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2.3 Die Seleukidenherrschaft und der Kampf
der Makkabäer (200–142 v. Chr.)

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Seleukos I. war es in den Diadochenkriegen gelungen, den gesamten Osten des einstigen Alexanderreiches unter seine Herrschaft zu bringen und eine neue Dynastie zu begründen. Seit dem Tod des Seleukos unterlag das riesige Seleukidenreich allerdings einem ständigen Erosionsprozess, den Antiochos III. mit dem Sieg über Ägypten und der Einverleibung Palästinas nochmals für kurze Zeit aufhalten und umkehren konnte. In Jerusalem gab es zunächst vor allem in priesterlich-aristokratischen Kreisen eine starke proseleukidische Partei, die in dem Hohepriester Simon II. ihren wichtigsten Exponenten hatte. Im Buch des Jesus Sirach wird hymnisch beschrieben, wie über seiner Erscheinung geradezu ein himmlischer Glanz lag, wenn er im priesterlichen Prachtgewand zum Opferdienst aus dem Tempelgebäude heraustrat (Sir 50,1–21). Die Priesteraristokratie versprach sich von den Seleukiden eine Verbesserung ihrer Position, nachdem die Ptolemäerherrschaft einen spürbaren Machtverlust des Hohenpriesters und des Ältestenrates zu Gunsten der Tobiaden mit sich gebracht hatte. Auch im Seleukidenreich war Griechisch die Sprache von Politik und Verwaltung, ohne das Aramäische, das im Perserreich die Verkehrssprache gewesen war, völlig zu verdrängen. Der unter den Ptolemäern eingeleitete Hellenisierungsprozess in Palästina setzte sich unter den Seleukiden rasant fort. Neben Alexandria wurde nun auch die syrische Metropole Antiochia zu einem bevorzugten jüdischen Einwandererziel.

Antiochos III.

Die Anfänge der Seleukidenherrschaft über Palästina gestalteten sich ausgesprochen positiv. Antiochos III. förderte Baumaßnahmen in Jerusalem. Der Bevölkerung der Stadt gewährte er zum Ausgleich für die erlittenen Kriegsschäden und zur Ankurbelung der Wirtschaft eine dreijährige Steuerbefreiung und für die Zeit danach eine Reduktion der Steuern um ein Drittel. Zur Wiederherstellung des sozialen Friedens wurde Personen, die in der Ptolemäerzeit in den Sklavenstand gefallen waren, die Freiheit zurückgegeben. Die Mitglieder der Gerusia und das Kultpersonal kamen in den Genuss völliger Befreiung von den Steuern. Zudem gestand Antiochos III. Religionsfreiheit zu und erließ ein Edikt zum Schutz des Tempels. Diese Maßnahmen deuten darauf hin, dass den Bewohnern Judäas von den Seleukiden der Autonomiestatus als eigenständiges Ethnos bestätigt wurde, wie er seit der Perserzeit bestand. Während für das Tempelvermögen und die Abführung der Steuern wie in den Anfängen der Ptolemäerherrschaft ein königlicher Verwaltungsbeamter zuständig war, fungierte der Hohepriester vermutlich wieder als höchster politischer Repräsentant des Volkes. Die Integration in das Seleukidenreich brachte damit zunächst die erhoffte Stärkung der konservativen Kreise in Jerusalem.

