Читать книгу Milo von der Straße - Billy Remie - Страница 5
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ОглавлениеAuf der Fahrt sprachen sie kein Wort. Nikolai beantwortete einige Mails auf seinem Handy, während der Stricher neben ihm saß oder schweigend neben ihm hertrottete, wenn sie umstiegen. Je weiter sie fuhren, je weiter öffnete sich sein sinnlicher Mund im puren Staunen. Er blickte aus dem Fenster und betrachtete die gut gepflegten Fassaden der Stadtvillen und ihre Vorgärten.
Sie nahmen schließlich ein Taxi für das letzte Stück.
Der Portier begrüßte Nikolai wie immer äußerst höflich, der Stricher beäugte ihn verwundert, doch seltsamerweise schien Felix` Anwesenheit ihn ein wenig zu entspannen. Er folgte schweigend durch das Gittertor nach drinnen.
Im Studio war noch alles so, wie Nikolai es am Morgen überstürzt und mitten im Shooting fluchend verlassen hatte. Der Hocker vor der weißen Leinwand, wo das Model mit den toten Augen gesessen hatte, stand noch vor der Kamera. Die Leute waren selbstverständlich gegangen, doch die Lampen waren noch ausgerichtet, Sektgläser und Kaffeetassen standen noch herum, sowie teure Schalen mit geschnittenem Obst.
Die Agentur hatte ihm eine Entschuldigungs-Mail geschrieben, dabei war er der extreme Exzentriker, dem man nichts recht machen konnte. Doch seine Arbeit war in letzter Zeit so gefragt, dass er es sich leisten konnte, als schwierig zu gelten. Die Agentur schlug ihm ein neues Model vor, doch er hatte abgelehnt und spielte mit dem Gedanken, die Zusammenarbeit aufzugeben. Es war ihm alles zu plastisch geworden.
Was hatte das alles noch mit Kunst zu tun? Fotos machen, digital bearbeiten, bis aus einer jungen Frau eine Porzellanstatue ohne Poren, ohne Falten, ohne Pickel und ohne Spliss wurde. Lügen auf Hochglanz, eine Welt aus Plastik.
Er hatte genug Geld, er brauchte nicht für »den Teufel« - wie er die Modewelt mittlerweile nannte - zu arbeiten. Das hatte er auch nie gewollt.
Erst als der Stricher hinter ihm einen staunenden Laut von sich gab, wurde er sich dessen Anwesenheit wieder gewahr. »WOW! Du wohnst hier echt?«
»Das ist nur das Studio, obendrüber ist das Loft, da wohne ich, wenn ich in der Stadt bin«, stellte er richtig und zog seinen Mantel aus.
Der Stricher ließ die Augen durch das moderne Studio wandern. Dabei gab es eigentlich nichts zu sehen außer weiße Wände und moderne, glatte Möbelstücke. Ein Raum wie aus dem Katalog, nichts Persönliches. Nichts davon hatte er selbst ausgesucht, weil es ihm schlicht egal war.
»Aber das Haus gehört dir?«, hakte sein junger Gast nach, taute langsam etwas auf, als ob ihn die helle Einrichtung beruhigte.
Hatte er einen Folterkeller im Vintagestil erwartet? Vermutlich.
Nur warum?
»Ja, das Haus gehört mir.« Nikolai steuerte auf das Treppenhaus zu und legte den Mantel über das polierte Metallgeländer. »Komm mit.«
Der junge Mann zögerte, blickte noch einmal verwundert auf die Leinwand und die Kamera, doch dann folgte er anstandslos nach oben. Vermutlich hätte er sich geweigert, wären sie in den Keller gegangen.
Als Nikolai die Tür zum Loft öffnete, staunte der Stricher nur noch mehr. »WOW! Krass!«, stieß er aus und drängte sich ungefragt an Nikolai vorbei, dabei ließ er den Rucksack einfach von der schmalen Schulter fallen und mitten im Raum auf dem Boden liegen. »Du wohnst ja wie in einem Luxushotel!«
Übertrieben, dachte Nikolai, es war nur eine Kulisse, so wie alles. Zwei weitläufige Räume empfingen sie, eine Küche samt Bar und Spiegelwand befand sich direkt hinter der Tür, von diesem offenem Raum gingen drei flache weiße Stufen aus marmoriertem Gestein hinab in den Wohnbereich, wo der riesige Flachbildschirm wartete, den der Stricher voller Begeisterung musterte. Nikolai hatte ihn nicht erst einladen müssen, vorauszugehen, er bewegte sich wie selbstverständlich.
Eine Glasfront bot einen Blick über die Straßen, Schnee wirbelte draußen durch das winterliche Grau. Nikolai schaltete die Kronleuchter an.
Auf der gegenüberliegenden Wand des Flachbildfernsehers stand eine riesige Sofalandschaft, ebenso wie alles andere in dem Loft war auch diese in Elfenbein und Anthrazitgrau gehalten. Das einzige Foto war ein vergrößertes Cover einer Zeitschrift, auf dem Nikolai mit einer Kamera vor dem Gesicht zu sehen war. Es hing über dem Sofa.
Die Zeitschrift hatte unbedingt sein Gesicht drucken wollen, doch dieses Bild war das einzige, zu dem er bereit gewesen war. Er war nicht sensationsgeil, doch sein Bruder hatte ihn überredet, denn ohne Werbung konnte man leider nicht erfolgreich werden. Pardon, ohne sexy Werbung konnte man nicht erfolgreich werden, weshalb die schwarze Hose und das weiße Hemd besonders eng auf dem Bild saßen, dabei war er schlicht nicht mehr als eine lange Bohnenstange.
Auch der gerahmte und riesige Abzug war ein Einfall seines Bruders gewesen, ein Geschenk, das er ihm zu Ehren hinter dem Sofa aufgehängt hatte. Und ja, vielleicht weil Nikolai einige Zeit auch stolz auf seinen eigenen Erfolg gewesen war.
Er musste es abhängen, es nervte ihn.
Doch der Stricher betrachtete es nun neugierig, ebenso die seltsamen Kunstskulpturen aus Metall, die die restlichen Wände zierten und abstrakte Formen zeigten. Sie waren das Einzige, was Nikolai selbst ausgesucht und dem Einrichtungskommando übergeben hatte. Er mochte Kunst, die niemand verstand.
»Du bist wirklich reich, oder?«, fragte der Stricher halblaut, als wurde ihm erst in Anbetracht des Lofts gewahr, bei wem er sich befand.
Nikolai trat in seine hochmoderne Designerküche und schaltete die Kaffeemaschine ein. »Kann man so sagen, ja. Wie heißt du?«, wollte er dann wissen und warf einen Blick ins Wohnzimmer.
Der junge Mann betrachtete noch einmal neugierig das gerahmte Cover. »Milo«, antwortete er wie abwesend.
»Dein richtiger Name oder…?«
»Richtiger Name, ja.«
Nikolai nickte. »Nachname?«
»Echt krass hier«, wich der junge Mann aus und rieb sich nervös die Hände, schien aber langsam beruhigt zu sein. »Dachte, du redest Scheiße.«
Was sollte er dazu sagen? »Du kannst auf dem Sofa schlafen«, erwiderte Nikolai schließlich nur, um zu beweisen, dass er Wort hielt. »Falls das Sofa für dich okay ist.«
»Okay?« Der Stricher warf sich auf die elfenbeinfarbenen Polster und hüpfte etwas darauf herum, um sie zu testen. »Ich glaub, ich hab noch nie so eine geile Couch gesehen!«
Stimmt, das Sofa war größer und gemütlicher als so manches Kingsize-Bett.
Er ließ den Stricher kurz allein, während die Maschine durchspülte. Als er mit einem noch warmen Handtuch, frischen Kleidern und einer noch verpackten Zahnbürste zurückkam, lehnte sein Gast mit kritischem Blick über dem niedrigen Hochglanzsofatisch und studierte das gerade erst angefangen Landschaftspuzzle, das Nikolai am Abend zuvor begonnen hatte.
»Hier.«
Verwundert sah der Stricher auf.
»Geh duschen«, sagte Nikolai ein wenig zu herrisch, doch er kannte keinen anderen Ton, es fiel ihm nicht einmal mehr auf, »und putz dir die Zähne. Die Klamotten kannst du behalten, meine Einkäuferin hat sie gerade erst gebracht, sie sollten einigermaßen passen.«
Als der junge Mann ihn noch immer verständnislos anstarrte, setzte er nach: »Wenn du hier schlafen willst, musst du duschen. Außerdem will ich sauberes Haar für die Fotos.«
Obwohl das strähnige Haar auch seinen verlotterten Reiz ausübte, doch Nikolai ertrug den Geruch von der Straße nicht länger. Den Schweiß, den Rauch, der Hauch von Erbrochenem, den Alkohol.
Langsam griff der Stricher nach der Kleidung und nahm Nikolai den Stapel aus den Händen, doch er wirkte wieder unsicherer, auf andere Art als zuvor.
Ob Nikolai ihn versehentlich damit beleidigt hatte?
»Du… du hast eine Einkäuferin?«, fragte sein Gast dann neugierig, halb erstaunt.
»Ja«, antwortete Nikolai lapidar.
Sie sahen sich beide einen Moment verständnislos an.
»O…okay… Ähm…« Der Stricher stand zögerlich auf und kam um den Tisch herum, die blassgrünen Augen groß und ratlos. »Wo… wo ist denn das Bad?«
Nikolai gab den Weg frei und deutete hinter sich. »Gegenüber der Küche, durch das Schlafzimmer, zweite Tür, neben dem Kleiderschrank.«
Der Stricher nickte, ging zögerlich an ihm vorbei und drehte sich immer wieder um, als erwartete er jederzeit, doch noch lautstark rausgeworfen zu werden.
Oder vielleicht sogar schlimmeres.
Als Nikolai ihm nachsah, fiel ihm auf, wie linkisch der junge Mann sich eigentlich bewegte. Doch das verstärkte nur seinen Reiz.
