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Wie groß ist Deutschland – über den Umgang mit Flächen und Besiedlungsdichten

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Wenn man die Menschen auf der Straße nach diesen Zahlen und Fakten zu Deutschland fragen würde, würden viele wohl schon an der Anzahl der Bundesländer scheitern. Früher waren es mal zehn, aber wie viele sind 1990 dazu gekommen? Wurde damals nicht von den fünf neuen Ländern gesprochen? Ja, aber mit Berlin sind es sechs. Insgesamt sind es 13 Flächenstaaten und drei Stadtstaaten, 13 plus 3 – das lässt sich merken!

Und was soll man sich unter 357.000 km2 vorstellen? Um sich eine Fläche merken zu können, macht man sich am besten ein Bild von ihr. Wenn ich etwa die Fläche meiner Küche oder meines Wohnzimmers einmal vermessen habe, vergesse ich sie nicht mehr so schnell, da ich sie mit konkreten Vorstellungen im Kopf verbinde. Ich kann sogar die Fläche eines Raumes, in dem ich vorher nie war, ungefähr abschätzen, wenn ich sie mit der Fläche eines mir bekannten Raumes vergleiche. Wenn ich einem Bekannten erzähle, dass mein Wohnzimmer 20m2 hat, wird er sich darunter etwas vorstellen können – vielleicht hat sein Wohnzimmer ja 30 m2, und er hält meines für ziemlich klein.

Anders sieht es bei sehr großen Flächen aus, mit denen wir keine unmittelbare Erfahrung haben. 1 Ar (10 × 10 m, also 100 m2) kann ich mir eventuell noch ganz gut vorstellen, wenn mein Grundstück vielleicht 5 Ar groß ist. Ein Landwirt kann auch mit einem Hektar (100 × 100 m, also 100 Ar oder 10.000 m2) noch etwas verbinden, wenn er zum Beispiel 3 ha bewirtschaftet. Auch ein Fußballfan tut sich mit dem Hektar leichter, denn die internationale Größe eines Fußballfelds beträgt ungefähr 100 × 70m, also 0,7 ha. Dieser Vergleich wird häufig herangezogen – auch wenn es um den Verbrauch von Flächen durch Bebauung geht. So heißt es in einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts vom Dezember 2014: „Die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland hat in den Jahren 2010 bis 2013 insgesamt um 2,2 % oder 1060 km2 zugenommen. Das entspricht rechnerisch einem täglichen Anstieg von 73 ha oder etwa 104 Fußballfeldern. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) verlangsamte sich damit die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche gegenüber dem letzten Berechnungszeitraum 2009 bis 2012 geringfügig. Damals hatte der Anstieg noch 74 ha pro Tag betragen. Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung ist es, die tägliche Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen bis zum Jahr 2020 auf durchschnittlich 30 ha pro Tag zu reduzieren“ (Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 18.12.2014).

Mit dem Quadratkilometer (100ha/10.000 Ar/1 Mio. m2) tun sich die meisten wahrscheinlich leichter als mit dem Hektar, da es sich – wie der Name schon sagt – um einen Kilometer im Quadrat handelt und der Kilometer wiederum ein Maß ist, das wir mit unseren persönlichen Erfahrungen bei der Fortbewegung verbinden können.

Dies machen wir uns nun beim Umgang mit „unvorstellbar“ großen Flächen zunutze. Um die Fläche Deutschlands von rund 360.000 km2 „fassen“zu können, fragen wir uns zunächst: Wie lang und breit ist Deutschland? Dabei machen wir es uns noch einfacher und gehen von einem Quadrat aus, bei dem Länge und Breite gleich sind. Um die Seitenlänge eines Quadrats bekannten Flächeninhalts zu ermitteln, muss man einfach nur die Wurzel ziehen, und das ist bei 360.000 nicht sehr schwer: Die Wurzel aus 36 ist 6, die aus 360.000 ist 600. Ein Quadrat mit 600 km Seitenlänge kann man sich besser vorstellen als eine Fläche von 360.000 km2.

Deutschland ist ein föderal verfasster Staat aus 16 Ländern. Seine Fläche beträgt 357 375 km2, die Einwohnerzahl rund 82 Mio. Das ergibt eine Bevölkerungsdichte von 230 Einwohnern/km2.

Genauso wollen wir in Abb.2 mit den Bundesländern verfahren, dazu kommt noch ein enorm wichtiges Werkzeug, das beim Einprägen von Zahlen hilft: die Visualisierung. Hätte ich die Zahlen in eine Tabelle geschrieben, wie es gerade bei statistischen Daten häufig üblich ist, würden die meisten die Zahlen entweder gar nicht lesen oder gleich wieder vergessen.

