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2.1.3. Die Ambivalenz der Moderne – kunstphilosophische Programmatik und Konsequenzen

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Moderne und Avantgarde werden meist umstandslos mit Aufklärung, Fortschritt und Rationalität verbunden und nicht mit Emotionalität oder gar gegenaufklärerischem Okkultismus.

Rosenblum 1975, 137

Klinger 1990, 39

Doch die Realität ist eine andere. Eine der wichtigsten Brücken vom 19. ins 20. Jh. war jene der Romantik, sodass deren Gehalte auch im 20. Jh., jedenfalls in deren ersten Hälfte, noch präsent waren: »Bei van Gogh, Munch und Hodler läßt sich oft schwer entscheiden, ob wir es einfach mit dem ungebrochenen Fortleben romantischer Traditionen bis ins späte 19. Jahrhundert zu tun haben […]. Die gleiche Frage stellt sich auch bei vielen Künstlern des 20. Jahrhunderts, von denen einige sehr genau wissen, wieviel sie den großen Malern der Romantik verdanken, während die meisten an romantische Motive und Erlebnisformen anknüpfen, ohne sich irgendwelcher Vorläufer bewußt zu sein.« Es ist keine Frage, dass die Romantik die Moderne und die Avantgarde kräftig speiste: »Angefangen vom Begriff der Kunstkritik über die Kategorien des Häßlichen, des Fragments, die diversen Ausdrucksformen der sich absolut setzenden Subjektivität, wie z.B. die Ironie, bis hin zur Sprachtheorie – es gibt fast keine Vorstellung, kein Konzept, kein Programm, das für die Kunsttheorien des zwanzigsten Jahrhunderts von Bedeutung wäre, das sich nicht auf seinen Ursprung oder mindestens auf eine Quelle in der Kunst- bzw. Dichtungstheorie der Romantik zurückführen ließe.«

Wyss 1993a, 13

VIII.5.3.3.

Als Quellgründe für die Konzepte der Moderne wurden im letzten Kapitel religiöse Traditionen, Volkskultur, philosophische Ideen, Esoterisches, Primitivismus identifiziert. Der alte Idealismus war dabei noch das harmloseste Erbe: »Bei genauem Hinschauen unter das ägyptische Kostüm der Maurer, die indische Parfümierung der Avantgarde, sieht man gar den guten alten deutschen Idealismus hervorlugen.« Zu erinnern ist hier an die ambivalente Rezeption Hegels als Philosoph der Moderne.

Rubin 1984a

Bereits das 19. Jh. kannte abstrakte Malerei. Künstlerinnen wie Georgiana Houghton und Hilma af Klint waren von der Begegnung mit Geistern überzeugt, die ihnen in spiritistischen Séancen den Pinsel führten. Die ihre Malerinnenhände leitenden Geister malten ornamentale abstrakte bunte Formen. Die Künstler des 19. Jh.s waren zudem mit sogenannter primitiver, außereuropäischer Kunst konfrontiert. Nur wenige allerdings – der bekannteste unter ihnen war Gauguin – waren davon fasziniert und ließen ganz offen Anregungen in ihr Werk einfließen. Die eigentliche Begegnung mit sogenannter primitiver Kunst geschah erst im 20. Jh. Gerade weil heute die Ausdrücke primitiv und Primitivismus verdächtig sind (ohne dass praktikable Alternativen vorgeschlagen wurden), ist der Hinweis wichtig, dass die Künstler des 20. Jh.s (anders als weite Teile der Bevölkerung) voller Respekt von dieser Kunst sprachen.

5.2.3.

