Читать книгу Auserwählt - Блейк Пирс - Страница 6
KAPITEL ZWEI
ОглавлениеSie hatten ihre Sandwiches bestellt und nun saß Riley schweigend da und schaute über den Tisch hinweg auf ihren Partner.
Bill erwiderte ihren Blick.
Sie lächelte und er lächelte zurück.
Keiner von ihnen sagte irgendetwas, aber es schien keinen Unterschied zu machen.
Zumindest genieren wir uns nicht, dachte sie.
Freilich, sie schienen sich beide gerade sehr komfortabel zu fühlen.
Sie saßen in einer gemütlichen, privaten Sitzkabine im Hannigan’s Public House. Nachdem sie jahrelang entweder im Gehen oder in versifften Cafés und Schnellimbissen gegessen hatten oder Pizza ins Motelzimmer bestellt hatten, war das eine ziemliche Abwechslung für sie beide – zumindest für sie beide zusammen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals zusammen in einem derartigen Lokal gesessen zu haben.
Und ganz bestimmt nicht, während wir nicht beide an einem Fall gearbeitet haben.
Sie freute sich, dass Bill Hannigan’s ausgesucht hatte für ihr…
Date, ermahnte sie sich. Wir haben gerade tatsächlich ein Date.
Tatsächlich machte es den Eindruck eines fast schon altbacken traditionellen Dates. Bill hatte sie sogar zuhause abgeholt und hatte sie hierher gefahren. Sie stellte auch erfreut fest, dass er, genauso wie sie selbst, sich auch einiges an Mühe gegeben hatte, um gut auszusehen. Er trug einen modischen Cardigan, der vorne zugeknöpft war, sein immer noch dichtes Haar war makellos zurückgekämmt.
Ein schöner Mann, dachte sie.
Bill war nie ein Goldjunge gewesen, wie ihr Ex-Mann Ryan. Er war nie charmant und hübsch gewesen, wie ihr Ex-Freund Blaine. Seine Gesichtszüge waren die eines Mannes, der ein hartes Leben gelebt hatte, doch er sah auch aus wie ein Mann, der etwas in seinem Leben geschafft hatte.
Riley wusste, dass das Leben auch bei ihr seine Spuren hinterlassen hatte. Ihr eigenes dunkles Haar, wie seins, zeigte bereits erstes Grau. Die Ringe um ihre Augen, wie um die seinen, spiegelten hässliche Begegnungen über die Jahre hinweg wider. Obwohl Männer im Allgemeinen zu ihr hingezogen zu sein schienen, wusste sie, dass die meisten von ihnen keine Ahnung hatten, was es eigentlich bedeutete Spezialagentin Riley Paige zu sein.
Endlich griff Bill über den Tisch und nahm ihre Hand.
Er fragte: „Riley, wird das hier funktionieren?“
Riley lachte ein wenig.
„Ich weiß nicht, Bill“, sagte sie. „Ich bin mir nicht einmal sicher, was ‚das hier‘ ist. Bist du es?“
Auch Bill lachte.
„Naja, ich habe da einige Vorstellungen, aber ich kann nicht behaupten, dass ich weiß, wo ‚das hier‘ hinführt.“
„Ich auch nicht“, sagte Riley.
Sie schwiegen wieder. Riley war sich nur einer Sache sicher. „Das hier“ war etwas Romantisches – eine Veränderung in ihrer beider Leben, von besten Freunden hin zu etwas mehr als Freunden.
Riley erinnerte sich an den süßen, warmen Augenblick, als „das hier“ begonnen hatte. Es war einige Wochen her, kurz nachdem sie ihren letzten Fall beendet hatten. Sie hatten gemeinsam in Rileys Hotelzimmer gesessen und waren beide besorgt und traurig. Riley war erbittert und verletzt von Jenns unerklärtem Verschwinden gewesen. Bill war erschrocken davon gewesen, dass Riley beinahe von einem psychopatischen Wahnsinnigen getötet worden war.