Er war so völlig anders als alles, was Nikolai kannte. Völlig anders. Und er wirkte so deplatziert in seinen schmutzigen und viel zu großen Kleidern, dass er ihn nur noch mehr fotografieren wollte. Hier, in seinem Loft. Auf dem Sofa, wo er wirkte wie ein Punk vor der Blümchentapete im Wohnzimmer einer alten Dame.
*~*~*
Auch das Schlafzimmer sah aus wie ein Fünf-Sterne-Hotel. Die Präsidentensuite sozusagen. Milo konnte sich kaum von dem riesigen Bett abwenden, das perfekt gemacht war, als ob nie irgendjemand darin schlafen würde. Wie auch der Rest des Lofts war dieses Zimmer viel zu ordentlich, um wahrlich bewohnt zu sein. Es lagen keine Klamotten herum, kein Staub befand sich auf Hochglanzanrichten, keine persönlichen Gegenstände, wie Bücher oder auch nur ein Glas Wasser neben dem Bett, waren zu finden. Als ob das Loft nur gemietet wäre.
Vielleicht war es das, dachte er unbehaglich. All das könnte nur Show sein. Andererseits musste er zugeben, dass der Freier mehr als gut in diese Bude passte. So wie die Zimmer, wirkte auch er perfekt ordentlich und glatt, keine Falte auf dem weißen Hemd oder der Designerhose, als ob er ebenso dem Katalog entsprungen wäre. Selbst die aschblonden Haare wirkten wie gewollt lässig, als ob ihm jemand jede Strähne zurecht gezupft hätte.
Ein seltsamer Typ, der sehr direkt schien, aber diesen unergründlichen, strengen Blick und harte Augen besaß, die Milo unsicher machten, weil er nicht die übliche Lust darin lodern sah.
Was wollte der Kerl bloß von ihm?
Er versuchte, sich darüber nicht zu viele Gedanken zu machen, solange er Bares bekam. Anfangs war ihm das Angebot seltsam vorgekommen und auch jetzt hegte er noch Zweifel daran, ob es nur um normale Fotos ging, doch angesichts der Wohnumstände und des offensichtlichen Vermögens des Freiers, fühlte er sich etwas wohler. Er könnte aus dieser Nacht vielleicht richtig fette Kohle rausschlagen, denn trotz aller Bedenken brauchte er dringend dieses Geld.
Er brauchte eigentlich immer Geld.
Doch Fotos… Es war etwas anderes, als irgendwelchen Fremden im Park seinen Körper anzubieten, das war Arbeit für ihn, schnelles und unkompliziertes Geld. Blasen, ficken, das machte ihm nun wirklich nichts aus, solange er bezahlt wurde. Doch bei Fotos war es etwas anderes, denn sie hielten für die Ewigkeit. Er könnte sie nicht einfach abstreifen und in Drogen, Alkohol und noch mehr Sex – richtigem Sex – ertränken. Fotos würden bleiben und ewig festhalten, was geschehen war…
Zum ersten Mal, seit er das machte, war ihm dabei unwohl geworden. Deshalb hatte er das Angebot zuerst abgelehnt.
Aber das Geld…
Verdammt, das viele Geld…
Das Badezimmer erschlug ihn fast vor Prunk. Weiße, marmorierte Fließen und vergoldete Waschbecken, eine Wanne für mindestens drei Personen, eine riesige Dusche und ein Spiegel so sauber, dass er sich seit Monaten zum ersten Mal richtig betrachten konnte.
Er hätte am liebsten das goldene Licht wieder ausgeschaltet, doch draußen wurde es trüb und der Schneefall nahm zu, sodass zu wenig Licht durch das Milchglas des Fensters sickerte.
Angesicht zu Angesicht mit seinem Spiegelbild, konnte er es dem Freier nicht einmal übelnehmen, dass er ihn duschen schickte. Zuerst war es ihm unangenehm gewesen und er hatte sich schmutzig und deshalb auch beleidigt gefühlt, doch als er sich so sah, mit den eingefallenen und käsigen Wangen, den fettigen Haaren und von der letzten Rasur mit einem Einwegmesser getrockneten Blutresten am Hals, verzog er vor dem eigenen Anblick missbilligend das Gesicht.
Wann war er nur so dünn geworden? Seit wann sah er so krank aus? In all der Zeit war ihm sein Äußeres immer gleichgültiger geworden, den Freiern hatte es nichts ausgemacht, sie zahlten trotzdem. Doch hier in diesem Luxusbad und in der Nähe dieses seltsamen Kerls kam er sich … minderwertig vor.
Und er fragte sich wieder, warum der Kerl ausgerechnet ihn mitgenommen hatte, sogar tatsächlich so verrückt war, ihn bei sich schlafen zu lassen.
Nicht, dass Milo das wirklich vorhätte, er wurde schließlich erwartet, doch bis die Nacht hereinbrach, konnte er ebenso gut den Schneesturm im Warmen aussitzen. Die anderen wären bestimmt nicht böse, immerhin verdiente er hier Geld und konnte eine Runde Kippen und Alkohol spendieren.
Er konnte kaum erwarten, was Basti wohl sagte, wenn er mit der fetten Summe in der Hand aufkreuzte. Sie konnten es sich damit einige Tage verdammt gut gehen lassen.
Nur deshalb war Milo mit dem Fotografen mitgegangen, das Geld hatte ihn gelockt – und die Aussicht darauf, Basti etwas bieten zu können, statt ihm auf der Tasche zu liegen.
Die Nacht und der Morgen waren schlimm gewesen, ein Kampf um den Park. Die Freier kamen bei dieser Kälte nicht unbedingt in Scharen, man hatte eher tagsüber Glück, als nachts, doch dann waren die gute Plätze noch härter umkämpft, die Konkurrenz wurde größer und verzweifelter, die Geldbeschaffung schwieriger, und nachdem ein Bekannter von ihnen hochgenommen wurde, wurden die Quellen für Drogen immer weniger. Basti war auf Entzug und hatte die ganze Nacht gezittert. Sie brauchten das Geld dringend!
Und Milo würde Basti beweisen, dass er sich auf ihn verlassen konnte.
Er zog sich entschlossen aus, seinen Rucksack hatte er auf dem Weg zum Badezimmer wieder aufgeklaubt und öffnete ihn nun. Zwei Einwegrasierer waren noch benutzbar, wenn er vorsichtig war. Er vermied den Blick in den Spiegel, konnte seine Rippen unter der fahlen Haut bereits sehen, wenn er an sich hinabblickte. Milo war nie ein stämmiger Junge gewesen, immer schon schlaksig und eher dürr, aber mittlerweile stachen überall die Knochen hervor wie bei einem Klappergerüst. Er mochte das nicht an sich, aber immerhin war sein Arsch noch so klein und voll wie eh und je, weshalb er sich vermutlich auch ganz gut verkaufen ließ.
Für die Dusche schien man studiert haben zu müssen, doch nach ein paar Minuten und dreimal erschrockenem Aufschreien, hatte er eine angenehme Temperatur gefunden, wenn auch ein wenig zu heiß.
Er hatte so lange nicht mehr eine saubere Dusche benutzt – vor allem nicht eine derart luxuriöse – dass er gar nicht anders konnte als sich zeit zu lassen. Wasserdampf stieg auf und verwandelte das Badezimmer innerhalb kürzester Zeit in eine Sauna. Er liebte es, es tat so gut, die Hitze, das Wasser. Seufzend ließ er sich unter dem Strahl gegen die warmen Fliesen fallen und genoss das Gefühl, wie die Tropfen massierend über seinen Kopf und Schultern prasselten und die Winterkälte und den Schmutz von drei Tagen abwuschen. Die Wärme lockerte seine Muskeln, er wollte nie wieder aus diesem Paradies raussteigen und beschloss, sich die Zähne gleich unter der Dusche zu putzen, wobei er die Zahncreme des Freiers benutzte, die passenderweise neben dem Waschbecken zu finden war.
Das Badezimmer besaß eine Fußbodenheizung, Milo hinterließ eine Spur aus Pfützen, als er von der Dusche zum Waschbecken und wieder zurück flitzte.
Er hatte auch kein eigenes Duschgel, nicht einmal Seife, also bediente er sich an den Sachen, die bereitstanden. Die Flaschen sahen teuer aus, die Beschriftung schien auf Französisch zu sein. Skeptisch roch er daran und ihm stieg ein Duft von klarer Seife in die Nase. Überrascht hob er die Augenbrauen. Keine blumigen oder moschusartigen Düfte, nur der Geruch von… Sauberkeit. Anders konnte er es nicht beschreiben. Neutral, unaufdringlich. Als er es benutzte, fühlte er sich durch den Geruch beinahe noch sauberer.
Er benutzte ein wenig mehr, um sich dick einzuschäumen und dann zum Rasierer zu greifen und umständlich in die Hocke zu gehen. Wenn er schon eine Dusche spendiert bekam, konnte er die Gelegenheit nutzen, ein paar Haare loszuwerden, er mochte es da unten einfach gerne glatt. Außerdem konnte er sich so jünger ausgeben.
Einwegrasierer waren allerdings alles andere als ungefährlich, sie rasierten weniger als dass sie ausrissen. Doch das Duschgel schmierte gut und er fühlte sich so glatt wie frisch geboren.
Es war stickig durch den Dampf, als er aus der Dusche stieg, doch das störte ihn nicht, um Gegenteil, er wollte noch nicht die Tür öffnen. Ein Kamm lag auf einer Anrichte, natürlich wirkte er wie neu. Er kämmte sich die dunklen Haare aus dem Gesicht, doch als er in die neue Unterhose stieg, fielen ein paar Strähnen zurück in seine Stirn. Das Kleidungsstück passte fast perfekt, der Freier war zwar um einiges länger als er, aber auch kein Muskelprotz, sodass die Hose nur ein wenig locker saß.
