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KAPITEL VIER

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Riley blickte immer wieder auf ihre neue Partnerin, als sie auf den Highway aus Quantico hinaus aufgefahren waren. Irgendwie konnte sie nicht ganz glauben, dass Ann Marie Esmer wirklich eine FBI Rekrutin war.

In diesem Augenblick war die junge Frau am Telefon und sprach mit dem County Sheriff in Maryland. Sie teilte ihm mit, dass sie und Riley auf dem Weg waren und machte mit ihm ein Treffen aus. Ann Marie machte sich Notizen, während sie sprach.

Ihre Stimme, ultra-höflich und ultra-fröhlich, klang für Riley nach der einer Nobel-Empfangsdame oder vielleicht einer Stimmenschauspielerin in einer Fernsehwerbung. Sie war gutaussehend – eigentlich auffällig hübsch, mit leuchtenden blauen Augen und blonden Haaren, die hinten so perfekt zusammengebunden und frisiert waren, dass es ein Friseur gemacht haben musste.

Ann Marie war in Merediths Büro vollkommen vorbereitet und ausgerüstet mit einer Reisetasche erschienen, genau wie Bill und Riley. Sie verstand offensichtlich die Notwendigkeit in jedem Moment bereit dafür zu sein, ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort verlassen zu müssen. Ebenso war sie ziemlich wohlüberlegt gekleidet in einen einfachen, legeren Hosenanzug und komfortable Schuhe. Trotzdem machte ihre Kleidung einen neuen und teuren Eindruck und sie trug einen gemusterten Schal, dessen Farben auf ihre Haarfarbe und ihren Hautton abgestimmt zu sein schienen.

Sie beendete den Anruf und sagte in ihrer angenehmen, zwitschernden Stimme zu Riley: „Sheriff Wightman ist super froh, dass wir auf dem Weg sind. Er will uns am Tatort treffen, wenn wir in Winneway angekommen sind. Der Bezirksgerichtsmediziner ist gerade dort und untersucht die Leiche.“

Ann Marie klopfte mit dem Stift auf ihren Notizblock und fügte hinzu: „Ich habe die Anfahrtsbeschreibung aufgeschrieben. Keine Sorge, wir werden uns nicht verfahren. Ich bin sehr gut mit Wegbeschreibungen! Ich werde uns hinlotsen, selbst wenn das GPS System ausfällt.“

Ich habe keinerlei Zweifel, dachte Riley.

Dieses Mädchen war nichts, wenn nicht effizient und aufmerksam.

Dann sagte Ann Marie: „Wow. Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich habe das Gefühl, dass ich mich zwicken muss, um sicherzugehen, dass ich nicht träume. Ich meine, hier bin ich nun bei meinem ersten Fall nachdem ich in Quantico wochenlang Papiere hin- und hergeschoben habe. Und ich bin mit Spezialagentin Riley Paige gepartnert!“

Sie lachte musikalisch und fügte hinzu: „Wenn die Leute an der Academy mich jetzt bloß sehen könnten. Die Leute an der Academy sprechen andauernd von Ihnen, wissen Sie? Wir haben sehr viele Ihrer Fälle studiert. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich das so sage, aber… Agentin Paige, Sie sind so brillant! Und das wissen auch alle.“

Riley wusste, dass sie sich geehrt fühlen sollte. Stattdessen fühlte sie sich etwas unangenehm berührt.

Sie sagte zu Ann Marie: „Wie sind denn die Dinge an der Academy?“

„Naja, ziemlich aufregend für jemanden wie mich. Aber für Sie wäre es langweilig, da bin ich mir sicher.“

Ann Marie begann dann über ihre Kurse an der Academy zu plappern – nicht so sehr über die Inhalte ihrer Ausbildung, wie über die Geschichten und Gerüchte ihrer Kommilitonen, einschließlich der Aufzählungen ihres Dating-Lebens in dieser Zeit.

In einer Sache hatte sie Recht, dachte Riley, während sie ein Seufzen unterdrückte. Für mich ist das alles langweilig.

Riley kam es komisch vor, vom Leben an der FBI Academy aus einem solch sozialen Blickwinkel zu hören. Ann Marie hatte offensichtlich eine tolle Zeit dort gehabt und hatte allerlei verschiedener Freundschaften geschlossen. Die Erfahrungen, die Riley selbst vor vielen Jahren dort gemacht hatte, waren nicht annähernd so…

Naja, gemütlich.

Wie Ann Marie auch, war Riley zum FBI Honors Programm zugelassen worden und dann zur Academy selbst zum Teil beruhend auf einer starken Empfehlung eines sehr respektierten Agenten. Das bedeutete, dass jede von ihnen bereits ungewöhnliche Fähigkeiten demonstriert hatte, doch es bedeutete auch, dass sie beide anderen qualifizierten Bewerbern den Platz weggenommen hatten. Schlimmer noch, Riley war aus dem Programm gezogen worden, um ihrem Mentor bei einigen kritischen Fällen zu helfen. Als sie wieder in den Unterricht zurückkehrte, fühlte sie sich isoliert von den anderen und sogar abgelehnt. Sie hatte nur eine gute Freundin während ihrer Zeit an der Academy gehabt – ihre Zimmernachbarin, Frankie Dow.