Natürlich war es nicht das erste Mal gewesen, dass Riley oder auch Bill dem Tode um ein Haar entkommen waren. Freilich, es war wahrscheinlich nicht einmal das hundertste Mal gewesen. Aber dieses Mal schien es Bill besonders mitgenommen zu haben.
Endlich hatte er ihr gesagt, wieso genau.
„Ich glaube nicht, dass ich es verkraften könnte, dich zu verlieren. Ich glaube nicht, dass ich ohne dich leben könnte.“
Dann, ohne ein weiteres Wort zu sagen, hatten sie sich geküsst.
Danach hatten sie einander bloß eine Weile lang schweigend umarmt, ohne ein Wort zu sagen.
Das war wirklich alles, was passiert war – ein einziger Kuss und eine lange, stille Umarmung. Sie waren beide zu müde von ihrem letzten Kampf mit dem Mörder, um weiter zu gehen, als das.
Rileys Lächeln wurde bei dieser Erinnerung breiter.
Sie sah, dass auch Bills Lächeln breiter wurde.
Denkt er auch gerade an diesen Moment?
Sie wäre nicht im Geringsten überrascht. Wie ein altes verheiratetes Ehepaar dachten sie oft das Gleiche zur selben Zeit und beendeten die Sätze des anderen.
Sie und Bill hatten jahrelang als Partner miteinander gearbeitet. Sie hatten einander vor Monstern gerettet, hatten einander in schrecklichen Zeiten unterstützt und ihre Freundschaft hatte sogar ihren einmaligen betrunkenen Versuch überlebt, sich an ihn ranzuschmeißen, als er noch verheiratet gewesen war.
Sie hatten einander während ihrer Scheidungen gekannt und, in seinem Fall, dem beinahe kompletten Verlust des Kontakts zu seinen Söhnen, als seine Ex-Frau weggezogen war und neu geheiratet hatte. Er wusste vieles von ihrem Hin-und-Her mit Ryan, über ihre Scheidung und sogar über ihre jüngste Beziehung mit Blaine.
Sie hatten bloß nicht allzu viel voneinander gehört, seit sie diesen Fall damals beendet hatten. Sie hatten keine Möglichkeit gehabt, über die Sache zu sprechen.
Bill hatte Riley einige Male zuhause besucht, und sie hatten am Telefon gesprochen. Sie hatten den Kuss nie voreinander erwähnt, doch natürlich hatte Riley die ganze Zeit über daran gedacht und sie wusste ganz genau, dass auch Bill das getan hatte.
Und nun waren sie hier und hatten ihr erstes echtes Date.
Und wie alle ersten Dates war es voll von allen möglichen Chancen und Ungewissheiten.
Schließlich schüttelte Bill den Kopf. „Riley, es gibt einige Sachen, die wir wirklich klären müssen.“ Riley merkte, dass sie beinahe den Atem anhielt, unsicher, was jetzt kommen würde.
„Du bist mir sehr wichtig“, sagte Bill. „Ich weiß, dass du genauso für mich empfindest. Und ich nehme an… dass es nur natürlich ist, dass unsere Beziehung sich… du weißt schon…“
Riley drückte seine Hand und kicherte.
„Entwickelt?“, sagte sie.
Bill kicherte auch.
“Ja, sich entwickelt. Es ist natürlich und es ist… wundervoll. Und ich will nicht, dass es aufhört.“
„Ich denke genauso“, sagte Riley.
Bill zuckte mit den Schultern und rutschte etwas auf seinem Stuhl umher.
„Aber ich mache mir Sorgen um… Dinge“, sagte er. „Ich meine, was wird das für uns als Partner bedeuten?“
Riley seufzte. „Ich wünschte, das wüsste ich. Natürlich hat das FBI keine klaren Regeln im Fall von… naja, sozialen Kontakten außerhalb des Dienstes.“
„Ich weiß“, sagte Bill. „Aber das bedeutet nicht, dass es einfach sein wird. Mir fällt zumindest ein Typ ein, der es so schwer wie möglich für uns machen wird.“
Riley nickte. Sie wusste genau, wen Bill meinte. Regeln hin oder her, Leitender Spezialagent Carl Walder missbilligte romantische Beziehungen unter Agenten, die zusammenarbeiteten. Eigentlich missbilligte Walder beinahe alles, was Agenten taten, außer es rückte ihn in ein positives Licht.
