Читать книгу Eine Partie mit dem Selbst - Benjamin Winter - Страница 7

Der die Wellen hinabstieg

Оглавление

»Wie ist der Junge umgekommen?«

Sie saßen auf der Treppe vor der Bar und teilten sich eine Flasche Rotwein. Über dem Meer leuchtete der Vollmond.

»Tot ist er nicht. Liegt bloß im Krankenhaus«, antwortete Albert.

»Gott sei dank. Was ist denn passiert? Konnte nicht alles in der Zeitung lesen.«

»Die Drogen. Sein Leben. Das Glücklichsein. Alles hat ihn kaputt gemacht.«

»Das mit den Drogen, hab ich gehört. Schlimme Sache. Aber er war doch immer ein normaler Typ. Wie kam er denn auf die Schiene?«, fragte Paul und nahm einen langen Schluck aus der Flasche, um sie gleich danach seinem Nachbarn zu reichen.

»Der Junge ist schlau. Der wusste immer was er macht.«

»Weiß ich.«

»Das fing so an, dass er sich anscheinend richtig gelangweilt hatte. So wie wir uns langweilen, wenn drin nichts los ist. Unsereins kann damit umgehen. Aber die jungen Leute scheren sich um ihre Zeit. Die machen es richtig, ja die machen es richtig.«

Paul nickte und schaute zu Boden, wie einer der wusste worüber der andere sprach.

»Jedenfalls hat der dann zum Alkohol gegriffen. War dauernd betrunken. Er fand das toll. In dem Zeug steckt 'ne Menge Mitgefühl. Vor allem, dass er sich um nichts kümmern brauchte. Eigentlich musste er das, aber das Gesöff gab ihm 'ne richtig gute Stimmung. Der war glücklich.«

»Kennen wir. Scheiß Zeug«, sagte Paul und nahm die Flasche.

»Naja das wurde ihm dann aber nach 'ner Weile zu öde. Irgendwo gabelte er dann diese komischen Jungs auf, die ihm das Gift unterjubelten. Fing harmlos an. Hat leichte Sachen ausprobiert. Der wusste ja immer was er tat. Hab oft mit ihm drüber gesprochen.«

»Aber warum hat er nicht aufhören können?«

»Das war sein neues Normal. Wie wir jeden Tag drei Mahlzeiten zu uns nehmen und mal ein Bier trinken, brauchte der das für seinen Alltag. Der kam da nicht raus. Es ging immer weiter. Verstehste?«

»Verstehe. Wann fing das mit den dummen Sachen an?«

„Er nahm noch stärkeres Zeug. Zeug, das manchen von uns umhauen würde. Das reichte aber auch irgendwann nicht mehr und er blieb stecken. Ab dem Zeitpunkt suchte er sein Adrenalin aus dem physischen Kick zu ziehen. Vorerst.«

»Da brach er dann in den Laden ein.«

»Genau. Das war die Steigerung. Da hab ich ihm dann auch gesagt, dass das zu viel wird und er unbedingt Hilfe braucht. Aber ich bin nicht seine Mutter.«

Paul warf die Flasche gegen die nächste Hauswand.

»Dann hat er sich wieder seine Drogen geholt und ist von der Klippe gesprungen.«

»Aber der wollte sich nicht umbringen oder?«

»Nein. Das wäre ja das Ende seines Glücks gewesen. Der brauchte einfach noch mehr davon. Mehr Adrenalin.«

»Überlebt hat er das ja.«

»Ich red von der kleinen Klippe, vorn am Kap. Die Geschichte von vorgestern kommt erst noch.«

»Ach, am Kap.«

»Er holte sich das stärkste Zeug. Das was uns beide sicher unter die Erde bringt. Da wurde er richtig hässlich. Sein Gesicht zerriss. Der Junge sah wirklich scheiße aus. Richtig zerfleddert. Aber der konnte nicht zurück. Hätte er aufgehört, wär' der gestorben. Ganz sicher. Ich wollt ihn dann auch nicht aufhalten. Wusste, dass er das selbst regeln musste. War ja ein schlauer Junge.«

»Und dann ist er gesprungen?«

»Ja dann ist er gesprungen. Die Klippe beim Fischerdorf ist doppelt so hoch, wie die am Kap. Absolut irre da runter zu springen. Überlebt hat er ja.«

»Ist nicht auf den Felsen aufgekommen.«

»Ist nicht auf den Felsen aufgekommen, dafür fast ersoffen. Der war ja komplett benebelt. Vielleicht hat der Junge das mit Absicht gemacht, so laut zu schreien, dass alle im Dorf aufwachten. Wäre sonst verreckt. Ist ein wirklich schlauer Junge.«

Paul nickte.

»Ein wirklich schlauer Junge.«

Eine Partie mit dem Selbst

Подняться наверх