Konflikt mit Rom

Durch den Sieg über Ägypten gewann Antiochos III. Handlungsspielraum für weitere militärische Vorstöße und richtete seine Expansionsbestrebungen nun nach Westen. Mit dem Versuch, alte seleukidische Herrschaftsansprüche in Kleinasien und Griechenland durchzusetzen, forderte er Rom zu einem Gegenschlag heraus, dem er nicht gewachsen war. Er wurde 190 v. Chr. bei Magnesia in Lydien von Scipio Asiaticus besiegt und im Friedensabkommen von Apamea zu immensen Reparationszahlungen an die Römer verpflichtet, die innerhalb von zwölf Jahren zu leisten waren. Von diesem Zeitpunkt an war das Seleukidenreich dem Kraftfeld römischer Interessen ausgesetzt. Finanziell bedeutete das Abkommen von Apamea für das reiche Seleukidenhaus den Ruin. Zur Begleichung der Kriegsschuld kam es in den unter seleukidischer Herrschaft stehenden Territorien zu systematischen Tempelplünderungen. Antiochos III. fand bei dem Ansinnen, sich den Schatz des Bel-Tempels von Elam anzueignen, den Tod. Auch an Judäa ging die finanzielle Krise des Seleukidenstaates nicht spurlos vorüber. Unter dem neuen Herrscher Seleukos IV. wurde durch seinen Kanzler Heliodor der Versuch unternommen, den Jerusalemer Tempelschatz zur Leistung von Kriegsentschädigungen zu konfiszieren. An Stelle des bald ermordeten Seleukos IV. erhob sich dessen Bruder Antiochos IV. (175–164) zum syrischen Herrscher. Er hatte fast fünfzehn Jahre als Kriegsgeisel in Rom gelebt und war in besonderem Maße vom Geist des Hellenismus beseelt, in dem er zudem ein probates Mittel zur Konsolidierung seines von zentrifugalen Kräften bedrohten Reiches sah. Durch den auch auf Münzen belegten Beinamen Epiphanes stellte er unverhüllt den Anspruch, als auf Erden offenbar gewordene Gottheit verehrt zu werden, und trieb damit den seleukidischen Herrscherkult weiter voran.

Antiochos IV. und die Reformen des Jason

Mit dem Regierungsantritt von Antiochos IV. Epiphanes waren einschneidende Veränderungen in Jerusalem verbunden. In der Forschung wurde lange Zeit die These vertreten, der Seleukidenherrscher habe gegen den erklärten Willen des Judentums einseitig den Versuch der Hellenisierung Jerusalems unternommen. In Wirklichkeit ging, wie Elias Bickerman(n) überzeugend gezeigt hat, die Initiative zu den Neuerungen von jüdischer Seite aus. Die Thronbesteigung von Antiochos IV. war für hellenistisch gesinnte Kreise das Startsignal zum Versuch, mit Unterstützung der Seleukiden die Gesellschaft und den Tempelstaat grundlegend zu modernisieren. Wie andere urbane Eliten suchte die Jerusalemer Aristokratie Anschluss an die hellenistische Kultur und Lebensart, wie sie durch die politisch-gesellschaftlichen Institutionen der Polis und des Gymnasiums repräsentiert wurde. Der konservative Hohepriester Onias III. verweigerte sich diesen Reformen. Er wurde von seinem Bruder Jason aus dem Amt gedrängt, der den seleukidischen Herrscher durch hohe Steuerzusagen und hellenistische Reformversprechen dazu brachte, ihn mit den hohenpriesterlichen Aufgaben zu betrauen. Hinter diesen Entwicklungen stand die Geisteshaltung eines aufgeklärten und weltoffenen Judentums, das sich als Teil der hellenistischen Zivilisation verstand. Um die konservativen Kräfte zu schwächen, entstand der Plan, die theokratische Verfassung außer Kraft zu setzen und Jerusalem in eine griechische Polis mit Namen Antiochia umzuwandeln. Die politische Ordnung in Judäa sollte nicht mehr durch die Tora legitimiert und vom Hohenpriester bestimmt werden, wie es seit den Tagen Esras der Fall war und noch von Antiochos III. bestätigt worden war, sondern sich nach griechischem Vorbild auf die Verfassungsorgane der Polis und die das Bürgerrecht besitzenden Personen stützen.

Zu den Hellenisierungsmaßnahmen und der Verfassungsreform Jasons zählte die Errichtung eines Gymnasiums und eines Ephebeninstituts unterhalb des Jerusalemer Tempels. Solche Anlagen für sportliche, musische und akademische Übungen gehörten zu jeder ambitionierten griechischen Stadt. Die Priester des Jerusalemer Tempels sollen derart sportbegeistert gewesen sein, dass sie den Altardienst vernachlässigten, um beim Diskuswerfen zuzuschauen. Jüdische Jünglinge, die sich beim Wettkampf mit entblößtem Körper ihrer Beschneidung schämten, ließen diese durch einen chirurgischen Eingriff wieder rückgängig machen. In diesen von Jason geschaffenen Institutionen, deren kostspieliger Besuch eine wesentliche Voraussetzung für den Eintritt in die politischen Rechte des Vollbürgers darstellte, wurde die männliche Jugend Jerusalems körperlich und geistig auf ihre Führungsrolle in der Gesellschaft vorbereitet. Dies lief darauf hinaus, dass das Bürgerrecht und mit ihm die Einflussnahme auf die Belange der Polis allein der Oberschicht vorbehalten blieb, während die Masse der Bewohner Jerusalems zu bloßen Ansässigen ohne politische Rechte herabsank. Letztlich ging es Jason als Exponent der hellenistisch eingestellten Oberschicht darum, religiöse Schranken und Tabus als Zeichen der Rückständigkeit zu beseitigen. Judäa sollte aus seiner wirtschaftlichen, politischen wie geistigen Randstellung befreit und zu einem fortschrittlichen hellenistischen Land gemacht werden. Tora und Tempelkult blieben von diesen Entwicklungen unangetastet, ohne länger die Grundlage der politischen und sozialen Ordnung zu bilden.