Es kam noch schlimmer, denn Walder hegte eine gewaltige Abneigung gegen Riley. Er hatte sie bereits mehr als einmal suspendiert und sogar gefeuert. Wenn Riley und Bill öffentlich eine Beziehung anfangen würden, würde Walder zweifelsohne jede Menge neuer Möglichkeiten finden, ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Zumindest würde er ihnen verbieten zusammenzuarbeiten, doch womöglich würde er einen von ihnen auch an irgendeine ferne Außenstelle versetzen.
Einen Moment lang schaute Bill nachdenklich drein.
Er sagte: „Ich mache mir auch Sorgen darüber – naja, dass ich in dein Leben trete, nehme ich an, und mein ganzes Gepäck mitbringe. Ich meine, du hast eine Familie und ich habe…“
Bill schüttelte traurig den Kopf.
„Naja, du weißt was ich habe“, sagte er. „Zu viel von gar nichts. Zum einen habe ich eine hässliche Scheidung hinter mir.“
„Genau wie ich“, sagte Riley.
„Ja, aber dein Ex-Mann hat dir nicht die Kinder weggenommen.“
Riley spürte einen tiefen Stich des Mitgefühls und drückte erneut seine Hand.
„Ich weiß“, sagte sie. „Es tut mir leid.“
Bills Stimme wurde etwas heiserer.
„Aber du – naja, du hast eine Familie. Willst du, dass ich ein Teil davon werde?“
Riley wollte gerade sagen, dass sie das natürlich wollte, aber Bill unterbrach sie.
„Bitte, antworte nicht auf diese Frage, bevor du wirklich darüber nachgedacht hast.“
Riley nickte traurig.
Es war wirklich eine gute Frage und es erinnerte Riley daran, wie erfüllt und liebevoll ihr Familienleben wirklich war. Sie hatte zwei Töchter und eine Haushälterin, die bei ihnen wohnte und die viel, viel mehr war, als nur eine Angestellte.
Gibt es noch Platz für irgendjemand anderen? fragte sie sich.
Sie hatte versucht Platz für zwei verschiedene Männer zu schaffen, aber es hatte nicht geklappt. Als ihr Ex-Mann, Ryan, zurückgekommen war, um sie um eine neue Chance anzuflehen, hatte sie ihn für eine Weile einziehen lassen. Er hatte sie und die Mädchen natürlich enttäuscht, und sie hatte sich dumm gefühlt, dass sie irgendetwas anderes von ihm erwartet hatte. Das letzte Mal, dass er vorbeigekommen war, hatte sie ihn ziemlich entschlossen weggeschickt.
Zuerst war alles glatt gelaufen mit Blaine Hildreth, dem charmanten Restaurantbesitzer, auf den Riley sich eingelassen hatte. Er war ein alleinerziehender Vater von einer Tochter in Aprils Alter. An einem Punkt hatte Blaine sogar geplant sein eigenes Haus auszubauen, damit sie alle zusammen dort leben könnten.
Doch die Gefahren von Rileys Leben hatten schließlich dazu geführt, dass Blaine nicht mehr mit ihnen umgehen konnte.
Obwohl sie ihn nicht wirklich dafür verurteilte, schmerzte Riley seine endgültige Zurückweisung innerlich immer noch. Es hatte sie verbittert und enttäuscht. Sie hatte begonnen sich zu fragen – würde es jemals einen Mann in ihrem Leben geben, dem sie vollkommen vertrauen und auf den sie sich komplett verlassen könnte?
Doch in diesem Moment kam ihr das wie eine dumme Frage vor.
Sie schaute in genau diesem Augenblick auf ebendiesen Mann.
Sie und Bill hatten ihre Streitigkeiten und ihre Uneinigkeiten gehabt, genau wie ihre Höhen und Tiefen. Doch schlussendlich hatten sie einander immer mit ihrem eigenen Leben vertrauen können.
