Читать книгу Тотеnтаnz / Пляска смерти. Книга для чтения на немецком языке - Бернгард Келлерман - Страница 6

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Als Fabian die Tür hinter sich zugezogen hatte, lachte er vor sich hin. «Du wirst noch manchmal anrufen, du eingebildeter Ese», dachte er wütend. Langsam ging er durch den Korridor und schöpfte Atem.

Der Schrecken war ihm tüchtig in die Glieder gefahren, das musste man sagen. Noch immer fühlte er ein leises Zittern in seinen Knien, aber schon begann er seine Lage mit größerer Ruhe und Klarheit zu betrachten. Besaß er nicht einen Anstellungsvertrag mit der Stadt? Man konnte ihm doch nicht ohne weiteres den Stuhl vor die Tür setzen[19], oder? Es war wahrscheinlich, dass man diesen jungen Taugenichts unterbringen wollte und für ihn selbst einen anderen Posten bereithielt, einen bedeutenderen, gewichtigeren Posten.

In diesem Augenblick sah er einen kleinen, etwas beleibten Herrn die Treppe herauf stürmen und an sich vorübereilen. Der kleine, dicke Herr hatte den Hut ins Genick gerückt und eilte auf die Tür eines benachbarten Büros zu, die er hastig aufschließen wollte. An seiner Eile und seinem hastigen Wesen erkannte er ihn. Es war Baurat Krieg, ein guter Freund von ihm. Er rief ihn an, gerade als er ins Büro schlüpfen wollte.

Der Baurat wandte den Kopf. «Lieber Freun», rief er erfreut aus und so laut, dass es im Korridor widerhallte. «Ja, da sind Sie also wieder! Kommen Sie doch zu mir herein, damit ich Sie mir genau ansehen kann». Dann eilte er Fabian mit aufrichtiger Freude entgegen und schüttelte ihm die Hand. «Sie müssen mir von Ihrem Urlaub erzählen, lieber Freund! Also wieder glücklich von den Toten auferstanden». fügte er hinzu, während er Fabian in sein Büro nötigte.

Der Baurat hatte ein quecksilbriges Wesen, das sich in jeder Bewegung und jeder Geste ausdrückte. Er war klein, hatte ein rundes Bäuchchen, gesunde volle Backen und einen ergrauten Spitzbart. Wie immer trug er eine flotte Lavallierebinde[20] aus schwarzer Seide. «Was haben Sie denn da». unterbrach er plötzlich Fabian und deutete auf den braunen Brief, den Fabian auf seiner Aktentasche trug. Bevor er aber Fabians Antwort abwartete, sprang er zu einer Tür, stieß sie auf und steckte den Kopf hinein.

Im Nebenzimmer arbeitete sein Personal, und man hörte eifrige Schreibmaschinen klappern.

«Ich wollte nur sehen, ob die Luft rein ist. Man kann nicht vorsichtig genug sein, seit der Neue im Hause is», sagte er mit gedämpfter Stimme, indem er die Tür wieder schloss. Erneut deutete er auf den braunen Brief Fabians. «Ich wette, es ist der gleiche Brie», rief er lachend, «den Dutzende von Kollegen erhielten».

Fabian nickte, er war erleichtert zu hören, dass er sein Missgeschick mit vielen anderen teilte. «Waren es Dutzende». fragte er, ohne seine Freude zu verbergen. Seine Unruhe war völlig verschwunden, und er hatte seine gewöhnliche gute Laune zurückgefunden. «Ja, Dutzende. Mit einem Wort, alle Herren, die sich bis heute noch nicht für die Partei begeistern konnten. Auch ic», lachte der Baurat und deutete mit dem Finger auf seine Brust, «auch ich erwarte den Brief täglich, täglich! Ja, lieber Freund, wir werden wohl noch alle in den sauren Apfel beißen[21] müssen, ob wir wollen oder nicht. Nun, lassen Sie es gut sein, lieber Freund, was soll Ihnen schon passieren? Ein Anwalt mit einer glänzenden Praxis, der eine Pracht heiratete, die ihm vier Häuser in die Ehe brachte, haha? Aber sehen Sie mich an, ich bitte Sie! Ich habe nur ein paar lumpige Groschen auf der Bank und dazu zwei junge Töchter, die täglich anspruchsvoller werden. Sehen Sie, lieber Freund, ich werde wohl wieder als Bauführer anfangen müssen oder als Zeichner in einem Baubüro, wie». Er lachte voller Galgenhumor und wühlte in seinen grauen Haaren. «Aber betrachten Sie nur unseren guten Krüger».

