Читать книгу Das Meer - Blai Bonet - Страница 11

Оглавление
6 ANDREU RAMALLO

Joan Mercader und ich verließen die Lungenstation. Mit aufgeknöpftem Kittel und Händen in den Hosentaschen durchquerte Joan Mercader pfeifend und hart mit den Absätzen auftretend den Saal. Er ist jemand, der selbstsicher geht. Wie ein Korporal des Pionierregiments. Er hat etwas von einem Soldaten, der Ausgang erhalten hat. Wie er den Saal der Lungenstation verlässt, den Gürtel offen (den Bauchnabel fast kindlich zur Schau gestellt), wie er sich nicht zur Wand dreht, wenn er seine Hose herunterlässt, um das Hemd einzustecken. Jordi Mercader, der kein Unterhemd trägt, wie er mit dem Gesicht zu uns, als stünde er allein auf einem Feld, sich sein Hemd überzieht, sich im Kreuz streckend das Hemd vorne in die Hose stopft und kurz seinen gelbhäutigen Bauch zeigt. Danach bindet er seinen Gürtel zu und ordnet geistesabwesend und souverän mit zwei sanften Griffen seinen Schritt – wie das ordnende Herumfuchteln eines Matadors nach acht einfachen pases.

Beim Öffnen der Aufzugstür wandte er sich zu mir.

„Du hast feuchte Augen, beinahe wärst du in Tränen ausgebrochen, als dich der Direktor fragte, welchen Beruf du hast.“

Ich antwortete:

„Weil ich noch nie gearbeitet habe, darum. In meinem Dorf – Du hast keine Ahnung, wie die Leute in einem Dorf ticken! – würden die Leute Mitleid mit mir haben, wenn sie mich in einer Schreinerei arbeiten sähen oder im Steinbruch, wenn sie sähen, wie ich eine Schubkarre durch den Ort placke, mit Zement oder mit Kalk bis oben hin, wenn sie mich als Gepäckjungen auf dem Bahnsteig sähen oder bei Joan Martí, dem Barbier – du hast keine Ahnung, wie Spott auf dem Lande klingt. Einer wie ich dürfte nur in der Verwaltung arbeiten oder in einer Bank. Aber weder im Rathaus noch in der Bank hätte man mich gewollt, weil ich nichts besaß und mir Eugeni, der Kaufmann, manchmal etwas gab und mich in seinem Auto ins Theater in der Stadt mitnahm und ihn die Leute wegen mir schon «La Verònica» nannten.“

Joan Mercader sagte:

„Wenn du aus dem Sanatorium rauskommst, wirst du wie wir alle irgendwo schaffen. Der Direktor hat gesagt, dass du bereits gesund genug bist für Arbeit. Wenn du nicht arbeitest, wirst du wie vorher den ganzen Tag die Hände in die Hosen stecken. Man muss immer was in den Händen haben, ob Holz, Steine, Kalk oder Brot. Aber wenn du den lieben langen Tag die Wärme deiner Hosentaschen suchst, kommst du erst mittags aus den Federn. Du wirst sehen, wie du wieder fett wirst und dann traurig. Irgendwann reißen deine Arterien, und das Blut wird so heftig aus dir herausschießen, dass es den Spiegel vollspritzt, wenn du einen Spiegel in deinem Zimmer zu Hause hast. Du wirst wie Justo enden, der das Betttuch über den Spiegel am Waschbecken warf, damit er sein Blut nicht sehen musste. Du musst einen Ausweg finden, Ramallo. Einen Ausweg, hast du gehört …“

„Ich habe die Lösung. Sie ist mir gestern eingefallen. Im Bett.“

Und während er die Hand auf meine Schulter legt und mich mit seinen hellen Augen anschaut:

„Verzeih, was ich dir gesagt habe, Ramallo.“

„Sei ruhig, du hast ja recht, Mann.“

Das Meer

Подняться наверх