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4 Prinzipien der Kostenzuordnung, Kosten- und Erlösverteilung

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Eine elementare Frage der Kostenrechnung ist, welche Kosten einem Kalkulationsobjekt zugeordnet werden sollen bzw. dürfen, sei es einer Kostenstelle oder einem Kostenträger.

Als Grundprinzip der Kostenzuordnung wird allgemein das Verursachungsprinzip genannt, demzufolge einem Kalkulationsobjekt nur die Kosten zugeordnet werden dürfen, die es verursacht hat. Eine Erklärung des Verursachungsprinzips durch das Wort »verursachen«, ist weder in der Theorie noch in der Praxis hilfreich. Hummel/Männel sprechen in diesem Zusammenhang von einer »pseudonormativen Leerformel«.56

Gesucht sind also klare Regeln, die auf einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Leistungserbringung und Kostenentstehung abstellen, und die auf nicht beweisbare Annahmen verzichten und so sicherstellen, dass die Kostenrechnung die betrieblichen Realitäten unverfälscht abbildet.

In diesem Zusammenhang sind zunächst zwei Interpretationen bzw. Konkretisierungen des Verursachungsprinzips zu nennen: das Kausalprinzip und das Finalprinzip.

Das Kausalprinzip als Prinzip von Ursache und Wirkung wird in der Weise interpretiert, dass Kosten durch Leistungen verursacht werden. Diese Interpretation ist deswegen falsch bzw. unzulässig, weil die Ursache (Kostenentstehung) der Wirkung (Leistungserstellung) zeitlich vorausgeht. Insofern stellen die Kosten die Ursache und die Leistungen die Wirkung bei der kausalen Interpretation des Verursachungsprinzips dar.57

Eine Finalbeziehung (Mittel-Zweck-Beziehung) zwischen zwei Größen ist dann gegeben, wenn die eine Größe um der anderen willen bewusst in Kauf genommen wird. Übertragen auf die Probleme der Kostenrechnung bzw. auf die Beziehung zwischen Kosten und Leistungen, bedeutet das, dass einer Leistung die Kosten zugerechnet werden können bzw. müssen, die um dieser Leistung willen bewusst in Kauf genommen werden.58

Während einige Autoren im Finalprinzip ein einheitliches Prinzip für die Kostenermittlung und die Kostenzurechnung sehen, stellt es für andere eine unzureichende Erklärung bzw. Interpretation des Verursachungsprinzips dar. Dies vor allem deswegen, weil Kosten bereits entstehen, wenn die Entscheidung über die Erstellung von Leistungen getroffen wird und nicht erst mit Aufnahme der Leistungserstellung selbst. Dieser Gedanke ist die Grundlage des von Riebel formulierten Identitätsprinzips, das er aus seinem entscheidungsorientierten Kostenbegriff ableitet. Für ihn sind Entscheidungen die eigentlichen Kalkulationsobjekte. Kosten sind deswegen die mit der Entscheidung über das betrachtete Objekt ausgelösten Ausgaben.59

Ursache für die Entstehung von Kosten und Leistungen ist demnach »… jene Entscheidung, die sowohl den Güterverbrauch als auch die Leistungsentstehung auslöst. Kosten und Leistungen sind gekoppelte Wirkungen derselben (identischen) Entscheidung. Die Verklammerung von Kosten und Leistungen über einen nachweisbaren gemeinsamen dispositiven Ursprung liefert die Begründung für die Kostenzurechnung.«60

Ausgehend von einem bestehenden Betrieb werden durch Entscheidungen Änderungen der Kosten ausgelöst. Das Abstellen auf Kostenänderungen basiert auf einem alten Denkansatz der Wirtschaftswissenschaften, der Marginalanalyse, und erhält als Marginalprinzip für die Kosten- und Leistungsrechnung erhebliche Bedeutung. Es verlangt, »… einem Kalkulationsobjekt stets genau jene Kosten und Erlöse zuzurechnen, die durch die Existenz dieses Kalkulationsobjektes zusätzlich ausgelöst werden (wurden) und die bei Nichtexistenz dieses Kalkulationsobjektes überhaupt nicht angefallen wären, also vollständig vermieden worden bzw. entgangen wären.«61