Menelaos als Hoherpriester

Jason scheint mit seinem Programm in den gehobenen Gesellschaftsschichten weitgehend Zustimmung gefunden zu haben und konnte die Umwandlung des jüdischen Ethnos in eine hellenistische Polis in ersten Schritten vollziehen. Eine völlig neue Dimension gewannen die Umwälzungen, als 172 v. Chr. abermals ein überraschender Wechsel im Hohepriesteramt eintrat. Menelaos, der zur Überbringung von Steuerzahlungen nach Antiochia entsandt worden war, überbot Jasons Tributzusage an die Seleukiden um die immense Summe von dreihundert Silbertalenten, womit ihm die Hohepriesterwürde zugesprochen wurde. Das Skandalöse daran war nicht die Art des Vorgehens, denn auch Jason hatte das Amt käuflich erworben. Der folgenschwere Einschnitt bestand vielmehr in der Tatsache, dass erstmals eine Person das bis dahin erbliche Amt des Hohenpriesters übernommen hatte, der nicht aus dem alten Priestergeschlecht Zadoks, sondern aus einer einfachen Priesterfamilie stammte. David hatte nach der Eroberung Jerusalems Zadok, der dort vermutlich schon als heidnischer Priester tätig war und später zum Nachkommen Aarons stilisiert wurde, mit den priesterlichen Aufgaben betraut (2Sam 8,17). Seither stellte das Geschlecht der Zadokiden in Jerusalem den Oberpriester. Im Zuge der Kultzentralisation des Josia (639–608) und der damit verbundenen Abschaffung der Landheiligtümer gewannen die Zadokiden die Zentralherrschaft über den gesamten israelitischen Kult. Mit Menelaos war nun zum ersten Mal ein Nichtzadokide in das Amt des Hohenpriesters gelangt. Der von Jason verdrängte Onias III., der nach Antiochia gegangen war und sich nach wie vor als legitimer Amtsinhaber betrachten konnte, wurde im Auftrag des Menelaos mit falschen Versprechungen zum Verlassen des Exils bewogen und getötet. Dessen Sohn Onias IV. gründete später im ägyptischen Leontopolis einen neuen Tempel, der bis zum Ende des Jüdischen Krieges Bestand hatte und die zadokidische hohepriesterliche Linie der Oniaden fortführte.

Menelaos wurde massiv von der einst in ptolemäischen Diensten stehenden Tobiadenfamilie gestützt, die aus wirtschaftlichen Gründen für eine noch konsequentere Öffnung des Judentums gegenüber der hellenistischen Welt eintrat und nun mehrheitlich proseleukidisch war. Die Skrupellosigkeit, mit der Menelaos die Veränderungen vorantrieb, beschleunigte das Scheitern des hellenistischen Reformversuchs, der bald auch in der griechenfreundlichen Oberschicht Jerusalems an Rückhalt verlor. Was unter Jason dem Anspruch nach als Aufbruch in eine bessere, dem Zeitgeist des Hellenismus entsprechende Zukunft Judäas begonnen hatte, entlarvte sich nunmehr zusehends als der Versuch einer vor allem von der Tobiadenpartei repräsentierten Elite, mit Hilfe der seleukidischen Fremdherrschaft das Land zum eigenen Vorteil unter Kontrolle zu bringen. Um seinen immensen finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Seleukiden nachkommen zu können, war Menelaos zur Veräußerung von Kultgegenständen aus dem Tempel gezwungen und brachte damit auch fortschrittliche Kräfte gegen sich auf. Im Verlauf des sechsten ägyptisch-syrischen Krieges (170–168), der zunächst eine seleukidische Präventivmaßnahme angesichts ptolemäischer Pläne zur Besetzung Palästinas darstellte, bald aber auf eine Eroberung des Ptolemäerreiches abzielte, musste Antiochos IV. neue Finanzmittel akquirieren und bemächtigte sich mit Billigung von Menelaos des Tempelschatzes. Darunter befanden sich auch für den Kultbetrieb unentbehrliche Stücke wie der Schaubrottisch und die Menora. Zudem entweihte Antiochos IV. den Tempel, indem er das Allerheiligste betrat.