Stella, zit. nach Blotkamp Carel in Tuchman/Freeman 1988, 89

Grundsätzlich scheint bei Betrachtung dieser Sachlage eine Unterscheidung wichtig zu sein: Eine Sache ist die Suche nach Motiven und Metaerzählungen der Kunst der Moderne. Es scheint nicht unbedingt problematisch, sondern ist eher als Ausdruck einer guten Kenntnis der Tradition und fremder Kulturen zu würdigen, dass Künstlerinnen in allen möglichen kulturellen Erzählungen auf Anregungen stoßen. Wenn die Künstler des Abstrakten Expressionismus von der Spiritualität der Ikone fasziniert waren oder in der Eingeborenenkunst ein eindrucksvolles Formenrepertoire entdeckten, wenn Aspekte des Zen-Buddhismus für John Cage (der Musiker sei erwähnt, um zu zeigen, dass das Gesagte nicht nur für die bildende Kunst gilt), Jasper Johns oder Robert Rauschenberg anregend waren oder die Idee der Mandalas für Frank Stella und wenn sich Marcel Duchamp (mit wenig Begeisterung) theosophischer Ideen bediente, mag das zwar einen tiefen Schatten auf eine Illusion werfen, die von einer reinen Rationalität und einer kunstimmanenten Formentwicklung der Avantgarde ausgeht, aber für die Formfindung von Kunstrichtungen wird man das akzeptieren müssen. Anders als man sich die Rückschau auf die Avantgarde am Beginn des Jahrhunderts gerne zurechtrückt, waren den damaligen Künstlern, besonders jenen nach dem Zweiten Weltkrieg, diese Quellgründe durchaus bewusst. Deshalb bewahrten etwa El Lissitzky und László-Moholy-Nagy gegenüber theosophischen und spiritistischen Ideen ausdrücklich Distanz. Auch die meisten Exponenten der Minimal Art hielten Abstand zu jeder Spiritualisierung der Kunst. Besonders bedenklich fanden die Minimalisten Rückgriffe auf esoterische und okkulte Quellen. Frank Stella sagte dazu in einem Vortrag 1984: »Ich glaube, daß […] diese theoretischen Untermauerungen mit Theosophie und Antimaterialismus der abstrakten Malerei auch Schaden zugefügt haben, der zu ihrem heutigen Verfall beigetragen hat.«

Eine nochmals andere Sache ist es freilich, wenn solche dubiosen Gehalte dazu führten, dass das Selbstverständnis der Avantgarde, die Kunst mit dem Leben zu koppeln, in einen gesellschaftspolitischen Utopismus kippte, der schließlich Ansätze bot für Handlangerdienste und Kumpanei mit antidemokratischen und autokratischen politischen Regimen. Bereits die slawophile Verehrung eines vermeintlich reinen russischen Bauerntums oder der religiösen Aufladung der Ikone war äußerst fragwürdig, denn solches ließ sich zu einer Propagandakunst des Kommunismus denaturieren. Boris Groys ging mit der russischen Avantgarde deshalb scharf ins Gericht und warf ihr flächendeckend vor, die Utopie der Ikone über die Utopie der Avantgarde zur Utopie des Sozialistischen Realismus verwandelt zu haben. Auf der anderen politischen Seite kritisierte Georg Lukács bereits den Expressionismus als eine ideologische Position, die geradewegs in den Faschismus führe. Vor Augen stand ihm das abstoßende Beispiel Emil Noldes, der aus Verehrung romantischer nordischer Mythen, die ihn in seiner Kunst inspirierten, Mitglied der NSDAP geworden war, was allerdings nicht verhinderte, dass er selbst auch als entartet galt und Malverbot erhielt.

Beaucamp 1998, 79

Es bleibt bittere Wahrheit, dass sich beinahe alle Strömungen der Avantgarde, die sich gerne den Anschein des reinen Fortschritts und der Aufklärung gaben, politisch kompromittiert haben. Selbst die Bauhaus-Bewegung, deren Mitarbeiter Lagerpläne für Auschwitz und für Bauten der Hitler-Jugend zeichneten, war involviert. In der russischen Avantgarde scheuten sich weder El Lissitzky, Agitprop-Entwürfe (das aus Agitation und Propaganda zusammengesetzte Kunstwort Agitprop steht für die politische Propaganda seit Lenin) für den sowjetischen Pavillon anlässlich einer Presse-Ausstellung 1928 in Köln zu machen, noch Rodtschenko, Stalins Weißmeer-Kanalprojekt zu verherrlichen. Dass sich über okkulte Abgründe ausgerechnet die künstlerische Avantgarde mit den abstrusen Geschichten der nationalsozialistischen Ideologie traf, ist vielleicht auch ein Grund für die so schwer zu verstehende Tatsache, dass die Avantgarde ganz offensichtlich keinen hinreichenden Widerstand gegen die Totalitarismen des 20. Jh.s bot.