Viele wissen, dass Bayern das größte Bundesland ist. Mit über 70.000km2 ist es beinahe doppelt so groß wie sein ebenfalls zu den großen Bundesländern zählendes Nachbarland Baden-Württemberg – die Fläche Bayerns deckt fast ein Fünftel der Fläche Deutschlands ab. Zwischen Bayern und Baden-Württemberg liegt Niedersachsen mit annähernd 50.000 km2.Die Fläche Baden-Württembergs kann man sich gut merken, wenn man die Fläche Deutschlands kennt: Sie beträgt genau 10 % davon, also knapp 36.000 km2. Nehmen wir jetzt noch das viertgrößte Bundesland Nordrhein-Westfalen mit rund 34.000 km2 dazu, haben wir schon über die Hälfte der Fläche Deutschlands abgedeckt.

Nach den „großen vier“ folgt als erstes „neues“ Bundesland Brandenburg, das sich mit knapp 30.000 km2 noch deutlich von der darauf folgenden Gruppe von Bundesländern abhebt. Deren Größe unterscheidet sich nicht sehr stark: Die sieben Länder Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen und Schleswig-Holstein sind (in dieser Reihenfolge) zwischen 23.000 und knapp 16.000 km2 groß. Deutlich kleiner ist mit rund 2500 km2 das Saarland, das von der Fläche her näher an den Stadtstaaten als an den übrigen Bundesländern liegt. Bei den Stadtstaaten führt Berlin mit 900 km2, danach folgt Hamburg (750 km2) und zuletzt Bremen (325 km2).

Die vier größten Bundesländer Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben zusammengenommen eine größere Fläche als die übrigen zwölf Bundesländer.

Spielen wir unser Spiel mit den Quadraten weiter, so liegen die größten fünf Bundesländer zwischen 270 und 170 km Seitenlänge, die mittlere Gruppe zwischen 150 und 125 km. Das Saarland liegt bei 50 km, die Stadtstaaten zwischen 30 (Berlin) und 18 km (Bremen).

An den breitesten Stellen hat Deutschland eine Ausdehnung von Osten nach Westen von etwa 600 km und von Norden nach Süden von etwa 800 km Luftlinie. Die Diagonale von Südwest nach Nordost, von der Grenze bei Basel nach Rügen, ist knapp 900 km lang.

Wenden wir uns nun der Einwohnerzahl zu: In Deutschland leben derzeit etwa 82 Mio. Menschen. Wie verteilen sich diese auf die Bundesländer? Haben die größten Bundesländer auch die meisten Einwohner? Zumindest die ersten vier sind auch bei den Einwohnern vorn, allerdings in anderer Reihenfolge. Die höchste Einwohnerzahl hat mit 17,9 Mio. das viertgrößte Bundesland Nordrhein-Westfalen – es weist mit dem Ruhrgebiet auch den größten Ballungsraum in Deutschland auf; dort leben auf einer Fläche von rund 4400 km2 über 5 Mio. Menschen. Danach folgt das größte Bundesland Bayern mit 12,8 Mio. Einwohnern, darauf Baden-Württemberg mit 10,9 Mio. Das zweitgrößte Bundesland Niedersachsen kommt danach mit großem Abstand: Dort leben nur 7,9 Mio. Menschen. Bei der Verteilung der Einwohner auf die 16 Bundesländer ist das Ungleichgewicht noch extremer als bei der Fläche:

Die Einwohnerzahlen der übrigen Flächenstaaten sind in Abb. 3 dargestellt. Hier sollen nur ein paar Besonderheiten erwähnt werden: Von den Stadtstaaten steht Berlin mit 3,5 Mio. Einwohnern bereits an achter Stelle aller Bundesländer, Hamburg mit 1,8 Mio. an 13. Stelle, Bremen kommt mit rund 670.000 Einwohnern nach dem Saarland (knapp 1 Mio.) ganz am Ende. Interessant ist auch noch die Position der „neuen“ Bundesländer: Bis auf Sachsen mit über 4 Mio. Einwohnern stehen alle in der zweiten Tabellenhälfte hinter Berlin. Am wenigsten Einwohner hat Mecklenburg-Vorpommern, in der Flächenstatistik immerhin an sechster Stelle, mit etwa 1,6 Mio. Einwohnern – das bedeutet den drittletzten Platz, nur im Saarland und in Bremen leben weniger Menschen.

