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Was bedroht meine Zuversicht?

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Du kannst Gott nicht beleidigen, es sei denn, du schadest dir selbst oder dem anderen.

Thomas von Aquin

Eine verhaute Schularbeit, Streit mit den Geschwistern, die Freundin oder der Freund macht Schluss, die Stimmung am Arbeitsplatz ist im Keller, eine Kündigung, ein Unfall, eine lebensbedrohliche Krankheit, ein lieber Mensch stirbt … Verunsicherung, Krisen, Sackgassen, Versagen, Scheitern, Stürme gehören unweigerlich zum Leben. Sie belasten uns. Die Erfahrung von Leid drückt uns nieder.

Die einen sehen in solchen Ereignissen eine Herausforderung, kämpfen dagegen an oder versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Anderen wieder scheint es Hoffnung und Zuversicht zu rauben. Sind Unglück und Leiderfahrungen die Ursache dafür oder stecken vielleicht andere Haltungen dahinter, wenn wir die Zuversicht verlieren?

Wenn wir dieser Frage nachgehen, dann kommen wir nicht um den Begriff der Wurzelsünden herum. Damit sind Haltungen gemeint, die wir als „Laster“ bezeichnen. Sie sind zerstörerisch, weil sie den Menschen in seiner Lebensentfaltung hemmen und schädigen. Thomas von Aquin würde sagen: „Du kannst Gott nicht beleidigen, es sei denn, du schadest dir selbst oder dem anderen.“ Das ist mit dem Begriff der Sünde gemeint: Ich schade mir selbst oder dem anderen. Was aber sind nun Haltungen, die Zuversicht zerstören?

Kränkung

Kränkungen trüben unser Lebensglück. Sie sind wie schmerzhafte Stiche, lösen Enttäuschung und Leid aus und bestimmen so auf negative Weise das Schicksal vieler Menschen. Nichts zerstört die Lebensqualität und die Stimmung mehr, als wenn unser Selbstwertgefühl durch Kränkungen zerstört wird. „Was kränkt, macht krank“, weiß ein bekanntes Sprichwort. Niemand ist gegenüber Kränkungen resistent. Kein Mensch kann sich vor Kränkungen ganz schützen.

Eine bewusste Demütigung oder quälendes Mobbing können tief verwunden. Sogar ein ohne böse Absicht gesagtes Wort kann als kränkend empfunden werden. Kränkungen sind subtile Verletzungen, sie erschüttern das Selbst. Schon der Arzt und Psychotherapeut Alfred Adler (1870–1937) meinte zu einer Zeit, als physische Gewalt noch weitgehend toleriert wurde, dass eine als ungerecht empfundene Ohrfeige das Lebensschicksal eines Menschen entscheidend beeinflussen könne. Eine Kränkung, die die Tiefe der Seele berührt, ist eine zerstörerische Energie, die sich auf viele Bereiche des Alltags auswirkt. Kränkung zerstört das Grundgefühl von Zuversicht.

Einsamkeit

Abstand halten, Ausgangsbeschränkungen, Quarantäne – Isolation war während der Corona-Krise eine völlig neue, allgegenwärtige Erfahrung. Das Wahren physischer Distanz hat medizinisch eine große Bedeutung erlangt. Um die Virusverbreitung einzudämmen, mussten die Menschen eine wochenlange Isolation in Kauf nehmen – mit negativen Folgen.

Liebesentzug und Zurückweisung sind massive Verletzungen des Menschen, die Zuversicht zerstören. Die Urangst, zu wenig oder nicht geliebt zu sein, kann zu Verunsicherung, tiefer Depression und Krankheit führen. So kann das Gefühl der Ablehnung durch Vater und Mutter tiefe Wunden in der Seele schlagen. Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung sind kostbarer als Gold. Sie sind eine Quelle des Selbstwertgefühls und damit eine lebenswichtige Voraussetzung für Urvertrauen, Zuversicht und Glück. Dazugehören dürfen ist der tiefste Wunsch jedes Menschen.

Neid und Gier

„Leben und leben lassen“, so lautet eine Volksweisheit. Eine Ursache von Ausgrenzung und Demütigung ist oft der Neid und die Gier. Soziale und wirtschaftliche Krisen bringen diese Verhaltensweisen wieder neu zum Vorschein, wie manche Panikkäufe in den ersten Tagen der Corona-Maßnahmen gezeigt haben. Als eine unerträgliche, ja fast unmoralische strukturelle Kränkung empfinde ich es, wenn Menschen Pensionsbezüge von 30.000 Euro monatlich erhalten, während andere mit 870 Euro auskommen müssen. Solch eklatante Ungleichheiten, ja Ungerechtigkeiten sind Ursache von Demütigung und Zurücksetzung, sie schüren Neid und Zorn. Die Erfahrung, zu kurz zu kommen und ständig draufzahlen zu müssen, bildet zudem den Nährboden für Feindbilder. Im politischen Leben sehen wir, dass solche Gefühle gerne auch für Wahlpropaganda instrumentalisiert werden. Sich einerseits ungerecht behandelt zu fühlen und andererseits in einer Haltung von Gier und Neid ständig dem Noch-mehr-haben-Wollen nachzurennen, zerstört einen dankbaren und zuversichtlichen Blick auf das Leben.

Unmäßigkeit

Eine Krise, ob sie nun persönlich ist oder kollektiv wie die Corona-Krise, kann uns bewusst machen, was wir wirklich zu einem guten Leben brauchen. Sie kann uns vielleicht auch zur Einsicht führen, dass eine intelligente Reduktion unserer Ansprüche uns letztlich glücklicher macht. Vielleicht zeigt sie uns auch, dass ein überhitzter Konsum, der oft nahe bei dem liegt, was die Theologie als „Unmäßigkeit“ bezeichnet, sowohl die Natur als auch die innere Zufriedenheit und damit die Zuversicht der eigenen Seele zerstört. Zufrieden kann ich auch dann sein, wenn ich meine Ansprüche nicht ins Unendliche steigere, sondern wenn ich es verstehe, ein für mich und meine Mitwelt gut verträgliches Maß einzuhalten. „Es gibt erfülltes Leben trotz vieler unerfüllter Wünsche.“2

Werft eure Zuversicht nicht weg

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