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KAPITEL ZWEI

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Die Wohnung roch nach Rosmarin und Zitrone. Das Abendessen kochte auf dem Herd, die erste Flasche Wein war geöffnet worden und Spotify spielte The Cure. Jeder willkürliche Besucher hätte vermutlich gedacht, dass Mackenzie White einen fantastischen Nachmittag hatte. Nicht sichtbar jedoch war ihr innerlicher Kampf und die Aufregung. Ihre Nerven waren – wie ihr Magen auch – gereizt.

Das Hühnchen war fertig und der Spargel im Ofen. Mackenzie nippte an ihrem Rotwein und versuchte, eine Beschäftigung zu finden. Ellington saß mit Kevin auf dem Wohnzimmerboden und las ihm vor. Er sah zu ihr auf und verdrehte die Augen. Als er einen passenden Zeitpunkt zur Unterbrechung erreichte – der winzige Hundewelpe in der Geschichte war erneut unter den Zaun gekrabbelt – nahm er Kevin in den Arm und betrat mit ihm zusammen die Küche.

„Es ist nur deine Mutter“, sagte er. „Du tust ja so, als bekämen wir Besuch von der Steueraufsichtsbehörde oder so.“

„Du kennst sie nicht“, meinte Mackenzie.

„Ist sie dir ähnlich?“

„Bis auf die Tatsache, dass sie uns verlassen hat, schon.“

„Dann bin ich mir sicher, dass sie in Ordnung ist. Sag mir einfach, wieviel Charme ich versprühen soll.“

„Nicht zu viel. Sie wird deine Witze nicht verstehen.“

„Dann nehme ich es zurück“, sagte Ellington. „Ich kann die Frau jetzt schon nicht ausstehen.“ Er gab Kevin einen Kuss auf die Stirn und zuckte mit den Schultern. „Sie hat allerdings ein Recht darauf, ihren Enkel kennenzulernen. Bist du denn überhaupt nicht froh, dass sie ein Teil der Familie sein will?“

„Ich will ja froh sein. Aber es fällt mir schwer, ihr zu vertrauen.“

„Das verstehe ich“, meinte Ellington. „Mir wird auch nicht gerade warm ums Herz, wenn ich an meine Mom denke.“

„Aber zumindest stand sie sofort vor der Tür, als du ein Kind bekamst, oder?“

„Das stimmt. Aber wir sollten nicht davon ausgehen, dass das gut ist. Es könnte Jahre dauern, bevor wir verstehen, welchen traumatischen Einfluss das auf Kevin hatte.“

„Ich mache keine Witze, E. Die Frau ist schädlich. Sie ist …“

Sie war sich nicht sicher, wie sie den Satz beenden sollte, also verstummte sie. Was ist sie? Egoistisch wäre ein passendes Wort. Unreif ein anderes. Die Frau hatte sich nach dem Tod ihres Mannes quasi abgeschottet und dadurch Mackenzie und ihre Schwester ohne Mutterfigur zurückgelassen.

„Sie ist deine Mutter“, erwiderte Ellington. „Und ich freue mich, sie kennenzulernen.“

„Ich werde dich später an diese Worte erinnern.“

Sie küssten sich und Ellington kehrte ins Wohnzimmer zurück, um weiter von den Fehltritten des winzigen Hundewelpen vorzulesen. Mackenzie hörte zu, während sie erneut an ihrem Wein nippte und dann begann, den Tisch zu decken. Sie schielte auf die Uhr und bemerkte, dass nur sechs Minuten verblieben, bevor ihre Mutter sich angekündigt hatte. Sie musste zugeben, dass das Abendessen köstlich roch und Kevin niedlicher aussah als je zuvor. Für ihren Geschmack wuchs er viel zu schnell. Er zog sich bereits selbst hoch und flitzte durch die Wohnung. Sie rechneten jeden Tag mit seinen ersten Schritten.

