Читать книгу Yasirahs Erbe - Letzte Zuflucht - Bettina Lorenz - Страница 8

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Celina erwachte in Aarons Armen. Dieses Gefühl war ihr mittlerweile so vertraut, dass sie es keinen einzigen Tag mehr missen wollte.

Sie musste sich nicht umdrehen, um sich zu vergewissern, dass der Mann, den sie am meisten auf der Welt liebte, wach war.

Aaron brauchte, ebenso wie der Rest seiner Familie, keinen Schlaf!

Das war einer der wenigen Vorteile, die Celina überhaupt in einem Dasein als Vampir sehen konnte.

Aaron musste sich nie die Frage stellen, welche Alpträume ihn wieder ereilen würden, sobald er die Augen schloss. Ganz im Gegenteil zu Celina, die jedes Mal vorm Schlafengehen hoffte, dass sie in der folgenden Nacht wenigstens ein bisschen erholsamen Schlaf finden würde. Und doch würde sie für nichts in der Welt das Schicksal der Laurents teilen wollen. Dazu kannte sie die Schattenseiten nur zu gut: Nie enden wollender Blutdurst und die ewige Verdammnis waren ein hoher Preis für diesen klitzekleinen Luxus.

Nicht sehr erstrebenswert, wenn man Celina fragte. Dann würde sie wohl lieber weiter die Alpträume in Kauf nehmen. Zumal sie ihr in dieser Nacht zum ersten Mal seit Wochen erspart geblieben waren. Auch vor der Angst und Hoffnungslosigkeit, die sie in letzter Zeit schon am frühesten Morgen quälten, wurde sie heute allem Anschein nach verschont. Sie fühlte sich endlich mal wieder ausgeruht und entspannt. Als ihr das klar wurde, seufzte sie erleichtert und wie aufs Stichwort raunte ihr Aaron ein leises Guten Morgen ins Ohr. Wie immer hatte er geduldig nur darauf gewartet, dass Celina wieder wach war. Was bedeuteten schon ein paar Stunden des Wartens, wenn man ewig lebte? Celina streckte sich genüsslich, drehte sich dann um und gab ihm einen sanften Kuss. Wieder kam ihm der Gedanke, dass er gar nicht wüsste, wie er ohne sie hatte leben können und wie er weiterleben sollte, wenn ihr jemals etwas zustoßen würde. Seit Celinas Kampf mit William plagten ihn düstere Vorahnungen und alle drehten sich darum, dass er seine Zukunft ohne seine geliebte Gefährtin verbringen müsste. Er wusste nicht, warum diese Angst immer noch so präsent war, aber er schaffte es einfach nicht sie abzuschütteln. Der Verzweiflung nah, klammerte er sich an jede Minute der Zweisamkeit, die ihm vergönnt war. Natürlich konnte er nicht mit Celina darüber reden. Er war so froh, dass sie endlich neue Hoffnung geschöpft hatte und nun bereit war, weiter zu kämpfen. Deshalb verbarg er diesen Teil seiner Gedankenwelt sorgfältig vor ihr, um nicht noch mehr Zweifel zu säen. «Du erdrückst mich fast», sagte sie atemlos und riss ihn so aus seinen Gedanken. Schnell warf er ihr einen entschuldigenden Blick zu, aber sie lächelte ihn einfach nur liebevoll an, gab ihm noch einen Kuss und kuschelte sich wieder an ihn. Erst nachdem weitere zehn Minuten vergangen waren, zwang sie sich dann doch zum Aufstehen und Aaron sah ihr fast sehnsüchtig hinterher, als sie ins Bad ging. Sofort zog er sich an und ging hinunter in die Küche, um Celina ein ordentliches Frühstück vorzubereiten. Wie Cyrus ihm bereits angekündigt hatte, würde es ein langer Tag werden. Er lud gerade Rührei und Speck für mindestens zwei Personen auf den Teller, als Celina, mit vom Duschen noch nassem Haar, den Raum betrat. Sie sah hinreisend aus und er musste ihrem Blick ausweichen, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen. Sie machte es ihm nicht gerade leichter, als sie sich direkt vor ihn stellte und ihm einen neckenden Kuss aufs Kinn gab. «Du verwöhnst mich viel zu sehr. Wenn du so weiter machst, werde ich noch ganz fett und unansehnlich.» Aaron protestierte sofort: «Niemals! Aber falls es dein Gewissen beruhigt: Du kannst es nachher sofort wieder abtrainieren.»