«Ja, ihm ist es schlimm ergangen, wie ich hörte».

«Der arme Theo, er ist zu bedauern». Baurat Krieg stieß einen leisen Pfiff aus. «Schlimm, sehr schlimm».

«Aber ein so außerordentlich tüchtiger Mann wie Krüger wird doch leicht wieder eine Stellung finde», sagte Fabian.

Der Baurat zuckte die Achseln. «Leicht wird er es nicht habe», entgegnete er bekümmert. «Eine Behörde darf ihn nicht aufnehmen, und private Firmen bringen nur selten den Mut dazu auf. Dazu hat die Presse seinen guten Ruf völlig zerstört, sie hat kein gutes Haar an ihm gelassen[22]».

Fabian blickte ihn verwundert an. «Aber Krüger war doch überaus belieb», rief er aus.

«Früher, ja, früher einmal». versetzte Krieg. «Die Zeiten haben sich gewaltig geändert. Ein Mann, der jede Nacht in den Weinstuben saß und mit was für fragwürdigen Leuten? Nicht mit mir oder Ihnen, mein Lieber, nein, mit sozialdemokratischen Stadtvätern und üblerem Gesindel. Ein Mann, der bei den Freimaurern[23] eine maßgebende Rolle spielte? Man will ihm ja den Prozess machen».

«Den Prozess».

«Ja, den Prozess». nickte der Baurat. «Er soll städtische Gelder verschleudert haben. Da fuhr er zum Beispiel mit seiner Kleinen im Sommer abends auf die Dörfer, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Das kostet natürlich Benzin und Öl, und der Stadtsäckel muss es bezahlen. Und dann hat er, nun hören Sie, häufig mit seiner Flamme privat telefoniert, mindestens dreimal am Tag, dreimal». Der Baurat lachte, dass seine roten Bäckchen glänzten. Er lachte vor allem über Fabians verblüfftes Gesicht. «Daraus will man ihm einen Strick drehen, sehen Sie».

«Sollte man es für möglich halten». fragte Fabian ungläubig.

«Was für ketzerische Gedanken». rief Krieg aus. «Sie wissen noch immer nicht, woher der Wind weht? Es muss wieder Ordnung herrschen in deutschen Landen. Wenn Sie Partei sind, können Sie machen, was Sie wollen, wenn Sie aber nicht Partei sind, haben Sie sich in Tugend zu üben. Haben Sie übrigens schon Ihren Bruder Wolfgang gesprochen». fügte er hinzu.

«Ich werde ihm heute noch guten Tag sage», erwiderte Fabian. Der Baurat beugte sich vor. «Ihr Bruder Wolfgang ist auch so ein Ketzer, ein ganz fürchterlicher Ketze», sagte er lachend.

Und er erzählte, dass sie vor ein paar Tagen zusammen in der «Kuge». saßen, einige Freunde, Lehrer Gleichen war dabei und sein Bruder Wolfgang. Das Gespräch sei auf Redefreiheit und freie Meinungsäußerung gekommen, und bei dieser Gelegenheit sei Wolfgangs Rebellengeist zum Ausbruch gekommen. «„Haben wir, meine Herren“, begehrte Wolfgang auf, „haben wir zweitausend Jahre gegen Pfaffen und Könige gekämpft, um uns jetzt einen Maulkorb anlegen[24] zu lassen? Nein und dreimal nein! Ich werde meine Meinung sagen, und wenn sie mich auch vor eine Kanone binden, wie die Engländer es mit den Hindus getan haben sollen.“ Im Lokal waren ein paar Gesellschaften, die schon aufzuhorchen begannen. Am runden Stammtisch saßen auch Leute von der Partei und spitzten bedenklich die Ohren. Einer war etwas Höheres, nach den Sternen und Abzeichen am Kragen. Auch dieser da saß dabei». Der Baurat deutete mit dem Daumen nach rückwärts. «Dieser eingebildete Esel, Ihr Nachfolger».

Fabian musste lachen, es war der gleiche Ausdruck, den er vor wenigen Minuten in Gedanken gebraucht hatte. «Schilling heißt e», sagte er.

