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KAPITEL FÜNF

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Langsam begann Mackenzie, wieder in ihre normale Kleidung zu passen. Wiederholte Besuche im Fitnessstudio gaben ihr außerdem das Gefühl, als wäre es nicht so schwer wie gedacht, ihre Form zurückzugewinnen. Ihre OP-Narben waren fast vollkommen verheilt und sie erinnerte sich daran, wie ihr Leben gewesen war, bevor sie ihren Körper dem Wachstum und der Entwicklung ihres Sohnes geliehen hatte.

Als sich Mackenzies Mutterschutzurlaub dem Ende entgegen neigte, begann sie zu verstehen, dass es nicht leicht sein würde, wieder zurück in den Arbeitsalltag zu finden. Doch noch vor ihrem Start wollte sie die Angelegenheit mit ihrer Mutter klären. Seit ihrem letzten Albtraum hatte sie das Thema mit Ellington immer wieder besprochen, dabei aber sichergestellt, sich nicht festzulegen. Schließlich war es unnatürlich für sie, einen so starken Wunsch zu hegen, ihre Mutter zu sehen. Für gewöhnlich mied sie jegliche Interaktion mit ihr.

Doch jetzt, acht Tage vor dem Ende ihres Mutterschutzes, musste sie eine Entscheidung treffen. Kevin war ihre Hauptausrede gewesen, den Trip nicht zu machen, aber er war nun bereits seit einer Woche in der Kita und schien mit der Umstellung gut klarzukommen.

Innerlich hatte sie sich bereits entschieden. Sie saß an der Theke zwischen Küche und Wohnzimmer und war sich sicher, ihre Mutter aufsuchen zu wollen. Tatsächlich Nägel mit Köpfen zu machen war jedoch schwerer, als lediglich die Idee zu akzeptieren.

„Kann ich dich etwas fragen? Auch wenn es dumm klingt?“, frage Ellington.

„Natürlich.“

„Was kann schlimmstenfalls passieren? Du gehst hin, es ist komisch und du erreichst nichts. Also kommst du zurück zu deinem glücklichen Baby, deinem unglaublich sexy Ehemann und machst mit deinem Leben weiter.“

„Vielleicht habe ich Angst, dass es nicht komisch ist?“, meinte Mackenzie.

„Dessen bin ich mir nicht so sicher.“

„Was, wenn das Treffen gut verläuft und sie ein Teil meines Lebens sein möchte? Unseres Lebens.“

Kevin saß in seiner Babywippe und starrte auf das kleine Meerestiermobile, das vor ihm befestigt war. Mackenzie sah ihn an, als sie redete und versuchte verzweifelt, nicht an das Bild ihrer Mutter im verfluchten Schaukelstuhl zu denken.

„Würdest du alleine mit Kevin klarkommen?“, fragte sie.

„Natürlich, wir Männer schaffen das schon.“

Mackenzie lächelte. Sie versuchte, sich Ellington vorzustellen, wie er vor zweieinhalb Jahren gewesen war, als sie ihn kennengelernt hatte. Aber es schwer. Er war nun so viel reifer, gleichzeitig aber auch verletzlicher im Umgang mit ihr. Damals hätte er sich nie so fürsorglich oder auch albern gezeigt.

„Dann werde ich es tun. Zwei Tage, nicht länger. Und das auch nur, damit ich nicht nur unterwegs bin.“

„Ja, nimm dir ein Motelzimmer. Ein gutes, mit Hot Tub im Zimmer. Schlaf aus. Nachdem du die letzten Monate damit verbracht hast, das Muttersein zu lernen und deinen Schlafrhythmus kontinuierlich zu verändern, hast du dir das verdient.“

Seine Ermutigungen waren ernst gemeint und auch wenn er nichts sagte, war sie sich ziemlich sicher, den Grund dafür zu kennen. Er hatte sozusagen jegliche, normale Großeltern-Situation auf seiner Seite der Familie aufgegeben. Wenn sie es also schaffte, die Probleme mit ihrer Mutter aus dem Weg zu räumen, hätte Kevin möglicherweise zumindest ein mehr oder weniger normales Großelternteil. Sie wollte mit ihm darüber sprechen, entschied sich aber dagegen. Vielleicht nach ihrem Trip, wenn sie wusste, ob er erfolgreich gewesen war oder nicht.

Sie nahm ihren Laptop, setzte sich auf die Couch und kaufte ihre Tickets. Als sie ihre Informationen eingegeben und den letzten Mausklick betätigt hatte, fühlte sie, wie ihr eine Last von den Schultern genommen wurde. Sie klappte den Laptop zu und seufzte. Dann betrachtete sie Kevin, der noch immer in seiner Wippe saß und lächelte ihn fröhlich, ja fast schon übermütig, an. Er belohnte sie mit einem langsamen Lächeln.

