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KAPITEL DREI

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Kurz vor Mittag des nächsten Tages verließ Riley das Haus und wartete darauf, dass Frankie sie zum Mittagessen abholte. Sie fragte sich, ob sie wirklich in der Lage sein würde mit ihrer Studienfreundin darüber zu sprechen, was gestern geschehen war. Ryan war wie sonst auch zur Arbeit gefahren, froh über die Gelegenheit ausnahmsweise Mal das Auto zu nehmen. Also hatte Riley ausgeschlafen und sich einen faulen Morgen gemacht.

Bald schon fuhr Frankie in ihrem alten Pickup-Truck vor und Riley stieg ein. Sie merkte, dass sie sich freute die kräftigen Gesichtszüge und das rostfarbene Haar ihrer Freundin zu sehen. Sie sagte sich, dass dies definitiv ein besserer Tag sein würde.

Frankie fuhr sie zu ihrem bevorzugten Mittagslokal in DC, Tiffin’s Grub & Pub. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch und bestellten beide Tunfischsandwiches. Dann tranken sie Kaffee und tauschten sich ein wenig über Kleinigkeiten aus, während sie das Thema von Rileys erster Tötung im Einsatz umgingen.

Vielleicht kommen wir gar nicht dazu, darüber zu sprechen, dachte Riley.

Wenn es so käme, wäre es für sie in Ordnung. Einfach ein wenig Zeit mit Frankie zu verbringen, würde schon genug sein, um ihre Laune beträchtlich zu heben. In der Zwischenzeit hatten sie und ihre Freundin viel nachzuholen.

Frankie sagte: „Ich habe gehört, du hast drei weitere Fälle gehabt, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Das ist ziemlich eindrucksvoll. Es heißt, du wärst ein echtes Wunderkind –– der nächste Jake Crivaro, sagt man.“

Riley errötete bei diesen Worten, von denen sie wusste, dass sie hohes Lob bedeuteten.

„Ich muss noch vieles lernen“, sagte sie. „Wie ist denn dein Leben hier in DC? Wie gefällt es dir eine FBI Agentin zu sein?“

Frankie verzog die Miene und seufzte.

„Es ist nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, denke ich“, sagte sie.

Riley verspürte einen besorgten Stich. sie wusste, dass Frankie sechs Monate als verdeckte Ermittlerin in der Drogenfahndung gearbeitet hatte, bevor sie zur Academy gegangen war. Wegen ihrer Erfahrung wurde sie nach dem Abschluss einem FBI Drogenfahndungsteam zugeteilt. Riley wusste, dass Frankie gespannt und hoffnungsvoll bei der neuen Arbeitsstelle angetreten war. Nun klang sie traurig und enttäuscht.

Als ihre Sandwiches kamen, bat Riley Frankie, ihr davon zu erzählen. Frankie nahm einen Schluck Kaffee und dachte nach.

Dann sagte sie: „Weißt du, ich habe nur Eins wirklich gelernt, als ich damals als verdeckter Cop in Cincinnati gearbeitet hatte. Ich habe begriffen, dass der ganze ‚Krieg gegen Drogen‘ ein absoluter Quatsch ist. Es ist ein Krieg, der nicht gewonnen werden kann. Das wahre Problem ist, dass es da draußen sehr viel Leid gibt, und sehr viele unglückliche Menschen. Sie wegzusperren reicht nicht, um an die Wurzel des Problems ranzukommen. Und ich nehme an, ich...“

Frankie verstummte für einen Moment.

Dann sagte sie: „Naja, ich habe gedacht, ich kann einen Unterschied machen, wenn ich beim FBI arbeite. Ich habe gedacht, ich kann ändern, wie man die Dinge angeht. Aber das klappt nicht wirklich. Es ist immer das gleiche, genau wie in Cincinnati. Der einzige Unterschied ist, dass ich jetzt nicht mehr verdeckt arbeite. Aber ich bin immer noch in dieselben Vorgänge eingebunden und ich kann überhaupt nichts verändern. Ich fühle mich wie ein naives Dummchen dafür, dass ich gedacht habe, dass ich irgendetwas ändern könnte.“

Riley lehnte sich zu ihrer Freundin über den Tisch und sagte: „Frankie, lass dir ein wenig Zeit. Du fängst gerade erst an. Sei geduldig.“

Frankie schnaubte. „Tja, naja, Geduld ist nicht wirklich eine meiner Stärken. Und ist ja auch egal, mein Problem scheint ziemlich trivial im Gegensatz zu dem, was du gestern durchmachen musstest. Crivaro klang wirklich besorgt am Telefon. Möchtest du darüber sprechen? Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?“

Riley zögerte einen Moment lang. Dann dachte sie aber, dass darüber zu sprechen einer er Gründe für dieses Treffen gewesen war. Als sie begann Frankie von allem zu erzählen, was gestern vorgefallen war, spürte sie einen Kloß im Hals.