Vielleicht solltest du lieber wieder dein Gehirn einschalten und überlegen was du sagst, schallte er sich selbst und konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen, als Celina ihn verschmitzt ansah.

Schnell versuchte er zu erklären:

«Doch nicht diese Art von Training. Ich hätte zwar prinzipiell nichts dagegen einzuwenden, aber eigentlich soll ich dir ausrichten, dass Cyrus dich in einer Stunde erwartet.»

Sie spielte sofort die Beleidigte, indem sie sich wegdrehte und pikiert antwortete:

«So läuft das aber nicht. Erst Versprechungen machen und sie dann nicht halten.»

Aaron drehte sie zu sich und sah sie so intensiv an, dass Celina der Atem stockte und ihr ganz heiß wurde.

«Niemals würde ich ein Versprechen brechen. Setz mich für heute Nachmittag auf deinen Trainingsplan und ich beweis es dir.»

Sein Lächeln war dabei so verführerisch, dass sie für einen kurzen Moment sogar darüber nachdachte, Cyrus einfach zu versetzen. Dann besann sie sich aber eines Besseren und schloss die Unterhaltung nur mit den Worten:

«Wir werden sehen.»

Ihr Blick sprach aber eine ganz andere Sprache.

Nach dem Frühstück traf Celina sich, wie bereits angekündigt, mit Cyrus im Wald.

Wieder einmal zeigte sich, dass Geduld auch nicht gerade die Stärke des Vampirs war:

«Da bist du ja endlich. Ich hatte schon befürchtet, dass ich Staub ansetze, während ich hier auf dich warte.»

Celina zog die Stirn kraus und antwortete spitz:

«Entschuldige bitte, aber ich kann dir versichern, dass die Warterei deinem makellosen Aussehen keinen Schaden zugefügt hat. Leider verhält es sich aber nun mal so, dass ich immer noch ein Mensch bin und deshalb regelmäßig Nahrung zu mir nehmen muss.»

Cyrus winkte nur genervt ab und murmelte:

«So war’s ja nicht gemeint. Du musst nicht immer gleich so ausfallend werden. Jetzt hab dich nicht so.»

Das brachte sie erst recht auf die Palme:

«Du hast mich noch nie erlebt, wenn ich richtig ausfallend werde. Du solltest erst nachdenken und dann sprechen. Es könnte nämlich passieren, dass du das Echo nicht verträgst. Also Vorsicht!»

Der letzte Satz glich dabei mehr einer Drohung und Cyrus musste unwillkürlich grinsen.

«Naja, jetzt bist du ja hier. Bist du fertig? Können wir dann endlich anfangen?»

Er meinte es zwar nicht so, aber seine Worte waren wieder einmal sehr unglücklich gewählt und Celina hatte nicht wenig Lust, ihm sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht zu wischen.

Sie erschrak, als sie merkte, wie negativ sie Cyrus gegenüber eingestellt war und versuchte sich wieder abzureagieren:

Ganz ruhig. Es ist doch Cyrus. Er versucht dir nur zu helfen und vergreift sich halt ab und zu im Ton. So ist er halt!

Zum Glück half das ein wenig und sie versuchte sich wieder auf die Aufgaben zu konzentrieren, die am heutigen Tage vor ihr lagen.

Fragend sah sie Cyrus an und er ließ sich auch nicht lange bitten:

«Also gut. Bevor du fragst, weshalb du hier bist, will ich es dir erklären: Nachdem wir nun beschlossen haben, dass wir bleiben, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach hier im Wald oder auf dem Anwesen zum Showdown zwischen den Wölfen und uns kommen. Wobei Ersteres mir persönlich dabei lieber wäre. Aber wir sollten auf beides vorbereitet sein. Dass du dich gegen die Wölfe zur Wehr setzen kannst, hast du ja vor einigen Wochen schon eindrucksvoll bewiesen und deshalb sollten wir jetzt unser Hauptaugenmerk auf die Erkundung des möglichen Kampfgebiets lenken. Es ist wichtig, dass du deine Umgebung genau kennst, damit du weißt, wohin du flüchten kannst und welche Orte du lieber meiden solltest, um nicht in einen Hinterhalt zu geraten. Erst einmal müssen wir aber trainieren. Du musst unbedingt noch schneller und stärker werden. Außerdem planen Liza und Kara gerade noch einige Fallen aufzustellen, um unsere mögliche zahlenmäßige Unterlegenheit wett zu machen. Wir müssen unbedingt unseren Heimvorteil nutzen und auf einige Tricks zurückgreifen, um die Verluste auf unserer Seite so gering wie möglich zu halten.»