Es kam Riley also komisch vor, dass die Erfahrungen dieses Mädchens sich so von ihren eigenen unterschieden.

Die Leute mögen sie, nehme ich an.

Riley fühlte nicht gerade dasselbe für ihre neue Partnerin, obwohl sie zugeben musste, dass es wahrscheinlich nicht allein Ann Maries Schuld war. Es war nicht nur die hyper-fröhliche Persönlichkeit der jungen Frau, die ihr bitter aufstieß. Die Wahrheit war, dass Riley mehr als nur etwas irritiert war von dieser Ausgestaltung der Dinge. Sie konnte nicht anders, als zu denken, dass mit irgendjemand anders als mit Bill zusammenzuarbeiten, nie gutging. Ihre letzten Juniorpartnerinnen hatten nicht die FBI Karrieren eingeschlagen, für die sie vorbestimmt gewesen schienen.

Riley hatte Lucy Vargas wirklich ins Herz geschlossen und dann war alles wirklich schlimm ausgegangen. Ihr Tod hatte Bill an den Rand des Selbstmordes getrieben.

Es war schwieriger gewesen, sich an Jenn Roston zu gewöhnen, aber Riley und Jenn hatten einander über die Zeit einige ziemlich dunkle persönliche Geheimnisse anvertraut.

Riley begriff, dass sie sich immer noch nicht damit abgefunden hatte, dass Jenn weg war.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich umdrehen würde und erwartete dort Jenn statt Ann Marie zu sehen – erwarten würde Jenns starke, afro-amerikanische Gesichtszüge zu sehen, statt den blassen, perfekten Teint dieser jungen Frau; Jenns sichere, feste Stimme, anstatt all dieses zwitschernden Geplappers.

Riley unterdrückte ein Seufzen, als Ann Marie mit den Gerüchten aus der Academy fortfuhr.

Das hier wird nicht einfach, dachte sie.

Sie erinnerte sich an etwas, das Meredith gesagt hatte.

„Ich vermute, Sie werden diesem Streich auf den Grund gehen und morgen früh schon wieder auf dem Weg zurück sein.“

Riley hoffte das jedenfalls.

Obwohl heute noch besser wäre.

Sie hoffte ebenfalls, dass diese Partnerschaft nur eine einmalige Sache bleiben würde.

*

Als Riley über die Woodrow Wilson Memorial Brücke fuhr, und den Potomac Fluss nach Maryland überquerte, spürte sie, dass diese kurze Reise sich sehr viel länger anfühlte, als sie es eigentlich sein sollte. Ann Marie hatte aufgehört zu plappern, hatte aber das Autoradio aufgedreht und einen Pop-Sender gefunden, der viel zu fröhliche und dämliche Musik für Rileys Geschmack spielte. Sie war wirklich froh, wenn das GPS System die Musik hin und wieder unterbrach, um ihnen Fahranweisungen zu geben.

In der Zwischenzeit kehrten Rileys Gedanken immer wieder zu dem Treffen mit Meredith zurück. Sie verzog die Miene, als sie sich daran erinnerte, wie Meredith sie und Bill angestarrt hatte.

„Gibt es etwas, was Sie beide mir nicht sagen?“, hatte er gefragt.

Natürlich hatte Meredith Recht mit seinen Vermutungen. Schließlich hatte seine Vorladung ihr erstes echtes Date mit Bill unterbrochen – eine Entwicklung, die Meredith mit gutem Recht neugierig machen würde.

Und jetzt haben wir ihn angelogen.

Beide.

Sie schauderte, wenn sie an die Konsequenzen dachte, die diese Lügen eventuell haben könnten. Schlimmer noch, sie fühlte sich schuldig Meredith gegenüber. Er war ihr jahrelang ein intelligenter, fairer und respektvoller Vorgesetzter gewesen.

Wir hätten ihm die Wahrheit sagen sollen, dachte Riley.

Doch was war die Wahrheit denn genau?

Das war das wahre Problem. Sie wusste nicht, was sie Meredith hätten sagen können. Sie hatten keine Zeit gehabt es für sich selbst zu klären.

Riley und Bill wussten immer noch nicht in welche Richtung sich ihre Beziehung entwickelte. Sobald sie beide eine bessere Vorstellung davon haben würden, könnten sie sich womöglich mit Meredith zusammensetzen und reinen Tisch machen. Sie hoffte, dass Meredith verständnisvoll sein würde und sich vielleicht sogar für sie freuen würde.

Nach ungefähr einer Stunde Fahrt kamen sie in Winneway an, einer teuren, geschichtsbewussten Stadt. Riley fand es unpassend, dass einige der großen, schönen Häuser, deren Alter teilweise bis in die Kolonialzeiten zurückreichte, nun von Pools flankiert wurden. Riley fühlte sich immer fehl am Platz in solch wohlhabenden Gegenden. Die Menschen, denen sie in einem solchen Rahmen begegnete, tendierten dazu FBI Agenten eher wie Angestellte zu behandeln, als wie die hochqualifizierten Beamten, die sie waren.

