Читать книгу Was Katzen wirklich wollen - Birgit Rödder - Страница 12
Die Sinnesorgane, wahre Hochleistungsinstrumente
ОглавлениеDie Leistungen der Sinnesorgane von Katzen sind Legende. Auch heute noch, da wir in einer High-tech-Gesellschaft leben und von Präzisionsinstrumenten umgeben sind, bringen sie uns immer wieder erneut zum Staunen.
Die Augen
Beim Betrachten eines Katzengesichts fallen als erstes Sinnesorgan die großen Augen und die veränderbare Pupillengröße auf.
Dämmerungssehen: Katzenaugen verfügen über 400.000 Sehzellen pro Quadratmillimeter Netzhaut, wir Menschen nur über ein knappes Viertel davon. Darüber hinaus ist ein großer Teil des Augenhintergrunds mit dem sogenannten Tapetum lucidum ( Glossar, >) ausgekleidet, einem Gewebe aus großen, flachen Zellen, die wie Spiegel wirken und die Lichtempfindlichkeit des Auges um etwa das 1,7-Fache weiter verstärken.
Allerdings – in völliger Dunkelheit sieht auch eine Katze nichts.
Räumliches Sehen: Beide Augen der Katze sind nach vorne gerichtet, ein Umstand, der entscheidend ist für die Treffsicherheit beim Springen und Greifen. Die Gesichtsfelder beider Augen überschneiden sich dadurch nämlich sehr weit, eine Voraussetzung, um Entfernungen gut abschätzen zu können. (Ganz anders zum Beispiel bei den Huftieren, bei denen die Augen an den Seiten des Kopfes liegen und die deswegen zwei fast völlig getrennte Bilder wahrnehmen, eines mit dem rechten und eines mit dem linken Auge, dadurch insgesamt aber ein ungemein weites Gesichtsfeld haben. Huftiere, die auf die Flucht angewiesen sind, brauchen eben »auch hinten« Augen.)
Farbsehen: Früher hielt man die Katzen für völlig farbenblind. Mittlerweile haben aber physiologische Untersuchungen eindeutig ergeben, dass sie durchaus Farben erkennen können, ihnen jedoch wenig Bedeutung beimessen.
Das Gehör
Katzen sind im wahrsten Sinne des Wortes hellhörige Tiere. Ihre Ohren nehmen noch Töne wahr, die wir Menschen längst nicht mehr hören. Vor allem reagieren sie sensibel auf hohe Töne, etwa das leise Fiepen einer Maus. Und noch schwächste Geräusche erregen die Aufmerksamkeit der Katze.
Sie vermag sie auch präzise zu orten, denn die beiden Ohrmuscheln lassen sich unabhängig voneinander auf eine Geräuschquelle ausrichten.
Die Geräuschempfindlichkeit der Katzen hängt auch von der Leistungsfähigkeit des Gehirns bei der Verarbeitung der Sinneseindrücke ab, worauf die Domestikation, aber auch bereits die Art der Haltung einen Einfluss hat. Doch davon später ( >).
Keinen Einfluss auf das Hörvermögen oder die Ortung des Schalls haben hingegen die manchmal auffälligen Haarbüschel an den Ohren mancher Katzenarten (Luchs, Karakal, Rohrkatze usw.). Noch in den Siebzigerjahren behauptete man, dass die Ohrpinsel des Luchses wie Antennen wirkten. Würde man die Pinsel abschneiden, so sei das Hörvermögen deutlich herabgesetzt.
Dies ist reiner Aberglaube. Tatsächlich sind die Ohrpinsel, die übrigens bei Karakal und Luchs ganz verschieden aufgebaut sind, nichts weiter als »Aufputz«, wenn auch ein wichtiger zur Unterstreichung der Ohrenmimik. Dieser kommt bei beiden Arten für die Mitteilung von Stimmungen eine besondere Bedeutung zu, da sowohl Karakal wie Luchs kurzschwänzig sind und dadurch ihre Ausdrucksmöglichkeiten mittels Schwanz zu einem Gutteil eingebüßt haben.
