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Vorrede

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Mein lieber Vetter und Freund!

Der Sohn hat es unternommen, des Vaters Leben zu schreiben. —

Unter allen Umständen ein großes Wagniß, doppelt schwierig im vorliegenden Falle, wo es sich handelt um die Darstellung von Ereignissen, die der Verfasser selbst gar nicht oder nur als Kind erlebte, und um die Zeichnung einer politischen Richtung und Bewegung, welcher der Verfasser keineswegs vollkommen sympathisch gegenübersteht. So war denn das einfache Verhältniß, in welchem der Biograph zu seinem Helden stehen soll, das Verhältniß reiner Uebereinstimmung oder Gegnerschaft, von Anfang an nicht vorhanden. Die Gefahr lag nahe, daß entweder die Pietät des Sohnes auf Kosten historischer Wahrheit und Treue oder die Parteimeinung unserer Tage auf Kosten der vollen Pietät und Gerechtigkeit gegen den edeln Todten in dem Widerstreit dieser beiden Anschauungen siegen werde.

Daß ich das offen ausspreche, mag ein Beweis dafür sein, daß ich nicht blos die Gefahr erkannt habe, die dem Gelingen eines seit achtzehn Jahren beharrlich und freudig verfolgten Planes entgegenstand, sondern daß ich auch Alles aufgeboten habe, um diese Gefahr zu überwinden.

Das erste Erforderniß zur Erreichung meines Ziels schien mir zu sein die volle Herrschaft über den Stoff. Nur dadurch war ein unbefangenes Urtheil zu gewinnen. So wie ich daran ging, den Stoff zu sammeln, zeigte sich, daß diese Sammlung wohl kaum jemals abgeschlossen werden könne. Jedes Jahr – um nicht kürzere Zeiträume zu nennen – hat uns seit 1848 werthvollere Bereicherungen unseres Wissens und Urtheils über die vierzig Jahre geboten, in denen Robert Blum lebte, namentlich über das Jahr der deutschen Revolution selbst. Damit war mein Unternehmen von Anfang an auf die bescheidenen Grenzen des Versuchs einer Lösung angewiesen. Mehr will es auch nicht bieten, da es nun hinaustritt in die Welt. Mögen Andere, Bessere, sich dazu angeregt fühlen, diesen Versuch weiter zu führen. Ich selbst werde fortfahren zu sammeln und zu sichten und werde die Resultate dieser fortgesetzten Arbeit, wenn die deutsche Nation diesem Versuche ihre Gunst leiht, in einer anderen Auflage niederlegen.

Ihrer Art nach zerfallen meine Quellen in drei Klassen: in Jedem zugängliche gedruckte Schriften und Blätter, in schriftliche und mündliche Mittheilungen von Zeitgenossen Robert Blum’s über denselben an mich und Andere; endlich in handschriftliche Aufzeichnungen Robert Blum’s selbst, die sich theils in seinem Nachlasse vorfanden, theils von den Besitzern mir überlassen wurden. Allen, die mir bei der Sammlung irgend einer dieser Quellengattungen behülflich waren, sage ich hierdurch öffentlich meinen herzlichsten Dank. Leider ist Mancher darunter, der längst die Augen für immer geschlossen hat und meinen Dank nicht mehr vernehmen kann. Das gilt z. B. von Johann Jacoby, Ludwig Simon, Prof. Wuttke und vor Allem von jenem Manne, der sich wenige Wochen vor seinem Ende noch dazu entschloß, dieses Buch zu verlegen, von Ernst Keil.

