Читать книгу Das Abenteuer am Wasserturm - Bo Ingvar Nilsson - Страница 8

Zur Polizei

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Alex war einige Male wach geworden, und irgendwo im Hinterkopf hatte er begriffen, daß es Morgen geworden war. Dennoch war er mehrmals in das Reich der Träume zurückgesunken. Nun weckte ihn die Stimme seiner Mutter endgültig auf:

„Zum dritten Mal, Alex Svensson, das Frühstück ist fertig!“

Die Stimme hatte eine Schärfe, die zweifelsohne klarstellte, daß es an der Zeit war, aufzustehen und zu frühstücken. Er streckte sich genußvoll und erinnerte sich an seinen unruhigen Traum von mysteriösen Männern, dunklen Türmen und Kisten mit Goldschätzen. Mit einem Ruck saß er aufrecht im Bett, stand auf und ging in die Küche. Seine kleine Schwester Anna saß schon am Tisch und strich sich ein Brot, während sie sich noch einen Teller Haferflockenbrei geben ließ. Brei! Schon bei dem Gedanken fühlte sich Alex satt. Sein Vater war wie immer in seine Zeitung vertieft, die er Seite für Seite durchackerte. Seine rechte Hand tappte auf der Suche nach seiner Kaffeetasse, die irgendwo hinter der Zeitung stand, über den Tisch. Er warf der Wanduhr einen flüchtigen Blick zu, und dann tastete sich seine Hand zum Radiogerät. Es war Zeit für die Nachrichten und die Wettervorhersage.

Danach kam das Regionalprogramm und berichtete über die aktuellsten Ereignisse in der Gegend um Stockholm. Alex tunkte ein Käsebrot in seinen Kakao und hörte mit einem Ohr den Reporter über die Gemeindesteuer, über die Warteschlangen für einen Krankenhausplatz berichten, und dann kam es... Alex wurde auf einmal hellwach. Der Reporter las: „Heute morgen wurde der Diebstahl des ganzen Kirchensilbers der Kirche in Sundbyberg entdeckt. Der Diebstahl muß gestern abend oder im Laufe der Nacht begangen worden sein. Ein Mann, der seinen Hund spazieren führte, bemerkte heute früh, daß ein Kirchenfenster aufgebrochen worden war und offen stand. Die Polizei konnte feststellen, daß die Altarkerzenständer, der Abendmahlkelch und eine Taufschale verschwunden waren. Der Abendmahlkelch stammt aus dem 17. Jahrhundert, während die übrigen Gegenstände von keinem kulturhistorischen Wert sind. Der Polizei fehlt jede Spur von den Verbrechern, sie hat aber Fußabdrücke auf dem Boden vor den aufgebrochenen Fenstern gesichert. Und jetzt die Wettervorhersage...“

Alex saß kerzengerade, als hätte er eine Gabel verschluckt, auf seinem Stuhl. Die Kiste! Das Ganze war doch klar wie dicke Tinte. In der Kiste war natürlich das gestohlene Kirchensilber! Die Entfernung zwischen der Sundbyberger Kirche und dem Wasserturm betrug nicht mehr als fünfhundert Meter. „Wir müssen auf die Kirchendiebe gestoßen sein! Wir wissen, wo das Diebesgut versteckt ist, wir wissen, daß der eine Dieb ein Deutscher ist und Bremer heißt, und wir haben sogar seine Autonummer“, dachte er.

„Mama! Papa! Gestern abend haben wir die Diebe gesehen. Sie haben das Silber in einer Kiste versteckt und sie in den Wasserturm gestellt.“

„Was sagst du da?“ Alex’ Mutter stellte ihre Kaffeetasse auf den Tisch. „Bitte noch einmal!“

Alex erzählte die Geschichte langsam und sorgfältig und übersprang eigentlich nur Andys Einsatz als Sänger.

