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Yoga

Nach der kleinen Shoppingtour mit Weihnachtsmarkt (Crêpe, Glühwein) ab ins Fitnessstudio, denn ich mache jetzt schon seit einiger Zeit Yoga. Ashtanga? Power? Kundalini? Hatha? Balance? Flow? Bikram? Hormon? Eine Freundin versuchte unlängst sehr interessiert, mir mittels try and error-Verfahren die Form des Yogas zu entlocken, die ich betreibe. Ich sagte ihr, dass ich eben Yoga mache (denn genau das steht auf dem Kursplan meines, zugegebenermaßen nicht äußerst exquisiten Fitness-Studios, welches ich vor allem der fünf Video-Gratisausleihen pro Monat wegen ausgewählt habe) und das geht so: ein paar duftende Kerzlein funzeln am Boden (und bilden mit dem raumeigenen Schweissgeruch den charakteristischen Yoga-Scent), es tut nach fünf Minuten alles weh und bei der Meditation am Ende schnarche ich jedes Mal weg. Es gibt in dem Fitness-Studio auch einen Kurs namens „Hanteln für Girls“ und einen „Speck-weg-Turbo“. Sonst gibt es eigentlich nur Geräte. Geräte! Nee nee, ich mache jetzt Yoga.

Das mit dem Glühwein vorher war vielleicht nicht so eine gute Idee, denn es begleitet mich ein etwas unangenehmes Aufstossen. Glühwein passt aber ansonsten gut zu dem heutigen Weihnachtsduft (Kerze: „Zeit für Besinnung”) im Raume. Der Yogalehrer macht eigentlich ansonsten in Hanteln, ist aber respektabel beweglich, nur sein militärischer Ton beisst sich etwas mit seinen Worten. Den Atem ganz ruhig fließen lassen- gar nicht so einfach, wenn man als Yogaschüler unwillkürlich unter der Schärfe des Tonfalls zusammenzuckt.

Wir erweisen nicht nur dem Tag, sondern auch unserer Zusammenkunft im Hier und Jetzt die Ehre: mit dem Sonnengruß. Hierzu schieben wir den Nebel und die klirrende Kälte da draußen einfach mal beiseite und lassen die Sonne in unsere Herzen (stillgestanden!). Bei der Dehnung unserer durch unnötige Shoppingtouren und auch des sonstigen dekadenten westlichen Lebensstil stark verkürzten Wadenmuskeln ignorieren wir das unangenehme Gefühl, dass ein zu stark gespanntes Gummiband gleich peng machen wird, indem wir den Atem fließen lassen. Bei den im Sonnengruß integriertem Liegestütz wissen wir, dass wir gut daran getan haben, einen Platz in der hintersten Reihe zu wählen. Ansonsten sind wir ja fitnesstechnisch noch gut dabei, zumindest bei der ersten Übung und wir wundern uns nur, dass selbst diese von Yoga-Stunde zu Yoga-Stunde anstrengender wird.

Mit einem kleinen Aufstosserchen beenden wir den Zyklus und wenden uns der Stellung des Kriegers zu. Wir lassen unsere Blicke zu dem Punkt wandern, an dem sich im Unendlichen zwei Parallelen zwangsläufig schneiden und lassen uns nicht davon abhalten, dass auf dem Weg zum Unendlichen der Blick auf die Passagen fällt und automatisch die Weihnachtseinkaufsliste im Dauerloop vor das geistige Auge tritt. Der Krieger ist –wie der Name schon andeutet- die Heldenstellung und wir arbeiten gerade am visionären Held. Lächeln, auch wenn es anstrengend wird, bellt es vom Instruktor vorne und ich lächele verbissen. Jedoch liegt mir die Position, meine Hüfte bleibt parallel zu den verdrehten Füssen, meine Arme sinken nicht. Mein Lächeln weicht einem triumphierenden Grinsen, jetzt aber doch schade, dass ich in der letzten Reihe stehe. Meinem Vordermann entweicht ein Anstrengungsfürzchen und ich weiche in die vorderen Reihen aus.

Eine Aktion, die ich bei der nächsten Position sofort bereue. Denn es folgt die Schiefe Ebene, die eigentlich ein Liegestütz wäre, wenn man den Bauch nicht Richtung Himmel strecken würde und davon absieht, dass die Arme hier um 180° verdreht sind. Und beim Liegestütz war es ja nur gut, ganz hinten und ganz unbeobachtet zu sein. Ich wechsele also möglichst unauffällig wieder zurück zu meinem alten Platz, mit einem Lächeln im Gesicht und erspare mir durch langsames Gehen nebenbei die Tortur der Position.

Yoga hält Geist und Körper fit, schallt es uns von vorne entgegen. Und damit der Geist dem fitten Körper nacheilen möge, teilt der Trainer jetzt Hanteln aus und legt eine etwas flottere Musik ein. Und eins und zwei, lächeln, drei und vier, lächeln, fünf und sechs, lächeln, sieben und acht...Ja, warum lächelt denn keiner mehr?

Bevor wir uns dann meinem persönlichen Highlight der Yogastunde (der Meditation) nähern, folgt noch ein besonderes Schmankerl: Die Partnerübung, genauer gesagt die grätschbeinige Vorwärtsbeuge, bei der die Partner sich mit auseinander–gespreizten Beinen gegenüber sitzen. Die Beine müssen möglichst senkrecht zur Geraden der Arme der Partner, die sich an den Händen anfassen, gegrätscht werden. Ungünstig, wenn einer der Partner weitaus längere Beine hat als der andere. Mr. Pups dreht sich freudig zu mir herum und ich bedeute ihm, dass ich leider gerade ganz schnell aufs Klo verschwinden muss.

Und als ich zurück bin, sind wir auch schon bei meiner Lieblingsübung- der Entspannung. Musik plätschert jetzt leise, Ohrenstöpsel habe ich dennoch immer dabei, um das tiefe, zum Teil röchelnde Atmen der anderen sowie den Feldwebelton des Meisters in ein gechilltes Hintergrundrauschen zu verwandeln. Mit der Entspannung jedoch ist es heute schwierig, der Atem will nicht so recht fließen (hierzu trägt mein Nachbar erheblich bei). Die schon erwähnte Einkaufsliste verschwindet einfach nicht aus meinem Bewusstsein, ich sortiere plakativ meditativ im Geiste meine To-Do’s und mir fällt ein, dass Lumpi (mein Fiat) dringend zur Werkstatt muss. Auch eine SMS von Jana („Hab zufällig Malte getroffen -was nun?“) trägt zu meiner Ablenkung bei. Da aber selbst der unruhigste Geist nichts weiter ist als eine Welle, die irgendwo im Nirgendwo ausläuft, wandert mein Lächeln zögernd, aber unaufhaltsam nach innen, zu meiner kleinen Trauminsel, auf der ich mich jetzt einfach mal in die Sonne lege, bis der Trainer mich wie üblich wecken wird. Doch heute muss ich mich auf eine Tarantel gepackt haben, denn ich fahre wie von letzterer gestochen hoch, rufe laut „Entschuldigung!“ und verlasse unter den unentspannten Blicken der anderen fluchtartig den Raum.

Denn mir ist plötzlich eingefallen, dass mein geliebter Fiat ja noch in der Busspur steht.

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