Einen Aufstandsversuch des abgesetzten Hohenpriesters Jason, der von den gemäßigten liberalen Kräften gestützt wurde und nun auch konservativen Kreisen als das geringere Übel erschien, schlug das seleukidische Heer brutal nieder und behandelte Jerusalem nach Kriegsrecht, indem Plünderungen stattfanden und ein Teil der Bevölkerung in die Sklaverei verkauft wurde. Diese harte Reaktion auf die Erhebung Jasons dürfte darin begründet liegen, dass Antiochos IV. nach seiner zuvor erlittenen Brüskierung durch die Römer keinen weiteren Gesichtsverlust und eine damit verbundene politische Schwächung erleiden wollte. Die Römer hatten Antiochos IV. 168 v. Chr. aus Sorge um die Entstehung eines ptolemäisch-seleukidischen Großreiches an der Eroberung Alexandrias gehindert. Vor den Toren der ägyptischen Hauptstadt wurde der Seleukidenkönig von einer römischen Gesandtschaft aufgehalten, die mit einem Stock einen Kreis um ihn zog und ihn im Namen des Senats zwang, vor Verlassen des Kreises seinen Rückzug aus dem Nilland zu erklären. Selten ist ein hellenistischer Herrscher tiefer gedemütigt worden.

Radikale Hellenisierung der jüdischen Religion

Bald darauf errichteten die Seleukiden zur Herrschaftssicherung in Jerusalem eine befestigte Zitadelle, die Akra, und bauten sie zu einer Militärkolonie aus. Konservative jüdische Kräfte wurden enteignet und verließen die Stadt. Jerusalem war nun eine hellenistische Polis mit gemischter Bevölkerung. Das Tempelareal befand sich unter Kontrolle der in der Akra lebenden heidnischen Militärsiedler und der proseleukidischen jüdischen Oberschicht. Der Tempel wurde dem Zeus Olympios geweiht, wobei man den jüdischen Gott auf dem Zion mit dem höchsten Gott des griechischen Pantheons identifizierte und offenkundig als jene oberste Gottheit betrachtete, wie sie überall von gebildeten Menschen unter verschiedenen Namen und in unterschiedlicher Gestalt verehrt wird. Durch diesen Hellenisierungsprozess nahm der Jahwekult synkretistische Züge an oder wurde sogar vollständig durch einen paganen Zeus- und Dionysoskult ersetzt. Innerhalb des in einen heiligen Hain verwandelten Tempelvorhofs bildete ein kleinerer Altar, der auf den großen Brandopferaltar aufgesetzt war, den kultischen Mittelpunkt. In der jüdischen Apokalyptik gilt dieser heidnische Altaraufsatz als Gräuelbild der Verwüstung (Dan 9,27). Auf ihm wurden auch Schweineopfer dargebracht. Über die Verpflichtung zur Zeus- und Dionysosverehrung hinaus erließ Antiochos IV. auf Initiative des Menelaos Religionsgesetze, welche die traditionelle Opferdarbringung, den Besitz von Torarollen, die Beschneidung und die Sabbateinhaltung unter Todesstrafe stellten. Dieser Vorstoß des Menelaos konnte als eine die Reichseinheit stärkende Maßnahme im Sinne der seleukidischen Hellenisierungspolitik verstanden werden und war wohl von dem Kalkül bestimmt, zur Stärkung der eigenen Machtbasis das Wohlwollen des seleukidischen Königshofes und die Sympathie der Militärsiedler in der Akra zu gewinnen. Mit den strengen Religionsgesetzen war ein Druckmittel gegen die konservativen Bevölkerungskreise gegeben, die sich den Neuerungen verweigerten. Dass die Radikalität der Religionsreform nicht primär auf Antiochos IV. zurückgeht, sondern von Menelaos und den hinter ihm stehenden Kräften verantwortet wird, zeigt der andersartige Verlauf der Dinge in Samarien. Die Samaritaner erklärten sich bereit, ihr Jahweheiligtum auf dem Garizim Zeus Xenios zu widmen. Dies genügte den Seleukiden als formaler Erweis dafür, dass sie nach griechischer Sitte leben und sich in das hellenistische Staatswesen integrieren wollten. In Samarien blieben die Mosetora und die damit verbundenen Riten und religiösen Traditionen weiterhin in Geltung, während sie in Jerusalem bei Todesstrafe verboten waren.

