Читать книгу Die Missionen 151-160 der Raumflotte von Axarabor: Science Fiction Roman-Paket 21016 - Bernd Teuber - Страница 50
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Miguel Darwoni erwachte von einem Geräusch, das einfach nicht in diese Umgebung passen wollte: Normalerweise gab es in seiner Einzelzelle nämlich nur solche Geräusche, die er selber verursachte.
Erschrocken fuhr er hoch und stierte auf den Mann, der da plötzlich, wie aus dem Nichts entstanden, neben seiner Pritsche erschienen war.
Doch dieser Mann erwiderte seinen Blick genauso erschrocken.
„Wie – wie haben Sie das gemacht?“, stammelte er entsetzt.
„Wie habe ich was gemacht?“, wunderte sich Miguel Darwoni.
„Wie haben Sie mich hierher geholt, zu sich?“
„Wie bitte? Ich habe überhaupt nichts gemacht!“
„Aber da war plötzlich eine Art Schatten in meiner Zelle – und dann war ich auf einmal hier...“
Miguel Darwoni setzte sich auf den Rand der Pritsche.
„Nun mal langsam: Sie sind hier in meiner Zelle erschienen und nicht umgekehrt. Also, was soll das? Ein neuer Trick der faschistischen Erfüllungsgehilfen? Was versprechen Sie sich davon? Und wer wollen Sie denn eigentlich sein?“
„Sie – Sie haben gar nichts getan?“, erkundigte sich der Fremde misstrauisch. „Aber wieso bin ich dann auf einmal hier?“
„Wer Sie sind, will ich wissen!“, forderte ihn Miguel Darwoni streng auf.
„Äh? Ich?“
„Wer denn sonst? Sehen Sie hier noch jemanden?“
Plötzlich erschrak der Fremde erneut. Er deutete mit dem Finger auf Miguel Darwoni.
„Jetzt erkenne ich Sie erst: Sie sind doch dieser Miguel Darwoni, der größte Feind von Recht und Ordnung hier auf Tandora!“
„Ich bin vor allem der größte Feind von Dummheit und noch dümmeren Tricks, auf die nun wirklich niemand hereinfällt, wenn er nicht so völlig verblödet ist wie die Erfüllungsgehilfen der faschistischen...“
„He, hallo, Moment mal, Sie behaupten also, gar nichts damit zu tun zu haben, dass ich hierher entführt wurde, gegen meinen Willen?“
Miguel Darwoni hielt stirnrunzelnd inne. Er betrachtete den Fremden noch einmal, musste sich jedoch eingestehen, den Mann noch niemals in seinem Leben gesehen zu haben. Und er konnte sich rühmen, ein beinahe fotographisches Gedächtnis zu haben, vor allem was Personen und Gesichter betraf.
Der Fremde blickte gehetzt umher.
„Aber dann...?“
Er zitterte wie Espenlaub, ehe er fortfuhr:
„Hier wird alles kameraüberwacht. Ich bin in einer fremden Zelle. Verdammt, was geschieht hier?“
„Wer sind Sie?“, erkundigte sich Miguel Darwoni erneut, diesmal weniger aggressiv.
Die weit aufgerissenen Augen des Fremden richteten sich auf ihn.
„Äh, ich? Also ich bin neu hier, heute erst eingeliefert. Ich – ich hatte einfach nur Hunger, verstehen Sie? Ich ging in dieses scheiß Kaufhaus, obwohl ich kein Geld habe, und dann sah ich all diese Köstlichkeiten. Ich konnte einfach nicht anders. Ehrlich! Ich – ich habe mir die Taschen vollgestopft mit all dem wunderbaren Zeug, bis nichts mehr hinein ging. Und dann wollte ich wieder gehen.
Eigentlich hätte ich ja rennen müssen, aber dann hätte ich unterwegs ja alles wieder verloren, nicht wahr? Das sehen Sie doch wohl ein, oder?“
„Bei Setna, was sind Sie denn für einer?“, machte Miguel Darwoni erschüttert. „Man hat Sie eingebuchtet, weil Sie Lebensmittel gestohlen haben? Aber wer stiehlt denn heutzutage noch Lebensmittel? Selbst für die Namenlosen gibt es Ausgabestellen, an denen sie unregistriert Nahrung erhalten.“
„Ja, Standardnahrung aus der Retorte! Haben Sie denn eine Ahnung, wie das schmeckt?“
„Natürlich habe ich das!“
„Ach ja, Verzeihung, ich vergaß für einen Moment: Sie sind ja der Anführer der Revolution der Namenlosen.“ Der Fremde schüttelte den Kopf. „Allerdings eine Revolution, die leider gescheitert ist.“
„Sie ist nicht nur gescheitert, sie hat schon gar nicht erst stattgefunden!“, belehrte ihn Miguel Darwoni zerknirscht. „Weil man mich vorzeitig festgenommen hat, um von mir zu erfahren, wer beteiligt sein wollte.“
„Aha? Und dann wurden alle verhaftet?“
„Natürlich nicht. Nur ich wurde verhaftet. Die kriegen aus mir nichts heraus. Und jetzt haben sie dich geschickt, um endlich mehr zu erfahren? Was bist du? Ein Spitzel, der mein Vertrauen erschleichen will oder was? Und dann schicken sie ausgerechnet einen solchen Trottel?“
Wie zur Abwehr wedelte der Fremde entsetzt mit den Armen.
