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KAPITEL EINS

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Der riesige, bullige Mann trat zum Mikrofon vor und begann seine Rede.

»Es ist mir eine große Ehre...«

Aber seine dröhnende Stimme zerbrach unter der schrillen Resonanz, die durch das große Auditorium ratterte.

Riley Sweeney erschrak durch den Lärm fast zu Tode.

Der Lärm ließ aber schnell nach und ein paar Sekunden später lächelte sie nervös, zusammen mit den anderen FBI-Akademie-Absolventen. Der FBI-Direktor Bill Cormack war für seine tiefe, dröhnende, hallende und soundsystemzerstörende Stimme bekannt.

Es würde ihm besser ergehen, wenn er das Mikrofon abstellen würde, dachte Riley.

Mithilfe seiner lauten Stimme wäre er sicherlich in der Lage, das ganze Publikum ohne große Mühe zu erreichen.

Mit einem bescheidenen Grinsen begann Direktor Cormack erneut ins Mikrofon zu reden, diesmal jedoch viel sanfter als zuvor.

»Es ist mir eine große Ehre die diesjährigen Absolventen der FBI-Akademie hier in Quantico ansprechen zu dürfen. Ich gratuliere euch dazu, dass ihr alle euch in den vergangenen acht Wochen gestellten Herausforderungen zu bewältigen wusstet.«

Riley trafen diese Worte sehr.

Acht Wochen!

Wenn ich doch nur volle acht Wochen gehabt hätte!

Sie hatte fast zwei Wochen während der Jagd nach einem brutalen Mörder verpasst, statt im Unterricht und bei den Übungen hier in der Basis mitzumachen.

Ihr Mentor, Sonderagent Jake Crivaro, zog sie kurzerhand aus der Akademie heraus, um an einem Fall in West Virginia zu arbeiten—einem wahrhaft grausigen Fall, bei dem der Mörder seine Opfer ermordete, indem er sie in Stacheldraht wickelte.

Die versäumten Studienverpflichtungen nachzuholen war schwere Arbeit. Sie beneidete die anderen Studenten dafür, dass sie mehr Zeit erhielten, solch rigorose Arbeit zu verrichten. Aber Riley wusste, nicht alle der anfänglichen 200 Teilnehmer würden heute ihren Abschluss machen. Manche hatten nicht bestanden und andere waren von alleine ausgeschieden.

Sie war stolz auf ihren Erfolg, der ihr trotz aller Hindernisse gelungen war.

Riley richtete ihre Aufmerksamkeit wieder zur Rede von Direktor Cormack.

»Voller Ehrfurcht schaue ich zurück auf die Reise, die ich und so viele andere Agenten vor mir hinter uns haben und die euch heute bevorsteht. Ich kann euch aus eigener Erfahrung berichten, dass es sich um eine zutiefst lohnende Reise handelt—aber manchmal auch eine etwas undankbare Reise. Eure selbstlosen Taten werden nicht immer auf eine dankbare Öffentlichkeit stoßen.«

Er hielt einen Moment lang inne, als würde er auf persönliche Erfahrung reflektieren.

Dann fuhr er fort: »Vergesst nicht, dass nur wenige Leute außerhalb des FBI in der Lage sein werden, sich ein Bild zu euren bedeutsamen Verantwortlichkeiten zu machen. Ihr werdet für eure Arbeit Kritik erhalten, jeder kleinste Fehler wird äußerster Überprüfung standhalten müssen, oft im Rampenlicht der öffentlichen Medien. Wenn es euch nicht gelingt einen Fall zu lösen, werdet ihr euch vernachlässigt und nicht gewürdigt fühlen.«

Er lehnte sich ein wenig nach vorne und sagte fast im Flüsterton...

»Aber vergesst nicht—ihr werdet nie alleine stehen. Ihr seid jetzt Teil einer Familie – der stolzesten, loyalsten und fürsorglichsten Familie die man sich vorstellen kann. Es wird hier immer jemand für euch da sein, sowohl um euch in der Niederlage zu trösten, als auch um eure Triumphe mit euch zu feiern.«

Riley fühlte, wie sich ihr bei Erwähnung dieser Worte ein Kloß im Hals bildete...

Familie.

Eine Familie besaß sie schon seit langem nicht. Seit ihre Mutter vor ihren Augen grausam ermordet worden war, als sie noch ein kleines Mädchen war. Ihr Vater lebte zwar noch—ein verbitterter und zurückgezogener ehemaliger Marinesoldat, der in den Appalachen lebte. Aber sie hatte ihn nicht gesehen seit...

Seit wann?

