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Kapitel III

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Das "Libby"-Gefängnis – Die Beamten – Die ersten Einrichtungen

Als wir am "Libby", wie das Gefängnis später der Kürze halber genannt wurde, angekommen waren, erschienen an den Fenstern im zweiten und dritten Stockwerk des westlichen Flügels die Offiziere, welche einige Wochen vor uns den Rebellen in die Hände gefallen waren, nämlich die vom Kommando des Colonel Streight vom 51st Indiana Regiment, der einen Vorstoß nach Georgia gemacht hatte, sowie jene vom Kommando des Generals Milroy. Während wir auf der Straße standen, warfen sie einen Zettel mit der Warnung herab: "Versteckt eure Greenbacks!" Natürlich beeilten wir uns, den unter den obwaltenden Umständen doppelt wertvollen Artikel in den Mützen, in dem Unterfutter der Röcke oder in den Stiefeln zu verbergen. Wie wohlgemeint und angebracht jene Warnung war, erfuhren wir sehr bald, denn als wir in das Erdgeschoss eintraten, wurde jeder Einzelne untersucht und der Habseligkeiten beraubt, welche uns der Strauchdieb Imboden in Staunton gelassen hatte. Wenn unser Geld nicht verborgen gewesen wäre, so hätten es die raubgierigen Rebellen ohne Zweifel bis auf den letzten Cent genommen. Bei dieser Durchsuchung machten wir die erste Bekanntschaft mit dem berüchtigten und jetzt als Scheusal bekannten Dick Turner und mit Sergeant George. Ersterer zeigte sich sofort in seiner Glorie, indem er sich unterstand, einen Offizier, welcher gegen die Beraubung protestierte, zu schlagen und der Sergeant George benahm sich nicht minder wie ein grober Büttel. Nachdem die Durchsuchung vorüber war, gingen wir in das zweite Stockwerk, wo wir die Offiziere von Streight und Milroy trafen, welche uns mit tausenderlei Fragen bestürmten. Ihre Neugierde war sehr gerechtfertigt, denn die Zeitungen Richmonds waren mit den übertriebensten Nachrichten von Rebellensiegen gefüllt und als jene Offiziere eine so große Anzahl von Gefangenen ankommen sahen, mussten sie vermuten, dass unserer Armee ein Unglück zugestoßen sei. Natürlich waren sie sehr erfreut, als sie die positive Nachricht von Lees Rückzug erhielten. Sie fühlten sich neu belebt, denn sie hatten bereits so viel von der Gastfreundschaft der Rebellen erfahren, dass ihre Stimmung eine keineswegs freudige war. Besonders gegen Colonel Streight und seine Offiziere zeigten die Rebellen eine besondere Schärfe und Bosheit.

Das "Libby" bestand aus drei Stockwerken: Im Erdgeschoss befanden sich die Verwaltung, die sogenannten "Vorratskammern" (in denen sich allerdings kein Vorrat befand) und ein Hospital-Zimmer; im zweiten und dritten Stock waren Säle, ungefähr 20 Meter tief und 15 Meter breit, in welchen früher die Schiffswaren aufgestapelt waren. Jedes Stockwerk hatte drei solcher Säle, welche wir zur Unterscheidung folgendermaßen bezeichneten: Upper West Room und Lower West Room, in welchen sich Milroys und Streights Offiziere befanden, Upper Middle Room und Lower Middle Room, später das Domizil der bei Chickamauga gefangenen Offiziere, sowie Upper East Room und Lower East Room, welche beide uns gehören sollten. Als wir ankamen, war der untere Ostsaal zu Hospitalzwecken eingerichtet, da aber die mittleren Säle zu jener Zeit noch frei waren, so hatten wir in diesen, sowie in dem oberen Ostsaal, welcher der beste von allen war, hinreichenden Platz. Unter dem Erdgeschoss befanden sich kellerartige Räumlichkeiten, welche zu verschiedenen Zwecken benutzt wurden und in welchen sich auch die furchtbaren Zellen befanden, die für alle ein Schrecken waren, die jemals das Unglück hatten, in denselben eingekerkert zu werden. Es waren kleine, finstere Löcher, in denen Ratten und anderes Ungeziefer hausten und die Luft in den Zellen war durch allerhand in Fäulnis übergegangene Gegenstände verpestet, sodass selbst ein kurzer Aufenthalt in diesen Höhlen eine entsetzliche Marter war. Nur ein einziger Mensch hatte seine Freude an den Zellen und das war Dick Turner. Ihm bereitete es höllisches Vergnügen, wenn er wehrlose Leute bei Wasser und Brot in diese finsteren und übelriechenden Räume einsperren konnte, ein Vergnügen, wie es der Sage nach die Teufel an den Qualen ihrer Opfer empfinden.

