig sein.
»Herr Leyrhofer? Miro Slavic hier, Geschäftsführer von Noofle Austria. Entschuldigen Sie die Störung, aber ich glaube, ich hätte da eine wichtige Information im Fall Wolfgang Steinrigl für Sie. Können wir uns treffen?«
Der Kommissar war neugierig, was ihm der Autokonzern für Informationen verkaufen wollte. Normalerweise war es eher schwierig, im Zuge von Ermittlungen an Daten zu kommen. Was also trieb den Österreich-Geschäftsführer des US-Konzerns freiwillig zur Polizei? Das konnte nur bedeuten, dass die Erkenntnisse auch dem Autokonzern selbst halfen, wieder in einem besseren Licht dazustehen, und nicht nur der Polizei. Aber woher wusste dieser Mensch eigentlich, dass er – also er, der Kriminalkommissar, für den Fall zuständig war? Das war seines Wissens noch nicht nach außen kommuniziert worden.
»Wann können Sie bei mir im Büro sein?«
»Passt es Ihnen um 16 Uhr?«
Leyrhofer blickte auf die Uhr. Das war in zwei Stunden. Er hatte noch genügend Zeit, um ein paar Recherchen über diesen Slavic anzustellen.
»Kommen Sie, kommen Sie. Ich erwarte Sie in meinem Büro.«