Fang nicht wieder an zu weinen, dachte sie.

Sie schaffte es, ihre Tränen zurückzuhalten, als sie den Moment beschrieb, in dem sie Heidi Wright getötet hatte.

Dann sagte sie: „Frankie, sie war bloß ein Kind –– fünfzehn Jahre alt. Es war nicht ihre Schuld, dass sie so ein mieses Leben hatte. Sie hatte gar keine guten Wahlmöglichkeiten. Sie war verzweifelt. Sie hat jemanden gebraucht, der ihr ein gutes Zuhause gegeben hätte und etwas Führung und etwas Liebe. Sie hat es nicht verdient, so zu sterben.“

Frankies Miene war nun besorgt.

„Ich nehme an, dass ich das Offensichtliche nicht erklären muss“, sagte Frankie.

Riley nickte und sagte: „Ich weiß, ich weiß. Ich hatte keine Wahl. Es war ihr Leben oder meins.“

„Und dein Leben ist wichtig, Riley“, sagte Frankie. „Es ist sehr wichtig.“

Riley musste sich nun doch eine Träne aus dem Gesicht wischen.

„Ich habe das Gefühl, dass nichts jemals wieder so sein wird, wie vorher“, sagte sie.

Frankie legte ihren Kopf schief und sagte: „Naja, ich musste noch nie jemanden erschießen, aber... Ich weiß wie es ist etwas zu tun, was dich wirklich verändert. Ich war auch schon mal an diesem Punkt. Ich kann es verstehen.“

Riley wusste, auf welches schreckliche Ereignis Frankie hindeutete. Damals, als sie als verdeckte Ermittlerin in Cincinnati gearbeitete hatte, hatte ein Drogendealer Frankie mit einem Messer bedroht und sie gezwungen, sich Heroin zu spritzen. Sie hatte keine Wahl gehabt.

Riley erinnerte sich daran, was Frankie ihr von der überwältigenden Euphorie erzählt hatte, die sie damals erlebt hatte.

„Wenn ich in diesem Moment gestorben wäre, wäre ich glücklich gestorben.“

Das war das Ereignis gewesen, dass Frankie davon überzeugt hatte, dass der „Krieg gegen Drogen“ sinnlos war. Riley wusste, dass Frankie mit diesem Erlebnis für den Rest ihres Lebens zu kämpfen haben würde. Bis jetzt hatte sie sich nicht vorstellen können, wie sich das für sie anfühlte.

Vielleicht kann ich es jetzt verstehen, dachte sie sich.

Riley nahm einen Bissen von ihrem Sandwich und überlegte einen Moment lang.

Dann sagte sie: „Hier ist das komische daran, Frankie. Vor ungefähr zwei Wochen wollte ich wirklich jemanden töten. Es hat mich meine gesamte Selbstkontrolle gekostet, es nicht zu tun.“

„Was ist passiert?“, fragte Frankie.

Riley sagte: „Vielleicht hast du von diesem Fall gehört, an dem Crivaro und ich in Maryland gearbeitet hatten.“

„Ja, das war abscheulich“, sagte Frankie. „Der Name des Mörders ist Mullins, oder?“

Riley nickte. „Ja, Larry Mullins. Er wurde eingestellt, um sich um zwei kleine Kinder zu kümmern, die er beide umbrachte –– er erwürgte sie auf zwei verschiedenen Spielplätzen.“

Dann stöhnte sie leicht und fügte hinzu: „Natürlich wurde Mullins noch nicht verurteilt. Das Datum für den Prozess wurde noch nicht einmal bestimmt und die Beweislage gegen ihn ist immer noch dürftig. Aber Crivaro und ich wissen, dass er es war –– genauso wie die Eltern der Kinder.“

Riley hielt einen Moment lang inne, da sie die Erinnerung fürchtete, um die es ging.

„Mullins ist ein süffisantes Arschloch“, sagte sie. „Er ist durchtränkt von diesem Anschein kindlicher Unschuld, was auch der Grund war, wieso die Eltern der Kinder ihm vertraut hatten. Ich hasste ihn abgründig, ab dem Moment, in dem Crivaro und ich ihn erwischt hatten. Er grinste mich an und gab mit seinem Blick praktisch zu, dass er schuldig war. Aber er wusste auch verdammt gut, dass es für uns schwierig sein würde ihm das nachzuweisen.“

Riley trommelte mit den Fingern unruhig auf dem Tisch.

Sie sagte: „Und genau in dem Moment, als ich ihm die Handschellen anlegte und ihm seine Rechte las, grinste er mich wieder an und sagte zu mir: ‚Viel Glück‘.“

Frankie japste leicht.