Die mittleren Räume waren niedriger und düsterer, während die oberen, unmittelbar unter dem Dach, höher und aufgrund einiger Oberlichter heller waren. Fensteröffnungen gab es im "Libby" in genügender Anzahl, aber es waren eben nur Öffnungen; die Rahmen und Glasscheiben waren mit sehr spärlichen Ausnahmen längst verschwunden. Die Treppen, welche die Stockwerke verbanden, waren aus Holz, ohne Geländer und ziemlich steil, wie es in Warenhäusern üblich ist. Das Dach war teilweise schadhaft. Im oberen und unteren Westsaal standen hölzerne Bettstellen, sogenannte "Bunks", während wir in den übrigen Sälen nichts fanden, als die leeren Wände. In jedem Saal war ein hölzerner Trog, in welchem gewaschen wurde. Das Wasser kam mittels einer Röhrenleitung aus dem nahe gelegenen Kanal und war während des Sommers lauwarm und (besonders wenn es geregnet hatte) mit lehmigen Substanzen vermischt und von gelblicher Farbe. Dieses Wasser wurde zum Trinken, Kochen und Waschen benützt.

Wir wählten zu unserem Aufenthalte zunächst den oberen Mittelsaal und den oberen Ostsaal und waren, obschon wir, wie bereits angemerkt, nichts vorfanden, als die nackten Wände, doch froh, nach einem so ermüdenden Marsche eine Stelle gefunden zu haben, wo wir wenigstens vor Sturm und Regenwetter sicher waren. In Zeiten anhaltenden Unglücks und Elends nimmt der Mensch selbst die kleinste, unter anderen Umständen vielleicht nie beachtete Vergünstigung dankbar entgegen. Es war zwar eine traurige Situation, in dieser Bastille angelangt zu sein und in diesen unheimlich leeren und öden Sälen weilen zu müssen, aber wer von uns hätte nicht an einen baldigen Gefangenenaustausch geglaubt? Hätte man uns damals bereits die Gewissheit gegeben, dass der Austausch nur ein Trugbild sei, so würden die Meisten der Verzweiflung nahe gekommen sein, denn wir waren noch nicht vorbereitet, einem solchen Schicksal ruhig entgegenzusehen. Nur allmählich gewöhnt sich der Mensch an das Elend, nur allmählich macht er sich mit dem Gedanken vertraut, dass er das auserkorene Opfer eines bösen Geschickes ist. Besitzt er Humor, so wird er selbst eine lange Periode des Unglücks überdauern, ohne dass der Schmerz seine Seele durchfurche, aber im anderen Falle wird der Gram sich seiner vollständig bemächtigen und unvertilgbare Spuren in seinem Wesen zurücklassen. Elend kann läutern, aber auch die ganze Substanz eines Individuums aufzehren und nichts übrig lassen als Schlacken.