Nachdem er in seine weite, verschlissene und löchrige Jeans gestiegen war, riss er das Pappschild von dem weißen T-Shirt und streifte es sich über.
Dann konnte er keine Zeit mehr schinden, es sei denn, er würde noch aufräumen, aber das kam ihm nicht in den Sinn. Er stopfte seine Habseligkeiten samt der Zahnbürste, Zahncreme, dem Duschgel, dem weichen Handtuch und den geschenkten Unterhosen zurück in seinen Rucksack, verschloss ihn fest und griff zur Tür.
Seine Hand zitterte.
Milo starrte auf seine bebenden Finger, die er schon nach der Klinke ausgestreckt hatte. Das Zittern war nicht das Gleiche, das Basti hatte. Milo war nicht auf Entzug, so süchtig war er noch nicht.
Oder doch?
Nein, er hatte Angst.
Es war drei Tage her, als er sich geschworen hatte, nie wieder mit einem Freier in dessen Wohnung zu gehen. Drei Tage ohne Stoff, drei Tage mit einem launischen und gestressten Basti und schon hatte er wegen der Aussicht auf Geld seine eigene Vorsichtsmaßnahme über Bord geworfen.
Er schloss die Augen und würgte die Angst so gut er konnte herunter. Das hier war etwas anderes, der Typ schien wirklich sauber.
Trotzdem blieb ihm bange im Magen, bis er aus dem Schlafzimmer getreten war und sich seine Befürchtungen nicht bewahrheitet hatten. Kein plötzlich in ein SM-Spielzimmer umgebauter Raum wartete auf ihn, nur ein provisorisches Fotostudio. Das Licht war gedimmt, dafür strahlten im Wohnbereich nun Scheinwerfer auf einen Hocker vor einer an Drahtseilen gespannten weißen Leinwand. Draußen dämmerte es bereits, die Wintertage waren nie lange.
Während Milo so lange im Bad verschwunden gewesen war, dass der Tag dahingesiecht war, hatte der Typ sein halbes Studio nach oben gebaut.
Leise stellte Milo seinen Rucksack an die Stufen und ging noch immer barfuß hinab in den Wohnbereich, wo der Fotograf vor der Kulisse der in der Dämmerung liegenden Stadt hinter seinem Stativ hockte und mit kritischem Blick seine Kamera befestigte. Er schien sich oft durchs aschblonde Haar gefahren zu sein, doch noch immer wirkte jede Strähne wie zurecht gezupft. Sein Blick war so glatt und unnahbar, wie man es von einem arroganten Model auf einer Modezeitschrift erwartete, das für einen neuen und männlichen Duft posierte, doch dafür fehlten ihm die Muskeln und die harten Nippel. Er hatte die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt und den Kragen geöffnet, wirkte lässig und elegant und… ja, auch anziehend.
Er sah nicht schlecht aus, das war mit ein Grund, warum Milo überhaupt mitgekommen war. Es kam selten genug vor, dass er einen Freier auch ansprechend fand. Obwohl die Nase ein wenig zu groß, und offensichtlich auch schon mehrfach gebrochen, und der Hals einen Hauch zu lang und zu dünn, war der Fotograf nun wirklich kein hässliches Entlein und hatte eine gewisse Faszination auf ihn ausgeübt, als sie sich über den Bahnhofsplatz immer wieder angesehen hatten. Natürlich war auch er ihm aufgefallen, so wie er als einziger ratlos und ziellos umhergeirrt und die Gegend abgesucht hatte, auf der Suche nach etwas, das nur er kannte. Nur sein Blick und seine harte Augen wirkten alles andere als einladend. Wenn er einen ansah, so wie in dem Moment, als er Milos Anwesenheit bemerkte und herumfuhr, kam man sich schon ein wenig so vor, als ob ein strenger Lehrer auf einen herabblickte. Als ob er zu jeder Zeit innerlich die Augen verdrehte und bereits erwartete, enttäuscht zu werden.
Als ob ihn nichts berührte.
Dieses Unnahbare weckte in Milo den Drang, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
Die Angst war verschwunden, dennoch pochte sein Herz deutlich, als er nähertrat und dem Typ direkt in die rauchgrauen Augen blickte.
Dieser erhob sich vor ihm zu voller Größe und musterte Milo mit keinem Hauch von Rührung. Ob er zufrieden mit dem war, was er sah, oder gar enttäuscht, ließ er mit keiner Zuckung in der strengen Miene erkennen. »Da«, sagte er nur und deutete zu seinem Puzzle, neben diesem lag nun ein frisch ausgedrucktes Blatt. »Unterschreib das mit deinem richtigen Namen.«
Milo ging hinüber zum Tisch, der halb hinter der Leinwand herausschaute, ein Kugelschreiber lag auf dem Blatt bereit.
»Es geht nur um deine Einwilligung, falls ich die Fotos zu Werbezwecken ausstellen will«, erklärte der Typ, von dem Milo natürlich den Namen kannte, da er ihn aus dessen Karte und nun auch auf dem Blatt entdeckte. »Du bist doch volljährig, oder?«
»Warum ist das wichtig?«, fragte Milo, während er auf das Blatt zeichnete. So offiziell hatte sich Geldverdienen noch nie angefühlt und es behagte ihm seltsamerweise nicht. Er zog lieber in einem kalten Park die Hose runter und ließ sich ficken, als Dokumente zu unterschreiben oder Verträge durchzulesen. Allein der Gedanke daran verursachte ihm Stress. Lieber bekam er Bares auf die Hand und verschwand so anonym, wie er gekommen war.
»Wegen der Rechte«, erklärte der Fotograf namens Nikolai, der an seiner Kamera rumfummelte.
»Ich bin neunzehn.« Milo drehte das Blatt um und schob es halb unter die Unterlage des Puzzles, damit es nicht aus Versehen herunterrutschte. Tiefer schien sich der andere nicht für die Rechte zu interessieren, scheinbar hielt er damit alles für abgeschlossen. In dieser Hinsicht setzte er blindes Vertrauen, wie es schien.
Oder – und das vermutete Milo stark – es war ihm gleich, weil er sich eine Klage vermutlich leisten konnte. Vielleicht wollte er es sogar darauf anlegen, warum sonst sollte er einen Stricher für ein Bild aufgabeln und ihn mit sich nehmen, wenn man nicht vorhatte, sich selbst ein wenig in Gefahr zu bringen. Der Typ schien einfach ein wenig… seltsam zu sein. Ernst und doch auf eine faszinierende Weise… sorglos.
So, wie es nur jemand sein konnte, der in so einem Loft lebte und knapp tausend Tacken für einen Stricher hinzublättern, nur um ihm zu fotografieren.
Milo kam wieder hinter der Leinwand hervor, der Fotograf schenkte ihm keinen Blick und das reizte ihn allmählich.
War er nicht hübsch genug?
Wozu dann die Fotos?
Was wollte dieser Typ bloß von ihm, wenn er ihn nicht einmal für wert genug erachtete, ihn so lodernd anzusehen, wie es die meisten Freier taten?
Auf dem Bahnhof hatte sein Blick noch interessiert gewirkt, nun schien er nur noch Augen für seine Kamera und deren Ausrichtung zu haben.
Vielleicht wollte er wirklich nicht ficken.
»Setz dich auf den Hocker«, sagte er.
Milo zögerte. »Soll ich Schuhe anziehen?«
»Nein, das ist perfekt so.« Ungeduldig winkte der Fotograf zum Hocker. »Setz dich genauso wie du bist dahin.«
Auf den Hocker. Okay. Es klang weniger ungewöhnlich, als es sich anfühlte. Steif trat Milo vor die Leinwand und war plötzlich froh, dass der andere ihn kaum beachtete und nur Augen für seine Kamera hatte.
Milo zog sich auf den Hocker und wusste nicht, was er tun sollte. Posieren? Er kam sich plötzlich deplatziert und falsch vor. Globig wie ein ungeschlagener Fels saß er auf dem weißen Polster und sein Blick zuckte unstet durch den Raum, der ihm leer schien. Er leckte sich nervös die Lippen und zupfte an dem weißen T-Shirt, das ihm ein wenig zu lang war.
War es seltsam, dass er sich sicherer gefühlt hätte, im kalten Park vor einem Fremden auf die Knie zu gehen oder sich an einen Baum zu stützen und den Arsch feilzubieten, als vor der Kamera zu sitzen?
Er wusste doch gar nicht, was jetzt von ihm erwartet wurde.
Der Fotograf mit dem makellos glatten Gesicht zog die Stirn kraus, während er einfach so und ohne ersichtlichen Grund ein Foto machte. Dabei hatte Milo den Kopf eingezogen und saß da wie eine ungelenke Puppe. Natürlichkeit strahlte er so viel aus wie die abstrakten Metallgebilde an den Wänden – oder wie ein toter, gefrorener Fisch.
»Was… ähm…«, er schluckte, räusperte sich und wollte im Erdboden versinken. »Was soll ich denn… eigentlich… tun?«
Keine Antwort, nur grübelnde Stille. Wieder hörte er das Klicken des Auslösers, der plötzliche Blitz ließ ihn zusammenzucken, als hätte man ihn geschlagen. Für einen Moment war er geblendet und das grelle Licht, das nur auf ihn gerichtet war, ließ ihn sich wie auf einer Bühne fühlen. Allein. Angestrahlt und angestarrt von tausenden Lichtern und Augen. Als ob die ganze Welt plötzlich Wunder von ihm erwartete.
Er fühlte sich wie damals in der Schule, wenn er vor der ganzen Klasse ein Referat halten musste.
Und er hatte es gehasst, so sehr, dass er solche Schultage grundsätzlich lieber geschwänzt hatte.
Der Fotograf blickte kritischer drein, der nächste Klick war wieder ohne Licht, dann sah er auf und an Milo vorbei, hoch zu den Scheinwerfern. Er schnalzte mit der Zunge, kam um die Kamera herum und schaltete die oberen Lichter aus.
