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Angst

Wir leben in einer Zeit mit vielen Ängsten. Sicherheiten von gestern sind verloren gegangen. Angst lähmt, macht eng, schnürt die Luft zum Atmen ab. Dabei hat sie durchaus eine lebenswichtige Warnfunktion. Sie kann aber auch den Blick für die Wahrnehmung der Realität verzerren, das Selbstwertgefühl zerstören, nüchternes Denken beeinträchtigen und die Bereitschaft, sich Neuem neugierig zuzuwenden, hemmen. Und sie ist ein Mittel der seelischen und sozialen Unterdrückung, von Einzelnen wie auch von gesellschaftlichen Gruppen.

Ob mich eine konkrete Angst quält oder diffuse Ängste, beides lässt die Zuversicht kleiner werden. Manche Ängste werden ausgelöst durch äußere Gefahren, andere gehen vielleicht auf unverarbeitete psychische Belastungen zurück. Sie wurden vielleicht durch ein Ereignis ausgelöst, haben sich aber dann zu freischwebenden Ängsten entwickelt, die ich mit mir herumschleppe. Manche Ängste sind gesellschaftlich bedingt, wie die Angst um den Arbeitsplatz oder den Wohlstand, wieder andere betreffen die persönliche Situation, etwa die Angst vor Krankheit, vor dem Verlust von Angehörigen, vor dem Tod. Und es gibt viele Ängste, die z. B. durch politische Strategien oder einflussreiche globale Konzerne und Machthaber erzeugt werden. Wer Geld, Macht und Einfluss hat, kann sich die anderen durch Angstmache klein und fügsam halten. Und dann gibt es noch viele Ängste, die gesichtslos sind, deren Ursachen oft ein Geheimnis bleiben.

Von einer heute weit verbreiteten „Ketzerei der Angst“ hat Cesare Zucconi von der Gemeinschaft Sant’Egidio beim Diözesanforum 2019 in Dornbirn gesprochen. Sie lege die Hoffnung in Ketten und lösche den prophetischen Geist aus, der aus dem Evangelium entspringt.3 Angst ist ein schlechter Ratgeber. Sie führt zu Reaktionen, die das gute Lebensgefühl und die Zuversicht zerstören. Angst ist aber auch ein Instrument, mit dem Stimmung gemacht werden kann, wenn wir an Diskussionen im Zusammenhang mit der sogenannten Flüchtlingskrise oder an manche Statements während der Corona-Krise denken.

In den Stürmen des Lebens

Herausforderungen, schwere Bürden, Erfahrungen von Leid, Katastrophen und Schuld können Zuversicht bedrohen und im Rückblick dennoch zu Lernerfahrungen werden, die auch Wertvolles in sich bergen. Auch die Bibel berichtet von Stürmen. Jesus fährt mit seinen Jüngern ans andere Ufer des Sees. Auf der Fahrt schläft er ein. Ein Sturm kommt auf, das Wasser schlägt in das Boot und in Todesangst wecken die Jünger Jesus auf. Der gebietet dem Sturm und den Wellen Einhalt und Stille tritt ein. Und zu seinen Jüngern sagt er nur: „Wo ist euer Glaube?“ (vgl. Lk 8,22–25).

Der Sturm steht in der Bibel nicht nur für Bedrängnisse und Gefahren, er ist auch das Zeichen schlechthin für den Geist Gottes, der weht, wo er will. Sturm, das ist auch Chance und Aufbruch. Mit Jesus im Boot ist der Sturm nicht mehr eine todbringende Gefahr, sondern Zeichen für die Herausforderungen, denen wir auf diesem neuen Weg begegnen. Dann ist im Sturm etwas vom Geist Gottes spürbar, der aufrüttelt und frischen Wind bringt. Weit schlimmer als ein Sturm ist eine Flaute, wenn gar kein Lüftchen geht, sich nichts bewegt und nichts da ist, das mich antreibt. Entscheidend im Sturm ist es, die Segel richtig zu setzen. Segler wissen es zu nützen: Mit Gegenwind kann man ganz gut vorankommen.

2Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Gütersloh 22017, S. 359.

3Vgl. Wohin geht das Christentum? Vortrag von Cesare Zucconi beim Diözesanforum Feldkirch am 11. und 12. Oktober 2019. https://www.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/pastoralamt/links-dateien/wohin-geht-das-christentum-vortrag-cesare-zucconi

Werft eure Zuversicht nicht weg

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