Am Morgen des folgenden Tages hatten wir das Vergnügen, die erste Bekanntschaft mit der Kost des "Libby" zu machen. Dick Turner erschien vorerst in der Eigenschaft eines Herolds, welcher uns ankündigte, dass man etwas Futter für uns bringen werde, eine angenehme Meldung, welche zugleich unsere Neugierde reizte. Was würde es sein, was man uns vorsetzen würde? Kurze Zeit darauf erschienen Neger und brachten etwas Weizenbrot, eine gewisse Menge Rindfleisch und ungefähr ein Dutzend hölzerner, womöglich bereits zu verschiedensten Zwecken benutzter Kübel, in welchen sich ungesalzene Reissuppe befand. Wir mussten gestehen, dass dieses Gericht beinahe unsere Erwartungen übertraf; als es aber zur Austeilung kam, sahen wir deutlich, dass es nicht die Absicht der Rebellen war, uns zu mästen, denn die Portionen waren erstaunlich klein und außer einer zweiten Auflage von Brot am Nachmittag gab es für dieses Mal in unserem Hotel nichts weiter. Am anderen Tage hatten sich die Köche, uneingedenk der Regel, dass Abwechslung ergötzt, nach derselben Speisekarte gerichtet und nur den Unterschied gemacht, dass sie die Suppe übersalzen hatten. Da das Gelieferte nicht im Entferntesten hinreichte, unseren Appetit zu befriedigen, stellte sich folgerecht die Frage: Was soll aus uns werden, wie soll dies enden? Wir sahen uns bereits in Gedanken als totenbleiche Gestalten, als Skelette einherwandeln. "Ich habe Hunger" sagte jeder Einzelne und Hunger war das Echo des allgemeinen Klagerufs. Der Hunger war mit uns, wenn wir uns auf die Dielen legten, um zu schlafen und der Hunger begleitete uns, wenn wir aufwachten. Er war ein schlechter Kamerad, ein unleidiger Störenfried, der sich nicht beschwichtigen ließ und einem die gute Laune verdarb, ein zudringlicher Geselle, dessen Anwesenheit man hasste und den man doch nicht bannen konnte, wenn man sich in unserer Lage befand.

Das Beamten-Personal des "Libby" bestand aus folgenden Individuen: Kommandant war Captain Thomas P. Turner (später Major), in West Point erzogen, mit einem Anfluge von Noblesse, aber Rebell durch und durch und Mitwisser aller Maßregeln, welche die Grausamkeit gegen die Gefangenen diktierte, ein Mensch, der unter der Maske der Artigkeit eine Gesinnung verbarg, welche mit der Humanität wenig oder gar nichts zu tun hatte, als Kommandeur tätig und wachsam, aber als Soldat im Felde soweit uns bekannt, nicht erprobt. Als Adjutant fungierte Lieutenant Latouche, von französischer Abkunft, ein starker, untersetzter Mann, der freundliche Manieren hatte und gerne lächelte, aber doch falsch und tückisch war. Nächst dem Captain Turner war die Hauptperson Richard (gewöhnlich "Dick" genannt) Turner, ein Mann von ungefähr 40 Jahren, schlank und nervig, von mittlerer Größe, mit schwarzem Haar und Bart, dunklen, stechenden Augen und harten, kantigen Zügen, ein Sohn der Sünde selbst, boshaft und tückisch, zum Gefangenenwärter und Büttel wie geboren, ein Mann nach dem Herzen von Jefferson Davis. Als erster Beamter fungierte ein kleiner, drolliger Bursche namens Ross, dessen Vater Eigentümer des Libby-Gebäudes war. Ross schien Rebell zu sein, weil alle Virginier Rebellen waren; er zeigte sich uns gefällig, fand viel Vergnügen an neuen und verschiedenartigen Kleidungsstücken, plauderte gerne und konnte nie mit den "Yankees" fertig werden, welche ihn hänselten und ihm jedmöglichen Schabernack spielten. Sein Hauptgeschäft war, den Anwesenheitsappell abzuhalten, aber dies war für ihn sehr oft die Quelle bitteren Herzeleids, denn trotz zehn-, zwölf- und fünfzehnmaligen Zählens war das Resultat doch ein unrichtiges, was ihn manchmal zur Verzweiflung brachte. Eines Tages rief er nach wiederholt verunglückter Zählung verbittert aus: "Es sind hier mehr als hier sind!" und ein anderes Mal sagte er klagend: "Ich bin zu wenig für so viele Yankees." Ein andermal zählte er 143 mehr als anwesend waren und als er den lächerlichen Betrug entdeckte, schlug er sein Buch zu und lief schnurstracks auf und davon. Außerdem hatten wir es mit einem zweiten Beamten, dem bereits genannten Sergeant George, welcher anfangs sehr bösartig war, später indes, wahrscheinlich durch Bestechung, milder wurde, und einigen anderen untergeordneten Geistern zu tun.

