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KAPITEL SIEBEN

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Zum Glück war es Samstag und die meisten Autos der Nachbarschaft standen entweder in Einfahrten oder offenstehenden Garagen. Sie erreichten Plainsview um 15.10 Uhr und parkten dort, wo sie sich zuvor mit Sheriff Burke getroffen hatten. Es war ein sonniger Märznachmittag, nicht wirklich kalt, aber auch nicht warm. Trotzdem erwartete Mackenzie nicht, Probleme damit zu haben, Anwohner zu finden, mit denen sie sprechen konnten.

„Du übernimmst die rechte Seite, ich die linke“, sagte Ellington, als sie aus dem Wagen ausstiegen.

Mackenzie nickte. Sie wusste, dass die meisten Partner sich dagegen entschieden, sich aufzuteilen. Doch sie und Ellington vertrauten einander auf einem Level, das dieses Vorgehen erlaubte. Dieses Vertrauen entstammte nicht nur ihrer starken Partnerschaft als Teamkollegen, sondern auch dem Verbundenheitsgefühl verheirateter Menschen. Sie trennten sich ohne Trara und begaben sich auf ihre jeweilige Straßenseite.

Das erste Haus auf Mackenzies Seite war ein Kinderspiel, da Mutter und Tochter sich im Vorgarten aufhielten. Die Tochter war vielleicht sechs Jahre alt und fuhr mit ihrem Dreirad den Gehweg hoch und runter. Die Mutter saß auf der Veranda und tippte auf ihrem Handy. Als Mackenzie näherkam, blickte sie auf und lächelte.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie. Ihr Ton ließ erkennen, dass sie überhaupt nicht helfen wollte, vor allem wenn Mackenzie vorhatte, etwas zu verkaufen.

Mackenzie entfernte sich ein paar Schritte von dem kleinen Mädchen, während sie ihre Marke herauszog und sich vorstellte. „Ich bin Agent Mackenzie White vom FBI. Mein Partner und ich befragen die Nachbarschaft, um Informationen bezüglich eines Unfalls mit Fahrerflucht vor zwei Tagen zu finden.“

„Ich habe der Polizei bereits gesagt, dass ich nichts gesehen habe“, sagte sie. „Man geht scheinbar davon aus, dass sich der Vorfall nach Mitternacht ereignet hat und meine Familie schläft bereits um 23 Uhr.“

„Wissen Sie, wer die Leiche gefunden hat?“

„Nicht sicher. Es sind einige Gerüchte im Umlauf und ich weiß nicht, welchem ich glauben soll. Nach einer Weile hört man einfach auf, zuzuhören, verstehen Sie?“

„Würden Sie einer der Gerüchtequellen zutrauen, die Wahrheit zu sagen?“

„Ich fürchte nicht.“

„Nun, dann danke, dass Sie sich Zeit genommen haben.“

Sie drehte sich um und winkte dem kleinen Mädchen zu, während sie auf das nächste Haus zuging. Sie klopfte drei Mal, erhielt aber keine Antwort. Beim dritten Haus war es dasselbe. Erst beim vierten Haus wurde die Tür sofort geöffnet, nachdem sie geklingelt hatte.

Mackenzie stand vor einer älteren Frau, vielleicht um die sechzig Jahren alt. Sie hielt eine Flasche Reinigungsmittel und einen Staubwedel in der Hand. Rockmusik aus den 70ern spielte im Hintergrund; Peter Frampton, wenn Mackenzies doch ziemlich beeindruckendes Musikwissen sie nicht täuschte. Ihre Gedanken waren offensichtlich bei ihrer Putzarbeit, doch sie schenkte Mackenzie dennoch ein Lächeln.

„Es tut mir leid, dass ich störe“, sagte Mackenzie. „Ich bin Agent White vom FBI.“ Sie zog ihre Marke heraus und die Frau starrte Mackenzie an, als hätte sie gerade einen Zaubertrick aufgeführt. „Ich befrage die Nachbarschaft, um Informationen zum Unfall mit Fahrerflucht zu finden, der sich vor zwei Tagen auf dieser Straße ereignet hat.“

„Oh, natürlich“, sagte die Frau. Und sofort war ihre Putzarbeit vergessen. „Haben Sie den Verantwortlichen denn schon gefunden?“

„Noch nicht. Deshalb sind wir hier, um Hinweise zu finden. Haben Sie in jener Nacht etwas gesehen oder gehört?“

„Nein. Ich denke nicht, dass überhaupt jemand etwas mitbekommen hat. Und das ist ja das Erschreckende an der Sache.“

„Weshalb?“

„Nun, wir befinden uns hier in einer sehr friedlichen Nachbarschaft. Aber gleichzeitig sind wir auch mitten im Nirgendwo. Ja, Salt Lake City ist weniger als dreißig Kilometer von hier entfernt, aber wir fühlen uns hier dennoch nicht wie in einer Großstadt.“

„Welche Gerüchte sind im Umlauf?“, fragte Mackenzie.