Riley fuhr fort: „Gott, du kannst dir nicht vorstellen, wie wütend mich das gemacht hat. Ich wollte ihn wirklich umbringen. Ich glaube ich habe tatsächlich nach meiner Glock gegriffen. Crivaro hat meine Schulter berührt und mich warnend angeblickt. Wenn es nicht Crivaro gewesen wäre, hätte ich Mullins womöglich an Ort und Stelle erschossen.“

„Es ist gut, dass du es nicht getan hast“, sagte Frankie.

„Vielleicht stimmt das“, sagte Riley. „Aber ich kann nicht anders, als mich zu fragen –– was, wenn Mullins der erste Mensch gewesen wäre, den ich getötet hätte. Ich würde mich sicherlich nicht so schlecht fühlen wie jetzt. Vielleicht hätte ich sogar überhaupt keine Probleme damit. Stattdessen habe ich ein dummes, armes Kind erschossen, das nie eine Chance im Leben gehabt hatte. Es ist einfach…“

Riley schluckte eine schmerzhafte Wut und Bitternis hinunter.

„Es ist einfach unfair“, sagte sie.

Riley und Frankie aßen einige Momente schweigend weiter.

Endlich sagte Frankie in einem vorsichtigen Ton: „Weißt du, du wirst wahrscheinlich denken, dass ich verrückt bin, wenn ich das sage, aber… vielleicht ist es für uns beide besser, dass die Dinge uns auf genau diese Art und Weise widerfahren sind.“

Riley machte große Augen.

„Wie meinst du das?“, fragte sie.

Frankie zuckte mit den Schultern und sagte: „Naja, wäre ich nicht gezwungen gewesen mir damals Heroin zu spritzen, hätte ich nie begriffen, wie dumm der Krieg gegen Drogen wirklich ist. Und wenn du die Möglichkeit gehabt hättest Larry Mullins zu erschießen, hättest du es vielleicht auch in Zukunft einfach gefunden, deine tödliche Gewalt anzuwenden –– zu einfach.“

Frankie verstummte und wischte sich eine Träne aus dem Auge.

„Ich weiß, dass wir beide leiden, Riley“, sagte sie. „Aber ich glaube es ist besser zu leiden, als vor Schmerz hart zu werden. Zumindest waren wir in der Lage unsere Menschlichkeit, unsere Verletzlichkeit zu bewahren, all die Dinge, die das Beste in uns ausmachen. Viele Menschen in unserem Job schaffen das nicht.“

Riley nickte langsam. Sie wusste, dass Frankie genau das sagte, was sie gerade hören musste. Sie begriff, dass sie wirklich Glück hatte, dass sie heute Frankies Anteilnahme hatte. Das hier war besser als jegliche Therapie, auf die sie hoffen konnte.

Eine Weile lang aßen sie schweigend.

Dann fragte Frankie: „Und wie läuft es mit deinem Verlobten? Habt ihr schon ein Hochzeitsdatum ausgewählt?“

Die Frage überraschte Riley.

Sie stammelte: „Ähm, nein, noch nicht.“

„Nein?“, sagte Frankie und schaute Riley skeptisch an.

„Noch nicht“, wiederholte Riley und aß dann still weiter.

Sie wurde angespannt, als sie sich vorstellte, was Frankie gerade denken musste. Sie erinnerte sich an etwas, was Frankie gesagt hatte, als sie sich gerade kennengelernt hatten…

„Ich habe eine etwas voreingenommene Sicht auf Männer im Allgemeinen.“

Obwohl Frankie selten davon sprach, wusste Riley, dass Frankies vierjährige Ehe in einer hässlichen Scheidung geendet war. Frankie hatte wahrscheinlich keinerlei Gründe anzunehmen, dass es mit Riley und Ryan klappen würde.

Hat sie vielleicht recht? fragte Riley sich.

Schließlich liefen die Dinge in letzter Zeit nicht besonders gut zwischen ihnen.

Während sie ihre Mahlzeit beendeten, unterhielten Riley und Frankie sich über Kleinigkeiten. Als Frankie sie zurück zu ihrer Wohnung fuhr, merkte Riley, dass sie dem Rest ihres freien Tages mit Missmut entgegensah. Sie fragte sich insbesondere, wie es heute Abend mit Ryan sein würde.

Sie fragte sich –– was sagte es über sie aus, dass sie sich nicht darauf freute ihren eigenen Verlobten zu sehen? Schlimmer noch, wurde sie vielleicht süchtig nach den Gefahren und Qualen ihrer Arbeit?

Sie wusste nur, dass sie nichts an ihren Gefühlen ändern konnte.

Wenn ich nicht zurück an die Arbeit gehe, verliere ich meinen Verstand, dachte sie.

Was auch immer dort draußen auf sie wartete, sie musste weitermachen und sich dem stellen.

Lauert

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