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Die Vegetation – was wächst wo und warum

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Wichtigste großräumige Faktoren für das Vorkommen oder Fehlen bestimmter Pflanzenarten sind das Klima und der geologische Untergrund, hinzu kommen kleinräumig wirksame Faktoren.

Von Bedeutung ist etwa die Exposition, das heißt die Ausrichtung eines Hanges in eine bestimmte Himmelsrichtung. Ist der Hang nach Süden geneigt, dominieren wärme- und trockenheitsliebende (bzw.-ertragende) Pflanzen, während bei Nordexposition solche vorherrschen, die Schatten und höhere Luftfeuchtigkeit bevorzugen. Auch die Neigung bzw. Steilheit eines Hanges spielt eine Rolle: Einen Extremfall stellt zum Beispiel ein Fels oder eine senkrechte Lösswand dar, auf der nur wenige Pflanzen wachsen können.

Abb. 16 Wald mit vorgelagertem Waldmantel (Biosphärengebiet Schwäbische Alb).

Ein entscheidender Faktor in der Kulturlandschaft ist natürlich der Einfluss des Menschen. Auf einer Wiese wachsen andere Pflanzen als auf einem Acker oder in einer Rebfläche. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Nicht jede Pflanzenart erträgt eine ein- bis mehrmalige jährliche Mahd, und noch weniger werden mit einer Bodenbearbeitung in Form von Hacken, Pflügen, Fräsen oder Ähnlichem fertig.

Es gibt aber auch Unterschiede im Pflanzenbewuchs, die sich nicht so einfach erklären lassen: Warum stehen an einem Wegrand an einer Stelle hauptsächlich Brennnesseln, während einige Meter weiter vorwiegend Gräser wachsen und noch ein Stück weiter Gebüsch? Auch hier hat der Mensch seine Finger im Spiel: An einer Stelle wurden vielleicht des Öfteren organische Abfälle abgelagert, was das Nährstoffangebot stark erhöhte; eine andere Stelle wird regelmäßig gemäht, eine dritte ist nur in geringem Ausmaß Nährstoffen oder Störungen ausgesetzt. Bereichert der Mensch durch seine Eingriffe also die Kulturlandschaft? Dies gilt nur, solange ein ausgewogenes Verhältnis zwischen vergleichsweise intensiv und extensiv bzw. nicht genutzten Bereichen besteht. Sind die Störungen zu groß bzw. ist die Nutzung zu intensiv, geht die Anzahl der Tier- und Pflanzenarten drastisch zurück.

Bei genauerer Betrachtung der Pflanzenbestände fällt auf, dass man an vergleichbaren Standorten ähnliche Artenkombinationen antrifft. Dies hängt damit zusammen, dass diese Arten mit den entsprechenden Standortsbedingungen besser zurechtkommen als andere und daher einen Konkurrenzvorteil haben. Solche wiederkehrenden Typen von Pflanzenbeständen nennt man Pflanzengesellschaften. Die Fachrichtung innerhalb der Botanik, die sich mit der Vergesellschaftung von Pflanzen befasst, ist die Pflanzensoziologie (Wilmanns 2002).

Auf einzelne Pflanzengesellschaften kann hier nicht näher eingegangen werden, es soll lediglich eine kurze Übersicht über die in Deutschland vorkommenden Vegetationstypen (auch als Pflanzen- oder Vegetationsformationen bezeichnet) gegeben werden. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Reihung, die mit den am „einfachsten“ aufgebauten Formationen wie der Wasservegetation beginnt, wird hier mit den komplexesten, den Wäldern, begonnen:

