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Die Botschaft

Der Prinz, herbeigezaubert aus einer anderen Zeit und Welt, mit dem ich unlängst mit einer Kutsche von Robben und Wientjes durch einen magischen Wald tuckerte, um die Küstentanne für unseren Schulhof abzuholen, ist natürlich in Wirklichkeit gar kein Prinz. Er heisst Matthias und ist Landschaftsgärtner oder –Planer oder irgendetwas in der Art, aber das tut dem Blick aus seinen lapislazuliblauen Augen natürlich keinen Abbruch. Matthias Frau ist auf Kur gefahren, mein Göttergatte Gero auf Geschäftsreise und so hat er (also Matthias) mich zu sich zum Milchkaffee (beste Crema, Kaffee natürlich aus fairem Anbau) eingeladen. Ein paar Schmetterlinge flattern zwar hoffnungsfroh durch den Raum, doch Prinz und die Mutti in den besten Jahren lassen sich durch sie in ihrem REIN PLATONISCHEN Geplänkel nicht stören. Ganz und gar nicht stören.

Die Mutti in den besten Jahren mag ohnehin nichts mit komplizierten Verwicklungen (ein Blick in ihren Lebenslauf jedoch straft diese Aussage Lügen) und ist jetzt gerade dabei, den ganz großen Plänen des Matthias, der gerade mit einem Rotstift verschiedene Stellen einer Berlin-Stadtkarte markiert, zu folgen. Neben den Stadtplan hat Matthias drei grosse DINA3-Pappschablonen(ein Stern, ein Herz und ein Tannenbaum ) gelegt, daneben stehen, unschuldig pfeif, einige Spraydosen in den Farben Rot, Grün und Gold.

Er will, so verkündet Matthias, die Essenz der Weihnachtsbotschaft unter die Menschen bringen. Ein rotes Herz stehe für die Liebe und den Frieden, ein goldener Stern für die Wunder und das Licht und ein grüner Tannenbaum für die Hoffnung und den Glauben. Er habe sich ca. 50 „strategisch“ wichtige Punkte, Hot Spots, herausgesucht. Viele Touristenmagnete, aber auch die Autobahnausfahrt zum Flughafen Schönefeld, unsere Schule und die Gropiuspassagen sind dabei.

„Warum?“ frage ich, doch er scheint meine Frage nicht zu verstehen und antwortet: „Morgen Abend“ und ob ich Zeit und Lust habe, ihn zu begleiten. Er habe doch kein Auto und fahre zwar gerne Rad, aber nicht 100km bei minus fünf Grad. Bei Facebook habe seine Aktion schon zig Likes und er werde auch nicht auf intakte Mauern sprühen.

Vielleicht, denke ich, ist ja seine Frau nicht einfach mal eben so auf Kur, sondern hatte –so kurz vor Weihnachten- so ihre GRÜNDE. Jedoch -wer weiss, vielleicht ist er ja eben doch ein edler Prinz, getarnt als Landschaftsirgendetwas, und ich befinde mich in einer karmischen Prüfung, die mir auferlegt, das Sein vom Schein zu unterscheiden, also sage ich zu. Ich meine, wie oft hat man in seinem Leben die Chance, mit einem waschechten Prinzen die Weihnachtsbotschaft in die verschneite Stadt zu tragen.

Am nächsten Abend hole ich mit meinem kleinen Fiat (der übrigens Lumpi heisst) Matthias ab. Er trägt eine dicke Sweatshirt-Jacke mit fest gezurrter Kapuze und ist mit einer riesigen Messenger-Tasche behangen. In der Hand zwei Thermoskannen („Kaffee?“ „Glühwein?“) und eine Dose („Kekse? Hab ich selbst gebacken!“). Ich greife zu und wir starten unsere Mission. Wir beginnen mit der Innenstadt und ich lenke störende Passanten mit dummen Fragen und einem auseinandergefalteten Stadtplan ab, während der Prinz in Aktion tritt. Am Brandenburger Tor wird auf den Boden gesprüht, auf dem Fernsehturm von innen gegen die Scheibe, an der Polizeistation Mitte wagen wir einen Treppen-Tag. Natürlich alles mit ökologisch einwandfreien Lacken. Dann immer noch ein Foto und weiter im Takt. Zwischendurch machen wir Stop in einer russischen Bar und tanzen auf der überfüllten Tanzfläche.

Mein Prinz und ich.

Was für ein schöner Abend, Schneeflocken wirbeln die einsamer werdende Stadt in die Nacht, Liebe und Hoffnung wirbeln in dem kleinen Fiat (der Leser wisse: alles rein platonisch) und das Radio plärrt „ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“...

Wir sind irgendwo zwischen Tempelhof und Britz, ich bleibe im Auto, da es ohnehin auf der Strasse so leer geworden ist und Matthias kommt und kommt nicht wieder. Und als er schlussendlich doch auftaucht, bemerke ich seinen leicht wankenden Gang. Blut läuft ihm aus der Nase.

„Die Weihnachtsbotschaft ist ihnen schnuppe, haben sie gesagt und wie viele Likes meine Aktion auf Facebook hat, ist ihnen auch egal. WE don't like it, haben sie mir ins Ohr geknurrt. Wenn ich glauben würde, dass ein Toy mal eben King durchs Crossen ihrer Hits mit Wacks wie meinen Quickies werden könne, dann hätte ich mich geschnitten, aber so was von, denn sie würden sich jetzt gerade sehr gedisst fühlen. Dies ist ihr Turf, haben sie gesagt, und ich werde jetzt mal lernen, was Respekt vor ihrer Crew heißt,“, Matthias wischt sich mit dem Sweatshirtärmel das Blut von der Nase. „aber dann wollten sie noch wissen, was ich denn überhaupt mit meinem Weihnachtsbotschaftsquatsch meine, und als ich Liebe, Friede, Glaube, Hoffnung, Licht und Wunder sagte, haben sie sich ausgeschüttet vor Lachen. Dieser Moment war meine Chance schnell wegzurennen. Naja, Glück gehabt. Weiter geht’s, oder?“

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