„Ich fahre euch zur Polizei“, sagte Alex’ Vater. „Das Ganze klingt etwas seltsam. Sag den anderen Assen Bescheid, dann fahren wir.“

„Sie werden sowieso jeden Augenblick hier sein“, meinte Alex. „Wir wollten uns hier bei mir gegen neun treffen.“

Um halb zehn wurden die Drei Asse am Polizeipräsidium abgesetzt, und Alex’ Vater ermahnte sie, alles genau zu erzählen und nichts auszulassen. Er selbst hatte keine Zeit um mitzukommen, da er ein paar Besorgungen machen mußte. „Bestimmt etwas für seine Fischerausrüstung“, dachte Alex. „Diesen Sommer wird man wohl an Fischvergiftung sterben.“

Die Drei Asse betraten das Polizeipräsidium und erzählten am Empfang, daß sie komische Dinge gesehen hätten, die mit dem Kirchendiebstahl heute nacht zusammenhingen. „Da müßt ihr mit dem Kriminalassistenten Hallberg sprechen. Er ist für die Ermittlungen zuständig. Nehmt einen Augenblick Platz, er kommt gleich.“

Es sollte ein ziemlich langes und nerviges Warten werden. Der Minutenzeiger auf der Wanduhr kroch nur langsam vorwärts. Nach zwanzig Minuten kam Herr Hallberg, und sie folgten ihm in sein Zimmer, in dem nur ein Schreibtisch mit einer Schreibmaschine, einem Kassettenrecorder und zwei leere Stühle standen. An der Wand machten zwei riesige Poster Reklame für die wunderschöne Landschaft Härjedalens; das eine stellte Heidelbeeren dar, das andere Abfahrtsläufer. Die Jungen setzten sich auf die leeren Stühle, Assemann nahm neben Alex auf der Armlehne Platz. Sie fingen an zu erzählen. „Der Reihe nach und bitte von Anfang an!“ bat der Assistent.

Alex übernahm das Kommando und berichtete, was sie am Abend vorher in der Nähe des Wasserturms erlebt hatten. Herr Hallberg nahm alles auf Band auf. Er stellte ein paar ergänzende Fragen, benützte das Haustelefon und bat jemanden, die deutsche Autonummer zu überprüfen und ob jemand mit dem Namen Bremer im Sheraton-Hotel wohne.

Dann stellte er den dreien noch einmal die Frage, ob das, was sie erzählt hatten, auch wirklich stimme und ob ihnen nicht die Phantasie durchgegangen sei. Die Drei Asse blieben dabei und meinten, daß die hundertausend Kronen, über die die zwei Männer geredet hätten, wohl Hinweis genug seien, daß es hier nicht mit rechten Dingen zuginge.

Nach einer Weile klingelte das Telefon in Hallbergs Zimmer. Eine Stimme berichtete, daß es im Sheraton keinen Deutschen namens Bremer gäbe und daß ein Auto mit der angegebenen Nummer überhaupt nicht existiere.

Die Drei Asse schauten einander verdutzt an. Hallberg bedankte sich, wiegte sich im Bürohstuhl hin und her und überlegte eine Weile, dem Anschein nach tief in die Reklameposter vertieft. Dann sagte er:

„Ich will ja nicht direkt behaupten, daß eure Geschichte erfunden ist, und ich behalte auch das Band mit euerer Zeugenaussage, aber ich glaube, wir haben aktuellere Informationen. Ich lasse von mir hören, wenn ich einen Grund dafür habe. Vielen Dank erst einmal, daß ihr der Polizei alles erzählt habt.“ Schließlich fügte er hinzu: „Als ich in eurem Alter war, hatte ich auch eine lebhafte Phantasie. Es ist leicht passiert, daß man einiges hinzufügt und sogar Sachen hört, die man nicht gehört hat.“

„Wir haben uns das nicht eingebildet!“ Andy Berg wurde wütend.