Noch bevor sie ihr Studium an der Hochschule letzten Herbst beendet hatte, fiel ihr jetzt auf. Und das Treffen verlief alles andere als angenehm. Soweit Riley wusste, hatte ihr Vater nur wenig Ahnung, falls überhaupt, womit sie sich in den Monaten seit ihrem letzten Treffen beschäftigt hatte. Sie wunderte sich, ob sie es ihm jemals mitteilen würde. Eigentlich wunderte sie sich, ob sie ihn jemals wiedersehen würde.

Und hier stellte Direktor Cormack ihr etwas in Aussicht, wovon Riley nur träumen konnte und was sie entbehrt hatte.

Familie!

War es denn möglich?

Würde sie sich wirklich in den kommenden Tagen als Teil einer solch großen Familie fühlen können?

Sie sah sich um und betrachtete die Gesichter ihrer Kameraden und Kameradinnen. Viele lächelten sich gegenseitig an und manche flüsterten einander etwas zu, während Direktor Cormack seine Rede fortsetzte. Riley wusste, dass zwischen manchen von ihnen dauerhafte Freundschaften hier auf der Akademie entstanden waren.

Sie unterdrückte das Seufzen beim Gedanken, dass sie bisher keine wahre »Familie« hier gefunden hatte. Da sie sich wegen des Mordfalls sehr spät zu den anderen angeschlossen hatte, blieb nur sehr wenig Zeit zum Kontakte knüpfen und mit Freunden ausgehen. Es gelang ihr genau zwei enge Freundschaften während ihres Aufenthaltes hier zu knüpfen—eine mit ihrer Zimmergenossin Frankie Dow und die andere mit John Welch, einem idealistisch gestimmten und gutaussehenden jungen Mann, den sie während des Sommers kennenlernte, als sie noch beide im zehnwöchigen Ehren-Praktikum-Programm des FBI teilnahmen.

John und Frankie waren ebenfalls heute anwesend. Da die Abschlussklasse nach Namen alphabetisch geordnet saß, hatte Riley nicht die Gelegenheit neben ihren zwei Freunden zu sitzen, und die neben ihr sitzenden Kameraden kannte sie nicht.

Riley erinnerte sich daran, dass sie und ihr Verlobter, Ryan Paige, schon—oder fast schon—eine Familie waren. Sie würde wieder in ihre gemeinsame Wohnung in Washington DC mit ihm einziehen und ihre Hochzeit stand auch kurz bevor. Rileys erste Schwangerschaft endete zwar in einer Fehlgeburt, aber sie würden sicherlich in den bevorstehenden Jahren gemeinsam Kinder auf die Welt bringen.

Sie wunderte sich, ob sich Ryan im Publikum befand. Es war ein Samstag, was durchaus ein Arbeitstag für einen Anwalt zu Karrierebeginn bedeuten konnte. Außerdem wusste Riley, dass er ihre Karrierewahl mit gemischten Gefühlen betrachtete.

Direktor Cormacks Rede neigte sich ihrem Ende zu und es wurde Zeit alle neuen Agenten ins Amt einzuschwören. Einen nach dem anderen würde er sie aufrufen. Jeder würde aufs Podium steigen, den Amtseid des FBI ablegen, seine Dienstmarke erhalten und wieder zurück auf seinen Platz gehen.

Sie wurden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen. Und wie Cormack die Namen aus der Liste durchging, wünschte sich Riley, dass ihr Name nicht mit dem neunzehnten Buchstaben des Alphabets anfing. Die Wartezeit war lang. Natürlich kam Frankie vor ihr an die Reihe. Beim Weg zurück zu ihrem Platz winkte sie Riley zu und grinste sie an.

Als der Direktor endlich Rileys Namen aussprach, wurden ihr die Knie weich. Sie erhob sich und machte sich mit wackligen Beinen an ihren sitzenden Kollegen vorbei auf den Weg zum Podium. Als sie endlich beim Podium angelangt war, fühlte sie sich, als sei sie nicht mehr Herr über ihren eigenen Körper.

Endlich stand sie auf dem Podium, hob ihre Hand und sprach Direktor Cormack nach...

»Ich, Riley Sweeney, schwöre feierlich, die Verfassung der Vereinigten Staaten vor allen Feinden zu schützen, sowohl fremdstämmigen als auch einheimischen...«

Sie musste blinzeln, um sich die aufkommenden Tränen zurückzuhalten.

Es passiert wirklich, teilte sie sich in Gedanken mit. Es findet wahrlich statt.

Der Schwur war kurz, aber Riley kam es vor als würde sie von ihrer Stimme im Stich gelassen noch bevor sie den Schwur zu Ende aufsagen konnte.

Endlich kamen die Schlussworte...