Makkabäer und Chassidim

Die von den Seleukiden nach Kräften geförderten Zwangsmaßnahmen, die auf eine Ausmerzung der israelitischen Religion und eine vollständige Anpassung des jüdischen Gottesglaubens an die hellenisierte Umwelt hinausliefen, blieben nicht ohne Wirkung. Sie hatten den Abfall vieler bis dahin noch Gesetzestreuer zur Folge. Andere Juden gingen ins Exil, wo sie ihren Glauben ungehindert leben konnten. Allerdings wurde das Religionsverbot nicht überall im Land widerstandslos hingenommen. Die Makkabäer, bei denen es sich um den Priester Mattathias und seine fünf Söhne handelte, erhoben sich zur Rebellion gegen die Reformen. Der drittälteste Sohn Judas trug den Beinamen Makkabäus, der sich von dem aramäischen Wort für Hammer (maqqabah) ableitet und der Aufstandsbewegung den Namen verlieh. Daneben hatte sich eine „Sammlung der Frommen“ (1Makk 2,42) als breitere Oppositionsbewegung gegen die Hellenisierung der Religion formiert. Diese Hasidäer oder Chassidim schlossen sich vorübergehend dem bewaffneten Kampf gegen die hellenistische Reformbewegung an, den sie als Repräsentanten des gesetzestreuen Jahweglaubens in religiöser Hinsicht bejahten, ohne seine politische Zielsetzung zu teilen. Im Umfeld dieser Gruppierung ist die Entstehung des Danielbuches zu vermuten, das auf dem Höhepunkt des makkabäischen Freiheitskampfes noch zu Lebzeiten von Antiochos IV. als Trostschrift für die Bedrängten verfasst wurde. Der Autor versetzt die Leser um vierhundert Jahre zurück in die Zeit des babylonischen Exils. Seine Hauptfigur Daniel siedelt er am Hofe des Babylonierkönigs Nebukadnezar an und lässt sie von dort aus in die Zukunft blicken, zunächst als vaticinium ex eventu bis in die von der Seleukidenherrschaft bestimmte Gegenwart, dann in Form echter Zukunftsschau auf den Tod von Antiochos IV. und die endzeitliche Errettung der Gerechten. Während das apokalyptische Danielbuch die Heilsvollendung im Rahmen der bevorstehenden Zeitenwende erwartet, kann es den innergeschichtlichen Makkabäeraufstand in verhüllter Ausdrucksweise zumindest als kurzfristige Hilfe Gottes betrachten, welche die Drangsal der Frommen lindert (11,34). Auch das „Buch der Traumgesichte“ aus der Henoch-Literatur zeigt, dass in chassidischen Kreisen der makkabäische Befreiungskampf als unmittelbarer Vorbote von Gottes großem Endzeitkampf gegen die Feinde Israels verstanden wurde (1Hen 90).

Beginn des Aufstands

Um auch die Landbevölkerung zur Observanz gegenüber dem neuen Kult zwingen zu können, wurde von den hellenistisch gesinnten Reformern die deuteronomistische Kultzentralisation aufgehoben und die Errichtung von Altären außerhalb Jerusalems gefördert. In dem kleinen Ort Modin nahe Jerusalem erschlug Mattathias eigenhändig den ersten Juden, der zum Opfer für Zeus bereit war. Auch der für die Beaufsichtigung der Opferhandlungen zuständige seleukidische Beamte wurde ermordet. Dies war das Signal zur offenen Rebellion. Mattathias zog sich mit seinen Söhnen in den Untergrund zurück und formierte eine bewaffnete Widerstandsgruppe. Die Makkabäer lebten als Freischärler und Partisanen in den Bergen. Von dort aus zerstörten sie heidnische Altäre im Land, gingen gewaltsam gegen Kollaborateure aus dem eigenen Volk vor und vollzogen Zwangsbeschneidungen an den Kindern assimilationsbereiter Juden.