Wyss 1993a, 11

Gablik 1976, 13

X.2.5.

Adam 1999

Dass die Kunstgeschichtsschreibung über weite Strecken dieser unangenehmen Tatsache lange aus dem Weg ging, hängt genau mit diesem Dilemma zusammen, das sich nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs stellte und das Beat Wyss so auf den Punkt brachte: »Man konnte die Opfer nationalsozialistischer und stalinistischer Kulturpolitik nicht rehabilitieren, während man sie zugleich des Obskurantismus verdächtigte. Die Kunstgeschichte der Nachkriegszeit verdrängte die esoterische Seite der Avantgarde und dort, wo sie nicht wegzuleugnen war, galt sie als Kinderkrankheit von Genies.« In der Tat wurden atemberaubende Theorien vom unaufhaltsamen Aufstieg der Rationalität aus den Niederungen eines religiösen und mystischen Bodensatzes formuliert. Für die Malerin und Kunstkritikerin Suzi Gablik gab es eine »slow transition from primitive, religious and mystical mentalities (governed primarily by emotion) into the modern abstract conceptual mentality (governed primarily by rational and scientific thought).« Gablik bemühte zur Erklärung dieses Aufstiegs menschlicher Rationalität in lichte Höhen das Konzept von Jean Piaget. Die Gleichsetzung der Moderne mit Aufklärung und Rationalität durfte nicht angetastet werden. Manche Kunsthistoriker gerieten unter heftige Kritik, wenn sie die Sachlage nicht ungeschminkt darstellten. Hubertus Adam kritisiert die Einäugigkeit vieler Autoren in diesem Zusammenhang – hier Emil Kaufmanns 1933 erschienenes Buch Von Ledoux bis Le Corbusier: »Doch zu dem Gedanken einer Geburt der Avantgarde aus dem Geist der Monumentalität […] war Emil Kaufmann nicht bereit: Die Apologie der Moderne erzeugt deren Mythos.«

Als besonders anfällig für Spiritismus und Okkultismus erwies sich die ungegenständliche Kunst. Denn sie war die selbsternannte Vorhut (also Avantgarde im besten Sinn des Wortes) bei der Aufhebung des Materiellen in das Geistige. Dass man dieses platonische Programm als konsequentes Ergebnis einer internen (selbstreferentiellen) Formentwicklung in der Kunst zu retten versuchte, ist, wie im letzten Kapitel gezeigt, keineswegs ausgemacht.

Ringbom 1993

Oberhuber Konrad in Tuchman/Freeman 1988, 8

Clair 1998; Beaucamp 1998; ähnl. Ley/Kaiser 2004

Eines der ersten Bücher, das den Optimismus des bereits erwähnten Alfred H. Barr in dieser Hinsicht zerstreute und genau darauf aufmerksam machte und damit einen neuen Blick auf die abstrakte Kunst eröffnete, war neben ähnlichen Äußerungen von Otto Stelzer (Die Vorgeschichte der abstrakten Kunst; 1964) die Untersuchung von Robert Rosenblum (Die moderne Malerei und die Tradition der Romantik; 1975). Ihm folgte mit einem Aufsatz Sixten Ringbom. Dazu kamen eine Reihe von Ausstellungen zum Thema. Inzwischen scheint die Einschätzung bisweilen in das andere Extrem gekippt und die Meinung verbreitet zu sein, dass »alle wesentlichen Strömungen der abstrakten Kunst des 20. Jahrhunderts ihre Wurzeln in geistigen Bewegungen wie z.B. der Theosophie, dem Spiritismus, dem Wiederaufleben orientalischer und mediumistischer Tendenzen, der Alchimie, der Kabbala, dem Buddhismus und den schamanistischen Ritualen der amerikanischen Indianer haben.« Kompromisslose Abrechnungen stammen von Jean Clair und Eduard Beaucamp.