»... und dass ich die Pflichten des mir bevorstehenden Amtes ehrlich und treu erfüllen werde. So wahr mir Gott helfe.«

Riley stand mit erhobener Hand da und wartete darauf ihre Dienstmarke von Direktor Cormack gereicht zu bekommen. Stattdessen grinste sie der große Mann etwas schelmisch an und legte die Dienstmarke aufs Podium ab.

»Jetzt warte einen Moment, junge Dame. Es gibt da noch eine kleine Angelegenheit, um die wir uns kümmern müssen.«

Riley verschlug es den Atem. War sie am Ende doch durchgefallen?

Der Direktor brachte eine kleine schwarze Schachtel aus seiner Jackentasche hervor und fuhr fort...

»Riley Sweeney, es ist mir eine große Ehre dir dieses Führungsabzeichen des Direktors für vorzügliche Leistungen verleihen zu dürfen.«

Riley stand wie betäubt da.

Der Direktor öffnete die kleine Schachtel und brachte ein Band, an dessen Ende eine Medaille hing, hervor. Ein Beifallssturm ging durch die Halle, als Cormack ihr die Medaille um den Hals legte. Cormack lobte Riley zu ihrer Initiative und Führungsqualitäten, die sie während der Wochen auf der Akademie wiederholt zur Schau gestellt hatte.

Riley versuchte sich auf seine Worte zu konzentrieren, aber ihr wurde ein wenig schwindlig.

Falle nicht in Ohnmacht, befahl sie sich selber. Bleib auf den Füßen stehen.

Sie hoffte nur, es würde jemand die Rede des Direktors aufnehmen, weil ihr alles verschwommen vorkam, da sie nicht klar denken konnte.

Cormack reichte ihr etwas.

Meine FBI-Dienstmarke, wurde ihr bewusst, als sie sie entgegennahm.

Dann streckte er ihr die Hand. Sie schüttelten sich die Hände und sie drehte sich, um zu ihrem Platz zurückzukehren.

Als Riley Sweeney, brandneue Agentin des FBI, vom Podium herunterstieg, konnte sie erkennen, dass sich nicht alle Absolventen für sie freuten. Tatsächlich konnte man offensichtliche Feindseligkeit in einigen der Gesichter erkennen. Sie konnte es ihnen kaum übelnehmen. Seit sie von ihrem Einsatz am Mordfall zurückgekehrt war, wurde sie wieder und wieder als designierte Gruppenleiterin für Aktivitäten in der Akademie gewählt. Es war kein Geheimnis, dass manche Kadetten der Meinung waren, ihre vor kurzem stattgefundene Feldarbeit hätte ihr einen ungerechten Vorteil ihnen gegenüber verliehen. Sie war sich sicher, dass es einigen, die aus dem Polizeivollzugsdienst kamen, besonders schwerfallen musste.

Riley ging zurück zu ihrem Platz, wegen der Auszeichnung überflutet von Emotionen. Etwas Ähnliches war ihr bisher im Leben noch nicht widerfahren.

Währenddessen besetzten die restlichen Rekruten einer nach dem anderen das Podium. Sie wurden vereidigt und erhielten ihre Dienstmarken. Riley lächelte und winkte John zu, als er an die Reihe kam und nach Oben stieg. Er winkte ihr scheu zurück.

Nachdem auch der letzte Kadett den Eid geleistet hatte, gratulierte Direktor Cormack wiederholt allen Absolventen zu ihren Errungenschaften und beendete dadurch die Zeremonie. Die Kadetten erhoben sich von ihren Plätzen und suchten ungeduldig nach ihren Freunden.

Riley brauchte nicht lange um John und Frankie zu finden. Beide glühten sie vor Stolz, wie sie ihre neuen Dienstmarken fest in den Händen hielten.

»Wir haben es geschafft!«, rief John Riley zu und umarmte sie.

»Jetzt sind wir wahrhaftige FBI-Agenten!«, rief Frankie und umarmte Riley ihrerseits.

»Das sind wir wirklich«, antwortete Riley.

Frankie fügte noch hinzu: »Und das Beste an allem ist, dass wir gemeinsam in der DC-Zentrale arbeiten werden. Wir bleiben beisammen!«

»Ist das nicht toll!«, stimmte Riley zu.

Sie holte tief Luft. Nach dem harten Sommer, den sie hinter sich hatte, entwickelten sich die Dinge bestens. Noch besser als sie es sich vorstellen konnte.

Sie sah sich nach Ryan um und erblickte ihn wie er sich durch das Gedränge zu ihr bewegte.

Er hat es doch geschafft zu kommen. Ein sympathisches Lächeln zierte sein Gesicht.