Ohne den Einfluss des Menschen wäre der größte Teil Deutschlands von Laubwäldern bedeckt. Zu ihnen zählen auch die Gebüsche, deren Arten im Unterwuchs von Wäldern oder als Waldmantel an deren Rand vorkommen (Abb. 16), in der Kulturlandschaft aber oft unabhängig vom Wald auftreten. Reine Nadelwälder sind zwar heute in Deutschland weit verbreitet, wurden aber überwiegend vom Menschen angepflanzt. Natürlicherweise kommen sie hierzulande nur an Extremstandorten vor, die entweder besonders hoch gelegen, besonders kalt oder besonders trocken sind. Unter den Laubwäldern spielen in Deutschland die Buchenwälder eine besondere Rolle, in verschiedenen Ausprägungen würden sie ohne den Einfluss des Menschen den größten Teil unseres Landes bedecken. Neben der Buche kommen in diesen Wäldern je nach Standort weitere Baumarten wie Eiche, Tanne oder Ahorn vor. In periodisch überschwemmten Flussniederungen wachsen Auwälder (S.56 ff.), in langfristig überfluteten Sümpfen Bruchwälder. Auf nährstoffarmen Sandböden, vor allem im nordwestdeutschen Küstenbereich, wachsen von Natur aus Birken-Eichenwälder.

Abb. 17 Hochstaudenflur im Südschwarzwald mit Blauem Eisenhut.

Abb. 18 Glatthaferwiese.

Abb. 19 Kleinblütige Akelei in einer Steinschuttflur im Wimbachtal (Nationalpark Berchtesgaden).

Den Wäldern vorgelagert sind neben Gebüschen oft auch Säume aus mehrjährigen Stauden, solche Stauden- oder Hochstaudenfluren (Abb. 17) können aber auch unabhängig vom Wald auftreten. Hochstauden wachsen meist auf nährstoffreichen Böden. An trockenen Standorten kommen andere Stauden vor als an Feuchtstandorten, in Hochlagen wiederum andere als in tiefen Lagen. Weitgehend durch menschliche Nutzung entstanden sind Wiesen (Abb. 18) und Weiden. Gemeinsam ist ihnen, dass Gräser eine große Rolle spielen und meist den größten Anteil haben, daher wird dieser Vegetationstyp auch überwiegend mit dem Begriff Grünland oder Grasland zusammengefasst, dem in Teil II ein eigenes Kapitel gewidmet ist (S. 119 ff.). Hochspezialisierte Pflanzen wachsen auf Felsen (S. 56 ff.), in Steinschuttfluren (Abb. 19) und an Mauern. Die Alpen wiederum zeichnen sich durch eine ganz eigene und besonders artenreiche Vegetation aus.

Abb. 20 Offenes Hochmoor mit Bulten und Schlenken (Hinterzartener Moor, Baden-Württemberg).

Abb. 21 Ackerbegleitflora mit Klatschmohn und Kornblume.

Eine eigene Formation stellt die Vegetation häufig gestörter Stellen wie Äcker (S.82 ff.), Wege und deren Ränder sowie häufig überschwemmte Uferbereiche dar. Mit den regel- oder unregelmäßigen Störungen kommen nur bestimmte Pflanzenarten zurecht, vor allem sogenannte „Einjährige“, die ihre Entwicklung von der Keimung bis zur Samenreife in einer Vegetationsperiode oder einer noch kürzeren Zeit durchlaufen (Abb. 21). Während Äcker und Wegränder meist sehr nährstoffreich sind, ist in Mooren (S. 128 ff.) das Gegenteil der Fall. Vor allem in einem Hochmoor herrscht extreme Nährstoffarmut, zudem schaffen die vegetationsbildenden Torfmoose ein extrem saures Milieu, sodass neben ihnen nur wenige andere Pflanzen existieren können (Abb. 20).

Höher entwickelte Pflanzen (Gefäßpflanzen) haben sich von einem Leben im Wasser emanzipiert, die Wasserpflanzen sind aber sekundär wieder in diesen Lebensraum zurückgekehrt. Man unterscheidet freischwimmende Wasserpflanzen wie die Wasserlinsen und am Boden haftende wie die Seerosen (Abb. 23) und viele andere Arten. Im oder am Meer müssen die Pflanzen salztolerant sein (Abb. 22), sodass die Salzwasser- oder Meerstrandvegetation wiederum ganz spezielle Pflanzenarten aufweist (S. 112 ff.).

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