Nach Verlauf der ersten Tage, welche uns bereits eine Ewigkeit dünkten, wurden einige Anordnungen getroffen, welche unsere Lage zwar verbesserten, aber zugleich auf eine längere Haft schließen ließen. Turner ließ nämlich im oberen Mittelsaal einen Verschlag bauen und Kochöfen in demselben aufstellen, damit wir uns unsere Mahlzeiten selbst kochen könnten. Zu diesem Zwecke und zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Allgemeinen wurde Colonel Tilden vom 16th Maine Regiment zum kommandierenden Offizier und Lieutenant-Colonel Sanderson, der Chef-Proviantmeister des I. Armeecorps, zum Leiter des Kochwesens oder, wie er sich selbst nannte, zum "kulinarischen Direktor" ernannt. Die Offiziere wurden in sogenannte "Messen" zu je 25 bis 30 Mann eingeteilt und an der Spitze jeder Messe stand ein Proviantmeister, wobei diese Proviantmeister wiederum einem Oberproviantmeister unterstanden, welcher die Rationen im Ganzen von den Rebellen bezog und an die Unterproviantmeister verteilte. Jeder Unterproviantmeister bestimmte täglich zwei Mitglieder seiner Messe, welche zu kochen, das Essen aufzutragen und das Geschirr zu reinigen hatten. Die Stunden zum Kochen, sowie die Reihenfolge der Messen bestimmte der "kulinarische Direktor", dessen Zepter der Schaumlöffel war. Die Rebellen lieferten uns noch immer Rindfleisch, Reis oder Bohnen und Weizenbrot.

Eine andere Anordnung betraf den Einkauf von Waren. Die listigen Rebellen-Füchse hatten nämlich ausfindig gemacht, dass wir "Greenbacks" besaßen, einen Artikel, den sie mit Leidenschaftlichkeit liebten. Um diese grünen Zettel auf geschickte Art in ihre Hände zu bekommen und bei der Manipulation ein schönes Stück Geld zu verdienen, gestatteten uns die Turners, Lebensmittel und sonstige Waren zu kaufen. Dies geschah auf folgende Weise: Einer der Offiziere gab scheinbar verstohlen, jedoch mit Vorwissen der Turners, einem Rebellen-Sergeant eine Anzahl von "Greenbacks", welche der Letztere gegen konföderiertes Geld austauschte. Auf diesem Wege erhielten wir anfangs fünf bis sechs konföderierte Dollars für einen "Greenback", welche Summe sich im Jahre 1864 bis auf 16 und 18 steigerte. Hatten wir nun konföderiertes Geld, so bestellte jedes Mitglied einer Messe, welches irgend etwas zu kaufen wünschte, bei seinem Unterproviantmeister die betreffenden Waren. Der Unterproviantmeister schrieb dann alle Bestellungen seiner Mitglieder artikelweise auf einen Bogen Papier und händigte diesen nebst dem Gelde dem Oberproviantmeister aus, welcher die Bestellungen der Unterproviantmeister sammelte und die Gesamtbestellung nebst der Gesamtsumme dem Inspektor Turner übergab. Dieser besorgte dann den Einkauf und schickte am anderen Tage die Waren an unseren Oberproviantmeister, welcher sie an die Unterproviantmeister austeilte. Von den letzteren erhielten dann die einzelnen Mitglieder der Messen ihre größeren oder kleineren Portionen. Die Unterproviantmeister waren quasi unsere Einzelhändler. Dieses Geschäft war für die Rebellen-Beamten ein in dreifacher Hinsicht gewinnbringendes: Erstens erhielten sie von den Wechslern oder von Privatleuten mehr konföderiertes Geld für die "Greenbacks" als sie uns zukommen ließen, zweitens verdienten sie 100 Prozent oder mehr bei dem Wareneinkauf und drittens konnten sie die Rationen so klein als möglich halten, denn sie kalkulierten, dass, wenn wir Hunger hätten, wir ja von dem Privilegium, kaufen zu können, gern Gebrauch machen würden, ohne über die Unzureichendheit der Rationen zu murren. So wanderte unser Geld in ihre Taschen, ohne dass wir sie eines direkten Raubes beschuldigen konnten und außerdem benutzten sie dieses Arrangement, um uns gelegentlich zu verstehen zu geben, dass wir gewiss von ihrer Humanität überzeugt sein müssten.

Diese Einrichtung hatte indes neben den Vorteilen, welche sie gewährte, auch ihre Schattenseiten, denn sie gab Anlass zu dem Verdachte, dass auch einige unserer Offiziere, welche als Proviantmeister mit dem Empfange und der Austeilung der Waren zu tun hatten, ihren eigenen Profit mehr im Auge hätten als die Gerechtigkeit und ferner war es für diejenigen, die kein Geld hatten, drückend, darben zu müssen, während andere, vom Glücke Begünstigte, sich erträgliche Mahlzeiten verschaffen und sich mindestens sattessen konnten.