Der Geruchssinn
Der Geruchssinn ist zwar nicht der wichtigste, aber immerhin der erste Sinn, der bei einer Katze voll entwickelt ist. Ein neugeborenes Kätzchen, das noch blind und taub ist, vermag sich doch bereits an Gerüchen zu orientieren. Erst 14 Tage später sind auch das Sehen und Hören ausgebildet.
Wilde Katzen kann man zwar gelegentlich mit erhobenem Kopf wittern sehen, auch beriechen sie Objekte gründlich, sie verfolgen jedoch normalerweise keine Geruchsspur. Bei ihnen liegt die wesentliche Bedeutung des Geruchssinns im sozialen Bereich (Markier-, Sexualverhalten) und in der Beurteilung der Fleischqualität. Alle vernünftigen Katzen beriechen gewöhnlich ihr Mahl ausführlich, bevor sie mit dem Verzehr beginnen. Damit vermeiden sie beispielsweise in Notsituationen, in denen fast alle Katzen zu Aasfressern werden können, dass sie zu alte und damit unbekömmliche Nahrung aufnehmen. Vergammeltes Fleisch beriechen sie zwar, rühren es aber nicht an. Beutetiere, die nach scharfen, möglicherweise auch schädlichen Drüsensekreten riechen, werden ebenso liegen gelassen wie sehr kranke oder stark verschmutzte Tiere.
Das Jacobson’sche Organ: Bei diesem Organ handelt es sich um ein spezielles Hilfsorgan des Geruchssinns, eigentlich um ein zweites Geruchsorgan. Es liegt in der Mundhöhle am Gaumendach und kann wasserlösliche Duftstoffe wahrnehmen. Man findet es verbreitet bei den Reptilien, ebenso bei vielen Huftieren, bei Nagetieren und Mangusten – und eben bei Katzen.
Flehmen: Alle Säugetiere mit einem Jacobson’schen Organ flehmen, ein Verhalten, bei dem die Oberlippe meist recht auffällig zurückgezogen wird, um den Geruchsstoffen den Zugang zum Organ zu erleichtern. Wenn die Katze bestimmte Gerüche mit der Nase wahrnimmt und noch genauer prüfen möchte, flehmt sie: Sie hebt den Kopf, zieht die Mundwinkel mehr oder weniger stark zurück und hält kurz den Atem an.
Unsere Hauskatzen öffnen dabei den Mund nur ganz wenig. Deshalb wird diese Geste oft übersehen. Manchmal bemerkt man nur, dass die Katze in ihren olfaktorischen Untersuchungen innehält und mit leicht erhobenem Kopf und etwas »abwesend« wirkendem Gesichtsausdruck einige Sekunden reglos verharrt. Zum Abschluss des Vorgangs schlucken die Katzen und lecken sich ein-, zweimal über den Nasenspiegel.
Die großen Katzenarten flehmen viel auffälliger, weil sie dabei die Nase deutlich rümpfen, die Kiefer weit aufsperren und oft auch die Zunge vorstrecken. Meist sind es Duftstoffe aus der Sexualsphäre, die das Flehmen auslösen, doch führen es die Katzen auch an zahlreichen anderen (für sie ähnlich riechenden?) Gegenständen und Stoffen aus, etwa gewissen Pflanzen, Parfüms, alkoholischen Getränken, frisch gegerbtem Leder und anderen geruchsintensiven Dingen.
DIE SINNESORGANE DER KATZE
1 Augen: Im Dämmerlicht und in Mondnächten sehen Katzen um ein Vielfaches besser als wir Menschen, nämlich fast so gut wie am Tag. Bei hellem Lichteinfall sind ihre Pupillen schlitzförmig schmal, bei abnehmendem Licht erweitern sie sich stark, werden schließlich kreisrund und lassen so noch möglichst viel Licht ins Auge.