Liessmann 2004b, 18

In dem Unternehmen, auf die Verstrickungen praktisch aller modernen Kunstrichtungen in totalitäre politische Strukturen hinzuweisen, schießen diese Beiträge freilich über das Ziel hinaus. Da wird schon behauptet, dass die SS-Rune und die Titel der NS-Organe dem Zeichenvorrat und Reservoir des Expressionismus entstamme, was diesen damit desavouiere. Dass etliche Künstler und Architekten sich dem Regime andienten und dass dies in den Strömungen der Moderne einige fundamenta in rebus fand, ist wahr, aber es ist keine Eigenheit der modernen Kunstströmungen, die diese in ihrer Gesamtheit notwendig in Mitleidenschaft zöge. Dennoch bedrückt bereits, dass anscheinend die Polemik der Nazis beziehungsweise des Sozialistischen Realismus gegen die Moderne angerufen werden muss, um über die Avantgarde des 20. Jh.s zu einer positiven Bewertung zu gelangen: »Die Wende der Nazis gegen die Moderne hat diese gerettet.« Unter diesem Vorzeichen muss man es sogar als gute Fügung ansehen, dass der Expressionismus, für den sich Goebbels noch eingesetzt hatte, bei dem noch einfältigeren Hitler und seinem Umkreis keine Gnade fand.

Wyss 1993a, 13

1.1.

Kandinsky 1912, 40

Wyss 1993b, 21

Es ist also summa summarum nicht einfach, ein ausgewogenes Urteil über diesen Gang der Avantgarde zu finden und das zu tun, was Beat Wyss einmahnt: »Die Mythologie der Aufklärung wäre zu erforschen, damit die Anrufung der ›Aufklärung‹ nicht zum Mythos wird.« Eine vorurteilsfreie Aufarbeitung der Verstrickungen der Moderne steht noch aus. In einem solchen Rahmen wäre es interessant, sorgfältig die Motive der Romantik zu identifizieren und ihrer Veränderung in totalitäre Gehalte nachzuspüren. Das Problem bei der bisherigen Debatte ist, dass sich die Avantgardisten in ihrem Selbstverständnis keineswegs als rückwärtsgewandt empfanden. Vielmehr erfuhren aus ihrer Sicht die Lehren der Esoterik und des Okkultismus, die sie zudem schwer von seriöser Philosophie unterscheiden konnten, von Seiten der zeitgenössischen Physik scheinbar eine glänzende Bestätigung. So und nicht anders ließen sich die Elektrizitätslehre, Radioaktivität, Atomtheorie und Relativitätstheorie interpretieren. Für Kandinsky waren die Physiker »professionelle Gelehrte, […] die endlich die Materie, auf welcher noch gestern alles ruhte und das ganze Weltall gestützt wurde, in Zweifel stellen.« Die »Theorie der Elektronen« wird »die Materie vollständig ersetzen«. Es war in der Tat so, dass die »wissenschaftliche Forschung, die auf ›Immaterialität‹ zielte, von den Künstlern begrüßt wurde als eine Bestätigung ihres Willens zur Abstraktion.«

Hrdlicka, zit. nach Pfütze 1989, 244

IV.8.4.

Dass die ungegenständliche Kunst unter besonderen Esoterik-Verdacht geriet, spielte vielen Kritikern noch aus einem ganz anderen Interesse in die Hände: es ging ihnen um die Verteidigung der gegenständlichen Kunst. Bei Jean Clair und anderen schwingt eine solche Absicht eindeutig mit. Die Vertreter des Realismus (Max Beckmann, Otto Dix, George Grosz) werden von Clair zu den aufrechten Widersachern des NS-Regimes gerechnet. Die Künstler der nicht figurativen Kunst hingegen seien samt und sonders Anhänger fragwürdiger okkulter Praktiken gewesen. Die Brandmarkung ungegenständlicher Kunst als faschistisch zog weite Kreise. Alfred Hrdlicka etwa desavouierte solche Kunst erbarmungslos. Für ihn zeugte jede Geometrie in der Kunst von der Ordnung faschistischer Heroik. Mondrians Kunst sei damit – konsequent – präfaschistisch, Malewitschs Quadrate hätten der »Zündung der Neutronenbombe« entsprochen und Rothkos Bilder gehörten neben Hakenkreuze gehängt. Dass man dies ganz anders sehen und eher das gegenstandslose Zeichen für die einschlägige Erinnerungsarbeit nützen könnte, wurde an anderer Stelle erwähnt.