Der Aufstand der Makkabäer

In jenen Tagen trat Mattathias, der Sohn des Johannes, des Sohnes Simeons, auf, ein Priester aus den Nachkommen Joaribs von Jerusalem; er lebte aber in Modin. Er hatte fünf Söhne: Johannes genannt Gaddi, Simon genannt Thassi, Judas genannt Makkabäus, Eleazar genannt Awaran und Jonathan genannt Apphus …

Die Leute des Königs, die den Abfall erzwingen sollten, kamen aber auch in die Stadt Modin, damit die Einwohner Opfer darbrächten. Da gingen viele von Israel zu ihnen hin, auch Mattathias und seine Söhne kamen zu der Versammlung. Da nahmen die Leute des Königs das Wort und sprachen zu Mattathias: „Du bist ein Oberer und angesehen und einflussreich in dieser Stadt und von Söhnen und Brüdern unterstützt. So tritt nun als erster heran und erfülle das Gebot des Königs, wie alle Völker taten und die Männer von Juda und die in Jerusalem Zurückgebliebenen; so werden du und deine Söhne zu dem Kreis der Freunde des Königs gehören, und du und deine Söhne, ihr werdet mit Silber und Gold und vielen Geschenken geehrt werden.“ Mattathias aber antwortete und sprach mit lauter Stimme: „Wenn auch alle Völker, die sich im Herrschaftsbereich des Königs befinden, ihm Gehorsam leisten, indem jeder vom Gottesdienst seiner Väter ablässt, und sie sich in seine Anordnungen fügen, so werden doch ich und meine Söhne und meine Brüder im Bund unserer Väter wandeln. Gott bewahre uns davor, Gesetz und Gebote zu verlassen! Den Befehlen des Königs werden wir nicht Gehorsam leisten; wir weichen von unserem Gottesdienst nicht ab, weder nach rechts noch nach links.“ Doch kaum hatte er diese Worte beendet, da trat vor aller Augen ein jüdischer Mann heran, um auf dem Altar in Modin gemäß der Anordnung des Königs zu opfern. Als Mattathias das sah, geriet er in Eifer und sein Innerstes erbebte. Zu Recht stieg ihm der Zorn auf, er lief hinzu und erschlug ihn am Altar. Zugleich tötete er den Mann des Königs, der zum Opfern nötigte, und zerstörte den Altar. So eiferte er für das Gesetz, wie es Pinehas gegenüber Simri, dem Sohn des Salu, tat (vgl. Num 25,6–15). In der Stadt aber rief Mattathias mit lauter Stimme aus: „Jeder, der für das Gesetz eifert und zum Bunde steht, der folge mir!“ Und er und seine Söhne flohen in die Berge; all ihr Eigentum aber ließen sie in der Stadt zurück.

(1 Makkabäer 2,1–5.15–28 [vgl. K.-D. SCHUNCK, JSHRZ I/4 303–305])

Judas Makkabäus

Nach dem Tod des Mattathias (166 v. Chr.) übernahm sein Sohn Judas Makkabäus die Führung der Aufstandsbewegung. Wegen seiner Durchsetzungskraft und Verschlagenheit wird er zuweilen mit David verglichen und ist bis heute jüdischer Nationalheld. Mit seinen Kämpfern gewann Judas Makkabäus mehrere Schlachten gegen deutlich besser ausgerüstete seleukidische Truppen. Die Makkabäer, die bald auch am Sabbat kämpften, drängten die seleukidische Besatzungsmacht zunehmend zurück. Es gelang ihnen, nach Jerusalem einzuziehen und den Tempel unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Verehrung des olympischen Zeus wurde ein Ende bereitet und der reguläre Tempelkult für den Gott Israels wieder in Gang gesetzt. Dies geschah am 25. Chislev (Dezember) 164 und markiert den Ursprung von Chanukka, dem Lichterfest. Der Legende zufolge wurde im entweihten Tempel noch ein einziges Fass kultisch reinen Öls gefunden, das für acht Tage Licht spendete. Bald darauf starb Antiochos IV. in Persien, nachdem er zuvor den Versuch unternommen hatte, die Stadt Elymas einzunehmen und ihren Artemistempel auszurauben. Thronfolger wurde der noch unmündige Antiochos V.