Milo fühlte sich für einen Moment erlöst, bis der Typ sich wieder hinter seine Kamera stellte und noch immer äußerst genervt dreinschaute.
Siebenhundert Tacken, Milo, sagte er sich, für´s Nichtstun und im Warmen sitzen. Und wenn er es geschickt anstellte, konnte er bestimmt noch mehr Geld aus dieser Nacht rausschlagen.
Doch es fiel ihm schwer, Sex wäre ihm lieber gewesen als Fotos. Er wusste wirklich nicht, wie das Models machten, er hasste es so sehr, im Mittelpunkt von etwas zu stehen.
Und schon setzte das Zittern wieder ein.
*~*~*
Dass sich ein Unerfahrener nicht natürlich vor der Kamera bewegte, war ihm bewusst gewesen, doch dieses Nervöse und das Lippennagen beschienen eine Seite des Strichers, die ihn wiederrum anzog. Was Nikolai nervte, war die künstliche Belichtung und Umgebung.
Er hatte Leben in seinen Bildern gewollt, doch das würde er nicht auf die übliche Weise erreichen können. Nach ein paar Probeaufnahmen, die einen steifen Jungen vor einer weißen Leinwand zeigten, der in sauberen Kleidern und frisch gewaschenen Haaren auf einem Hocker saß und den Kopf einzog wie ein Kind, das man in eine Uniform gezwängt und mutterseelenallein in ein Internat gesetzt hatte, begriff Nikolai, dass er aus etwas, das eigentlich perfekt gewesen war, etwas Lebloses und Unechtes geschaffen hatte.
Er drehte sich um, suchte den Raum ab und ging zu den Stufen auf den Rucksack seines Gastes zu, der ihm verwundert nachblickte. Das zerschlissene Teil sah aus wie gekaut und wieder ausgespuckt, darauf lag die Lederjacke. Er nahm sie, kam zurück und warf sie Milo zu.
»Zieh das an.«
Zögernd sah der junge Mann ihn kurz an, dann faltete er seine Jacke auseinander und zog sie sich an, dabei bewegte er sich so steif wie jemand, der mit einer Waffe bedroht wurde. Dabei zielte nur eine Kamera auf ihn, doch er war nicht der erste, der vor der Linse derart nervös wurde.
Wieder leckte er sich die Lippen.
Nikolai fotografierte ihn, wie er sich die Jacke anzog, wie er dabei nach draußen in die Dämmerung blickte und wie er sich diesen formvollendeten Mund leckte.
Besser, dachte er, als er die Fotos schoss. Vor allem, als der junge Mann in seiner zu großen Lederjacke unterging. Besser, aber nicht perfekt.
»Fahr dir durchs Haar.«
Der Stricher öffnete den Mund, als hätte seine plötzliche Stimme ihn erschreckt, tat aber schließlich wie geheißen, wenn auch deutlich irritiert.
»Mehr.«
Er schoss weiter Fotos, während Milo den Kopf leicht nach vorne neigte und seine zurückgekämmten Haare mit den zarten Fingerspitzen lockerte.
Besser. Der Blick war noch der eines Rehs im Scheinwerferlicht, statt das dumpfe Sehnen, das Nikolai am Bahnhof aufgefallen war, oder das verführerische Glitzern der dreisten Jugendlichkeit, die diese blassgrünen Augen auszustrahlen wussten, wenn der Stricher sich sicherer fühlte als in diesem Moment.
So viele Facetten, so viele Gesichter einer einzigen Generation, dachte Nikolai fasziniert. Es war nicht mehr wie früher, die Kinder und Leute mit ihrer Eindimensionalität, die entweder taff oder schüchtern wirkten. Der Stricher war anders, er war der Verführer am Bahnhof, der abgestumpfte Streuner mit der Alkoholflasche und der Zigarette, das unsichere Reh im Brennpunkt der Aufmerksamkeit, der nervöse und eingeschüchterte Junge in fremder Umgebung.
»Sieh noch mal nach unten.«
Er tat es, aber zu steif, zu gespielt.
Nikolai machte trotzdem ein Foto, fing auch diese Facette von ihm ein, wollte alles festhalten, wollte alle Seiten beleuchten.
Der Stricher räusperte sich wieder, zupfte an dem T-Shirt, wusste nicht, wohin er blicken sollte. »Brauchst du… also brauch ich… keine Ahnung, macht man das nicht mit… Make up oder so?«
»Du meinst, du willst eine Visagistin?« Nikolai hob den Blick und sah ihm direkt in die Augen. Für einen Moment hielten sie sich fest, der intensive Augenkontakt fühlte sich für den Bruchteil eines Herzschlags wie ein kleiner Stromstoß auf der Haut an und Nikolai wusste nicht einmal, wieso.
»Nein, ich will dich so, wie du bist«, sagte er mit seiner üblich monotonen, geschäftigen Stimme, doch selbst er konnte den seltsam rauen Unterton heraushören. »Ich will dich echt und nichts von dir schattieren oder verfälschen.«
Milo legte neugierig den Kopf leicht auf eine Seite, nicht der Worte wegen, sondern weil auch er den feinen Unterton bemerkt hatte, und blickte ihn an wie eine Katze, die eine Schwachstelle entdeckt hatte.
Nikolai drückte den Auslöser.
»Es ist still«, meinte Milo dann. Er bevorzugte es, in Nikolais Augen zu schauen, statt in die Linse, doch dadurch wirkte er natürlicher, sicherer. »Hast du keine Musik oder so?«
Nikolai drückte noch einmal den Auslöser, obwohl der Stricher seinen Blick unvorteilhaft über die Kamera richtete, doch er hatte festhalten wollen, wie dieser ihn ansah. Erst dann ging er ein paar Schritte rückwärts, hielt den blassgrünen Blick fest, griff blind zu seinem Tab, das immer an der gleichen Stelle am Fernseher lag, hob es an und konnte, ohne darauf zu blicken, den Bildschirm entsperren. Im nächsten Moment leuchteten die LEDs hinter ihm auf und aus dem großen Boxen, die hinter ihm an der Wand standen, drang leise Musik.
Eine deutliche Belustigung zuckte in Milos Mundwinkeln, er zog eine Augenbraue hoch.
»Die Sexy-Playlist meines Ex«, erklärte Nikolai mit einem Achselzucken in der Stimme, warf das Tablet zurück und ging zur Kamera. »Ich höre selbst keine Musik.« Er wich dem Blick seines Gastes wieder aus und konzentrierte sich darauf, Fotos von ihm zu machen.
Milo spürte die Veränderung in der Stimmung natürlich sofort und seine Augen wurden dunkel vor Neugierde, als er Nikolai forschend betrachtete. »Welcher Mensch hört keine Musik?«
Die ungeheure Verständnislosigkeit in Milos Gesicht hielt Nikolai auf einem Bild fest. »Ich.«
»Das gibt es nicht.« Der junge Mann lachte kopfschüttelnd. »Du lügst! Meinst du, du bist interessanter, wenn du sowas erzählst?«, feixte er, doch dabei war offensichtlich, dass er nur davon ablenken wollte, dass die ganze Aufmerksamkeit ihm galt.
Nikolai hielt das Lachen fest, langsam taute Milo auf, wackelte auf dem Hocker hin und her, drehte sich nicht mehr unruhig oder nervös, nur ungeduldig. Jemand, der nicht stillsitzen konnte. Das Gespräch lenkte ihn ab, er wollte sich lieber unterhalten, als fotografiert zu werden, ignorierte die Kamera, blickte Nikolai so direkt an, dass der Blick aus seinen Augen auf der Haut prickelte.
»Manchmal höre ich klassisch«, gab Nikolai zu und schielte kurz zu ihm hinüber.
»Aha! Also doch. Siehst du, jeder hört Musik, es gibt keine Menschen, die keine Musik hören, selbst als wir noch in Höhlen lebten, haben wir Trommeln geschlagen!«
Beinahe hätte Nikolai schmunzeln müssen. »Ich höre sie in Konzerten«, erklärte er, während irgendein Typ aus den Boxen rumjaulte wie eine rollige Katze. »Ich mag es nur, wenn es live ist.«
Milo verzog das junge Gesicht, als wäre er angewidert. »Klingt spannend.« Er sah sich um. »So wie dein leeres Loft.« Er runzelte die Stirn. »Du hast nicht mal ein Buch oder eine Konsole, kann das sein? Was tust du den ganzen Tag hier?«
»Konsole?«
»Zum Spielen? Videospiele?«
»Ich könnte auf meinem Laptop spielen«, gab Nikolai zu bedenken.
Milo sah ihn mit neugewonnener Neugierde an. »Tust du?«
Ungerührt blickte er zurück. »Nein.«
Enttäuschung machte sich breit und Nikolai hielt sie fest.
Doch irgendetwas war noch nicht perfekt, etwas störte ihn noch. Genervt von sich selbst kam Nikolai wieder hinter der Kamera hervor, ignorierte die neugierigen blassgrünen Augen, die ihm überallhin folgten, und riss die Leinwand herunter.
»Geh zum Sofa.«
Wieder mit deutlich mehr Unsicherheit rutschte Milo vom Hocker. Während er zum Sofa ging und immer wieder über die Schulter blickte, räumte Nikolai den Hocker zur Seite, ebenso die Leinwand und stellte ein paar Scheinwerfer aus dem Weg, dann löste er die Kamera und nahm sie in die Hand.
»Setz sich vorne hin«, er deutete auf die Stelle am Fenster, »und leg den Arm auf die Lehne.«
»S…so?« Der Stricher wirkte sehr steif.
»Ja und jetzt schau nach draußen.«
Mittlerweile war es dunkel geworden, der Schneefall fast so dicht wie ein Vorhang, die dicken Flocken tanzten durch die Lichtkegel der Straßenlaternen, in der Ferne leuchteten die Lichter der Innenstadt.