„Okay“, sagte sie und blickte zu Ellington. Er war noch immer in der Küche und räumte die Reste des Abendessens auf. „Tickets sind gekauft. Mein Flug geht morgen früh um halb zwölf. Kannst du den kleinen Mann von der Kita abholen?“

„Ja. Und damit beginnen dann unsere zwei Tage des liederlichen Männerdaseins. Ich fürchte, danach wird nichts wieder so sein wie zuvor.“

Sie wusste, dass er versuchte, sie zum positiven Denken anzuregen. Es half – ein bisschen – aber ihre Gedanken wanderten bereits weiter. Es gab noch etwas, was sie in Angriff nehmen wollte, bevor sie DC verließ.

„Weißt du was“, sagte sie. „Könntest du ihn auch bei der Kita absetzen? Ich denke, ich sollte mit McGrath sprechen.“

„Hast du auch diesbezüglich eine Entscheidung getroffen?“

„Ich weiß es nicht. Ich will zurück. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich sonst mit meinem Leben anfangen soll. Aber … ich bin jetzt eine Mom … und ich möchte Kevin das geben, was ich selbst nie hatte, verstehst du? Und mit uns beiden als FBI Agenten … wie würde sein Leben dann aussehen?“

„Das ist ein schweres Thema“, sagte er. „Ich weiß, dass wir schon darüber gesprochen haben, aber ich denke nicht, dass dies eine Entscheidung ist, die du jetzt treffen musst. Du hast aber Recht - rede mit McGrath darüber. Man weiß nie, was der Mann denkt. Vielleicht hat er eine Lösung. Vielleicht … ich weiß nicht … vielleicht eine andere Rolle?“

„Du meinst, keine Agentin mehr?“

Ellington zuckte mit den Schultern und ging zu ihr hinüber. „Ich kann verstehen, was du gerade durchmachst“, sagte er und nahm ihre Hand. „Ich kann mir dich auch nicht in einer anderen Rolle vorstellen.“

Sie lächelte und hoffte, dass er wusste, wie gut er darin war, das Richtige zu sagen. Es war der Auftrieb, den sie gebraucht hatte, um McGrath nach Feierabend anzurufen. Das hatte sie in ihrer Karriere noch nicht oft gemacht – noch nie, wenn es nicht um einen Fall ging – aber sie spürte plötzlich die Dringlichkeit der Situation.

Und die wurde noch stärker, als sie dem Klingeln lauschte.

***

Sie erwartete, McGrath verärgert vorzufinden, sich zu einer so frühen Stunde mit ihr treffen zu müssen. Doch als sie sein Büro um acht Uhr morgens betrat, war seine Tür bereits offen und McGrath saß hinter seinem Schreibtisch. Er hielt eine Tasse Kaffee in der Hand und blätterte durch die Tagesmeldungen. Als sie eintrat, blickte er auf und das Lächeln auf seinem Gesicht wirkte ehrlich.

„Agent White, wie schön Sie zu sehen“, sagte er.

„Gleichfalls“, sagte sie und setzte sich ihm gegenüber an den Schreibtisch.

„Sie sehen gut aus. Hat sich das Baby endlich einen normalen Schlafrhythmus angeeignet?“

„Normal genug“, sagte sie und fühlte sich seltsam. McGrath war nicht der Typ für Small Talk. Die Vorstellung, dass er tatsächlich froh war, sie zu sehen, kam ihr kurz in den Sinn und der Grund für ihr Treffen verschaffte ihr fast schon Schuldgefühle.

„Okay. Sie haben um dieses Meeting gebeten und wir haben etwa dreißig Minuten bis zu meinem nächsten“, sagte er. „Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Nun, mein Mutterschutzurlaub endet nächsten Montag. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich bereit bin, zurückzukommen.“

„Sind die Gründe körperlicher Natur?“, fragte er. „Ich weiß, dass die Heilung nach einem Kaiserschnitt langwierig und erschöpfend sein kann.“

„Nein, daran liegt es nicht. Die Ärzte haben mir grünes Licht gegeben. Aber, um ehrlich zu sein, bin ich hin und her gerissen, was ich tun soll.“ Das brennende Gefühl von Tränen in ihren Augenwinkeln alarmierte sie.

Scheinbar sah auch McGrath sie und fühlte mit ihr. Er gab sein Bestes, sich so natürlich wie möglich zu benehmen, als er sich nach vorne beugte. Er sah zur Seite, um ihr die Gelegenheit geben, die Tränen wegzuwischen, bevor sie sich lösten.