«Ja, auch dieser Herr Schillin», fuhr Krieg fort. «Wir hatten ja alle Hände voll zu tun, Wolfgang zu beruhige», erzählte er mit großer Lebhaftigkeit, wobei er sogar die Hände rang. «Wenn Sie also heute zu ihm kommen, so bitten Sie ihn, beschwören Sie ihn, etwas mehr Zurückhaltung zu üben. Man könnte seine Worte auch einmal falsch auslegen, die Geheimpolizei ist zur Zeit wieder mächtig an der Arbeit».

Fabian versprach, die Warnung auszurichten, und erhob sich, um zu gehen. «Haben Sie den neuen Herrn der Stadt schon gesehen». fragte er, als er dem Baurat die Hand reichte. «Diesen Herrn Taubenhaus».

Der Baurat nickte. «Natürlich, ich habe oft mit ihm zu tu», erwiderte er. «Ein stattlicher Mann mit sehr gefälligen Umgangsformen. Über seine Fähigkeiten kann sich natürlich noch niemand ein Bild machen. Er kommt aus einer kleinen Stadt in Pommern, wo die Gänse und Ziegen auf dem Marktplatz herumlaufen, wie er selbst sagt. In erster Linie sieht er auf Pünktlichkeit im Dienst und auf peinlichste Sparsamkeit. Ich baue zur Zeit seine Dienstwohnung aus, und das ist wohl auch der Grund, weshalb ich noch nicht den braunen Brief habe». Krieg lachte. «Bei dem Ausbau der Wohnung freilich ist er durchaus kein Pfennigsuchser[25]. Nichts kann ihm fein und teuer genug sein! Selbst die Klinken an den Türen mussten durch neue aus schwerer Bronze ersetzt werden, und das Schlafzimmer —! So ein fürstliches Schlafzimmer haben Sie noch nicht gesehen, mein Freund».

«Sicherlich ist es ein schwerer Verlust für die Stadt, dass Krüger gehen musst», sagte Fabian, dem die Entlassung Krügers sehr naheging.

Der Baurat begleitete ihn zur Tür. «Ein schwerer, ein sehr schwerer Verlust». versicherte er aufrichtig. «Auch für mich ist es ein schwerer Verlust, wie ich Ihnen als Freund gestehen kann! Es war mir im Laufe der Zeit gelungen, Krüger für meinen Lieblingsplan zu erwärmen». Da er aus Fabians Blicken sah, dass ihm sein Lieblingsplan unbekannt war, hielt er ihn am Mantelknopf fest. «Sie scheinen meinen Lieblingsplan nicht zu kennen, verehrtester Freund». fuhr er mit neuem Eifer fort. «Wirklich nicht? Seit Jahren träume ich schon davon, den Platz vor der alten Reitschule umzubauen. Die Gebäude ringsum werden in Kolonnaden verwandelt, Laden neben Laden, verstehen Sie? Der Wochenmarkt wird dahin verlegt und alle Messen, so dass der Rathausplatz frei wird für eine gärtnerische Ausgestaltung. Auch der Brunnen Ihres Bruders bekommt einen würdigeren Platz».

«Die Idee scheint wirklich originell zu sei», versetzte Fabian, der nur flüchtig hingehört hatte.

Der Baurat strahlte vor Begeisterung. «Kommen Sie, kommen Sie». rief er. «Ich werden Ihnen sofort meine Entwürfe zeigen, die Sie gewiss begeistern werden».

Aber Fabian dankte, er habe heute noch vieles vor. «Ein anderes Mal, mein lieber Baurat, heute bin ich allzusehr beschäftigt».

19

j-m einen Stuhl vor die Tür setzen – уволить, выгнать

20

Lavallierbinde f – шейный платок, повязанный особым образом

21

in den sauren Apfel beißen – проглотить горькую пилюлю

22

kein gutes Haar an j-m lassen – разобрать кого-л. по косточкам, зло сплетничать

23

Freimaurer – масоны, вольные каменщики, религиозноэтическое движение

24

j-m einen Maulkorb anlegen – (перен.) заставить кого-л. замолчать

25

Pfennigsucher m – скряга, скупердяй

Тотеnтаnz / Пляска смерти. Книга для чтения на немецком языке

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