Celina behagte es gar nicht, Cyrus so offen über mögliche Verluste sprechen zu hören. Natürlich war sie nicht so naiv zu glauben, dass die ganze Sache ohne Opfer auf ihrer Seite ablaufen würde. Dennoch war es etwas ganz anderes, daran nur zu denken oder es auch tatsächlich gesagt zu bekommen. Der Gedanke allein war schon schrecklich, aber dass Cyrus es so ruhig sagte, als würde er über etwas ganz Alltägliches reden, ließ es zu einer unumstößlichen Tatsache werden.

Celina drängte sich dabei schreiend laut nur eine einzige Frage auf:

Wen würde es am Ende treffen?

Die Laurents waren mittlerweile zu ihrer Familie geworden und darüber nachzudenken, dass sie auch nur eins ihrer neuen Familienmitglieder verlieren könnte, ließ sie schier verzweifeln.

Noch ist nicht alle Hoffnung verloren, versuchte sie sich gut zuzureden, als sie merkte, dass ihr die Tränen kamen.

Jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um sich so gehen zu lassen. Deshalb atmete sie einmal tief durch und verschloss den Gedanken ganz tief in sich.

«Und? Wollen wir jetzt nur rumstehen und darüber sprechen oder tun wir auch was», fragte sie eine Spur genervter, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.

«Ich warte nur auf dich! Also wenn Madame dann endlich soweit ist, können wir loslegen», erwiderte er überspitzt höflich und deutet dabei eine leichte Verbeugung in ihre Richtung an.

Natürlich wollte sie das so nicht auf sich sitzen lassen:

«Der Einzige, den ich hier noch reden höre, bist du», knirschte sie. «Vielleicht möchte der Herr einfach vorgehen und ich folge dann!»

Während sie das sagte, ahmte sie seine Verbeugung nach, woraufhin dieser wieder grinste. Zuerst sah es so aus, als wollte er noch einen Kommentar abgeben, aber zu seinem Glück überlegte er es sich dann doch anders und rannte einfach los. Er legte ein unglaubliches Tempo vor und Celina, die gerade eben noch kluge Sprüche gerissen hatte, bekam nun ihre liebe Not überhaupt mit ihm Schritt zu halten. Nach zehn Minuten gab sie den Versuch auf, ihn einzuholen und verfiel in einen leichten Laufschritt.

Plötzlich berührte sie etwas an der Schulter und riss sie unsanft zurück und bevor sie auch nur reagieren konnte, landete sie unsanft auf ihrem Hosenboden.

Von einer Sekunde auf die andere ragte Cyrus über ihr und funkelte sie wütend an.

«Was glaubst du eigentlich, was du gerade tust? Wir sind hier nicht bei einem gemütlichen Waldspaziergang.»

Sein Tonfall gefiel Celina gar nicht und sie dachte sogar kurz darüber nach, ihm so richtig die Leviten zu lesen oder ihm einfach zu sagen, dass er sich zum Teufel scheren sollte.

Doch noch ehe sie die Gelegenheit dazu bekam, sah er sie reumütig an und reichte ihr die Hand.

Das erste Mal konnte Celina spüren, dass die ganze Situation sogar an dem sonst so hartgesottenen Vampir nicht ganz spurlos vorüber ging. Auch seine Nerven lagen blank!

Statt weiter darauf einzugehen, drehte sie sich um und lief, jetzt um einiges schneller, weiter.

Cyrus blieb direkt neben ihr.

«Ich war so sehr darauf konzentriert, dir das Kämpfen beizubringen, dass dabei alles andere auf der Strecke geblieben ist. Die Zeiten, in denen immer jemand Rücksicht auf dich nehmen kann, sind bald endgültig vorbei und bevor es soweit ist, sollten wir unbedingt an deiner Kondition arbeiten. Nicht, dass es ein böses Erwachen gibt.»

Er sagte es nicht, um sie zu verletzen, sondern mehr zu sich selbst und doch fühlte Celina sich angegriffen. Seine Worte waren unverschämt. Jedoch, bei näherer Betrachtung lag Wahrheit darin. Ihr fehlte noch so einiges, um mit dem Übernatürlichen Schritt halten zu können und ihr graute vor dem Moment, in welchem sich herausstellen würde, dass ihre Fähigkeiten bei Weitem nicht ausreichten. Noch einmal erhöhte sie ihr Tempo.

Wohl wissend, dass es noch immer nicht genug war. Ach könnte sie doch bloß davonlaufen!

Yasirahs Erbe - Letzte Zuflucht

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