„Ich und ein Spitzel? Aber nein, nicht doch. Ich bin ein Namenloser. Sonst nichts. Und ich hatte einfach nur Hunger. Und als ich all diese Köstlichkeiten sah, die sich ein Namenloser niemals leisten kann, konnte ich einfach nicht mehr widerstehen und...“
„Geschenkt!“ Jetzt winkte auch Miguel Darwoni ab. „Und mach, dass du wieder von hier verschwindest. Ich möchte jetzt bitte weiterschlafen. Diese Masche zieht bei mir nicht. Vor allem, weil sie noch blöder wohl kaum noch sein könnte.“
„Aber wie soll ich denn wieder von hier verschwinden?“, jammerte der Fremde sogleich.
„Na, genauso wie du her gekommen bist halt!“
„Aber ich sagte doch schon: Da war irgendein Schatten, der bei mir auftauchte. Irgendwie hat er mich geschnappt und hier abgesetzt, wieso auch immer.“
„Ein Schatten? Aha? Geht es noch idiotischer?“
„Aber wenn es doch so ist!“, beharrte der Fremde weinerlich.
„Und jetzt weiß ich immer noch nicht, wie du heißt. Ist aber auch egal. Ist sowieso alles nur ein blöder Trick, um mir etwas zu entlocken, was ich niemals verraten würde.“
Miguel Darwoni wandte sich an die Kameras, die seine Zelle überwachten:
„Ihr könnt den Idioten hier wieder abziehen. Ich vertraue sowieso niemandem. Vor allem keinem Idioten.“
„Idiot? Ich?“, entrüstete sich jetzt der Fremde. „Aber hören Sie mal, Sie können mich doch nicht einfach so einen Idioten schelten. Erst entführen Sie mich in Ihre Zelle, und dann beschimpfen Sie mich? Ja, Sie sind ja noch schlimmer als die Medien berichtet haben. Sie sind nicht nur ein Revolutionär, der die bestehende Ordnung erschüttern will, sondern beleidigen auch noch grundlos irgendwelche Leute, die Sie gar nicht kennen. Pfui!“
Der Fremde spuckte jetzt tatsächlich vor Miguel Darwoni zu Boden.
Der regte sich jetzt ebenfalls auf:
„Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass ich nichts damit zu tun habe, dass die dich hier zu mir herein gesteckt haben?“
Der Fremde schüttelte den Kopf und wandte sich jetzt selbst an die Kameras:
„Bitte, holt mich hier raus. Ich habe Angst vor diesem Typen!“
Kaum hatte er ausgesprochen, öffnete sich die Zellentür, und eine Stimme erscholl wie aus dem Unsichtbaren:
„Daomir Tuhman, verlassen Sie sofort die Zelle, die Sie unberechtigt betreten haben. Jegliche Zuwiderhandlung wird für Sie schlimme Folgen haben.“
„Aber – aber ich habe doch überhaupt nichts getan! Ich – ich kann doch gar nichts dafür, dass der mich hierher gebracht hat, dieser Miguel Darwoni, wie auch immer.“
„Ich habe überhaupt nichts getan!“, betonte Miguel Darwoni hinter ihm erneut und ziemlich ärgerlich, während Daomir wie der sprichwörtliche geprügelte Knabe die Zelle verließ. Hinter ihm schloss sie sich wieder.
Ein flüchtiges Grinsen flog über sein Gesicht. Mehr gönnte er sich allerdings nicht. Er behielt lieber die Demutshaltung bei, während die Stimme der automatischen Überwachung ihn zurück zu seiner eigenen Zelle lotste.
Es hatte keinen Alarm gegeben, als er aus seiner Zelle verschwunden war. Logisch, denn die Überwachung dort war vorübergehend ausgefallen. Genauso wie die Überwachung der Zelle des gescheiterten Rebellenführers Miguel Darwoni, ebenfalls jedoch nur vorübergehend.
Von der Überwachung wurde das als Systemfehler eingestuft. Allerdings als einer, der eben rasch behoben werden konnte. Also wurde weiter kein Aufhebens darum gemacht.
Dass während des Ausfalles ein Gefangener von einer Zelle zur anderen gewechselt hatte, immerhin über die Distanz von mehr als hundert Zellen hinweg, die sich dazwischen befanden, wurde weiter nicht berücksichtigt. Weil das Überwachungssystem in der Datenbank keinerlei Erklärung dafür fand.
Mit anderen Worten: Was man nicht verstand, wurde lieber ignoriert, ehe es unnötig Sorgen bereitete.