Читать книгу City Vampire - Beth St. John - Страница 6
Kapitel 4
ОглавлениеDie Polizei war noch immer im Haus. Zwar hatte sich zumindest die Anzahl der Streifenwagen verringert, doch dafür hatten sie Spürhunde hinzugeholt – es war Janus ein Rätsel, was deren Aufgabe an diesem Tatort sein sollte. Vielleicht suchten sie nach Spuren von Drogen. Was auch immer es war, ihn würden sie jedenfalls nicht als vertrauenerweckend empfinden. Tiere hatten ein natürliches Gespür für alles Übersinnliche und sie witterten Vampire schon von Weitem.
Kaum hatte Janus seinen Wagen geparkt, wurde der erste der beiden Hunde, die gerade den Haupteingang absuchten, auch schon auf ihn aufmerksam. Janus konnte sehen, wie sich jeder Muskel im Körper des Schäferhundes anspannte und er einen Moment lang völlig starr verharrte. Dann zog er die Lefzen hoch und ein tiefes, gefährliches Knurren entwich seiner Kehle.
Janus zögerte. Das war nicht gut. Am Ende kamen die Beamten noch auf die Idee, er sei in irgendwelche Drogengeschäfte verwickelt. Doch wenn er jetzt wieder einstieg und davonfuhr, würde er ihre Aufmerksamkeit erst recht auf sich lenken. Also blieb er stehen und konzentrierte sich. Vampire besaßen die Fähigkeit zur Suggestion und Tiere waren ausgesprochen empfänglich dafür. Nach wenigen Sekunden erstarb bereits das Knurren des Hundes und er zog den Schwanz ein. Dann gab er ein leises Winseln von sich und zog sich hinter seinen Hundeführer zurück. Es tat Janus fast ein wenig leid, das Tier so einzuschüchtern. Grundsätzlich hatte er nichts gegen Hunde, aber er musste sich schützen. Der zweite Hund tat es seinem vierbeinigen Kollegen nach und die beiden Polizisten, die Hundeführer, schienen völlig überfordert ob ihres plötzlichen, veränderten Verhaltens. Sie brachten es jedoch keineswegs mit Janus in Verbindung, der sich nun vom Parkplatz her langsam näherte. Die Hunde zogen weg vom Haupteingang, in Richtung des begrünten Hinterhofs. Die Hundeführer deuteten die Fluchtversuche ihrer verwirrten Tiere falsch und folgten ihnen winkend. Als sie um die Ecke waren, atmete Janus auf – die beiden Beamten hatten ihn gar nicht bemerkt. Er schloss die Tür auf und verschwand im Hausflur. Für den Moment hatte er sie von sich abgelenkt, dennoch fürchtete er, schon bald einer tiefer gehenden Überwachung unterzogen zu werden. Dieser Gedanke beunruhigte ihn zutiefst, als er den Aufzug betrat und den obersten Knopf drückte.
Als sich der Fahrstuhl wieder öffnete, umfing Janus die altbekannte Ruhe. Die Spurensicherung hatte ihre Arbeit offensichtlich getan und den Ort des Geschehens verlassen, nur der Tatort war noch immer gekennzeichnet und mit Polizeiband abgesperrt. Ein weiteres Mal sog Janus prüfend die Luft ein, als er vorbeikam – doch es hatte sich nichts verändert. Keine fremden Vampirspuren. Nicht hier und auch nicht am Eingang unten. Es beruhigte ihn einerseits – machte die Situation aber andererseits eher komplizierter. Zu gern hätte er einen Blick auf die Leiche geworfen. Doch diese Option entzog sich leider seinen Möglichkeiten.
Janus schloss die Haustür hinter sich und nahm die Visitenkarte, die Kai ihm gegeben hatte, aus der Manteltasche. Lara Winter, las er erneut. Der Name klang nicht anders, auch wenn er ihn sich noch hundertmal vorsagte. Es war auch eine Homepage angegeben, also legte er seinen Mantel ab, ging in sein Arbeitszimmer und fuhr seinen Laptop hoch, um einen Blick darauf zu werfen.
Die Seite war sehr schlicht und übersichtlich gehalten, was ihm gefiel. Fast schon hatte er mit allerlei Werbesprüchen nach dem Motto „Wir lösen jeden Fall!“ und grellen Farben gerechnet, doch das schien nicht Frau Winters Stil zu sein. Alles, was er fand, war eine nüchterne Beschreibung ihres beruflichen Werdegangs, verbunden mit ein paar sehr überzeugenden Referenzen. Außerdem die Kontaktadresse der Detektei – und ein Foto.
Aufmerksam betrachtete Janus das Portrait. Lara Winter war ausgesprochen attraktiv. Oder besonders fotogen und perfekt zurechtgemacht, doch Janus vermutete ersteres. Ihr nachtschwarzes Haar fiel in glänzenden Wellen über ihre Schultern, ihre Haut war so zart und hell wie frisch gefallener Schnee und bildete einen bestechenden Kontrast zu ihren blutroten Lippen und den meerblauen Augen. Janus kniff ein wenig die Augen zusammen, als er ihr Bild betrachtete. Es fiel ihm schwer, in dieser wunderschönen Frau eine taffe Privatdetektivin zu erkennen. Aber er vertraute Kais Urteil, also griff er nach seinem Telefon und wählte ihre Nummer.
„Detektei Winter, Julia Fischer am Apparat, was darf ich für Sie tun?“, meldete sich eine fröhliche, jugendlich klingende Frauenstimme.
„Mein Name ist Janus von Marten“, erwiderte er sachlich. „Frau Winter wurde mir empfohlen. Ich, äh, ich würde gern ihre Dienste in Anspruch nehmen.“
„Frau Winter ist heute nicht im Büro. Wäre Ihnen ein Termin morgen um 17:30 Uhr recht?“
Janus war kurz überrumpelt davon, wie schnell alles ins Rollen kam. Er hatte erwartet, dass … Nein, er wusste selbst nicht, was er erwartet hatte, also antwortete er: „Ja, das wäre hervorragend.“
„Sehr schön, dann trage ich den Termin für Frau Winter ein. Wären Sie so freundlich, mir Ihre Telefonnummer zu geben? Nur falls etwas dazwischen kommt“, flötete die Sekretärin.
„Natürlich.“ Janus nannte seine Nummer, bedankte sich und legte auf.
Eine Weile starrte er noch ungläubig das Telefon in seinen Händen an. Nicht zu fassen, er hatte tatsächlich gerade einen Termin mit einer Privatdetektivin vereinbart. Er legte seine persönlichen Belange nämlich nur äußerst ungern in die Hände anderer Menschen – und in die Fremder schon gar nicht. Aber es war, wie er schon zu Kai gesagt hatte: Was blieb ihm anderes übrig?