Als Milo auffiel, wie spät es schon war und wie stark der Schneefall zugenommen hatte, blickte er für einen Moment mit einem undeutbaren Blick nach draußen. Teils erleichtert, teils besorgt. Nikolai hielt dieses »Ferne« in seinen Augen wieder fest, dann ging er auf ein Knie und wollte es von einem anderen Blickwinkel aufnehmen, doch seine Bewegung riss Milo aus seinen Gedanken und er sah ihn überrascht an. Doch auch das nächste Bild schien gelungen.
»Wie lange lebst du schon auf der Straße?«, fragte Nikolai, damit er sich wieder sicherer fühlte.
Milo sah nach draußen und zog die Mundwinkel flüchtig herab, als Zeichen seiner Grübelei. »Nicht so lange. Ein halbes Jahr.«
Nikolai stockte kurz. Es war sehr viel kürzer, als er erwartet hätte. Ging der menschliche Verfall so schnell voran? Er hätte auf drei oder vier Jahre getippt. »Dann kennst du den Winter auf der Straße noch gar nicht«, erkannte er und schoss weiter Fotos.
Nickend und wieder ferner mit den Gedanken sah Milo nach draußen. »Ja, aber bisher konnten wir immer irgendwo pennen. Manchmal steigen wir in Keller oder Bekannte lassen uns bei sich pennen.«
»Manchmal.« Es war keine Frage, Nikolai wiederholte das Wort nur und ließ es sich mit all seinen Folgen durch den Kopf gehen.
»Ja, oder wir gehen in Jugendherbergen oder Motels oder so, wenn wir bisschen Kohle haben«, erzählte der Stricher freimütig und warf ihm einen Blick zu, der schwer zu deuten war.
Wollte er auf armes, kleines Bürschchen machen?
Ihn locken?
Ihn anbetteln, mehr springen zu lassen?
»Ihr?«, hakte Nikolai nach und stand wieder auf.
Milo lehnte sich lässig zurück, wirkte plötzlich selbstbewusster, als er nickte. »Ja, Kumpels und ich eben.«
Verstehend nickte Nikolai. »Und ihr arbeitet auf dem Strich?«, fragte er, um ihn weiter abzulenken. Zumindest redete er es sich ein, doch es steckte auch eine deutliche Neugierde dahinter.
Milo sah einen Moment zu ihm auf, undeutbar. »Ja. Auf dem Strich.«
»Muss hart sein«, meinte er mit dem ihm stets fehlendem Mitgefühl in der Stimme. Für einen Moment senkte er die Kamera und sah auf den Stricher herab.
Dieser blickte noch immer ungerührt, aber neugierig zu ihm auf. »Es ist leichter, als vor der Kamera zu stehen«, gab er dann zurück und grinste.
Nikolai starrte nur auf ihn herab, verzog keine Miene und hob die Kamera wieder vor das Gesicht, bevor das freche Funkeln erlosch.
»Du stehst nicht gern im Mittelpunkt.« Eine Feststellung.
Milo senkte den Blick und zupfte am Sofapolster, als hätte er Fussel entdeckt, die nicht existent waren. »Ich bin es gewohnt, meine Kunden meistens nicht direkt ansehen zu müssen.«
»Du erniedrigst dich ja nicht für mich.« Nikolai fühlte sich, als müsste er sich rechtfertigen.
Milo schmunzelte zu ihm auf. »Ist es verrückt, wenn ich sage, dass ich das hier irgendwie erniedrigender finde als alles, was ich in einem Park gemacht habe? Sag mir, ich soll dir einen Lutschen, ich würde es lieber tun.«
Nikolai betrachtete sein plötzlich lauerndes Gesicht durch die sicherere Barriere der Kameralinse, dennoch sandten ihm die blitzenden blassgrünen Augen ein Prickeln über den Rücken. »Das ist nicht verrückt«, hörte er sich sagen, bevor er sich davon abhalten konnte.
Nun hatte er den Stricher doch überrascht, er legte den Kopf schief und blinzelte zu ihm auf.
Er schoss Fotos, während er sprach. »Das klingt für mich ganz normal. Sex ist dein Job, aber vor der Kamera stehst du vermutlich das erste Mal. Und offensichtlich mags du es nicht, im Mittelpunkt von etwas zu stehen, du versteckst dich lieber in deiner zu großen Jacke und lässt die Welt an dir vorbeiziehen, hoffend, sie möge dich nicht zu stark wahrnehmen. Mit Freiern ist das natürlich leichter, die interessieren sich nicht für dich per se, sondern nur für deinen Körper, deine Dienstleistung. Für sie bist du gesichts- und namenlos. Und das willst du auch sein.«
Nikolai hatte seinen Gast offensichtlich sprachlos gemacht, denn er starrte ihn so seltsam an und seine malerischen Lippen standen dabei leicht offen.
Dieser Mund… Nikolai machte eine Nahaufnahme des Gesichts. Ungewollt fragte er sich, ob er so warm und weich war und so lieblich schmeckte, wie er auf ihn wirkte.
Die Freier mussten Schlange stehen.
»Hast du deswegen erst abgelehnt?«, fragte er, um Milo wieder aus seiner Starre zu locken.
Der Stricher schüttelte sich kurz, um wieder aufzuwachen, er hob eine Augenbraue und wandte den Blick nach draußen. »Nein. Ja. So ähnlich«, speiste er ihn ab. Seine ganze Haltung wirkte bei dem Thema abweisend.
Nikolai fotografierte ihn erneut. »Zieh das Shirt aus und dann die Jacke wieder an«, trug er ihm auf.
Milo wandte ihm erst überrascht das Gesicht zu, doch dann zog er die Jacke schneller aus, als er sie angezogen hatte. Ohne den intensiven Blick von Nikolai zu lösen, zog er das T-Shirt aus und ließ es beinahe provokant auf den Boden fallen. Sein dunkles Haar stand nun ab, als er die Jacke wieder anzog. Ohne das Shirt wirkte sein Leib noch dürrer. Er besaß eine glatte und flache Brust, winzige, dunkle Nippel auf papierdünner Haut, deutlich zeichneten sich die Rippen darunter ab, lugten unter der Lederjacke hervor, doch der dunkle Blick in seinen Augen wirkte verrucht, die Nacktheit verlieh ihm fast so etwas wie Sicherheit.
Das Klicken der Kamera allerdings nicht.
Seine blassgrünen Augen zuckten von der Linse zu Nikolais Gesicht, wenn der die Kamera kurz senkte.
Herausfordernd drehte er sich plötzlich auf dem Sofa, nahm eine lockende Pose ein und leckte sich den sinnlichen Mund. »Besser so?« Es schien, als wollte er sagen »Ich habe es doch gewusst«.
Ungerührt und schweigend machte Nikolai noch ein paar Fotos, ging in die Knie und ein Stück in den Raum hinein, sodass er Milo vor der Kulisse der Fensterfront aufnehmen konnte. Der Stricher in der Luxuswohnung. Von der Straße auf das Sofa. Der Schneefall im Hintergrund, die verschlissene Jacke und Hose auf dem elfenbeinfarbenen Polster. Das Foto hatte einen gewissen Charme, schien so viel Stummes und Brüllendes zu beinhalten, dazu Milos abgeklärter und bereitwilliger Blick, die dunkle Stadt. Das Leben ihrer Zeit, die perfekte Vollkommenheit des öffentlichen Lebens, vereint mit der verruchten und »schmutzigen« Seite der versteckten Lust. Das Luxussofa, auf dem die perfekten Freunde aus der perfekten Welt Platz nahmen, um Cocktails zu schlürfen und zu schwadronieren, zusammen mit dem Stricher von der Straße, der nach Einbruch der Nacht die Leere füllte, die das Leben am Tag verursachte.
Gedanken, die vermutlich nur Nikolai kannte, dennoch sprach das Bild überdeutlich zu ihm.
Der Stricher sah zum ersten Mal direkt in die Linse, doch er schien Nikolai in die Augen zu sehen.
Nikolai wollte es nicht, aber er spürte wieder dieses Prickeln unter diesem Augenfunkeln. Doch dieses Mal konnte er sich nicht hinter der Kamera verstecken, Milo schien durch sie hindurchzusehen.
Wir wissen beide, warum ich hier bin.
Nikolai ignorierte das stumme Gesagte geflissentlich und machte weiter Fotos.
Da ließ Milo sich langsam zurückfallen und strich sich mit den Fingerspitzen zärtlich über den flachen Bauch bis zum Hosenbund, dabei blinzelte er Nikolai durch die Kamera aufmerksam an.
Es kribbelte deutlich in Nikolais Fingerspitzen, als er den Auslöser drückte. Haltung, Blick, Natürlichkeit, alles war perfekt. Zeig mir die Lust, die mit der Nacht erwacht.
Milo räkelte sich im Sitzen, als er nicht getadelt wurde, doch er lächelte dabei nicht, seine Augen wirkten aufmerksam, forschend. Als ob er jede Regung in sich aufsaugen wollte.
Er biss sich auf den Nagel des Daumens, strich mit den Fingerspitzen über seinen nackten Oberkörper wieder hinauf, durch seine kaum vorhandenen Brustmuskeln hindurch und wieder ein Stück zurück, streichelte sich selbst, aber sah Nikolai mit einem dezenten Flehen an.
Und Nikolai kam nicht umhin, sich die glatte Haut unter den eigenen Fingern vorzustellen. Er war nicht tot, auch wenn sein Gesicht laut seines Ex´ nie mehr als eine steinerne Maske war.
Lebst du überhaupt? Fühlst du eigentlich irgendetwas? Er hörte dessen Stimme noch deutlich im Ohr.
Und ja, Milos Gehabe ließ ihn gerade sehr viel fühlen. Er war nicht stolz darauf, doch seine Jugendlichkeit ließ ihn nicht kalt. Das Blutjunge, das Funkeln, das Unverfrorene seines Gehabes.
Nikolai stand auf, schoss weiter Fotos. Nur Fotos. Obwohl das Kribbeln in seinen Venen durch die Frage, ob die Haut sich so glatt und jung anfühlte, wie sie aussah, verstärkt wurde und sich bis in südliche Regionen ausbreitete.