Da die Betrachtung zusätzlicher Kosten und zusätzlicher Erlöse auf relevante Größen abstellt, wird in diesem Zusammenhang auch vom Relevanzprinzip gesprochen.62

Auf die enge Beziehung zwischen Identitätsprinzip und Marginalprinzip weist Hummel hin. Während das Identitätsprinzip zum Ausdruck bringt, dass Kosten und Erlöse die gekoppelte Wirkung einer identischen Entscheidung sind, erklärt das Marginalprinzip, wie das Umsetzen von Entscheidungen in Aktivitäten zusätzliche Kosten und Erlöse auslöst.63

Auch dem Identitätsprinzip als schlüssige Interpretation des Verursachungsprinzips sind bei der Kostenzurechnung auf Kalkulationsobjekte Grenzen gesetzt, d. h., die Zurechnungsmöglichkeit ist abhängig von der Definition des Kalkulationsobjektes.

Dieser Sachverhalt führt zum Aufbau von Bezugsgrößenhierarchien.64 Damit wird erreicht, dass jede Kostenart an irgendeiner Stelle des Betriebes als Einzelkosten erfasst werden kann. Gleiches gilt hinsichtlich der Kostenträger (einzelne Leistung, Leistungsart, Leistungsgruppe, gesamtes Leistungsprogramm).

Der Hinweis auf die Bezugsgrößenhierarchien macht deutlich, dass mit dem Verursachungsprinzip eine Verrechnung aller Kosten auf die einzelnen Leistungen nicht möglich ist. Will man also eine derartige vollständige Kostenverrechnung erreichen, so ist das Verursachungsprinzip durch andere Prinzipien der Kostenzuordnung bzw. Kostenverrechnung zu ergänzen. Diese Kostenanlastungsprinzipien65 sind das Durchschnittsprinzip, insbesondere in Form des Leistungsentsprechungsprinzips, und das Kostentragfähigkeitsprinzip.

Beide Verfahren dienen dazu, Gemeinkosten, insbesondere fixe Gemeinkosten, auf Kalkulationsobjekte zu verteilen, für die sie nach dem Verursachungsprinzip nicht erfassbar sind.

Das Durchschnittsprinzip in seiner allgemeinen Form gibt nicht Antwort auf die Frage, welche Kosten durch ein Kalkulationsobjekt verursacht wurden, sondern lässt nur eine Aussage darüber zu, welche Kosten im Durchschnitt auf ein Kalkulationsobjekt entfallen.

In reiner Form findet das Durchschnittsprinzip Anwendung bei der Divisionskalkulation im Einproduktbetrieb, in dem die Stückkosten in der Weise ermittelt werden, dass man die Gesamtkosten durch die Anzahl der Leistungseinheiten dividiert.

Ist das Kostenanlastungsproblem komplexer (z. B. im Mehrproduktbetrieb oder bei der Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen), so tritt an die rechnerische Beziehung zwischen Kosten- und Leistungen die Beziehung zwischen Kosten und Bezugsgrößen, die ihrerseits in einer Proportionalbeziehung zu den Leistungen steht.

Entscheidend für das Durchschnittsprinzip ist also, dass zwischen Kosten- und Leistungen direkt oder indirekt eine rechnerische Beziehung hergestellt wird, ohne Rücksicht darauf, ob eine Kostenzuordnung im Sinne des Verursachungsprinzips tatsächlich möglich ist.

Nach dem Kostentragfähigkeitsprinzip werden die nicht verursachungsgemäß zurechenbaren Kosten im Verhältnis der Marktpreise oder Deckungsbeiträge (= Marktpreise: direkt zurechenbare Kosten) auf die Kalkulationsobjekte verrechnet.66

Beide Kostenanlastungsprinzipien, sowohl das Durchschnittsprinzip als auch das Kostentragfähigkeitsprinzip, ermöglichen mit unterschiedlichem Grundgedanken und dementsprechend meist unterschiedlichen Ergebnissen die Verrechnung von nach dem Verursachungsprinzip nicht verrechenbaren Kosten.

