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8. Der Absturz

Nissutibor, der Hustensaft war unser aller, täglicher Gedanke, zumindest für die paar Leute, die von der eigentlichen Wirkung wußten. Sehr oft fuhr ich mit bedröhntem Kopf alleine, aber auch mit unseren Leuten durch die Gegend, ohne dass jemals irgend ein Unfall zustande kam, worüber ich mich heute noch wirklich sehr wundere. Wir wußten nicht was wir taten. Einmal fuhren wir, JJ, Kalle und ich zur amerikanischen Siedlung, wo sich deren Supermarkt nähe der Kasernen befand. Es war Sonntags und uns war ziemlich langweilig. Kein einziges Auto parkte auf diesem riesigen Parkplatz. Den alten R4 testete ich mal so richtig vom Fahrverhalten aus. Wir quatschten und stiegen dann aus. Als Jürgen etwas weiter von Kalle und mir entfernt war, stiegen wir einfach ins Auto ein, fuhren weg und ließen Jürgen einfach da stehen. Warum wir das machten, frage ich mich bis heute noch. Jürgen zog 1981 nach Berlin, wo er noch heute lebt. Später traf ich ihn durch Zufall noch einmal und musste leider feststellen, dass er noch genauso Drogenorientiert lebte wie damals in Kaiserslautern und sozugsagen auf diesem Niveau Stehen geblieben ist. Ich entschuldigte mich nachträglich für unser unsoziales Verhalten damals, woran er sich jedoch nicht mehr erinnern konnte.


Unser Drogenkonsum auf jeden Fall steigerte sich enorm, von Tag zu Tag. Immer öfter tranken wir diesen ekligen, dickflüssigen Hustensaft. Als zu der Zeit, als die „Alternativen“, oder auch die Freaks, oder Atomkraftgegner eben nach Frankfurt zur Demo gingen, kam Tine, eine Bekannte von uns eines Tages zurück und meinte, sie hätte uns etwas mitgebracht. Von dem selbsteingerichteten Dorf im Wald bei Frankfurt, welchesspäter von der Polizei geräumt wurde, brachte sie eine seltsame Wurzel mit. Sie übergab sie uns und fügte hinzu, dass dies die Wurzel eines Tollkirsch-Baumes wäre. Wir sollten aus einem daumengroßen Stück der Wurzel einen Tee zubereiten. So interessiert an allem Neuen wie wir zu der Zeit waren, freuten wir uns natürlich und probierten es aus. Das Ergebnis der Aktion, im Nachhinein überlegt, war mehr als Lebensmüde zu sein. Denn wir bekamen ordentliche Lähmungserscheinungen, die sich ab dem Halsbereich bis hinab zu den Beinen unangenehm bemerkbar machten. Wir waren froh, nachdem die Wirkung der Vergiftung, nach zum Glück nicht allzu langer Zeit von uns abließ. Doch das war zumindest für mich erst der Einstieg.

In dieser Zeit, 1980 filmte ich sehr viel mit meiner Super 8 Kamera. Mein Traum war es, eine Art Video-Clip zu erstellen. Dazu fuhren Kalle und ich in den Wald auf einen Hügel. Ausgerüstet mit Ghetto-Blaster, Super 8 Kamera und Stativ. Mit toller Sicht auf ganz Kaiserslautern von den höher gelegenen Bergwäldern, produzierte ich zusammen mit Kalle unseren ersten laienhaften Video-Clip. Diese Filme wurden kürzlich neu überarbeitet und digitalisiert.


Der eigentliche Absturz, über den ich wirklich nie wieder gerne nachdachte oder redete, fällt mir auch jetzt schwer darüber zu berichten. Keinem Feind würde ich diese Erlebnisse wünschen. Der eigentliche Absturz war unabsehbar und spielte sich folgendermaßen ab. Bei Bernd., einem unserer Bekannten wollten wir unsere Filme vorführen. Mit dabei war also Kalle, Rick, ein Cousin von Kalle, Bernd B. und ich. Zuhause packten wir alles zusammen und Kalle half mir dabei. Nebenbei tranken wir unseren Hustensaft, um dann später „gut drauf“ zu sein. Angekommen in der Wohnung von Bernd B., stellte ich die Leinwand auf und positionierte den Film-Projektor. Nebenbei nahmen wir noch zusätzlich neben Alkoholkonsum, den „berühmt berüchtigten“ Philocybin Pilz ein, der Halluzinationen hervorbringen konnte. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Ungefähr zu Mitte des Films wurde es plötzlich duster. Kein Licht. Die Hand war nicht vor dem Gesicht zu sehen. Bis heute weiß ich nicht genau, ob evtl. der Film gerissen war, oder ob ich Bewusstlos wurde. Das Letztere nehme ich aus folgendem Grund an. In der Dunkelheit hatte ich plötzlich das Gefühl, mit dem Bauch auf dem Teppichboden zu liegen. Ich meinte wir, Kalle, Rick, Ben B. und ich würden Seite an Seite , jeder in einem separaten Sarg liegen. Schon alleine die Vorstellung gleicht einer Horror-Vision. Plötzlich hörte ich definitiv Kalle´ Stimme, die mir in einer Art singenden Wortlaut herüberschallte:“ Ben ! Wir sind tot ! Es war ein Horror, den man vom Gefühl her kaum beschreiben kann, denn ich glaubte wirklich, wir wären jetzt tot. Immer noch auf dem Bauch liegend, schienen meine einzelnen Finger meiner beiden Hände wie in weichen Wachs im Teppichboden zu versinken. Dann war lange nichts. Dunkel, aber noch irgendwie im Bewusstsein. So kam es mir jedenfalls vor. Dieser Zustand dauerte meinem Gefühl nach, bestimmt an die 10 – 15 Minuten. Noch heute wundere ich mich darüber, dass es solange dunkel war und keiner auf die Idee kam, einmal das Licht wieder anzuschalten, sollte evtl. doch der gerissene Film Schuld an der Dunkelheit gewesen sein. Doch nun kommt das Unfassbare, und jeder, der dabei war, befragte ich Wochen später nach diesem Vorfall noch einmal, ob sich das Alles an diesem Abend tatsächlich so abgespielt hatte. Jeder bestätigte mir dies durch seine Aussage eindeutig.


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