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An Martins Tür

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Agnes lauschte an Martins Tür.

Sie drückte das Ohr fest dagegen, um besser hören zu können. Kein Ton drang heraus. Es war ganz still da drinnen.

Sie legte die Hand auf die Türklinke und drückte sie vorsichtig herunter. Nur ein bisschen.

Die Tür war nicht abgeschlossen.

Agnes schloss sie genauso leise, wie sie sie geöffnet hatte.

Dann versuchte sie durchs Schlüsselloch zu gucken. Aber der Schlüssel steckte im Schloss.

War es dunkel da drinnen?

Sie ging zurück in ihr eigenes Zimmer und legte das Ohr gegen die Wand. Bei Martin war es immer noch still. Nicht mal Musik war zu hören.

Lag er auf dem Bett?

Mit ihr ...

Agnes schob eine Kassette in den Kassettenrekorder und stellte ihn laut. Sie warf einen Blick auf die Uhr.

Bald elf.

Sie summte vor sich hin. Erst nur leise, dann immer lauter. Rasch verließ sie ihr Zimmer, knallte die Tür zu und rief: »Martin!«

Heftig riss sie seine Tür auf.

»Ich will bei dir schlafen!«, rief sie.

Im Zimmer war es dunkel. Das schwarze Rollo war heruntergezogen. Aber im Licht aus dem Vorraum waren sie deutlich zu sehen.

Er lag auf dem Bett.

Und sie auch. Elenor.

Sie bewegten sich hastig und fuhren hoch.

»Entschuldigung!«, rief Agnes. »Ich wusste nicht, dass du Besuch hast.«

Sie zog sich rückwärts zurück, während sie mit weit geöffneten Augen alles aufzunehmen versuchte, was sie erfassen konnte.

Sie waren nicht nackt.

Sie hatten angezogen auf dem Bett gelegen und sich in den Armen gehalten.

Jetzt saßen sie da, als ob sie plötzlich geweckt worden wären.

Und dann Martins wütende Stimme: »Du blödes Gör, du!«, schrie er.

»Entschuldigung«, flüsterte Agnes noch einmal und machte die Tür schnell zu, blieb aber davor stehen. Sie hörte ihre Stimmen, hörte, wie sie aufstanden. Sie erkannte Martins Schritt, als er zum Tisch ging. Und dann kam die Musik.

Agnes ging die Treppe hinauf, an dem roten Sessel vorbei, und ins Wohnzimmer.

Papa saß mit den Füßen auf dem Tisch da.

»Soll die hier schlafen?«, fragte sie.

»Schläfst du noch nicht?«, fragte er zurück und gähnte.

»Schläft sie hier?«

»Es ist bald elf«, sagte er.

»Elenor«, sagte Agnes, »soll die hier schlafen?«

»Es ist elf Uhr. Ihr solltet beide schlafen, Martin und du«, sagte Papa.

»Dann sag es ihnen doch!«

Er gähnte wieder und biss ein wenig an einem Fingerknöchel herum.

»Sag du es ihnen«, sagte er.

Agnes nahm die Treppe in drei Sprüngen und schrie: »Es ist jetzt Abend! Soll ich euch von Papa sagen.«

Sie hörte Martins schnelle Schritte. Der Schlüssel wurde herumgedreht.

Sie stand ganz still vor seiner Tür. Die Musik dröhnte. Plötzlich wurde die Stereoanlage abgestellt und es wurde mucksmäuschenstill.

Agnes zählte stumm.

Ein Mississippi, zwei Mississippi, drei ...

In einem Film hatte sie gelernt Sekunden mit ein Mississippi, zwei Mississippi, drei Mississippi zu zählen. Und Papa hatte gesagt, manchmal muss man bis zehn zählen, bevor man etwas Bestimmtes sagt oder tut.

Jetzt kamen die Schritte auf die Tür zu!

Rasch glitt sie in ihr Zimmer, riss sich die Kleider herunter, machte das Licht aus, zog die Decke über das Gesicht und wartete.

Erst als sie hörte, wie Martin die Stereoanlage wieder einschaltete und die Musik schwach in ihr Zimmer drang, entspannte sie sich.

Elenor war gegangen.

Das war jetzt eine andere Musik.

Es ist die CD, die er von mir zu Weihnachten bekommen hat, dachte Agnes, bevor sie einschlief.

So was macht die Liebe

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