Noch deutlicher wird dies, wenn wir nicht die Einwohnerzahl, sondern die Einwohnerdichte betrachten, also die Anzahl der Einwohner/km2. Hier steht Mecklenburg-Vorpommern mit 69 Einwohnern/km2 ganz am Ende der Tabelle. Erwartungsgemäß sind bezüglich der Einwohnerdichte die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen ganz vorn, und zwar in dieser Reihenfolge. In Berlin leben annähernd 4000 Menschen/km2 (also über fünfzig Mal so viel wie in Mecklenburg-Vorpommern), in Hamburg sind es knapp 2400, in Bremen 1600. Danach folgt als erster Flächenstaat wie erwartet der „Einwohnerriese“ Nordrhein-Westfalen mit über 500 Einwohnern/km2. Etwas überraschend dann der nächste Platz: Das kleine Saarland mit fast 400 Einwohnern/km2. Als erstes neues Bundesland kommt Sachsen auf Platz 8 mit 221 Einwohnern/km2, die übrigen vier neuen Länder stehen vereinigt auf den unteren Rängen, wobei Thüringen mit über 130 eine fast doppelt so hohe Einwohnerdichte aufweist wie das Schlusslicht Mecklenburg-Vorpommern mit weniger als 70 Einwohnern/km2. In ganz Deutschland kommen 230 Einwohner auf einen km2.


Abb. 2 Deutschland und die Bundesländer in der Reihenfolge ihrer Flächengröße mit Angabe der Fläche in km2 (braun) und der Seitenlänge des entsprechenden Quadrats in km (grün).

Normalerweise werden Einwohnerzahl und Einwohnerdichte in „klassischen“ Balkendiagramme dargestellt, bei denen das einwohnerreichste bzw. am dichtesten besiedelte Bundesland mit dem längsten Balken meist oben steht. Hier soll es einmal anders dargestellt werden, nämlich nach dem Platz, der einem Einwohner in seinem Bundesland theoretisch zur Verfügung steht (Abb. 3). Das lässt sich wieder sehr gut mit Quadraten darstellen – schließlich handelt es sich ja um eine Fläche. Das größte Quadrat hat das Bundesland, das seinen Einwohnern am meisten Platz bietet: Mecklenburg-Vorpommern.

Die Hälfte der Einwohner Deutschlands leben in den drei einwohnerstärksten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.

Zuletzt wollen wir etwas über den „deutschen Tellerrand“ hinausschauen und einen Blick auf unsere Nachbarländer werfen. Wie viele Länder grenzen direkt an Deutschland? Sind es sechs oder sieben? Nein, es sind sogar neun! Hier sollen sie lediglich bezüglich ihrer Fläche und ihrer Einwohnerzahl eingeordnet und mit Deutschland verglichen werden.

Unser bei Weitem größtes Nachbarland ist das im Südwesten an Deutschland grenzende Frankreich, das mit 544.000 km2 (ohne Überseegebiete) etwa eineinhalbfach so groß ist wie unser Land. Mit 64,2 Mio. Einwohnern hat Frankreich jedoch deutlich weniger Einwohner als Deutschland, was dem einzelnen Bewohner fast den doppelten Platz (Frankreich: 8500 m2, Deutschland: 4400 m2) beschert.

Abb. 3 Deutschland und die Bundesländer in der Reihenfolge der Größe der auf einen Einwohner kommenden Fläche mit der Angabe Einwohner/km2, Fläche pro Einwohner in m2 und Seitenlänge des entsprechenden Quadrats in m.

Frankreich ist nicht nur unser größtes Nachbarland, sondern auch das einzige, das größer ist als Deutschland. Polen dagegen ist „nur“ knapp 313.000 km2 groß und damit 12 % kleiner als Deutschland. Die Einwohnerzahl ist mit 38,5 Mio. weniger als halb so groß.

Danach folgt flächenmäßig mit großem Abstand unser südöstlicher Nachbar Österreich, das mit knapp 84.000 km2 nicht einmal ein Viertel der Fläche Deutschlands und mit 8,7 Mio. nur etwas mehr als ein Zehntel seiner Einwohnerzahl umfasst: Tschechien ist mit fast 79.000 km2 etwas kleiner als Österreich, hat aber mit über 10,5 Mio. mehr Einwohner.

Wieder mit einigem Abstand folgen mit Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz drei fast gleich große Länder, die alle zwischen 41.000 und 43.000 km2 groß – und damit kleiner als Bayern und Niedersachsen – sind. Von diesen Ländern haben die Niederlande mit fast 17 Mio. die bei Weitem höchste Einwohnerzahl und damit eine deutlich höhere Einwohnerdichte als Deutschland. Danach folgt das ebenfalls sehr dicht besiedelte Belgien mit etwas über 30.000 km2 und 11,3 Mio. Einwohnern, zuletzt das kleine Luxemburg, das mit knapp 2600 km2 fast genau so groß ist wie das Saarland, aber mit etwa 580.000 deutlich weniger Einwohner hat.

Von unseren Nachbarländern haben also nur die Niederlande und Belgien eine höhere Einwohnerdichte als Deutschland, die gesamte EU hat im Durchschnitt etwas mehr als die halbe Einwohnerdichte Deutschlands (rund 117 Einwohner/km2, also ähnlich wie in Frankreich ca. 8550 m2/Einwohner).


Abb. 4 Deutschland mit Berlin als „Auge“.

Das Gesicht Deutschlands

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