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4 Am Ende auch Menschen Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung

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Und dann hörte er seinen eigenen Namen. Von diesem »psalmodierenden, gestikulierenden Teufelchen«. Erich Kästner selbst war Augen- und Ohrenzeuge auf dem Berliner Opernplatz an jenem 10. Mai 1933. Er vernahm, wie Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels geiferte. Wie er und seine Schergen wetterten gegen Schriftsteller wie Thomas und Heinrich Mann, Sigmund Freud, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Bertolt Brecht – und ihn, den Journalisten, Literaten und Satiriker Kästner. Der Autor stand im Regen, eingekeilt zwischen aufgehetzten Studenten in SA-Uniform. Er sah, wie die Bücher von Oppositionellen, jüdischen Autoren, Pazifisten, Lebensreformern, Feministinnen und anderen kritischen Schriftstellern ins flackernde Feuer flogen. Rund 20.000 Bücher brannten. Die aufgehetzten Studenten hatten ganze Büchereien geplündert: auch die Alte Bibliothek direkt am Opernplatz, die ab 1775 für die Büchersammlung Friedrichs des Großen erbaut und wegen ihrer geschwungen-barocken Form »Kommode« genannt wurde.

Mit den Worten »wider den undeutschen Geist«, betitelten Hitlers Getreue ihre Kampagne. Für die betroffenen Autoren bedeuteten sie Berufs- und Publikationsverbot. Viele emigrierten daraufhin. »Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen«, hatte Heinrich Heine 1823 in seinem Drama Almansor geschrieben. Die Nazis machten dieses Diktum auf grausamste Weise wahr. Kritische Geister wie der Journalist und Friedensnobelpreisträger Ossietzky kamen in Konzentrationslagern zu Tode. Millionen Menschen folgten.

Seit März 1995 erinnert am Ort des Geschehens, der heute Bebelplatz heißt, ein unscheinbares Mahnmal an die Bücherverbrennung. Zwischen dem Boulevard Unter den Linden, Hedwigskathedrale, »Kommode« und Oper ist eine Glasscheibe in das Kopfsteinpflaster eingelassen. Sie gibt den Blick nach unten frei. Zu sehen ist ein weißes Bücherregal aus Beton. 20.000 Bände hätten hier Platz. Doch das Regal ist leer. Deutlicher ist kaum zu zeigen, wie die Nazis dem Geistesleben in Deutschland und Europa den Garaus machten. Geschaffen hat das Mahnmal der israelische Künstler Micha Ullmann. Von ihm stammt auch der am Jüdischen Museum aufgestellte stählerne Kubus mit dem Titel Niemand.

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