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Kapitel 6

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Janus von Marten hatte sich mit der Privatdetektivin für den nächsten Abend verabredet. Lara Winter wollte sich selbst ein Bild vom Tatort machen. Janus hielt das im Grunde für Zeitverschwendung, die Polizei war bereits mit aller Gründlichkeit am Werk gewesen und auch er selbst hatte seine übernatürlichen Sinne eingesetzt, um etwas zu entdecken, was bislang vielleicht übersehen worden war. Doch er war erfolglos geblieben. Nach was also wollte sie noch suchen?

Lara Winter ließ sich indes nicht von ihrem Vorhaben abbringen.

„Sie haben mich engagiert“, hatte sie bloß angemerkt. „Dann lassen Sie mich auch tun, wofür Sie mich bezahlen.“

Janus ließ sie gewähren. Natürlich. Sie würde schon wissen, was sie tat.

Als es am Abend des darauf folgenden Tages bei ihm klingelte, öffnete Janus nur einen Bruchteil später die Tür. Auch sie war äußerst pünktlich.

„Ganz oben“, sprach er nur kurz in die Gegensprechanlage und wenige Augenblicke darauf öffnete sich die Lifttür. Eine atemberaubend schöne Lara Winter stand am Ende des Flurs. Er ging ihr entgegen und reichte ihr diesmal nicht Hand, da er nicht in die gleiche unangenehme Situation wie gestern geraten wollte.

„Schön, dass Sie hier sind, Frau Winter.“

Sie antwortete mit einem freundlichen „Hallo“, ohne den Vampir aus den Augen zu lassen.

Vermutlich hat sie ein Arsenal an Pflöcken, Weihwasser und Kreuzen in ihrer Handtasche, dachte Janus ein wenig amüsiert.

Sie begann ihre Ermittlung an der Stelle zwischen Lift- und Wohnungstür, wo man die Leiche gefunden hatte. Das Absperrband hatte die Polizei mittlerweile entfernt, doch der fleckige Teppichboden und einige Überreste der Kreide, mit welcher man die Umrisse der Toten nachgezeichnet hatte, waren noch immer zu erkennen.

Langsam schritt sie an der Stelle auf und ab, inspizierte scheinbar jeden Millimeter des Bodens und der Wände. Janus hielt sich zurück und wartete in einigen Metern Entfernung, um sie nicht in ihrer Konzentration zu stören. Ein paar Mal schloss sie die Augen und verharrte in völliger Stille, und Janus fragte sich, was sie da eigentlich tat – da wurde ihm klar, dass sie fühlte. Sie versuchte, das Opfer zu erspüren oder den Täter. Janus war fasziniert. Sie war der erste Mensch, dessen Sinne noch sensibler zu sein schienen als die seinen.

„Sie sind der einzige Vampir, der in den letzten Wochen hier gewesen ist“, sagte sie nach einer Weile. „Der Mörder war ein Mensch.“

„Ich weiß.“ Janus nickte. „Ich habe es ebenfalls gespürt.“

Laras Blick verriet nichts über ihre Gedanken. „Hm. Hätte ich mir denken können“, überlegte sie laut.

Langsam ging sie den Flur entlang und schließlich das Treppenhaus hinunter. „Ich glaube, die Polizei hat in einer Sache recht“, mutmaßte sie, als sie gemeinsam die Stufen hinab stiegen.

„Und das wäre?“, fragte Janus ehrlich interessiert. Lara faszinierte ihn vollkommen. Ihre Gabe … Das war wirklich außergewöhnlich.

„Ich glaube, die Frau wurde tatsächlich nicht hier umgebracht. Wenn ein Mensch gewaltsam stirbt, hinterlässt das eine Art Signatur … eine Spur, die man erfühlen kann, wenn man sensibel genug ist. Hier spüre ich aber nur den Tod. Nicht das Sterben.“

Janus hatte keine Antwort darauf und folgte ihr schweigend. Er war zutiefst beeindruckt. Dann kamen sie an der Haustür an und Lara ging hinaus auf die Straße. Mit geschultem Blick sah sie sich um und folgte dem Bürgersteig, wobei sie konzentriert jede noch so kleine Winzigkeit in sich aufnahm. Plötzlich hielt sie inne. Es kam so abrupt, dass Janus fast mit ihr zusammengestoßen wäre. Sie bückte sich und hob etwas vom Boden auf.

„Was …“, Janus kam nicht dazu, den Satz zu beenden.

Lara erstarrte plötzlich mit geschlossenen Augen, ihr Fundstück hielt sie so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.

„Geht es Ihnen gut?“, fragte er stattdessen, unsicher, ob diese Reaktion normal war. Tatsächlich erfasste Sorge sein Gemüt. Ein paar weitere Sekunden verstrichen, ehe Lara wieder die Augen öffnete.

„Es geht mir gut“, bestätigte sie mit einem dezenten Lächeln.

Sie hatte bemerkt, dass der Vampir besorgt um sie war, sie konnte es fühlen. Und das war irgendwie – nett.