»Herzlichen Glückwunsch Schatz«, sagte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

»Danke«, antwortete Riley und erwiderte den Kuss.

Ryan nahm Riley an die Hand und sagte: »Jetzt können wir nach Hause gehen.«

Riley lächelte und nickte zustimmend. Ja, dies war eine der besten Nachrichten des heutigen Tages. Alle Wochen, an denen die Akademie stattfand, musste sie im Studentenwohnheim verbringen, während Ryan in ihrer gemeinsamen DC-Wohnung übernachtete. Sie haben nicht annähernd so viel Zeit miteinander verbringen können als es ihr beiderseitiger Wunsch war.

Ihre Zuweisung zur FBI-Zentrale in DC bedeutete, dass sie nur eine kurze Bahnstation weit entfernt von ihrer Wohnung arbeiten würde. Endlich konnten sie sich niederlassen und ein gemeinsames Leben führen. Und vielleicht auch bald eine Entscheidung bezüglich des geplanten Hochzeitstermins treffen.

Aber bevor Ryan und Riley sich auf den Weg machen konnten, rief ihr John zu.

»Warte einen Augenblick, Riley. Wir haben noch eine Sache zu erledigen.«

Rileys Augen wurden breit, als sie sich besann...

Ja, da gibt es noch eine Sache.

Sie und ihre Freunde gingen nach draußen an die frische Winterluft, wo die neuen Agenten sich aufstellten und sich auf den Weg zum Waffentresor des FBI machten. Riley und ihre zwei Freunde beeilten sich und schlossen sich den Anderen an, während Ryan sie begleitete.

Riley bemerkte, dass Ryan einen etwas ratlosen Eindruck machte.

Ihm ist nicht klar, was hier geschieht, dachte sie.

Aber die Zeit zum Diskutieren war gerade nicht vorhanden. Riley und ihre Freunde näherten sich dem Quartiermeister.

Als sie ihn erreichten, reichte er ihnen allen ihre Dienstwaffe—eine Kaliber .22 Glock-Pistole.

Ryans Mund öffnete sich weit vor Überraschung—und teilweise auch aus Sorge, da war sich Riley ziemlich sicher.

Er wird sich daran gewöhnen müssen, dass ich ab jetzt eine Dienstwaffe trage, dachte sie.

Riley lächelte ihm zu und sagte: »In Ordnung, jetzt können wir nach Hause gehen.«

Dass er keine Kommentare zur Waffe machte, die sie trug, beruhigte sie. Sie verabschiedeten sich von ihren Freunden und machten sich wieder auf den Weg zurück zur Halle.

Alles wird gut gehen, dachte sie.

In diesem Augenblick kam ihr ein junger Mann, mit einem Umschlag in der Hand, entgegen.

»Sind Sie Riley Sweeney?«, fragte der junge Mann.

»Ja«, antwortete Riley.

Der junge Mann reichte ihr den Umschlag mit den Worten: »Ich bin damit beauftragt worden Ihnen dies zu überreichen. Bitte unterzeichnen Sie hier.«

Riley unterzeichnete per Anweisung und öffnete hastig den Umschlag.

Überrascht über den Inhalt, taumelte sie ein paar Schritte zurück.

»Worum handelt es sich?«, fragte Ryan.

Sie schluckte mühsam und antwortete: »Es ist eine Einsatzänderung.«

»Was meinst du damit?«, forderte er.

»Ich werde doch nicht in der DC-Zentrale arbeiten. Ich wurde der Verhaltensanalyseeinheit hier in Quantico zugeteilt.«

Ryan stotterte: »Aber—aber du hast gesagt… wir wollten doch zusammen einziehen.«

»Das werden wir«, antwortete Riley hastig, um ihn zu beruhigen. »Immerhin ist es keine weite Pendelstrecke.«

Dennoch wusste sie, diese Änderung würde ihnen sicherlich das Leben schwieriger gestalten. Es machte ihnen das Zusammenleben zwar nicht unmöglich, aber leicht gemacht würde es ihnen bestimmt nicht.

Ryan verlor die Geduld: »Nein, so geht das nicht. Sie werden es umändern müssen.«

»Ich kann sie zu nichts zwingen«, antwortete Riley. »Ich bin hier nur eine Untergeordnete. So wie es bei dir in der Anwaltskanzlei der Fall ist.«

Ryan hielt einen Augenblick lang inne. Dann murrte er: »Wessen Idee war das überhaupt?«

Riley dachte nach. Sie hatte Quantico nicht einmal unter ihren drei Wahlorten angegeben. Wer konnte sie nach hier versetzt haben?

Dann wurde es ihr auf einmal klar...

Ich habe eine ziemlich gute Vorstellung.

Nimmt

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