Daran ließ sich gut festmachen, wieviel Zeit seit ihrem letzten Treffen mit ihrer Mutter vergangen war. Ihr Sohn würde bald laufen und ihre Mutter hatte ihn …

Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Gedankengänge. Sie sah Ellington erschrocken an, woraufhin er grinste. Dann nahm er Kevin wieder in den Arm und streckte ihr seine freie Hand entgegen. Seit etwa einer Woche trug er keinen Gips mehr und es tat gut, ihm dabei zuzusehen, beide Arme zu benutzen.

Sie nahm seine Hand und er zog sie an sich. „Du hast es mit den härtesten Kerlen aufgenommen, die unsere Gesellschaft zu bieten hat“, erinnerte er sie. „Sicherlich kannst du auch diese Situation bewältigen.“

Sie nickte und gemeinsam gingen sie zur Tür. Als sie die Tür öffneten, musste Mackenzie kurz ihre Gedanken sammeln.

Ihre Mutter sah umwerfend aus. Sie schien sich in den letzten Monaten seit ihrem Treffen gemacht zu haben. War es bereits ein Jahr her? Mackenzie war sich nicht sicher. Ihre Mutter sah gesund und sogar glücklich aus. Ihr Haar war zurechtgemacht und sie könnte gut als dreiundvierzig statt dreiundfünfzig durchgehen.

„Hey Mom“, sagte Mackenzie. „Du siehst gut aus.“

„Du auch.“ Sie sah an Mackenzie vorbei zu Ellington, der Kevin im Arm hielt. „Es tut mir leid“, sagte sie. „Wir kennen uns noch nicht.“

Ellington und ihrer Mutter dabei zuzusehen, sich die Hand zu geben, war irgendwie unwirklich. Und als Mackenzie beobachtete, wie Kevin die fremde Frau an der Tür studierte, brach ihr kurz das Herz. Sie hatte ihrer Mutter von etwa einem Jahr in Nebraska von ihrem Enkelkind erzählt. Es war eine offene Einladung gewesen, sie zu besuchen – und erst jetzt hatte sie sie angenommen. Mackenzie rechnete ihr jedoch an, ihr Angebot, die Flugtickets zu bezahlen, abgelehnt zu haben.

„Komm rein, Mom“, sagte Mackenzie.

Patricia White betrat die Wohnung ihrer Tochter, als gehe sie in eine Art Kathedrale – mit Ehrfurcht und Respekt. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah sie erst Kevin und dann mit Tränen in den Augen Mackenzie an.

„Kann ich ihn halten?“

„Du bist seine Großmutter“, sagte Mackenzie. „Natürlich kannst du ihn halten.“

Als Ellington ihr Kevin überreichte, tat er das ohne zu zögern. Er beobachtete den ehrfürchtigen und dankbaren Ausdruck seiner Schwiegermutter genauso gespannt wie Mackenzie. Während Mackenzie sich freute, Kevin in den Armen ihrer Mutter zu sehen, fühlte es sich noch immer unwirklich an.

„Er sieht dir sehr ähnlich“, sagte Patricia zu ihrer Tochter.

„Und das ist auch gut so“, meinte Ellington kichernd.

Mackenzie führte ihre Mutter weiter in die Wohnung hinein bis ins Wohnzimmer, wo sie sich setzten. Mackenzie und Ellington sahen sich dabei kurz über Patricias Kopf hinweg an. Ellington schenkte ihr einen Hab-ichs-dir-doch-gesagt-Blick, den sie mit einem mürrischen Stirnrunzeln beantwortete.

„Du hast doch nicht etwa schon in ein Hotel eingecheckt, oder?“, fragte Mackenzie.

„Doch. Hab meine Sachen schon hingebracht.“ Während sie sprach, sah sie Kevin ununterbrochen an. Mackenzie wusste nicht, ob sie ihre Mutter je so strahlend gesehen hatte.

„Das hättest du nicht tun müssen. Ich habe dir doch gesagt, dass du gerne bei uns übernachten kannst.“

„Ich weiß“, sagte sie und nahm schließlich den Blick von ihrem Enkel, während sie ihn auf ihren Knien hüpfen ließ. „Aber ihr seid beide beruflich eingespannt und ich wollte nicht im Weg sein. Außerdem habe ich heute Abend einen Whirlpool in meinem Zimmer und kann morgen ein bisschen Sightseeing machen. Ich war zuvor noch nie in DC, also …“

Sie verstummte und erklärte die Unterhaltung damit für beendet. Und was Mackenzie betraf, war sie das auch.

