Читать книгу City Vampire - Beth St. John - Страница 3
Kapitel 1
ОглавлениеDas Heulen der Sirenen dröhnte in seinem Kopf. Sie waren sehr nah. Er schlug die Augen auf und stöhnte leise. Es schmerzt. Seine Sinne waren hundertmal schärfer als die gewöhnlicher Menschen, was es noch unerträglicher machte. Langsam setzte er sich auf, stieg aus dem Bett und schob den schweren, dunklen Vorhang seines Schlafzimmerfensters beiseite. Die Sonne war noch nicht ganz untergegangen, doch die schwere winterliche Dämmerung zog bereits herauf und tauchte alles in ein seltsam kaltes Licht. Die blaue Stunde, dachte Janus.
Grelle Blitze drangen von weit unten zu ihm herauf und zerstörten das sanfte, malerische Leuchten des verblassenden Tages. Drei Streifenwagen mit flackerndem Blaulicht standen am Straßenrand, etliche Polizisten rannten hektisch durcheinander und riefen sich etwas zu. Janus starrte durch die Fensterscheibe nach unten. Sie standen direkt vor dem Haupteingang.
Er war nicht der einzige, der in diesem Gebäude lebte. Er bewohnte eine Penthousewohnung des modernen Hochhauses und er war nur eines der Mitglieder einer größeren Eigentümergemeinschaft. Allesamt wohlhabende Menschen, die wie Janus die Anonymität der Großstadt schätzten. Und aus gutem Grund wollte er weder Aufsehen erregen noch in irgendetwas hineingezogen werden – auch nicht am Rande. Ein lautes, nachdrückliches Klopfen an seiner Wohnungstür bestätigte seine bösen Vorahnungen.
„Herr von Marten?“, erklang eine männliche Stimme von draußen. „Sind Sie zu Hause? Hier ist die Polizei. Bitte öffnen Sie die Tür.“
Janus knirschte mit den Zähnen. Hervorragend, dachte er, steckte den Kopf aus dem Schlafzimmer und rief in Richtung Tür: „Einen Moment bitte!“
Eilig griff er sich eine Jeans und ein weißes Hemd aus dem Kleiderschrank und schlüpfte zügig hinein. Dann ging er zur Wohnungstür und öffnete.
Zwei Beamten warteten im Flur, einer uniformiert, der andere trug Zivilkleidung. Zivil trugen nur die höheren Dienstgrade. Kein gutes Zeichen.
„Bitte entschuldigen Sie die Störung“, sagte der Mann in Zivil. Er war kleiner als sein deutlich jüngerer Kollege, mit wirrem, ergrauendem Haar. Er trug einen beigefarbenen Trenchcoat, der vom Nieselregen an den Schultern durchgeweicht war und mit Sicherheit schon bessere Tage gesehen hatte.
„Mein Name ist Klaus Schmidt, ich bin Kommissar der Frankfurter Mordkommission. Das hier ist mein Kollege Stefan Pfarr.“ Er zeigte seinen Ausweis, dem Janus jedoch keine Beachtung schenkte. „Hier im Haus wurde eine Frau tot aufgefunden. Ermordet. Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?“
Janus blinzelte verwirrt. „Ermordet? Wer?“
„Das wissen wir noch nicht.“
„Ich habe kaum Kontakt zu meinen Nachbarn“, erwiderte Janus wahrheitsgemäß durch die halb offen stehende Tür. „Ich kenne nicht einmal alle. Auch nicht auf dieser Etage.“
„Die Tote lag auf dem Flur hier. Quasi vor Ihrer Wohnungstür.“
„Wie bitte?“ Janus war sichtlich überrascht.
Kommissar Schmidt war dadurch nicht zu beeindrucken. „Wir müssen mit Ihnen reden. Dürfen wir hereinkommen?“
Eigentlich nicht, dachte Janus, doch er trat beiseite und zog die Tür weiter auf. „Natürlich. Bitte sehr.“
Die Beamten traten ein. Janus entging nicht, wie ihre Blicke prüfend durch sein Refugium wanderten. Unwillig kniff er die Augen zusammen und führte die beiden in sein Wohnzimmer.
„Nehmen Sie Platz.“ Er zeigte mit einer eleganten Handbewegung auf die breite Ledercouch vor der Fensterfront, bot den Beamten aber bewusst nichts zu trinken an. Besser, sie blieben nicht lange.
Die Männer setzten sich auf die Couch und Janus nahm den breiten Sessel gegenüber.
„Also gut. Was wollen Sie wissen?“ Seine Stimme war höflich, aber distanziert.
