Читать книгу Nimmt - Блейк Пирс - Страница 6
PROLOG
ОглавлениеBrett Parma zog sich nicht gleich in ihren kleinen Campingwagen zurück, als sie von ihrer Wanderung durch die karge und unwegsame Hügellandschaft Arizonas zurückkehrte. Sie lehnte sich an das Fahrzeug, warf einen Blick auf den Pfad, den sie entlang gewandert war, und atmete an der trockenen und reinen Luft tief ein. Mit jeder Minute gefiel ihr dieser Ort besser und besser.
Und sogar im Dezember! dachte sie.
Es konnte kaum gegensätzlicher zur grausigen, windigen Winterkälte von North Platte, Nebraska sein. Natürlich wusste sie, dass diese ganze Gegend höllisch heiß im Sommer sein würde, sogar zu dieser späten Uhrzeit. Das Wandern stünde dann außer Frage.
Sie hatte die perfekte Wahl für einen dreitägigen Urlaub getroffen—sowohl der Ort, als auch die Jahreszeit stimmten. Die Campingplätze waren überhaupt nicht überfüllt, wie es während der Touristensaison oft der Fall ist. Und auch stellte es sich als gute Entscheidung heraus, ihren Transportwagen in einen einfachen Campingwagen umzurüsten.
Auch brauchte sie diesen Urlaub unbedingt. Ihre Stelle als Rezeptionistin bei der Hanson Family Medical Group wurde von Tag zu Tag immer undankbarer. Fast jeder, mit dem sie es in letzter Zeit zu tun hatte, ob übers Telefon oder in Person, schien über irgend etwas verärgert zu sein—ob über die Versicherungsdeckung, die Terminvereinbarung, die Nichtverfügbarkeit bestimmter Ärzte...
Alles Probleme zu derer Lösung ich nichts beitragen kann.
All diese Sorgen schienen im Augenblick selig weit entfernt. Brett kam der Gedanke...
Was, wenn ich einfach nicht zurückkehre?
Wäre es nicht wunderbar in ihren frühen Dreißigern in den Ruhestand zu treten? Oder vielleicht könnte sie noch etwas viel Ausgefalleneres anstellen. Was, wenn sie einfach weiterfahren würde, von Campingplatz zu Campingplatz ziehend? Sie könnte vielleicht ihren eigenen abgesonderten Übernachtungsort finden oder einfach den Weg weiter in den Süden nach Mexiko einschlagen und nie mehr zurückkehren?
Sie musste zu diesen Gedanken laut lachen.
Nein, solch eine Art von Freigeist war sie nicht—sie war nicht jemand der unbekümmert Gefahren und Verantwortungen ignorieren konnte, um...
Wie war nochmal die Redensart?
Ach ja. Um meiner Glückseligkeit zu folgen.
Sie wusste, solch ein Abenteuer war ihr nun mal nicht vorherbestimmt. Einerseits würde ihr bald das Ersparte ausgehen und wo stünde sie dann? Womit würde sie ihren Unterhalt verdienen?
Stattdessen musste sie so gut es ging die Glückseligkeit der bevorstehenden Tage nutzen.
Und in Wirklichkeit erschien ihr dies als völlig in Ordnung.
Während sie den Sonnenuntergang über der felsigen, rostfarbenen Hügellandschaft betrachtete, hörte sie das Geräusch eines sich annähernden Wagens.
Es überraschte sie ein wenig. Sie hatte sich für diesen malerischen Nebenweg entschieden, da sie von der Annahme ausging, dass sie hier so gut wie niemanden antreffen würde. Besonders nicht zu dieser Jahreszeit.
Noch mehr überraschte es sie, als der Fahrer von der Straße abfuhr und seinen Wagen neben dem ihren parkte. Das viel größere Wohnmobil stellte ihren eigenen kleinen, notdürftig ausgestatteten Wagen in den Schatten. Aber, dies war auch der Fall mit den meisten anderen Fahrzeugen, die sie an den Campingplätzen antraf.
Es muss sicherlich angenehm sei—all dieser Luxus auf Rädern.
Der Fahrer kletterte aus dem Fahrzeug. Es handelte sich um einen unscheinbaren aber freundlich aussehenden Mann.
Er schaute Brett an und sagte...
»Ach! Haben wir uns nicht schon drüben beim Wren’s Nest Campingplatz getroffen?«
Jetzt, da Brett darüber nachdachte, kamen ihr sowohl der Mann als auch sein Fahrzeug bekannt vor. Wahrscheinlich vom Campingplatz, an dem sie die Nacht zuvor Halt machte. Er sah aus, wie viele der Kerle, denen sie auf dem Campingplatz begegnet war. Er war älter als sie und offensichtlich auch wohlhabender. Normalerweise war eine ganze Familie mit solchen Typen unterwegs.
»Vielleicht«, antwortete sie.
»Ich heiße Pete«, sagte der Mann.
»Ich heiße Brett.«
»Schön dich kennenzulernen Brett.«
»Ebenfalls«, antwortete Brett. »Wohin bist du unterwegs?«
»Zum Beavertail Campingplatz«, antwortete Pete.