„Ich habe nichts gehört. Die Sache ist zu dunkel, um darüber zu sprechen.“ Sie ging einen Schritt weiter auf Mackenzie zu, um mit verschwörerischer Stimme sprechen zu können. „Ich habe das Gefühl, diese Nachbarschaft glaubt, dass die ganze Sache sich in Luft auflöst, wenn wir einfach nicht darüber sprechen. Dass jeder es einfach wieder vergessen wird.“

Mackenzie nickte. Sie hatte bereits mehrere Fälle in Städten wie dieser bearbeitet. Doch sie wusste auch, dass der Klatsch und Trasch in genau diesen kleinen Nachbarschaften seine Wurzeln hatte und weit reichen konnte.

Aber als sie ihre Tour durch die Straße fortsetzte, war sie sich nicht sicher, ob das auch für Plainsview zutreffen würde. Die Bewohner begegneten ihr mit zwei verschiedenen Einstellungen: Es gab die, die sich vom Besuch des FBI irritiert fühlten, weil sie bereits mit der Polizei gesprochen hatten. Und die, die sich um die Sicherheit in ihrer Nachbarschaft fürchteten, nachdem nun auch das FBI involviert war.

Das achte Haus, das sie erreichte, wirkte ziemlich unscheinbar. In den Beeten blühten keine Blumen und der Mulch hatte sich schon lange verfärbt. Obwohl auf der Veranda Möbel standen, befanden sich diese in einem verfallenen Zustand. Einer der Stühle hing voller Spinnenweben. Das Gebäude war lediglich zwei Häuser von der Kreuzung entfernt und obwohl es nicht herausstach, vermutete Mackenzie, dass sich die älteren Hausbesitzer der Nachbarschaft möglicherweise daran störten.

Sie klopfte an der Tür und hörte leise Schritte im Inneren. Weitere zehn Sekunden vergingen, bevor jemand erschien. Und auch dann wurde die Tür nur einen Spalt weit geöffnet. Eine junge Frau schielte heraus; ihre dunklen Augen betrachteten Mackenzie prüfend. Vermutlich handelte es sich um eine argwöhnische Frau.

„Ja?“, fragte die junge Frau.

Mackenzie zeigte ihre Marke und ihren Ausweis und nahm sofort eine seltsame Spannung wahr. Alle anderen Nachbarn hatten die Türen weit geöffnet, doch diese Frau wirkte, als wolle sie die Tür als Schutzschild benutzen. Vielleicht war sie eine der Anwohnerinnen, die sich dafür entschieden hatten, mit absoluter Angst auf den Mord zu reagieren.

„Ich bin Agent White vom FBI. Ich hatte gehofft, Ihnen ein paar Fragen zu dem Unfall mit Fahrerflucht vor zwei Tagen stellen zu können.

„Mir?“, fragte die Frau verwirrt.

„Nein, nicht nur Ihnen. Mein Partner und ich gehen von Tür zu Tür, um mit allen Anwohnern zu sprechen. Verzeihen Sie mir die Frage, aber Sie sehen noch sehr jung aus. Sind Ihre Eltern zuhause?“ Ein kurzes, irritiertes Flackern erschien im Gesicht der Frau. „Ich bin zwanzig Jahre alt“, sagte sie. „Ich wohne mit zwei Mitbewohnern zusammen.“

„Oh, das tut mir leid. Also … ist Ihnen in jener Nacht etwas Interessantes aufgefallen?“

„Nein. Ich meine, ich habe gehört, dass sich der Vorfall sehr spät ereignet hat. Normalerweise schlafe ich bereit gegen 22 oder 23 Uhr.“

„Und Sie haben nichts gehört?“

„Nein.“

Die Frau öffnete die Tür noch immer nicht weiter. Sie sprach außerdem ziemlich schnell. Mackenzie glaube nicht, dass die Frau etwas versteckte, aber sie verhielt sich auf eine Art und Weise, die Mackenzie aufmerksam machte.