„Nun, das Abendessen ist so gut wie fertig“, sagte Mackenzie. „Noch ein paar Minuten. Der Tisch ist schon gedeckt, wir können also ins Esszimmer umziehen.“

Das taten sie auch – Patricia trug Kevin im Arm, während Ellington den Hochstuhl an den Tisch schob. Als sie saßen, schenkte Ellington sich selbst und Patricia Wein ein, während Mackenzie nach und nach das Essen servierte. Sie hatte schon immer ein Händchen fürs Kochen gehabt, blieb aber bei den einfachen Gerichten. Heute hatte sie ein schlichtes Vier-Zutaten-Hühnchen mit Rosmarin und Zitrone zubereitet, dazu gab es Kartoffeln und Spargel. Patricia sah sie überrascht an.

„Du kannst kochen?“, fragte sie.

„Ein bisschen. Definitiv nicht überdurchschnittlich.“

„Sie ist bescheiden“, meinte Ellington.

„Das war sie schon immer.“

Und das Abendessen begann, einfach so. Die Unterhaltung war zwar ein bisschen holprig, aber nicht unangenehm. Ellington redete am meisten und erzählte Patricia mehr über sich – wo er aufgewachsen war, seit wann er als Agent arbeitete und seine Version, wie die Beziehung mit ihrer Tochter ins Rollen gekommen war. Mackenzie war überrascht, wie viel es ihr bedeutete, dass ihrer Mutter ihre Kochkünste komplementiert hatte. Während des Essens saß Kevin in seinem Hochstuhl und aß kleine Hühnchen-Stücke, die Mackenzie ihm abschnitt. Er wurde immer besser darin, selbst mit den Händen zu essen, dennoch landete ein großer Teil des Essens auf dem Boden.

Als sowohl die Teller als auch die Weinflasche leer waren, begriff Mackenzie, dass der Abend möglicherweise nicht so katastrophal enden würde, wie sie befürchtet hatte. Ellington säuberte Kevin und gab ihm ein paar Joghurtdrops, bevor er den Tisch abräumte. Mackenzie saß ihrer Mutter gegenüber, während Ellington in der Küche die Spülmaschine einräumte.

„Ich nehme an, dass du in letzter Zeit nicht mit deiner Schwester gesprochen hast“, meinte Patricia.

„Nein. Bei unserem letzten Treffen hast du erwähnt, dass sie in Los Angeles ist, oder?“

„Ja. Und wenn sich das geändert haben sollte, weiß ich nichts davon. Ich könnte schwören, dass sie sich seit deinen Ermittlungen im Falle eures Vaters weiter zurückgezogen hat. Ich habe nie verstanden, wie sie …“

Sie wurde von einem Klopfen an der Wohnungstür unterbrochen – was seltsam war, da Mackenzie und Ellington kaum Besuch bekamen.

„Babe, kannst du aufmachen?“, rief Ellington aus der Küche. „Ich stecke bis zu den Ellbogen im Spülwasser.“

„Entschuldige mich kurz, Mom“, sagte Mackenzie und stand auf. Sie kniff Kevin spielerisch in die Nase, als sie an ihm vorbeiging. Es überraschte sie, wie ausgesprochen gut der Abend lief. Ja, vielleicht könnte man sogar sagen, dass sie den Besuch ihrer Mutter genoss.

Mit federnden Schritten ging sie zur Tür. Doch als sie sie öffnete, verschwand das Federn und die Realität überrollte sie.

„Hallo Mackenzie“, sagte die Frau an der Tür.

Mackenzie setzte ein falsches Lächeln auf, das irgendwie nicht zu passen schien. „Hey E“, rief sie über die Schulter nach hinten. „Deine Mom ist hier.“

Vorher Schadet Er

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