Kommissar Schmidt kam ohne Umschweife zur Sache. „Haben Sie heute irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt? Seltsame Geräusche vielleicht? Oder ist Ihnen eine Person aufgefallen, die nicht hierher gehört?“
„Nein“, antwortete Janus und das entsprach der Wahrheit. Er war am frühen Morgen zurückgekehrt, hatte noch ein wenig Musik gehört und sich schließlich schlafen gelegt. Dann hatten ihn die Polizeisirenen geweckt. Wenn ein Schuss gefallen wäre – nein, unmöglich. Seine Ohren nahmen Stecknadeln wahr, die zu Boden fielen, und zwar buchstäblich.
„Wie wurde das Opfer denn … ermordet?“, wollte er wissen.
„Man hat sie erschossen. Mit einer Kugel ins Herz“, kam der jüngere Polizist dem älteren zuvor. Er hatte helle blonde Haare, die kurz geschnitten und akkurat nach hinten frisiert waren.
„Hm“, Janus wusste nicht, was er dazu hätte sagen sollen.
„Nun, das trifft es nicht genau“, warf Kommissar Schmidt jedoch ein. „Die Leiche hatte zudem eine Bisswunde am Hals. Wir können noch nicht sagen, was von beiden die Todesursache war.“
Janus’ Miene erstarrte und glich nun dem Gesicht einer Statue. „Wie bitte?“, fragte er heiser. Ein Schauer durchfuhr ihn.
„Ja, das ist wirklich grausig. Wir vermuten, dass man das Opfer andernorts getötet und dann hier abgelegt hat“, ergänzte der Kommissar.
„Aha.“ In Janus’ Kopf wirbelten die Gedanken nur so umher.
Eine gebissene Leiche. In diesem Haus. Sogar auf dieser Etage. Vor seiner Tür.
Das war eine Katastrophe.
„Sie verstehen sicher, dass wir Sie fragen müssen, wo Sie heute Vormittag zwischen neun und zwölf Uhr gewesen sind.“ Trotz der höflichen Wortwahl hatte Janus nicht das Gefühl, dass Klaus Schmidt sonderlich wohlwollend ihm gegenüber war.
„Ich war hier“, meinte Janus knapp. „Ich habe geschlafen.“
„Den ganzen Vormittag?“, fragte Pfarr überrascht und zog die Augenbrauen hoch.
„Ich wüsste nicht, was mein Lebenswandel mit Ihrer Mordermittlung zu tun hat“, entgegnete Janus kühl. Seine Stimme bekam einen scharfen Unterton.
„Nichts, sofern Sie mir ein glaubwürdiges Alibi für die Tatzeit liefern können.“ Schmidt fixierte Janus mit zusammengekniffenen Augen. „Gibt es irgendjemanden, der bezeugen kann, dass Sie Ihre Wohnung nicht verlassen haben?“
Janus atmete einmal tief durch. „Nein“, erwiderte er schließlich. „Aber wäre es nicht ziemlich dumm von mir, jemanden irgendwo zu töten und die Leiche dann hierher zu bringen und vor meine Tür zu legen?“
„Wer sagt denn, dass der Mord nicht hier geschehen ist?“, meldete sich Pfarr zu Wort. „Im Affekt. Der Mörder könnte Angst bekommen und die Leiche einfach liegen gelassen haben.“
Janus sog scharf die Luft ein. Sie verdächtigten ihn tatsächlich. „Ihr werter Kollege Schmidt hat es selbst gesagt“, entgegnete er. Sein Gesicht war hart wie Stein. Er drehte den Kopf und sah Schmidt unverwandt an. „Nicht wahr? Sie sagten, die Frau sei wahrscheinlich woanders umgebracht und dann hier abgelegt worden.“
Schmidt lächelte eisig. „Sie haben gut zugehört. Bitte verzeihen Sie meinem ungestümen Kollegen. Nicht nur Sie sind verdächtig, jeder auf dieser Etage ist es. Wir müssen Ihnen diese Fragen stellen.“
„Ich verstehe.“ Natürlich verstand er. Die meisten anderen Bewohner dürften allerdings ein Alibi haben – sie waren zum Zeitpunkt der Tat auf der Arbeit gewesen. Er konnte nichts dergleichen vorweisen.
Und Schmidt mochte ihn nicht, das spürte er. Janus wusste, dass er ganz hoch oben auf seiner Liste der Tatverdächtigen stand.
„Besitzen Sie eine Schusswaffe?“ Schmidt machte weiter mit seiner Fragenliste.
„Nein.“
„Nun gut.“ Schmidt erhob sich und Pfarr tat es ihm gleich.
„Falls Ihnen noch irgendetwas einfällt, rufen Sie uns bitte an.“ Er reichte Janus seine Visitenkarte.
„Selbstverständlich.“ Janus nahm die Karte entgegen, ohne einen Blick darauf zu werfen und ließ sie in die Brusttasche seines Hemdes gleiten.
Die beiden Beamten gingen zur Tür und Janus folgte Ihnen. „Einen schönen Tag noch“, nuschelte Schmidt, als sie die Wohnung verließen und Janus nickte kurz.