Endlich ließ das GPS System sie wissen, dass sie am Ironwood Park angekommen waren – einer großflächigen gutgepflegten Grünlandschaft, auf der kleine Waldstücke verteilt waren. Die bunten Herbstblätter machten den Anblick besonders angenehm.

Riley bog auf eine kurvige Straße, die in den Park hineinführte. Bald schon stießen sie auf eine Gruppe haltender Fahrzeuge – ein paar Polizeiautos, das Auto des Bezirkssheriffs und der Van des Gerichtsmediziners.

„Hier muss es sein!“, zwitscherte Ann Marie fröhlich.

Riley zuckte bei der Unbeschwertheit von Ann Maries Ton zusammen. Sie hatte das Bedürfnis die junge Frau zu warnen, dass sie gleich eine todernste Situation betreten würden – einen Tatort, an dem die Leiche der Ermordeten immer noch anwesend war.

Doch Riley hielt sich davor zurück irgendetwas zu sagen.

Lassen wir es einfach eine Überraschung bleiben, dachte sie und unterdrückte ein ironisches Lächeln.

Sie wusste, dass Ann Marie während ihres Trainings an der Academy bereits Leichen gesehen hatte. Aber das war nur in einer klinischen, forensischen Umgebung. Eine Leiche am Tatort zu sehen war eine ganz andere Erfahrung – eine, auf die, da war sich Riley ziemlich sicher, diese scheinbar soziale Partymaus nicht vorbereitet war. Wenn die Neue das nicht verkraften könnte, wäre Riley mehr als bereit sie sofort zurück nach Quantico zu schicken.

Sie stiegen aus dem Auto und gingen zu einem Waldstück rüber, dass von der Polizei abgesperrt worden war. Riley war erfreut darüber zu sehen, dass eine Art Zelt zwischen den Bäumen errichtet worden war, offensichtlich um den Tatort vor den Elementen zu schützen. Ein paar Polizisten standen vor dem Zelt Wache.

Die Polizei hier weiß, was sie tut, dachte sie.

Riley und Ann Marie zeigten ihre Dienstmarken vor und schlüpften unter dem Absperrungsband hindurch, um ins Zelt zu gelangen. Das Innere des Zelts wurde von ein paar stehenden Flutlichtern erleuchtet. Ein paar Männer befanden sich im Inneren und standen um ein großes Loch an dessen einer Seite ein Haufen Erde aufgeschüttet war und auf dessen anderer Seite sich auf dem Boden eine bedeckte Leiche befand.

Riley stellte sich und die Junioragentin dem Bezirkssheriff Emory Wightman und dem Hauptgerichtsmediziner Mark Tyler vor, die auf ihre Ankunft gewartet hatten. Der Sheriff war ein solider Mann in seinen Vierzigern, obwohl ein Bierbauch vermuten ließ, dass er nicht wirklich auf seine Figur achtete. Der dünne und drahtige Gerichtsmediziner schien etwas älter zu sein. Beide Männer machten einen Moment lang einen bedrückten Eindruck, dann sagte Wightman endlich: „Ich nehme an, sie wollen die Leiche untersuchen.“

„Es ist kein schöner Anblick“, kommentierte Tyler.

Wightman fügte hinzu: „Ich nehme an, Agenten wie sie haben bereits sehr viele solcher Anblicke –“

„Natürlich“, unterbrach Riley ihn.

Sie vermutete, dass die Zurückhaltung des Sheriffs sich damit erklären ließ, dass beide Agentinnen Frauen waren, doch selbst wenn ihre jüngere Partnerin nicht bereit für den Anblick war, hatte Riley genug Leichen gesehen, um sich nicht vor dem, was sie erwartete, zu fürchten.

Ohne weiteres Zögern hob Wightman vorsichtig die Bedeckung an.

Der Anblick der Leiche schockierte Riley tatsächlich.

Die Verwesung war bereits ziemlich weit vorangeschritten, da die Leiche anscheinend bereits seit Langem begraben gewesen war. Doch das wirklich komische an dem Anblick war, dass das Opfer ein Skelett-Kostüm trug, ein schwarzes Outfit mit aufgedruckten weißen Knochen.

Ein Skelett, dass als Skelett verkleidet ist, dachte sie.

Bevor sie irgendwelche Fragen stellen konnte, hörte sie Ann Marie einen lauten Aufschrei von sich geben – doch es war kein Aufschrei des Entsetzens.

„Oh, das ist so interessant!“

Ann Maries Gesichtsausdruck war einer von erfreuter Faszination, als sie sich neben die Leiche hockte. Sie bückte sie vor, um einen besseren Blick auf die Überbleibsel der Haut und der Haare zu bekommen, die an dem kahlen menschlichen Schädel hafteten.

Das war wohl kaum die Reaktion, die Riley von dieser jungen Frau erwartet hätte. Sie fragte sich welch andere Überraschungen ihre neue Partnerin für sie parat haben könnte.

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