Auswirkungen der gescheiterten Reform

Der Erfolg der makkabäischen Erhebung und das Scheitern der Religionsreform hatten einschneidende Folgen für die weitere geistige und politische Entwicklung des Judentums. Der bis dahin als Herausforderung wie Bereicherung gesehene und unbefangen rezipierte Hellenismus wurde nun als Gefahr für Gesetz und Kult empfunden. Als Gegenreaktion zu den auf eine gewaltsame Abschaffung der Tora zielenden hellenistischen Reformbestrebungen wurde ein Eifer für den Glauben entfacht, der die Identität des Judentums in besonderer Weise an die Tora und den Tempel band. Es schärfte sich das Bewusstsein dafür, dass das Judentum nicht nahtlos in der hellenistischen Kultur aufgehen konnte, sondern sich mit diesen Identität stiftenden Größen deutlich von seiner Umwelt abhob. Die Abwehr des Assimilationsversuchs förderte somit eine Fixierung auf die Einhaltung der Gesetzesvorschriften und den ordnungsgemäßen Tempelkult. Damit einher ging eine besondere Sensibilisierung für tatsächliche oder scheinbare Eingriffe der in Palästina herrschenden politischen Macht in Fragen des religiösen Lebens und Belange des Tempels. Zugleich erhielt das apokalyptische Geschichtsdenken mit der Erwartung einer unmittelbar bevorstehenden Äonenwende kräftigen Auftrieb. Antiochos IV. wurde in apokalyptischen Denkmustern zum schlimms ten Despoten der Weltgeschichte und zur Schreckensgestalt der Endzeit. Auch die Entwicklung eines reflektierten jüdischen Auferstehungsglaubens, wie er erstmals im Buch Daniel und im zweiten Makkabäerbuch begegnet, wurzelt in der Reflexion der Verfolgungserfahrungen der Makkabäerzeit. Das dort erlittene Leid konnte nicht mehr mit einem weltimmanenten Vergeltungsgedanken bewältigt werden, sondern ließ die Vorstellung von jenseitiger Belohnung oder Bestrafung der Verstorbenen Raum gewinnen.

Wiederherstellung des Tempelstaats

Der Versuch von Judas Makkabäus, die Akra zu erobern, in der sich unter dem Schutz der Seleukiden die hellenistisch gesinnte Jerusalemer Aristokratie aufhielt, hätte beinahe zum Untergang geführt. Antiochos V. und sein Vormund Lysias rückten mit einer überlegenen Heeresmacht, darunter Kampfelefanten, an und schlossen die Makkabäer in Jerusalem ein. Es kam nur deshalb zu einem Friedensabkommen, weil die syrischen Truppen nach Antiochia abziehen mussten, denn dort hatte sich der Reichsverweser Philippos des Thrones bemächtigt. Antiochos V. sicherte den Makkabäern die freie Religionsausübung und die Befolgung der väterlichen Gesetze zu. Aus der hellenistischen Polis Jerusalem war wieder ein Tempelstaat geworden. Zur Wiederherstellung des inneren Friedens wurde auf Anraten des Lysias der Hohepriester Menelaos nach Syrien geschafft und in einem mit Asche gefüllten Turm erstickt. Dies war eine von den Persern übernommene Todesart für Religionsfrevler. Wer sich am Altar mit seiner Asche versündigt hatte, sollte durch Asche sterben.

Trennung von Makkabäern und Chassidim

Das Thronkarussell im Seleukidenreich drehte sich indes immer rasanter. Demetrios I., der als Sohn von Seleukos IV. bei der Thronfolge übergangen worden war, hatte aus römischer Gefangenschaft nach Syrien fliehen können. Dort ließ er im Jahr 162 Antiochos V. ermorden und übernahm die Herrschaft. An Stelle des hingerichteten Menelaos ernannte er Jakim (Alkimos) zum Hohenpriester. Dieser wurde zwar mit militärischer Gewalt in Jerusalem installiert und vertrat konsequent die seleukidischen Interessen, war aber aaronitischer Abstammung (1Makk 7,14) und erfüllte damit die Ansprüche der Tora an das Amt. Die Wege der Makkabäer und der Chassidim begannen sich an diesem Punkt zu trennen. Mit der Gewährung freier Religionsausübung und der ordnungsgemäßen Wiederherstellung des Kultbetriebes war für die Chassidim das wesentliche Ziel der Aufstandsbewegung erreicht. Sie zeigten Bereitschaft, Alkimos anzuerkennen, und entsandten eine Delegation zu ihm, die allerdings hingerichtet wurde. Dennoch zogen sich die Chassidim allmählich aus dem makkabäischen Befreiungskampf zurück, der nun einen weltlichen Charakter anzunehmen begann und auf die politische Unabhängigkeit Judäas abzielte.