Was könnte ich noch von einer Beziehung wollen? fragte sie sich.
Vielleicht war genau das auch das Problem.
Sie stammelte, als sie versuchte die Worte dafür zu finden, was sie sagen wollte.
„Bill, ich… ich habe das Gefühl, dass du mich besser kennst, als irgendjemand mich je gekannt hat. Besser als Ryan sogar. Du hast mich in meinen besten Momenten, genauso wie in meinen schlimmsten gesehen. Du hast mich aus den Tiefen des… naja, des Trinkens, der Verzweiflung, des Selbst-Mitleids, des Versagens gezogen…“
Bill schüttelte den Kopf. „Naja, du hast Schlimmeres mit mir durchgestanden.“
Riley erschauderte ein wenig. Sie wusste nur zu gut, wovon Bill sprach.
Und sie erinnerte sich eindringlich an die SMS, die Bill ihr geschickt hatte, als sie letztes Frühjahr an einem Fall gearbeitet hatte…
Sitze hier mit der Knarre im Mund.
Jenn hatte Rileys Abwesenheit gedeckt, sodass sie zu Bills Apartment in Quantico eilen konnte. Sie wusste immer noch nicht was hätte passieren können, wenn sie nicht dort hingekommen wäre, um ihm zu helfen.
Aber sie hätte es nicht anders gewollt. Ihre Freundschaft war genauso auf schrecklichen Momenten wie diesen aufgebaut, wie auch auf den schönen.
Riley hielt einen Moment lang inne.
Dann sagte sie: „Ich glaube, was ich denke ist… vielleicht sind wir bereits ein perfektes Paar. Vielleicht waren wir all die Jahre ein perfektes Paar. Weiß Gott, ich fühle mich dir sehr viel verbundener, als ich mich jemals Ryan gegenüber gefühlt habe.“
„Und ich fühle mich dir sehr viel verbundener, als ich es jemals mit Maggie war“, sagte Bill.
Riley holte tief Luft und sagte: „Also dann… sollten wir vielleicht nichts zwischen uns ändern. Vielleicht sollten wir die Dinge genauso lassen, wie sie sind.“
Bill lächelte etwas traurig.
Er sagte: „Riley, die Dinge haben sich bereits verändert zwischen uns. Sie haben sich verändert, ob wir es wollen oder nicht.“
Riley wusste genau, was er meinte.
Dieser Kuss.
Er hatte alles zwischen ihnen verändert.
In diesem Moment kam der Kellner mit ihren Sandwiches.
Und Rileys Handy klingelte.
Sie überlegte kurz, ob sie den Anruf ignorieren sollte, doch dann sah sie, dass er von ihrem Boss stammte, dem Teamleiter Brent Meredith.
Als sie den Anruf entgegennahm, kam Meredith wie immer direkt zum Punkt.
„Sind Sie dazu bereit einen neuen Fall zu übernehmen, Agentin Paige?“
Riley musste über die Frage lächeln. Brent Meredith „nein“ zu sagen war keine wirkliche Option.
„Ich bin bereit“, sagte sie.
„Gut. Dann kommen Sie sofort in mein Büro.“
Ohne ein weiteres Wort beendete Meredith den Anruf.
Bill sagte: „Ich nehme an, dass das Meredith war, gesprächig wie immer.“
Riley lachte und sagte: „Ja, manchmal hört er einfach nicht auf zu quatschen. Naja, ich nehme an wir werden gebraucht – und wie immer jetzt sofort. Tut mir leid um das Mittagessen.“
„Wir können es auf dem Weg essen“, sagte Bill. „Das ist uns nicht neu.“
Bill winkte den Kellner heran und bat ihn, ihre Sandwiches einzupacken und die Rechnung zu bringen.
Er sagte: „Was meinst du, wie oft wurden wir bereits während des Mittagessens irgendwo hinbestellt?“
Riley kicherte und sagte: „Ich nehme an, einige Dinge ändern sich nie.“
Bill zahlte die Rechnung und, mit ihrem Mittagessen in der Hand, gingen sie hinaus zu seinem Auto.