»Ich auch«, sagte Brett. »Es scheint mir um die zehn Minuten mit dem Auto von hier entfernt zu liegen.«
Pete nickte und lächelte. »Ja, das denke ich auch.«
Er trat dem Schild mit der Überschrift WANDERPFAD näher und betrachtete einen Augenblick lang die Hügellandschaft vor ihm.
Dann schaute er zu Brett und sagte: »Du siehst aus, als ob du gerade vom Wandern zurückgekommen bist.«
Brett wusste, dass dies leicht zu erraten war, da sie immer noch ihren Rucksack auf dem Rücken trug.
»Stimmt«, sagte sie.
Pete zwinkerte ihr zu. »Ich werde mich vielleicht selber an diesem Pfad versuchen. Würdest du ihn mir empfehlen?«
Brett war von dieser Frage ein wenig überrascht.
Sie antwortete: »Also, der Pfad ist toll, nur... es ist schon ziemlich spät, meinst du nicht auch? Bald wird es schon dunkel sein.«
Pete seufzte enttäuscht.
»Du hast wahrscheinlich recht«, sagte er. »Vielleicht komme ich morgen wieder zurück.«
Er starrte wieder einige Augenblicke die Hügellandschaft an. Dann machte er sich auf zu seinem Wohnmobil.
Er drehte sich noch um und sagte zu Brett: »Möchtest du vielleicht hereinkommen und ein Bier mit mir trinken?«
Brett war von diesem Angebot sowohl überrascht als auch angetan. Sie hatte zu diesem Ausflug nichts außer Wasser und ein paar Softdrinks zu trinken mitgebracht. Ein kühles Bier hörte sich erfrischend an. Außerdem wäre es wunderbar, einen Blick ins Innere des Wohnmobils werfen zu können.
»Das wäre nett«, antwortete sie.
Als er sie nach Innen begleitete, sah das Wohnmobil noch viel geräumiger aus, als es von draußen betrachtet den Anschein erweckte. Es besaß einen ziemlich großen Küchenbereich, komplett mit Ofen ausgestattet, und genug Bettausstattung für mehr als nur eine Person—vielleicht für ein Paar mit zwei Kindern.
Trotzdem erweckte es den Anschein, als sei dieser Kerl alleine unterwegs. Brett würde sich ungeheuer verwöhnt vorkommen, wäre sie alleine in einem solchen Wohnmobil unterwegs. Ihr eigenes Fahrzeug war so ziemlich mit nichts außer einer Matratze ausgestattet.
Pete zeigte auf eine Tür und meinte: »Du bist schon seit einer Weile unterwegs. Vielleicht möchtest du von meinem Badezimmer Gebrauch machen.«
Brett verschlug es den Atem.
Ein richtiges Badezimmer!
Natürlich konnte es nicht viel größer als ein Wandschrank sein. Aber im Vergleich zu Toiletten in Gaststätte und Tankstellen und Gemeinschaftsanlagen auf Campingplätzen war es ein wahrer Luxus.
»Danke!«, sagte sie.
Sie öffnete die Tür und trat in die Kabine ein. Die Tür schloss sich hinter ihr und sie befand sich im völligen Dunkeln.
Merkwürdig, dachte sie.
Sollte das Badezimmer nicht zumindest ein Fenster haben?
Sie tastete an der Wand neben der Tür umher, im Versuch einen Lichtschalter zu finden, fand aber keinen. Wie dem auch sei, konnte sie wirklich auf Strom hoffen, ohne dass das Wohnmobil anständig ans Stromnetz angebunden war?
Sie drehte sich und wollte die Kabine verlassen, aber der Türriegel bewegte sich nicht im Geringsten.
Er muss wohl kaputt sein.
Schüchtern rief sie...
»Hey, es sieht so aus, als ob ich hier feststecken würde.«
Sie erhielt keine Antwort.
Jetzt fing sie an sich Sorgen zu machen. Sie griff in die Tasche und zog ihr Handy heraus, um es als Taschenlampe einzusetzen.
Als sie anfing den Raum zu beleuchten, wurde ihr ein wenig bange.
Dies war kein Badezimmer.
Vielleicht war er das einmal, aber jetzt war alle für ein Badezimmer üblichen Einrichtungen entfernt worden.
Sie befand sich in einem schlichten rechteckigen Raum. Sowohl Wände als auch Decke waren mit kleinen quadratischen, mit kleinen Löchern versehenen Fliesen bedeckt.
Akustikfliesen, wurde ihr bewusst.
War dies ein schalldichter Raum?
Ihre Furcht nahm zu.
Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie erkennen, dass die Fliesen eingedellt und zerkratzt waren.
Die Wände waren mit etwas rotem bespritzt und beschmiert.
Blut!
Als sie hörte wie sich der Türriegel bewegte, fing sie an zu schreien.
Aber sie wusste, es war vergebens.
Als die Tür sich zu öffnen anfing, wusste Brett Parma, dass sie sterben würde.