Aus einem weniger interessegeleiteten Blick wird man differenzierter zu Werke gehen. Abgesehen davon, dass sich etwa auch in Beckmanns Bibliothek Bücher der Okkultistin Helena Blavatsky fanden, sagt selbst ein fragwürdiges politisches Engagement zunächst noch nichts über die Qualität der Kunst aus, so wie umgekehrt eine tadellose politische Haltung nicht automatisch eine hohe künstlerische Qualität nach sich zieht. Schwieriger ist, wenn sich ein geistiger Zusammenhang zwischen Werk und politischem Engagement herstellen lässt. Politische und pädagogische Interessen, die Utopie eines besseren Menschen und einer besseren Gesellschaft zeichneten in der Tat viele Vertreter der Avantgarde aus. Daher kann kaum überraschen, dass solche Kunst für politische Utopien anfällig war. Man griffe zweifellos zu kurz, wollte man für die Kunst den Rahmen der real praktizierten Demokratie Anfang des 21. Jh.s zum Maßstab der Bewertung ihres Tuns machen. Aber vermutlich sollte es erlaubt sein, Kunst und Architektur auf die Ideale von Aufklärung, Freiheit und Humanismus zu verpflichten und dazu aufzurufen, diese Werte auch in den demokratisch-rechtsstaatlichen Staatsgebilden immer dort zu verteidigen, wo Künstlerinnen als sensible Seismographen diese Werte verletzt empfinden. »Der Anspruch auf künstlerische Freiheit, verstanden als Unabhängigkeit der Kunst von der Politik […] hat noch immer ausgereicht, um von autoritären Regimen als subversiv verdächtigt und bekämpft zu werden.« Kunst wird so zu einem Probleme aufzeigenden Sensorium ebenso wie Teil der öffentlichen und politischen Diskussion. »Das Verhältnis der ästhetischen Avantgarden zur Idee und Wirklichkeit der Demokratie war so von seiten der Kunst immer ein zutiefst problematisches und ambivalentes gewesen.« Selbstverständlich muss auch Kunst, die sich zu Recht jeder politischen Instrumentalisierung entschlägt, ihre gesellschaftspolitischen Ansprüche legitimieren und sich der gesellschaftlichen Debatte stellen. Dabei wird es immer Grenzlinien geben, an denen sich die Meinungen, was Unterdrückung der Würde des Menschen ist, teilen.


597–599 Arbeit an der Erinnerung: Hrdlicka, Tor der Gewalt mit straßenwaschenden Juden, Wien; Eisenman, Holocaust-Mahnmal, Berlin

Argan 1977, 28

Liessmann 2004b, 20

Argan 1977, 29

An dieser Stelle geht es jedoch um die einfachere Frage, wie die künstlerische Avantgarde in die Position einer Unterstützerin diktatorischer Regime gelangen konnten. Wer vor allem über die gegenstandslose Kunst den Stab bricht, übersieht leicht, dass das nationalsozialistische Deutschland ebenso wie die kommunistische Sowjetunion Stalins und das faschistische Italien einen monumentalen, propagandistischen Realismus verlangten, der jeder aktuellen Kunstentwicklung Hohn sprach. Besonders abartige Ergebnisse finden sich in der Architektur, wo sich der politische Anspruch in einem groben Monumentalismus niederschlug, »düstere Zeugnisse machtpolitischen Größenwahns«.

VIII.8.2.

Hohl Reinhold in SK

IV, 180

An dieser Geschmacklosigkeit und Biederkeit der Kunstvorstellungen von autokratischen Regierungschefs, zumal wenn sie sich mit konservativen Kirchenkreisen verbünden, die bereits im 19. Jh. ein Bollwerk gegen die Moderne errichteten, hat sich bis heute nichts geändert. »Staatskunst ist Propagandakunst, ob in Mussolinis Italien, im nationalsozialistischen Deutschland, in der ehemaligen UdSSR oder bei ihren Satelliten (und zu oft auch in den Demokratien). Sie ist immer antimoderne Kunst, Reaktion auf die Avantgarde, Ostrazismus des Schöpferischen.« Eine solche staatlich verordnete Kulturpolitik ist bis heute skandalös und verwandelt Länder in ein kulturelles Niemandsland.

Kunstphilosophie und Ästhetik

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