Er ignorierte seinen Körper. Nur Fotos.
Doch da erhob Milo sich auch, entschlossener. Etwas Dreistes lag in seinen Zügen, er reckte das Kinn leicht vor, lächelte jedoch immer noch nicht. Herausfordernd streifte er die Jacke ab. Das Rascheln, als sie zu Boden fiel, kam Nikolai überlaut vor.
Er wusste ganz genau, was der Stricher vorhatte, er wollte noch mehr aus dieser Begegnung rausschlagen. War vermutlich nur mitgekommen, um einen Bonus zu erhaschen. Milo hatte es selbst zugegeben, er fühlte sich dabei wohler. Vermutlich wollte er der unangenehmen Situation auf diese Weise entfliehen. Doch Nikolai hielt ihn nicht auf, war zu gefesselt von dem Stricher in seiner Wohnung, von dem Knistern in der Luft, dem Neuen Reiz.
Neckend strich Milo mit einer Fingerspitze unter den Hosenbund und warf der Kamera einen filmreifen Augenaufschlag zu, fragte stumm.
Nikolai schoss noch ein Foto. Und noch eins… und noch eins… während er durch die Kamera beobachtete, wie sich Milos Blick veränderte.
Wie er dieses malerische Gesicht leicht zur Seite drehte, wie er ihn neugierig betrachtete und irritiert durch das Nichthandeln war, nicht sicher war, ob sein Gehabe fruchtete oder ob er auf eine Mauer stieß.
Dieser Blick, dieses leicht zur Seite gedrehte Gesicht, die Augen auf ihn gerichtet und die Hände auf dem eigenen Leib, all das machte etwas mit ihm. War wie ein heißer Atem, der ihm ins Ohr geblasen wurde, ein Flüstern.
Genieß es, das ist für dich.
Milos Blick fuhr flüchtig an ihm auf und ab, als er ungerührt weiter Fotos schoss. Dann schien er sich entschieden zu haben, dass Nikolais Nichthandeln keine Ablehnung war, denn er kam auf ihn zu. Langsam, aber zielstrebig, dabei öffnete er die Hose, die sofort von seinem dürren Leib rutschte und aus der er so locker treten konnte wie aus einem Handtuch. Er trug nur noch die schwarze Unterhose. Jugendliche Schönheit, geküsst vom gedimmten Licht, teils kantig, gemischt mit Rundungen, die ihm einen Funken Androgynität einhauchten.
Nicolai machte noch ein Foto, dann senkte er die Kamera und sah ungerührt in Milos Gesicht, das plötzlich direkt vor ihm stand. Die Luft schien dick und schwer und prickelte auf seiner Haut.
Diese blassgrünen Augen hielten seinen Blick gefangen, der sinnliche Mund hob sich seinem entgegen, als wollte er ihn küssen, nahe genug, dass er den frischen Atem riechen konnte, er traf verheißungsvoll auf seine dünnen Lippen und sandte ein Streicheln durch seinen Leib.
Er rührte sich nicht, obwohl sein Herz an Rhythmus gewann. Es war unmöglich, sich von diesen Augen zu lösen, die so bodenlos wirkten, so wässrig und so viel zu verbergen schienen. Die ihn anbrüllten und anschwiegen zugleich.
Forschend glitt sein Blick über die schön geformten Linien dieses Gesichts, über die hohen Wangenknochen und den geraden Kiefer, als stünde eine lebendig gewordene, uralte Römerstatue vor ihm. Nicht vollkommen, aber verlockend und auf eine dreiste Art anmutend.
Nikolai wollte eine Hand heben und mit den Fingerspitzen diese faszinierenden Züge nachfahren, wollte ihre Geheimnisse entdecken, wollte wissen, wie sie sich anfühlten. Doch er wagte es nicht, auch nicht als sein Hemd aus dem Hosenbund gezogen wurde.
Er wehrte sich nicht, ihre Blicke blieben verhakt, auch als Milo ihm die Kamera abnahm und sich streckte, um sie auf den Tisch neben das unfertige Puzzle zu legen.
Plötzlich hatte Nikolai den Drang, ihn auf dieses zu werfen und über ihn zu kommen, leidenschaftlich und hemmungslos, sodass die einzelnen Puzzleteile Abdrücke auf seinem perfekten, kleinen Arsch hinterlassen würden.
Nicht, dass er viel davon gesehen hätte, doch in seinem Augenwinkel spiegelten sie sich in der Scheibe, durchzogen vom dichten Schneefall, der draußen wütete, während es zunehmend dunkler und dunkler wurde. Was er dort sah, war auf ungeheuer unverschämte Art so delikat, dass er kaum an sich halten konnte.
Was mach ich hier?, fragte er sich und sein Blick versank dabei noch tiefer in den blassgrünen Augen.
Langsam öffnete Milo ihm das Hemd, noch immer einladend das Gesicht zur Seite gelehnt, die Lippen so nahe, dass sie Nikolais Mund beinahe streiften. Doch es gab keinen Kuss, es war nur eine Provokation, Nikolai spürte instinktiv, dass Milos Körperhaltung keine Einladung war, ihm den Mund so leidenschaftlich aufzupressen, wie es ihn plötzlich danach verlangte.
Bittersüßes Sehnen und Drängen zerrten an Nikolais Nerven, kitzelten ihn von innen.
Knopf für Knopf öffnete sich unter geschickten Fingern. Gewiss musste der Stricher sonst weniger Aufwand betreiben, weniger Kontakt herstellen, ein Umdrehen und eine runtergezogene Hose mussten reichen. Hier nicht, hier kämpfte er beinahe um sein Honorar.
Und Nikolai war wie in einem Sog, gefangen zwischen der Faszination und der Verlockung, etwas Neues und Aufregendes zu tun, was man nicht von ihm erwartete – was er von sich selbst nicht gedacht hätte. Etwas, das sein Herz zum Rasen und seine Kopfhaut zum Prickeln brachte, wie der blassgrüne Blick eines Strichers, der ihm alles anbot, wenn er nur aufhörte, ihn zu fotografieren.
Seltsam, normalerweise rissen sich die Leute darum, vor seiner Kamera zu stehen…
Er zog scharf die Luft ein und schloss die Augen, als Milos Fingerspitzen unter sein Hemd über seinen flachen Bauch fuhren, als hätte er ihn verbrannt. Eine erstaunlich zärtliche, zurückhaltende Berührung, aber warm und verführerisch, sodass sie wie ein Schock war.
Mutiger fuhr Milo mit streichelnder Hand über die Rippen, als er Nikolai die kleine Reaktion entlockt hatte, glitt an seiner Seite hinab bis zum Hosenbund und fuhr spielerisch darunter, lockerte den engsitzenden Stoff.
Er beugte sich hinab und drückte sanft den vollen Mund auf Nikolais Kehle. Es war wie ein Stromstoß, der ihm vom Nacken ins Steißbein fuhr, er öffnete die Lippen, um atmen zu können. Milos Kuss war so samten wie sein köstlicher Mund aussah, schien nur dazu gemacht, anderen Freude zu bereiten. Heiß stieß sein Atem gegen Nikolais Brust und verursachte ihm eine kitzelnde Gänsehaut, die von tief drinnen zu kommen schien. Wanderte tiefer und tiefer, küsste oder strich forschend mit den Lippen über Nikolais Schlüsselbein, leckte wie ein Kätzchen über seine linke Brustwarze, bis sie sich zusammenzog und heißes Prickeln durch seine Nerven sandte.
Der Kontakt mit dem fremden Körper war beinahe überwältigend, zu viel für ihn. Es war, als würde er seit Monaten wieder etwas fühlen. Er hatte nicht geahnt, wie sehr er versteinert war, bis dieser Stricher es ihm zeigte.
Noch immer rührte er sich nicht, hielt die Augen genüsslich geschlossen und atmete nur etwas schneller als Zeichen seines Wohlbefindens. Er brauchte nichts zurückzugeben, es ging nur um ihn, um ihn allein. Der Stricher war nur für ihn da.
Irgendwie… brauchte er das. Vielleicht hatte er danach gesucht, als er heute ziellos durch die Stadt geschlendert war. Vielleicht war es um mehr als um ein Bild gegangen, das ihn berühren konnte.
Milo hob den Kopf und betrachtete ihn, Nikolai blickte aus halbgeschlossenen Lidern zurück, bemerkte seine ungerührte Mimik kaum. Milo forschte in seinem Gesicht, doch die steinernen Züge schienen ihn nicht abzuschrecken. »Du riechst gut«, bemerkte er und klang genussvoll.
Wenn das gespielt war, war es Nikolai gleich, er betrachtete den Stricher stumm.
Dieser drehte sich plötzlich um und presste den Rücken an seine Brust, schmiegte sich dreist an seinen Leib, nackte Haut auf nackte Haut, sie waren beide etwas kühl, wärmten sich sofort. Milo griff nach Nikolais rechter Hand, umfasste sie und hob sie zu seiner Brust, um sie darauf zu legen. Wie von selbst spreizten sich Nikolais Finger und glitten über die frischgeduschte Haut. Sie fühlte sich so seidig und warm an, wie er es sich vorgestellt hatte. Ein leises Keuchen wollte seine Kehle hinaufkriechen, er zwang es mit einem Schlucken nieder.
Auffordernd bewegte Milo sich an ihm, leichte und wellenförmige Bewegungen, rieb sich an ihm und presste die strammen Gesäßbacken in seinen Schritt, rieb sie über Nikolais langsam wachsendes Geschlecht. »Ich mag die Musik«, raunte er über die Schulter und suchte Nikolais Blick.
Musik?! Er hatte die dezenten Klänge im Hintergrund vollkommen ausgeblendet, auch jetzt rauschte es zu stark in seinen Ohren. Sein Blick fiel auf diesen Mund und er wollte wissen, wie er schmeckte.