„Wie heißen Sie?“, fragte sie.

„Amy Campbell.“

„Amy, sind Ihre Mitbewohner zuhause?“

„Eine, ja. Die andere ist unterwegs und macht Besorgungen.“

„Wissen Sie, ob sie in der Nacht des Vorfalls etwas gesehen oder gehört haben?“

„Nein, haben sie nicht. Wir haben darüber gesprochen, um etwas herauszufinden. Aber wir haben in der Nacht alle bereits um halb elf geschlafen.“

Mackenzie wollte gerade darum bitten, eintreten zu dürfen, entschied sich aber dagegen. Amy schien die Situation offensichtlich nicht zu behagen und es machte keinen Sinn, ihre Angst zu verschlimmern. Der Moment der Anspannung zwischen ihnen verging und Mackenzie sah, dass sich hinter Amy etwas bewegte. Eine weitere Frau ging den Flur entlang und bog dann links in ein Zimmer ab. Sie schien etwa in Amys Alter zu sein und hatte ein kantiges Gesicht. Ihre Haare, die braun zu sein schienen, waren lose zusammengebunden. Mackenzie hielt sich davon ab, nach ihr zu fragen, um Amy nicht zu verlieren.

„Woher wussten Sie von dem Mord?“, fragte Mackenzie.

„Von der Polizei. Die kam an jenem Morgen vorbei und hat genau dieselben Fragen gestellt.“

„Und Sie haben ihnen dieselben Antworten gegeben?“

„Ja. Wirklich. Ich habe nichts gesehen, nichts gehört. Ich wünschte, helfen zu können, denn es ist wirklich furchtbar … aber ich habe geschlafen.“

In diesem Kommentar nahm Mackenzie Emotionen wahr. Amy war entweder traurig oder verzweifelt – was Sinn machte, schließlich war auf dieser Straße vor zwei Nächten etwas Schreckliches geschehen. Trotzdem verhielt sie sich seltsamer als die anderen Nachbarn, mit denen Mackenzie gesprochen hatte. Sie griff in ihre Jackentasche und zog eine Visitenkarte heraus. Als sie sie Amy überreichte, nahm die junge Frau sie geschwind entgegen.

„Rufen Sie mich an, wenn Ihnen oder Ihren Mitbewohnerinnen etwas einfällt – oder wenn Sie mitbekommen, dass Ihre Nachbarn etwas erwähnen. Können Sie das tun?“

„Ja. Viel Glück, Agent.“

Amy Campbell schloss schnell die Tür und ließ Mackenzie alleine auf der schmutzigen Veranda zurück. Langsam ging sie die Stufen herunter und dachte nach.

Eine Zwanzigjährige mietet ein Haus in einer Nachbarschaft wie dieser … das ist irgendwie seltsam. Aber wenn sie Mitbewohner hat, besteht die Möglichkeit, dass sie alle an einer Universität in Salt Lake City studieren. Vielleicht ist es hier billiger und schöner als in den Wohnheimen auf dem Campus.

Während die ganze Situation ihr noch immer merkwürdig vorkam, musste sie sich daran erinnern, dass in dieser Straße ein grausamer Mord verübt worden war. Jeder ging anders damit um – vor allem Mädchen im College-Alter, die wussten, dass das Opfer in ihrem Alter gewesen war.

Mackenzie dachte darüber nach, während sie zurück auf die Straße ging. Dabei fielen ihr auf der Betonplatte, die Amy Campbells Einfahrt darstellte, zwei Autos auf. Beide waren ziemlich alt, bei einem schien es sich um einen 2005 Pontiac zu handeln, der so aussah, als würde er beim nächsten Kontakt mit einem Schlagloch auseinanderfallen.

Bevor sie weiterlief, nahm Mackenzie ihr Handy aus der Tasche. Sie notierte sich Amys Namen und ihre Adresse. Es war nur eine Ahnung, aber nur allzu oft zahlten sich Mackenzies Ahnungen am Ende aus.

Sie steckte ihr Handy zurück in die Jackentasche und ging weiter die Straße entlang, um an weiteren Türen zu klopfen.

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