Bundesgenossenvertrag mit Rom

Nach seinem Sieg über die Streitmacht des Seleukidengenerals Nikanor nahm Judas Makkabäus diplomatische Kontakte nach Rom auf, das mit seiner republikanischen Verfassungsordnung und seiner bis dahin gezeigten Außenpolitik im Osten in dem Ruf stand, Bezwinger mächtiger Herrscher und Schutzherr der Schwachen zu sein. Der Senat hatte seit den kriegerischen Auseinandersetzungen Roms mit Antiochos III. die Seleukiden mehrfach in die Schranken gewiesen und betrachtete den makkabäischen Befreiungskampf als destabilisierenden Faktor im Seleukidenreich mit Wohlwollen. Es kam 161 v. Chr. zu einem Abkommen zwischen dem jüdischen und römischen Volk, sich im Kriegsfall gegenseitig beizustehen und den jeweiligen Feinden keine Unterstützung zu gewähren. Dieser Bundesgenossenvertrag lag im beiderseitigen Interesse. Während er den Makkabäern völkerrechtliche Anerkennung und Schutz der politischen Autonomie gewähren sollte, verhalf er Rom zur Ausdehnung seines Einflusses im östlichen Mittelmeerraum. Das mit Rom geschlossene Abkommen und ein Drohbrief des Senats nach Syrien blieben allerdings zunächst ohne die erhoffte Wirkung. Demetrios I. hatte bereits eine Streitmacht nach Judäa entsandt, die den Makkabäern 160 v. Chr. eine empfindliche Niederlage zufügte. Judas fand bei den Kämpfen den Tod und sein Bruder Jonathan übernahm die Führung der Aufstandsbewegung. Obwohl die erneuerten Privilegien der Jerusalemer Kultgemeinde von den Seleukiden nicht angetastet wurden, zogen sich die Makkabäer wieder als Partisanen in die Berge zurück.

Übergang des Hohenpriesteramtes an die Makkabäer

Das Blatt wendete sich abermals durch skurrile Thronwirren in Antiochia. Zur gezielten Destabilisierung der Herrschaft von Demetrios I. baute Attalos II. von Pergamon mit Unterstützung Roms und Ägyptens den aus Smyrna stammenden Alexander Balas zum seleukidischen Thronprätendenten auf. Alexander Balas, der dem ermordeten Antiochos V. zum Verwechseln ähnlich sah, gab sich als dessen Bruder aus, landete mit einer starken Streitmacht in Ptolemais und residierte dort als Gegenkönig. Sowohl Alexander Balas als auch der von ihm bedrängte Demetrios I. warben zur Stärkung ihrer Position um Jonathan, der beide Rivalen zu seinem eigenen Vorteil geschickt gegeneinander ausspielte. Zunächst erhielt Jonathan von Demetrios I. die Erlaubnis, nach Jerusalem einzuziehen und dort eigene Truppen zu unterhalten. Die nicht allzu lange Zeit zuvor noch von den Seleukiden bekämpfte und ins Partisanendasein abgedrängte militärische Macht der Makkabäer war damit legalisiert. Kaum hatte Jonathan Jerusalem in seine Gewalt gebracht, wechselte er die Partei und ließ sich von Alexander Balas in das Hohepriesteramt einsetzen. Mit der erfolgreichen makkabäischen Erhebung, die auch Elemente der sozialen Umwälzung beinhaltete, bildete sich eine neue Oberschicht heraus. Sowohl die bisherige Priesteraristokratie als auch die Tobiaden hatten unwiderruflich ihre Bedeutung eingebüßt. An ihre Stelle trat die den Aufstand tragende, im ländlichen Milieu verwurzelte Familie der Makkabäer, die nun die politische Führung und das Hohepriesteramt in einer Hand vereinigte und ihren Herrschaftsanspruch durch Dynastiebildung stabilisierte. Unmittelbare Folge dieser Usurpation des Hohenpriesteramtes durch die Makkabäer, die bei den Chassidim nicht auf ungeteilte Zustimmung stieß, war aller Wahrscheinlichkeit nach die Entstehung der Essener. Mit dem namentlich ungenannten Frevelpriester aus den Qumranschriften dürfte Jonathan gemeint sein.

Einführung in die Neutestamentliche Zeitgeschichte

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