Doch Milo drehte das Gesicht nach vorne, als hätte er seine Gedanken erraten und griff nach Nikolais linker Hand, um auch diese auf seinen Leib zu legen. »Berühr mich«, flüsterte er halb über die Schulter.
Nikolai konnte nicht anders, auch ohne die Aufforderung bewegten sich seine Hände wie von selbst, er zog die Arme von hinten zu und presste den blutjungen Leib an seinen. Drahtige Muskeln an drahtige Muskeln. Der Geruch von Seife und Haut drang in seine Nase, er schloss die Augen und senkte einem plötzlichen Impuls folgend den Kopf, öffnete die Lippen und biss sanft in den schlanken Nacken.
Milo keuchte heiser. Ein Spiel? Echte Lust? Nikolai wusste es nicht, doch jetzt konnte er ohnehin nicht mehr widerstehen.
Einladend legte Milo den Kopf schief, langte nach hinten in Nikolais Nacken, während dieser die Hand um seinen flachen Brustmuskel zudrückte und dann streichelnd nach unten fuhr.
Sie schlossen beide die Augen, warmes Prickeln rieselte erneut durch Nikolais Venen, doch dieses Mal setzte es sich fest, verursachte ihm ein zerrendes Sehnen in den Lenden, einen Druck in der Brust.
Milo drehte sich in der Umarmung wieder um, biss Nikolai ins lange und spitze Kinn und ließ sich dann fallen. Ohne Vorwarnung, ohne Raffinesse ging er vor ihm auf die Knie. Seine rosafarbene, süße Zunge zuckte hervor und schlängelte zärtlich oberhalb des Hosenbundes über Nikolais nackte Haut.
Der Atem blieb ihm im Hals stecken, mit offenen Lippen beobachtete er Milo.
Dieser blinzelte langsam, während er ihn liebkoste, sah zu ihm auf und öffnete ihm die Hose.
Nikolai griff ihm ins frischgewaschene Haar, es war kräftig und weich zugleich, wickelte sich um seine langen Finger, als er hindurchfuhr.
Kühle Luft traf auf sein Geschlecht, als der Stricher es befreite. Bereits steif ragte es hervor und empfing den Kuss auf dem Schaft mit einem Zucken, das ihm durch und durch ging.
Er schluckte das Stöhnen runter. Noch ein Blick von Milo, dann schloss dieser die Augen und strich mit den Lippen zärtlich an der Seite entlang, vom Schaft bis zur Wurzel, streckte die Zunge heraus und leckte über die Ader, die durch seine Liebkosung deutlicher hervortrat.
Ausatmend krallte Nikolai sich in das dunkle Haar, die Lust ließ seine Knie weich werden. Eine Hand legte sich um sein Gesäß, die andere umfasste ihn an der Wurzel. Warme Lippen umschlossen neckend seine Spitze, die schon klebrig war und schimmerte vom Precum.
Er hatte gar nicht bemerkt, wie erregt er war, bis er sein Geschlecht in dem sündhaft schönen Mund des Striches verschwinden sah. Diese Hitze, diese Feuchte! Es brachte ihn fast zum Explodieren.
Milos Augen öffneten sich kurz, sahen zu ihm auf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, die um Nikolais Harten lagen, als er dessen dunklen Blick und den Genuss darin bemerkte.
Er lehnte sich zurück, zog Nikolais Geschlecht aus seinem Mund, betrachtete es wie es von seinem Speichel glänzte, umkreiste die Spitze mit seiner geschickten Zunge, leckte den hervorkommenden Tropfen aus der Spalte und sandte Nikolai noch mehr Schwäche in die Knie, noch mehr Strom durch die Venen. Dann saugte er ihn wieder in seine herrlich feuchte Wärme, seine Wangen zogen sich zusammen, als er ein Vakuum erschuf und Nikolai das erste unkontrollierte Stöhnen entlockte.
Bis zur Wurzel sog er ihn ein, seine heiße Zunge schmiegte sich an Nikolais geräderten Schaft, verharrte, bis Nikolai vor Ungeduld bebte. Dann bewegte er sich langsam, lutschte ihn gemächlich, entließ ihn, leckte ihn, warf Blicke nach oben. Seine Zunge schien Stellen und Mittel zu kennen, von denen Nikolai nicht einmal gewusst hatte, dass sie sich so schön anfühlen konnten.
Ihm schwindelte, die Lust stieg ihm in den Kopf, während sein Blut sich in seiner pochenden Härte sammelte, die voller Hingabe mit Lippen und Zunge gestreichelt wurde. Lange Finger umschlossen sein Gehänge, das sich vor Sehnen fest zusammengezogen hatte, pressten es sacht, zogen daran, massierten, bis sich das Keuchen endlich aus seiner Kehle löste.
Mehr und mehr staute sich der Druck in seinem Inneren, in der Brust und in seinen Lenden, als ob seine Libido kurz vor dem Zerbersten stünde. Es war Folter und es war schön zugleich, er wollte die Erlösung und gleichzeitig konnte er sich nicht von dem Gefühl lösen, wie diese warme Zunge ihn der Länge nach leckte, bevor Milo ihn wieder aufnahm und genüsslich saugte.
Doch so sehr er es auch genoss, er wollte mehr als das.
Bevor es zu spät war, packte er Milos Haare fester und hielt ihn davon ab, sein Geschlecht erneut zwischen seine weichen Lippen nehmen zu wollen. Überrascht sahen die blassgrünen Augen zu ihm auf, das Licht stand günstig und beschien die eine Hälfte dieses perfekten Antlitzes, gab die blassen Sommersprossen auf dem Nasenrücken preis.
»Geh zum Sofa«, trug Nikolai ihm auf und ließ sein Haar los. »Knie dich davor auf den Boden und lehn dich über die Sitzfläche.«
Milo wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, sah zum Sofa und stand auf.
Nikolai schlüpfte aus seinen Schuhen und streifte endlich die Hose ab, ließ das offene Hemd fallen, während er dabei auf diesen perfekten, kleinen Arsch sehen konnte, der sich ihm im Halbdunkeln anbot. Milo warf ihm einen Blick über die Schulter zu, stellte die Knie ein wenig auseinander.
Nikolai zog die Schublade unter der gläsernen Platte des Sofatisches auf, öffnete die Schatulle darin und holte Gleitgel und ein Streifen Kondome heraus.
Milos Augen blitzten belustigt, er verkniff sich aber jeden Kommentar, keuchte auf, als Nikolai sich über ihn beugte und in seine Schulter biss.
»Bleib unten«, raunte er ihm zu und drückte ihn auf das Polster.
Begierig strich er über die geschwungene Wirbelsäule, ließ seinen Atem streichelnd über Milos Nacken fließen und hoffte, das erregte Beben wäre mehr als Show. Er glitt tiefer, kam nicht umhin, die knackigen Backen unter dem schwarzen Stoff zu streicheln, konnte nicht genug davon bekommen, wie perfekt sie in seine Hand passten. So klein und so fest und doch so vollmundig.
Er zog die Unterhose runter, spreizte mit einer Hand eine Gesäßseite ab, blickte auf ein rosafarbenes Loch, das für ihn einladend zuckte. Es war frisch rasiert, glatt wie ein Pfirsich, als er es mit einem Finger umkreiste.
Er musste Milo zu schmunzeln, der auf seinen Daumennagel biss und das Schmunzeln erwiderte.
Obwohl zwischen seinen Schenkel seine eigene Härte schmerzhaft pochte und einen ungeheuren Überdruck in seinem Inneren verursachte, übte er sich in Geduld. Liebte es, sich selbst zu quälen. Er zog den Stoff tiefer, legte kleine, niedliche Hoden frei und streichelte sie genüsslich. So samten die Haut. Er griff in die Hose, hörte Milo leise keuchen. Er war auch hart.
Wieder prickelte es in Nikolais Nacken, er zog das Geschlecht hervor und Milo nahm die Beine wieder zusammen, damit es an Ort und Stelle blieb, genoss den kurzen Moment, als Nikolais Finger darüber glitten, seine Form und seine Härte erkundete, seine Härte presste, Precum mit dem Daumen auf der prallen Spitze verrieb. Er hatte einen schönen Schwanz, ebenso schön wie sein Arsch.
Nikolai griff zum Gleitgel, ungeduldig wackelte Milo mit dem Gesäß, hielt es ihm fordernd entgegen, bis er endlich die feuchten und kühlen Finger spürte und leise aufstöhnte, besänftigt stillhielt.
Genüsslich betrachtete Nikolai den Muskelring, den er mit den Fingern bearbeitete, konnte sich nicht sattsehen an dem kleinen Loch. Er verrieb das Gleitgel, benötigte keinen Druck, Milo schien seine Finger einzusaugen. Sein Muskel zuckte wild, wenn Nikolai sich ihm entzog. Durchsichtige Fäden hingen aus der violetten Spitze seines Geschlechts, seine Wange war gerötet, er atmete erregt, willig.
Das wäre mit Abstand das beste Foto des Abends, dachte Nikolai bei sich und saugte ein letztes Mal diesen Anblick in sich auf, wie das kleine Loch zwischen diesen perfekten Arschbacken für ihn zuckte, weil es kaum erwarten konnte, ihn zu spüren.
Er war vermutlich der einzige Freier, der sich so viel Zeit nahm, doch das ließ er sich bestimmt nicht nehmen. Dieser Muskel war zu makellos, zu schön, um ihn einfach zu zerstören. Wie gern er sich vorgebeugt und ihn gekostet hätte, mit der Zunge umkreist, sanft durchstoßen, die Lippen darumgelegt und gesaugt hätte, um Milo für ihn stöhnen zu hören. Wie gerne er ihn verrückt gemacht hätte. Allein bei dem Gedanken hätte er kommen können.
Er stand auf, nutzte Milos weißes Shirt, um sich die Finger zu säubern. Der Stricher räkelte sich auf dem Polster, wimmerte gespielt frustriert.