„Ich hatte eine Vision. Ich sehe manchmal Bilder, wissen Sie. Dieser Knopf hier“ sie öffnete ihre Hand und zeigte Janus den Gegenstand, den sie vom Boden aufgehoben hatte, „hat dem Täter gehört.“

„Sind Sie sicher?“ Janus streckte den Arm aus und Lara ließ den Knopf in seine Handfläche gleiten. „Ich fühle nichts“, stellte er fest. „Nicht, dass ich jemals eine Vision gehabt hätte oder so etwas.“ Er sah Lara offen an. „Das ist absolut faszinierend, wissen Sie das?“

Sie lachte jetzt offener, gelöster. „Na, wenn Sie das sagen.“

„Was haben Sie gesehen?“, wollte Janus wissen, den die Neugier gepackt hatte.

„Eine Waffe. Eine große Handfeuerwaffe – mit Schalldämpfer. Sie ist irgendwie, wie soll ich sagen …“ Lara runzelte die Stirn, während sie nach den richtigen Worten suchte. „Irgendwie steht sie in Zusammenhang mit dem Täter.“

„Hm“, grübelte Janus. „Und inwiefern hilft uns das nun weiter?“

„Oh, das ist schon eine ganze Menge. Ich kann versuchen, diese Waffe zu identifizieren – vielleicht taucht sie irgendwo in den Polizeiakten auf.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. „Und dieser Knopf …“, fuhr sie dann fort und bedeutete Janus, ihr den kleinen runden Gegenstand wiederzugeben, den sie auf der Straße gefunden hatte, „ist kein gewöhnliches Modell, das man einfach so in jedem Kaufhaus findet.“

Janus reichte ihn ihr und sie nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand. Sie hielt ihn in die Höhe, damit Janus sehen konnte, wovon sie sprach. „Der ist aus Holz – einem edlen Holz, soweit ich das auf die Schnelle beurteilen kann. Teakholz vielleicht. Und schauen Sie auf die Prägung.“

Janus kniff ein wenig die Augen zusammen und betrachtete den Knopf genauer. „Ein Löwe würde ich sagen. Ein Löwe mit einem Speer.“

Lara nickte. „Das könnte ein Wappen sein. Ich werde das überprüfen.“

Janus sah sie an und echte Bewunderung spielte in seinen Augen. „Ich muss zugeben, dass ich zuerst sehr skeptisch war, als Kai mir Ihre Visitenkarte gegeben hat. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Sie mir eine Hilfe sein sollten. Ich meine, ich besitze ja selbst die eine oder andere Fähigkeit…“ Er grinste.

Lara hob die Augenbrauen. „Wie bitte, Sie waren skeptisch?“, lachte sie schließlich. „Das ist doch wohl eher mein Part.“

In der Tat hätte sie es sich nie träumen lassen, einmal mit einem Vampir zusammenzuarbeiten. Vampire waren finster und böse, sie waren Geschöpfe der Nacht. Nun ja, zumindest war das bis zum heutigen Tage ihre feste Überzeugung gewesen – denn wenn sie ehrlich war: Janus von Marten war gar nicht so finster und Humor besaß er außerdem. Wäre er ein Mensch, könnte sie ihn durchaus sympathisch finden. Aber er ist kein Mensch, schaltete eine Stimme in Laras Kopf sich plötzlich ein. Nein, das war er nicht. Er war ein Vampir und Vampire waren Raubtiere. Menschen waren ihre Beute. Es war besser, das niemals zu vergessen.

Janus ahnte in diesem Moment, was ihr durch den Kopf gehen mochte. Er streckte seine Hand als eine Art Friedensangebot aus. „Sagen wir einfach, wir haben uns gegenseitig falsch eingeschätzt. Lassen Sie uns neu beginnen. Unsere Geschäftsbeziehung, meine ich.“ Er lächelte warmherzig. „Na kommen Sie schon, geben Sie sich einen Ruck.“

Lara stand noch immer da und starrte ihn an. Ihre Mutter hatte sie stets vor Vampiren gewarnt. Sie manipulieren dich, hatte sie ihr gesagt, und sie sind äußerst geschickt darin. Man kann ihnen nicht trauen, niemals. Die Stimme ihrer Mutter hallte in Laras Kopf wider. Sie hatte ihr viele schlimme Dinge über Vampire erzählt, von Täuschung und gebrochenen Herzen und verlorenen Leben – verbunden mit literweisem Blut. Aber dennoch … Lara besaß diese Gabe und es schien ihr, als ginge von Janus keine Gefahr aus. Er war ehrlich. Und freundlich. Konnte sie sich denn so sehr täuschen? Würde ihre sonst absolut perfekte Wahrnehmung bei ihm derart versagen? Wie unwahrscheinlich war das?

Schließlich hob sie ihre zierliche Hand und legte sie in seine. „Gut“, bestätigte sie dann und unwillkürlich musste sie lächeln. Es fühlte sich richtig an. „Auf eine gute Geschäftsbeziehung.“

Janus erwiderte ihr Lächeln.

Er würde ihr schon beweisen, dass Vampire nicht zwangsläufig Monster waren. Und als sie sich verabschiedet hatten und er zurück nach oben in seine Wohnung ging, fragte er sich, warum es ihm auf einmal so wichtig war, dass ein Mensch ihn mochte.

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