„Agent White, ich arbeite seit fast dreißig Jahren für das FBI. In meiner Zeit hier habe ich unzählige weibliche Agentinnen gesehen, die geheiratet haben und Kinder bekamen. Einige von ihnen haben das FBI verlassen oder zumindest eine weniger riskante Stellung angenommen. Ich kann nicht hier sitzen und Ihnen sagen, dass ich verstehe, was Sie durchmachen, denn das wäre eine Lüge. Aber ich habe es gesehen. Manchmal haben uns Agenten verlassen, von denen ich es nie erwartet hätte. Ist das auch die Richtung, die Sie einschlagen möchten?“

Sie nickte. „Ich möchte zurückkommen. Ich vermisse es - mehr als ich zugeben möchte. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich will. Vielleicht ein paar Wochen mehr? Ich weiß, damit bitte ich um eine Art Sonderbehandlung oder so, aber ich kann diese Entscheidung gerade einfach nicht treffen.“

„Ich kann Ihnen maximal eine weitere Woche geben. Wenn Sie diese möchten. Oder Sie kommen zurück und ich finde einen Schreibtischjob für Sie. Recherche, Nummern, Handy-Überwachung, so etwas. Würde Sie das interessieren?“

Ehrlich gesagt interessierte sie nichts davon. Aber es war besser als nichts. Und McGrath gab ihr den Beweis dafür, dass sie Optionen hatte.

„Vielleicht“, sagte sie.

„Nehmen Sie sich das Wochenende und denken Sie darüber nach. Vielleicht ein Kurztrip, um Ihre Gedanken zu sortieren.“

„Oh, das habe ich tatsächlich vor. Ich werde Nebraska einen Besuch abstatten.“

Sie war sich nicht sicher, warum sie ihm das erzählte und fragte sich, ob es immer so einfach gewesen war, mit McGrath zu sprechen. War seine Aura aufgeweicht und er dadurch zugänglicher geworden? Es war komisch. Sie war nur mehrere Monate weggewesen und McGrath wirkte plötzlich wie ein anderer Mensch – fürsorglicher, freundlicher.

„Das ist schön zu hören. Und Ellington bleibt alleine mit dem Baby zurück? Ist das nicht etwas mutig?“

„Ich weiß es nicht“, sagte sie lächelnd. „Er scheint sich drauf zu freuen.“

McGrath nickte höflich, aber es war offensichtlich, dass seine Gedanken woanders waren. „White … haben Sie um dieses Gespräch gebeten, um meinen Rat zu erhalten? Oder wollten Sie herausfinden, wie ich reagiere, wenn Sie sich dazu entschieden, uns tatsächlich zu verlassen?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht beides?“

„Nun, ich kann zweifellos sagen, dass ich es bevorzugen würde, wenn Sie bleiben. Ihre Bilanz spricht für sich selbst und auch wenn ich es nur ungern zugebe, sind Ihre Instinkte fast schon übernatürlich. In meiner Zeit beim FBI habe ich noch nie etwas Vergleichbares gesehen. Ich glaube, es wäre eine absolute Verschwendung, wenn Sie Ihre Karriere so jung aufgeben würden. Andererseits habe auch ich zwei Kinder – ein Junge und ein Mädchen. Sie sind beide erwachsen, aber sie großzuziehen war eine der besten und lohnendsten Erfahrungen meines Lebens.“

„Ich hatte keine Ahnung, dass Sie Kinder haben“, sagte sie.

„Ich rede bei der Arbeit nicht gerne von meinem Privatleben. Doch in einem Fall wie diesem, wenn etwas so Kostbares wie ihre Karriere auf dem Spiel steht, stört es mich nicht, Ihnen ein paar Einblicke hinter die Kulissen zu geben.“

„Das weiß ich zu schätzen.“

„Also … Genießen Sie Ihr Wochenende. Sollen wir uns am Montag zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht?“

„Das klingt gut“, sagte sie. Doch Montag fühlte sich noch sehr weit weg an. Denn als sie aufstand, wusste sie, dass ihr nächster Stopp der Flughafen sein würde. Und dann Nebraska.

Als sie das FBI-Quartier verließ, hatte sie das Gefühl, sich selbst eine Falle zu stellen. Die meisten Menschen fühlten sich von den Geistern ihrer Vergangenheit verfolgt. Aber als sie sich darauf vorbereitete, nach Nebraska zurückzukehren, um ihre Mutter zu treffen, hatte Mackenzie das Gefühl, die Geister nicht nur aufzuwecken, sondern ihnen auch jede Menge Gelegenheit zu geben, sich von ihnen verfolgen zu lassen.

Vorher Neidet Er

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