Nikolai griff zum Kondom, riss es auf und streifte es sich über. Erneuter Griff zum Gleitgel, er stellte sich über Milos kleinen Arsch und beugte sich über ihn. Er war ganz weich für ihn, kein Widerstand. Nur eine samtene, heiße Enge, die ihn die Augen vor Lust verdrehen ließ.
Auch Milo schloss die Augen. Nikolai fuhr ihm ins Haar und hielt es aus seinem perfekten Gesicht, biss ihm sacht ins Ohrläppchen und musste sich davon abhalten, ihm einen Kuss auf den halbgeöffneten, einladenden Mund zu drücken.
Langsam drang er in diese herrliche Enge ein, war überwältig wie sehr sie ihn zusammenpresste. Milo zog sein Innerstes für ihn zusammen, grinste dreist als Nikolai für ihn stöhnte. Pulsierend und rhythmisch öffnete und verschloss er sich für ihn, melkte ihn.
Bis zur Wurzel drang er ein, keuchte und presste sich bis zum Anschlag in den Stricher, wäre am liebsten in ihn hineingekrochen, wollte ihn fressen! Sie stöhnten beide leise, Nikolais Arme fuhren unter den kleineren, jüngeren Leib, hielten ihn an sich gepresst, dann bewegte er sich.
Jeder Stoß war wie ein Stromschlag, ihre Hoden berührten sich, schmiegten sich schwer aneinander, klebten bald darauf.
Nikolai verlor das Gefühl für Raum und Zeit, es existierte nur noch das Gefühl in seinem Schwanz, wenn er in diese tiefe Enge stieß, die ihn wie eine eiserne Faust umklammert hielt.
Heiß drang sein Atem in Milos Ohr, in das er immer wieder biss, um ihn zum Stöhnen zu bringen.
Er wurde ungeduldiger, der Druck zu groß, er wollte sich beherrschen, doch sein Herz raste und sein Becken wiegte schneller. Jeder Stoß kam härter, presste Milo einen kleinen, genüsslichen Laut aus der Kehle. Ein leises »Oh Gott«, ertönte und schmeichelte mehr als jedes Kompliment.
Seine Erregung steigerte Nikolais, er wollte ihn beben sehen, wollte ihn die Augen verdrehen sehen und zuhören, wie er immer mehr und lauter unkontrolliert aufstöhnte. Er wollte es so sehr, dass er sich selbst vergaß und noch härter zustieß, sich dem Willen des Striches anpasste, bis ihn die Lust überrollte und Milos abgehacktes Stöhnen ihn über die Schwelle zog.
Selten hatte sich Kommen so intensiv angefühlt, fuhr in jeden Nerv, in jedes Glied, erfüllte ihn mit einem starken Erzittern und prickelte intensiv durch seine Venen, bis sich ihm jedes Haar aufstellte.
Das Kondom hatte einiges aufzufangen, seine Härte pumpte, seine Hoden krampften und Milo zog für ihn sein Innerstes zusammen.
Nikolai schwindelte, als die Nachwehen nur langsam abklangen, hielt sich an den schmalen, fast femininen Hüften des Strichers fest und blinzelte gegen seine Benommenheit an. Eine Leere übernahm seinen Kopf, die er ausnahmsweise als angenehm empfand.
Doch noch prickelte die Lust durch sein Geschlecht, kitzelte ihn. Er zog sich aus dem zuckenden Loch. Milo machte Anstalten, sich aufrichten zu wollen, ein gewitztes Lächeln lag schon auf seinen Lippen, da drückte Nikolai ihn wieder herab.
Überraschung und plötzliche Unsicherheit trat in die blassgrünen Augen, die ihm einen Blick zuwarfen.
Nikolai ließ ihn los und griff mit der anderen Hand nach Milos noch hartem Geschlecht. Es tropfte ihm den Boden voll, hatte Gefallen an dem Fick gefunden.
Nach dem ersten Pumpen schien Milo zu begreifen und schloss die Augen, der Mund leicht geöffnet, um schwer zu atmen.
Nikolai ergötzte sich an dem Anblick, ihn so offen vor sich zu sehen. Sein Griff war entschlossen, aber nicht zu fest, er nutzte keine Spielereien, verrieb nur die Feuchte und wichste ihn nach hinten raus, weil er den Anblick fast erregender fand als den Akt selbst.
Es dauerte nicht lange, als Milos Muskel rhythmisch zu zucken begann, auch seine Hoden krampften zusammen, sein Geschlecht wurde noch härter und war kaum noch nach hinten zu biegen, als es sich zitternd entlud. Leider kam nicht halb so viel weißer Saft hervor, wie Nikolai erhofft hatte. Er half dem stöhnenden Stricher trotzdem durch den Orgasmus, drückte ihn aus seinem Schwanz, bis er nur noch gelegentlich zuckte.
Der Moment, wenn die Lust bereits wieder verklang, war stets ein entscheidender Moment. Nikolai wartete auf die Reue oder die Gleichgültigkeit. Doch während er noch den Rest des Höhepunktes aus Milos Geschlecht drückte, spürte er nur ein leises, zufriedenes Summen in seinem Körper.
Seufzend lehnte er sich neben dem süßen, runden Arsch mit dem Rücken an das Sofa und rutschte so tief, dass er den Hinterkopf ablegen konnte. Sein Herz hämmerte noch gegen seine Brust, ihm war schwummrig, aber er fühlte sich, als ob er seit langem mal wieder tief einatmen könnte.
Milo drehte sich auch um, setzte sich neben ihm, sein Atem ging ebenfalls noch schwer. »Mir ist nach einer Kippe«, keuchte er atemlos und warf ihm ein breites Grinsen zu.
Nikolai hätte auch eine verdammte Zigarette rauchen können, das würde wohl nie vergehen, ganz gleich wie lange er diesen bereits entsagte. Er strich sich das blonde Haar aus der Stirn. »Hohl uns lieber Wasser aus der Küche«, trug er ihm auf.
Ohne zu zögern, stand der kleine Stricher wirklich auf, griff aber zuerst zum weißen Shirt und putzte sich den klebrigen und noch immer steifen Schwanz ab, bevor er ihnen zu trinken holen ging. Nackt.
Nikolai sah seiner schlanken Silhouette nach, konnte noch immer keine Reue verspüren, nur erneute Lust, ihn noch in anderen Stellungen zu nehmen. Wären seine Knie nicht so weich und zittrig – wäre er etwas jünger – er wäre ihm nachgegangen und hätte ihn auch in der Küche gefickt, auf dem Tresen der Bar. Doch selbst wenn er hätte aufstehen können, sein Geschlecht brauchte eine Pause, sonst würde es schlapp machen.
Im Idealfall ließ er die Erektion kurz abkühlen, denn wenn er erst einmal schlaff war, war es leichter, ihn wieder hart werden zu lassen, als ihn zu überreden, hart zu bleiben. Vor allem wenn er nur an diesen kleinen, süßen Arsch dachte, der sich gerade in seiner Küche bewegte und noch immer ganz weich für ihn sein würde.
Er schloss kurz die Augen, erbebte noch einmal und genoss das leise und sanfte Rieseln in seinem Leib. Dann riss er sich zusammen und streifte das Kondom ab, band es zusammen und legte es zur Seite, angelte sein eigenes Hemd und wollte es gerade nutzen, um sich halbwegs abzuwischen, als Milo mit einer Flasche Wasser und einem feuchten Geschirrhandtuch zurückkam.
Nun, besser als das Hemd.
»Hier.« Er reichte Nikolai zuerst den Lappen. Zwischen seinen dünnen Schenkeln schwank sei Halbsteifer und Nikolai starrte darauf.
Seufzend setzte der Stricher sich wieder zu ihm, ihre Schultern streiften sich. Er schraubte die Glasflasche auf, Wasser perlte daran herab, als er sie ansetzte und trank.
Nikolai säuberte sich provisorisch, dann ließ er die Arme schlaff hängen und legte wieder den Hinterkopf in den Nacken. Er war auf tiefreichende Art zufrieden und erschöpft.
Er spürte, wie sich der Stricher ihm zuwandte und sich auf die Hüfte drehte, das Polster sank unter seinem spitzen Ellenbogen, als er den Kopf auf die Hand stützte.
Nikolai spürte einen spitzen Finger, der sich unterhalb seines Wangenknochens in sein Gesicht bohrte, ebenso den brennenden Blick aus den blassgrünen Augen. »Du hast ´ne Miene wie ´ne Statue«, meinte der Stricher nachdenklich und halbamüsiert. »Als ob dir gleichzeitig alles Egal wäre und dich alles nervt.«
Innerlich schmunzelnd wandte Nikolai ihm das Gesicht zu und öffnete die Augen halb, die Lider schwer vor Müdigkeit. »Vielleicht ist es ja so.«
Die Erwiderung brachte ein schiefes Lächeln auf die blutjungen Züge. »Nerv ich dich jetzt?«
Einen Moment betrachtete Nikolai ihn stumm, dann schüttelte er langsam den Kopf.
Milos Lächeln wurde wissender, er reichte ihm die Wasserflasche, sie war noch aufgeschraubt.
Dankbar setzte Nikolai die feuchte Öffnung an die Lippen und trank und trank, hätte einen See austrinken können. Milo nutzte die Gelegenheit, auf seinen Schoß zu gleiten, ihre Geschlechter wurden aneinandergepresst, sanfte Finger gruben sich in seine Schultern.
Die süße Zunge zuckte wieder hervor und leckte Nikolais Kehle, während er trank, strich über seinen zuckenden Adamsapfel.
Als er die Flasche absetzte, wollte er tadelnd schauen, aber Milo krallte sich in sein Haar und presste das Gesicht an seinen Hals.
Nikolai schloss die Augen und ließ den Kopf auf das Sofa zurückfallen, ergab sich den Bemühungen und dem tiefsitzendem Sehnen seines Körpers, genoss das erneute Prickeln.
Scheiß drauf, er hatte genug Bargeld für die ganze Nacht im Safe…