Am 9. November 1878 ist ein Menschenalter erfüllt, seitdem Robert Blum auf der Brigittenau verblutete. Dieser Zeitabschnitt schien den vorläufigen Abschluß und die Veröffentlichung dieser Arbeit zu rechtfertigen. Aber auch innere Gründe drängten dazu, nicht länger mit der Ausgabe dieser Blätter zu zögern. Es schien hohe Zeit, jenes falsche und unsaubere Bild Robert Blum’s, zu welchem Herr Alexander Frhr. v. Helfert die Grundlinien scheinbar aus dem ehrwürdigen Schrein österreichischer Privat- und Staatsarchive zusammengetragen hatte, und das seit etwa acht Jahren fast unberichtigt geblieben war, geschichtlich treu zu zeichnen. Außerdem erschien der Versuch, das Leben und Wirken jenes Mannes, welcher die treueste Fürsorge für den „vierten“ Stand mit einer gut-deutschen Gesinnung vereinigte – das Leben und Wirken Robert Blum’s darzustellen besonders geboten in einer Zeit, in welcher ein vaterlandsloses Demagogenthum den rohen Klassenhaß predigte und die Verhöhnung und Zerstörung der deutschen Vaterlandsliebe als die Grundbedingung der wahren Freiheit pries. Die Wahrheit über Robert Blum mußte bald gesagt werden, da dieselbe Partei mit der ihr eigenen Virtuosität der Lüge diesen Mann seit Jahren in ihren unsauberen Blättern als einen ihrer socialistischen Parteiheiligen pries. Noch ehe dieses Buch vor die Welt tritt, ist allerdings auch die Fortsetzung dieser Lästerung Robert Blum’s unterbrochen worden durch das Sozialistengesetz, welches dem frechsten Mißbrauch der Preßfreiheit das verdiente Ziel setzt; und damit ist scheinbar einer der Gründe weggefallen, die mich zur Vollendung meiner Arbeit antrieben. Aber gerade zu der Aufgabe, welche das Sozialistengesetz verfolgt: eine Wandlung der ethischen und nationalen Gesinnung jener Kreise anzubahnen, die von dem zersetzenden Gifte der Socialdemokratie angefressen sind, kann dieses Lebens- und Charakterbild wohl ein Scherflein beitragen. Denn es zeigt einen Mann, der sich aus dem tiefsten socialen Elend aus eigener Kraft emporgearbeitet zu dem höchsten Ehrensitz seines Volkes und der sein Leben einsetzte um die höchsten Güter der Nation. Vor solcher Größe tritt die ganze Erbärmlichkeit der socialistischen Heilslehre und die Kleinheit ihrer Apostel besonders grell zu Tage.

Ob es mir gelungen ist, dem theuren Manne und seiner Zeit gerecht zu werden, darüber steht mir kein Urtheil zu. Aber auch wenn man mir das rundweg bestreiten sollte, so wird mein Buch ein Verdienst immer behalten, das freilich mein Verdienst nicht ist: zum ersten Male ist hier der Werdegang dieses merkwürdigen Mannes fast ausschließlich an seinen eigenen Worten dargestellt, seine Weltanschauung und Parteimeinung an der Hand aller eigenhändigen Aufzeichnungen Robert Blum’s, die nur irgend in seinem Nachlasse, im Gewahrsam seiner Gattin, seiner Schwester, vieler seiner Freunde und in Folge öffentlicher Aufforderung zu benützen waren, dargelegt worden.

Wenn ich Dir, lieber Vetter Christian, dieses Lebensbild widme, so wählte ich Dich als einen Typus der besten Deutschen des fernen Westens der Vereinigten Staaten; jener Deutschen, welche nicht mit vorgefaßten unabänderlichen Meinungen und nicht mit ärgerlichem Besserwissen die Zustände und die geschichtliche Entwickelung ihrer alten Heimath betrachten, sondern mit demselben nüchternen, kritischen, aber auch ideal-patriotischen Blick, mit dem sie inmitten des großen Lebens der Union selbstthätig stehen. Das treue Andenken dieser Deutsch-Amerikaner an Robert Blum ist mir von größtem Werthe und ihnen wollte ich durch meine Widmung an Dich einen Dankesgruß über den Ocean rufen.

In treuer Freundschaft Leipzig,

Dein am Reformationsfeste 1878.

Hans Blum.

Robert Blum

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