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9 Das literarische Trio Nicolaihaus – Ein Haus der Deutschen Stiftung Denkmalschutz

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Wo werden nicht überall Bücher besprochen. In Zeitungen, Radiosendungen und Fernsehshows, Blogs, sozialen Netzwerken oder auf den Seiten von Online-Buchhändlern. In Berlin waren Mitte des 18. Jahrhunderts drei Freunde für die Buchkritiken zuständig: der Philosoph Moses Mendelssohn, der Dichter Gotthold Ephraim Lessing und der Verleger Friedrich Nicolai. In ihren ab 1759 gemeinsam herausgegebenen Briefen, die neueste Litteratur betreffend, nahmen sie die Gegenwartsliteratur unter die Lupe. Fiktiver Adressat der Schreiben war ein gemeinsamer Freund, den sich die drei wegen einer Kriegsverletzung ans Bett gefesselt vorstellten. Die Stoßrichtung der Zeitschrift, für die außer den dreien noch andere Autoren wie der Philosoph und Schriftsteller Thomas Abbt zur Feder griffen, war klar: Die Zeitgenossen sollten sich im Namen der Aufklärung ihres eigenen Verstandes bedienen und dabei für Rationalität, gegen Aberglauben und Bevormundung Partei ergreifen.

Die Berliner Aufklärer kamen mit Vorliebe in Friedrich Nicolais Wohnhaus zusammen. Ein solcher Treffpunkt wurde auch das Domizil in der Brüderstraße 13, das Nicolai 1787 mitsamt Verlag und Buchhandlung bezog: Lessing und Mendelssohn waren zu diesem Zeitpunkt zwar bereits verstorben, aber weiterhin kamen Intellektuelle aller Altersgruppen, um mit Nicolai zu diskutieren, aus ihren Werken zu lesen oder musikalischen Vorführungen zu lauschen. Das 1664 errichtete und später zum Palais ausgebaute Gebäude ist eines der wenigen erhaltenen Barockhäuser Berlins. Es beherbergt heute das Berliner Büro der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die gemeinnützige Organisation kümmert sich um den Erhalt historischer Bauten und hat im ersten Stock einen Museumsraum eingerichtet, der an ausgewählten Tagen für Besucher geöffnet ist. Mit Buchausgaben, Schautafeln und Exponaten erzählt die Ausstellung von Friedrich Nicolai, seinen Weggefährten und der Zeit, als in Preußen Friedrich der Große und seine Nachfolger Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III. regierten.

Der gebürtige Berliner Nicolai hatte den 1713 gegründeten Verlag von seinem Vater Christoph Gottlieb Nicolai geerbt. Standen für diesen Schulfibeln und theologische Werke im Mittelpunkt der Verlagsarbeit, so widmete sich der Sohn vor allem Rezensionszeitschriften wie der Allgemeinen Deutschen Bibliothek, die sämtliche Neuerscheinungen auf dem deutschen Buchmarkt vorstellte. Nicolai verlegte aber auch Werke Lessings wie die Briefe antiquarischen Inhalts (1768) und das Hauptwerk Mendelssohns, Phaedon oder über die Unsterblichkeit der Seele (1767). Darüber hinaus griff der Verleger selbst zur Feder – und zwar nicht nur, um die neuesten Bucherscheinungen zu rezensieren. Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker heißt sein dreibändiges satirisches Reise- und Sittengemälde aus den Jahren 1773 bis 1776. Eine zwölfteilige Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz verfasste Nicolai ebenso wie den ersten Berlin-Führer: 1769 legte er seine Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam vor. Selbst der König lobte das Buch. Besucher finden im Ausstellungsraum des Nicolaihauses die Erstausgabe und die niederländische sowie die französische Übersetzung, die nur wenige Jahre nach dem Original erschienen.

Im Museum sind ebenfalls Werke zu sehen, die der Verlag unter Friedrich Nicolai und seinen Nachfolgern auf den Markt brachte. Immer bildeten auch naturwissenschaftliche Veröffentlichungen einen wesentlichen Teil des Programms. Vorgestellt ist etwa Friedrich Anton Mesmers System der Wechselwirkungen, Theorie und Anwendung des thierischen Magnetismus von 1812. Oder daneben Julius Ratzeburgs bebildertes Lexikon über die Forst-Insecten von 1837 ebenso wie sein zweibändiges Werk zum Thema Waldsterben aus dem Jahr 1866: Die Waldverderbniss oder dauernder Schade, welcher durch Insektenfrass, Schälen, Schlagen und Verbeissen an lebenden Waldbäumen entsteht. Auch der Leiter der Berliner Sternwarte, Johann Elert Bode (1747–1826), brachte seine Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels mit ausklappbarer Sternenkarte ab der neunten Auflage bei Nicolai heraus.

Unter den Nachfolgern Friedrich Nicolais ragte besonders dessen Enkel Gustav Parthey (1798–1872) heraus. Der Philologe und Kunsthistoriker leitete nicht nur den Verlag, sondern veröffentlichte darüber hinaus seine Erkenntnisse. Besonders auf dem Gebiet der Ägyptologie trat Parthey als Autor hervor: Ausgestellt ist unter anderem seine Abhandlung Das Orakel und die Oase des Ammon.

An einem Multimediabildschirm klicken und wischen sich Besucher durch Informationen zum Leben Friedrich Nicolais und seiner Zeitgenossen. Zu sehen sind Ausschnitte aus seinen Büchern, Zitate und Illustrationen. Die Buchhandlung, so ist zu erfahren, zog 1891 in die Dorotheenstraße. Nicolai selbst lebte bis zu seinem Tod 1811 hier. Bis heute existiert ein Verlag, der sich auf die Tradition Nicolais beruft.

Ebenso würdigt das Museum den zweiten Autor der Literaturbriefe, Moses Mendelssohn. Der Religionsphilosoph steht wie kein zweiter für die jüdische Aufklärung. Mit Schriften wie Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum trug er maßgeblich zur Emanzipation der israelitischen Religion bei und setzte sich mit Nachdruck für die Rechte seiner Minderheit ein.

Der Dritte im Bunde ist Gotthold Ephraim Lessing. Schon von 1910 bis 1936 befand sich im Nicolaihaus ein Museum, das den wohl bedeutendsten deutschen Dichter der Aufklärung feierte. Der gebürtige Sachse war 1748 als 19-Jähriger erstmals nach Berlin gekommen, wo er seinen Lebensunterhalt einige Jahre als freier Publizist verdiente. Auch später brachten Lessing immer wieder mehrjährige Aufenthalte nach Berlin. Vor allem seine Dramen Mina von Barnhelm, Nathan der Weise – in letzterem setzte er seinem Freund Moses Mendelssohn ein literarisches Denkmal – sind noch heute Erfolgsgaranten auf deutschsprachigen Bühnen. Im Museum sind eine Prachtausgabe von Lessings gesammelten Schriften und eine Erstausgabe seiner Briefe antiquarischen Inhalts ausgestellt.


Nicolaihaus – Ein Haus der Deutschen Stiftung Denkmalschutz

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