Katzenaugen reagieren auch auf kleinste Bewegungen, während ruhende Objekte oft nicht wahrgenommen werden.
2 Ohren: Das Gehör der Katzen reicht weit über die für uns wahrnehmbaren hohen Töne hinaus.
Sie reagieren noch auf Tonhöhen von 45 Kilohertz (Menschen nur bis 20 Kilohertz). Damit können Katzen das feine Piepsen von Mäusen viel besser hören als wir.
3 Nase: Der Geruchssinn ist bei den Katzen zwar gut ausgebildet, tritt aber in seiner Bedeutung stark hinter Sehen und Hören zurück. Verglichen mit anderen Fleischfressern, fällt Miezes Nase kurz und die Riechschleimhaut entsprechend klein aus.
4 Zunge und Gaumen: Katzen sind in der Lage, die Geschmacksrichtungen salzig, sauer und bitter eindeutig zu unterscheiden, ebenso »umami«, den herzhaften Geschmack von Fleisch. Der Nachweis, dass auf Zunge oder Gaumen auch Rezeptoren für Süßes vorhanden sind, steht noch aus.
Der Tastsinn
Ganz generell ist der Tastsinn der Katze auf der gesamten Körperoberfläche gut entwickelt. Die weiche, unbehaarte Haut der Vorderpfotenballen ist aber besonders reich mit Empfindungsnerven versehen. Vor allem Jungkatzen benützen häufig die Vorderpfoten beim Erkunden ihrer Umgebung, die sie im buchstäblichen Sinne zu »begreifen« trachten.
Sinneshaare: Ein ganz besonderes Wahrnehmungssystem stellen die Sinneshaare dar, mit denen die Katzen reichlich ausgestattet sind. Die ziemlich steifen Haare selbst spüren gar nichts, aber die Haarwurzeln sind in ein sehr empfindliches Gewebe eingebettet. Dieses spricht auf Ablenkungen der Haare von der Normalstellung an und gibt die Erregungsdaten an das Gehirn weiter, das die Reize dann auswertet.
Schnurrhaare: Sie wachsen links und rechts des Nasenspiegels und stellen den auffälligsten Teil des Tastsystems dar. Mit dem Schnurren haben sie freilich nichts zu tun, sie unterstützen vielmehr den Tastsinn. Man nahm bereits früher an, dass die Katzen damit die Weite enger Durchschlupflöcher »ausmessen«, doch erst der bekannte »Katzenprofessor« Leyhausen fand durch Beobachtungen und zahlreiche Experimente heraus, dass sie den Tieren auch noch zu einem anderen Zweck dienen: Vor dem Verzehren der Beute stellen die Katzen deren Haar- oder Federstrich fest, indem sie mit den Schnurrhaaren darüberfahren. Dies ist vor allem für die kleineren Katzenarten von Bedeutung, weil sich die Nahrungsbrocken »gegen den Strich« nur schlecht abbeißen und herunterschlucken lassen.
Nicht selten sind die Schnurrhaare auffällig und farblich vom übrigen Fell abgesetzt und werden damit nicht zuletzt auch zum Ausdrucksorgan: Zurückgelegt unterstreichen sie die Mimik des Zähnebleckens beim Fauchen. Eine angreifende Katze, die bereit ist zuzubeißen, streckt ihre Schnurrhaare hingegen vor, desgleichen bei der bloßen Drohung.
Weitere Sinneshaare: Als Hilfe bei der Orientierung in völliger Dunkelheit haben die Felidae (>, >) auch noch Sinneshaare über den Augen und an der Rückseite der Vorderpfotengelenke. Mit diesem Tastsystem ist die Katze in der Lage, Grad, Richtung, Geschwindigkeit, Dauer und gegebenenfalls auch den Rhythmus eines entsprechenden Reizes zu »erfühlen«.