„Kommen Sie mit uns zum Wasserturm, dann können Sie den Inhalt der Kiste untersuchen!“

„Oder fahren Sie heute abend nach zehn hin“, fuhr Assemann fort. „Dann können Sie die Verbrecher auf frischer Tat schnappen.“

Hallberg ließ sich davon nicht beeindrucken.

„Es ist möglich, daß ich heute abend einen Wagen dorthinschicke, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist und daß keine Kinder um diese Zeit draußen herumlaufen.“

Welch kalte Dusche!

Ein paar Minuten später standen die Drei Asse enttäuscht vor dem Polizeipräsidium. Was sollten sie nun, verflixt noch mal tun, und wie kam es, daß es anscheinend weder den Bremer noch sein Auto gab?

„Kommt, wir setzen uns irgendwo hin und sprechen alles durch!“ Die drei gingen schweigend die sommerleere Straße entlang, fanden einen Tabakladen, in dem sich jeder ein großes Eis kaufte, schlenderten weiter und kamen zu einem einladenden Rasen nur ein paar Straßen von der Polizeiwache entfernt.

Hatten sie sich so verhören oder sich so verschauen können? Das hielten die Drei Asse für unmöglich. Sechs Augen hatten das deutsche Nummernschild gesehen, und genau so viele Ohren hatten den Namen Bremer gehört. Vielleicht schrieb er seinen Namen etwas anders, aber der Schwede hatte ihn jedenfalls so ausgesprochen.

„Vielleicht wohnt er unter falschem Namen im Hotel“, meinte Andy. „Und hat ein Auto mit falscher Nummer“, fügte Alex hinzu.

Nein, so einfach würden die Drei Asse nicht aufgeben. Der Sache muß man auf den Grund gehen. Nun ging es nicht nur um das verschwundene Kirchensilber und die mysteriöse Kiste, sondern auch um die Glaubwürdigkeit der Drei Asse. Sie waren doch keine Lügner, die komische Geschichten erfinden, um die Polizei zu beeindrucken.

„Was tun wir jetzt?“ fragte Assemann.

Keinem fiel eine gute Antwort ein, und sie blieben eine ganze Weile schweigend auf dem Rasen liegen.

Alex richtete sich, immer noch schweigend, auf und dachte nach. Tief in seine eigenen Gedanken versunken ließ er die Hand die Ähren eines Grashalms abziehen. Langsam nahm eine Idee in seinem Gehirn Gestalt an. „Ich habe einen Vorschlag“, sagte er nach einer Weile. Die anderen saßen still und erwartungsvoll. Alex’ Ideen waren es meistens wert, angehört zu werden.

„Assemann und ich fahren zum Sheraton, um diesen Bremer und sein Auto zu suchen. Wir wollen es schwarz auf weiß haben, ob sie existieren oder ob wir uns alles nur eingebildet haben.“

„Das haben wir ganz bestimmt nicht“, wandte Andy ein. „Nein, und das wissen wir, aber nicht der Kriminalassistent Hallberg. Er ist der Polizist, der den Silberdiebstahl klären soll. Wir haben Sommerferien, und ich persönlich würde viel lieber baden gehen, als deutsche Silberdiebe zu jagen.“

Er sprach weiter: „Andy könnte das mit dem Schlüssel erledigen, jemanden in der Stadtverwaltung erwischen und überprüfen, ob es eine natürliche Erklärung für den nächtlichen Besuch am Turm gibt.

Am besten wäre es, wenn Andy jemanden überzeugen könnte, mit zum Wasserturm zu gehen, um den Inhalt der Holzkiste zu untersuchen. Und wenn Andy noch Zeit hat, könnte er ja auch zur Kirche gehen und sehen, ob ihm dort jemand über den Weg läuft.“

Assemann und Andy waren mit dem Plan einverstanden, und man beschloß, sich nach dem Mittagessen wieder bei Andy zu treffen.

Das Abenteuer am Wasserturm

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