Eine andere Vergünstigung war die Erlaubnis, Zeitungen kaufen zu dürfen. Am frühen Morgen, oft schon gegen 04.00 oder 05.00 Uhr, kam ein Neger, der, wie er uns einmal erzählte, schon sieben Mal in seinem Leben verkauft worden war, mit dem immergleichen Rufe in den Saal: "Großartige Neuigkeiten in den Zeitungen!" Oft zitierte er auch die Schlagzeilen der Artikel und Nachrichten und zwar oft in kuriosem Englisch und wenn er die Titel nicht wusste, improvisierte er Nachrichten vom Rappahannock River, vom Mississippi River und vom James River und allen möglichen Flüssen, die ihm zufällig bekannt waren, in buntem Gemisch. Aber unter allen Umständen befanden sich stets "großartige Neuigkeiten in den Zeitungen" und er gab diese Versicherung mit der ernstesten und wichtigsten Miene von der Welt. Er verkaufte fünf Exemplare, je eins von jedem Tageblatt, für einen konföderierten Dollar, schien aber den Wert des Geldes nicht sonderlich zu kennen. [Anm. d. Hrsg.: Die fünf Tageszeitungen Richmonds waren der größtenteils unpolitische "Dispatch", der gemäßigt regierungstreue "Enquirer", der nahezu fanatisch regierungsfeindliche (wenn auch die Sezession verteidigende) "Examiner", der regierungstreue "Sentinel" und der regierungskritische "Whig".] Später wurde ihm aus uns unbekannten Gründen der Verkauf untersagt und derselbe dem Adjutanten von Colonel Tilden übertragen, welcher aller Berechnung zufolge eine nicht ganz unbedeutende Summe damit verdiente.

In Bezug auf die Reinlichkeit wurde alles getan, was möglich war. In den ersten Tagen mussten die Offiziere den Fußboden selbst waschen, später wurde dies von einer Anzahl von Negern verrichtet, welche meistens als Burschen bei unserer Armee gewesen und gefangen worden waren und jetzt als die unter Turners Aufsicht stehenden Sklaven des "Libby" eine bemitleidenswerte Existenz führten. Sie besorgten alle Arbeit eines Haussklaven, säuberten den Boden, wuschen die Treppen, trugen Holz, schafften die Rationen herbei usw. Einer von ihnen, ein alter humorvoller Kauz, brachte jeden Morgen eine Pfanne mit glühenden Kohlen, auf welche Teer geträufelt war. Auch er hatte einen immergleichen Ausruf, nämlich: "Da habt ihr euren Qualm!" Zuweilen bemerkte er auch: "Ich rette hier eure Leben, dafür müsst ihr mir später auch helfen."

So verging der Monat Juli. Aber wie lang dünkten uns diese zwei Wochen zu sein! Dass wir vorläufig hinreichend zu essen hatten, konnte uns unseren Hauptwunsch nicht vergessen lassen, nämlich ausgetauscht zu werden. Täglich, stündlich erwarteten wir, dass Turner uns von der Ankunft eines Bootes in City Point benachrichtigen werde, auf welchem wir die Rückreise aus dem verhassten Rebellenreiche antreten könnten. Turner kam oft, um mit befehlshaberischer Stimme Anordnungen zu treffen oder mit boshafter Miene Befehle von seinem Namensbruder zu verlesen, aber von Austausch war keine Rede. Wahrscheinlich würde derselbe, hieß es dann, bis zum ersten August geschehen, wahrscheinlich seien die Arrangements noch nicht vollendet, was immerhin einige Zeit in Anspruch nehme; unsere Regierung würde uns unmöglich schmachten lassen und vergessen. Der erste August kam, aber wir blieben im "Libby". Nun wohl, so müssten wir uns eben bis Mitte August oder längstens bis zum ersten September gedulden. Es sei zwar sehr traurig, fast unerträglich, in diesem infamen Gefängnis sitzen zu müssen, aber der Austausch stünde ja vor der Türe.

Nicht wahr, am ersten September sind wir frei? Ohne Zweifel!

Zwanzig Monate in Kriegsgefangenschaft

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