In den letzten Jahren haben sich im Krankenhaus mehrere Formen der Verteilung von Erlösen auf unterschiedliche Fachabteilungen herausgebildet.67 Dieses Erlössplitting genannte Verfahren wird benutzt, um den Gesamterlös einer Fachabteilung berechnen zu können. Diese Erlössplitting- bzw. Verteilungsansätze folgen der Logik, dass jede Fachabteilung ihren Anteilen an den vom Preissystem vorgesehenen Erlösen erhalten sollen (kein Kostenersatz). Keines dieser Verfahren hat bisher eine flächendeckende Verbreitung gefunden. Ein Überblick über die unterschiedlichen Verfahren findet sich u. a. bei Rapp.68 Prinzipiell gibt es dabei Verfahren, die sich eher an den jeweils entstandenen individuellen Kostenanteilen je Abteilungen orientieren und Verfahren, die sich eher an der Verteilung der Kostenanteile in einem Referenzsystem, in der Regel INEK Kostenmatrix orientieren und darauf aufbauend die Verteilung der Erlösanteile vornehmen.69 Insgesamt kann festgehalten werden, dass aus unterschiedlichen Gründen mehr als ein Drittel der Krankenhäuser ganz auf eine Erlösverteilung bzw. Verrechnung von Leistungen verzichten.70

Notwendig bzw. als sinnvoll angesehen werden diese Ansätze vor allem im Bereich der mehrstufigen Bereichsergebnisrechnungen. Diese mehrstufigen Bereichsergebnisrechnungen werden im Krankenhaus meist als mehrstufige Deckungsbeitragsrechnungen bezeichnet und unter die Teilkostenansätze subsumiert, obwohl es sich im Prinzip nicht um klassische Teilkostenansätze handelt. Ziel ist es jedoch mehrere Stufen des Abteilungsergebnisses (meist Deckungsbeiträge oder Bereichsergebnisstufen genannt) zu berechnen und somit den Erfolg der Fachabteilungen beurteilen zu können71.

56 Vgl. Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 54

57 Vgl. Ehrt, R.: Die Zurechenbarkeit von Kosten- und Leistungen auf der Grundlage kausaler und finaler Beziehungen, Stuttgart 1967, S. 26

58 Vgl. Ehrt, R.: a. a. O., S. 30 und 31. Die finale Interpretation des Verursachungsprinzips bezeichnet Kosiol als Kosteneinwirkungsprinzip. Vgl. Kosiol, E.: Kosten- und Leistungsrechnung, a. a. O., S. 21. Gebräuchlich für die finale Interpretation des Verursachungsprinzips ist auch der Begriff Veranlassungsprinzip. Vgl. Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 56

59 Vgl. Riebel, P.: Einzelkosten und Deckungsbeitragsrechnung, a. a. O., S. 76

60 Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 56

61 Vgl. ebenda, a. a. O., S. 57

62 Vgl. ebenda, a. a. O., S. 57

63 Vgl. ebenda, S. 56ff.

64 Vgl. Riebel, P.: Einzelkosten und Deckungsbeitragsrechnung, a. a. O., S. 37

65 Vgl. Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 58

66 Vgl. Kilger, W.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 13. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 481f.

67 Vgl. dazu u. a. Wacker, F.: Grundlagen der Erlösverteilung im Krankenhaus in: Zapp, W., Terbeck, J. (Hrsg.), Kosten- versus Erlösverteilung im DRG-System, 2014

68 Rapp, B., Wahl, S.: DRG-Erlösverteilung, in: Rapp, B.: Praxiswissen DRG. Optimierung von Strukturen und Abläufen, 1. Auflage, Kohlhammer Verlag, 2010, S. 187-209 zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Verfahren, vgl. u. a. Wacker (2014), S.39ff.

69 Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Verfahren, vgl. u. a. Wacker, 2014, S. 39ff.

70 Vgl. Crasselt, H., Heitmann, C., Maier, B., 2016

71 Kap. III 4

Kosten- und Leistungsrechnung in Krankenhäusern

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