Читать книгу Die unglaubliche Geschichte von Hein, Gerda und Henne Helmuth - Bonjacque Werner Leusch - Страница 7

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Zwei Tage später - Heins Rauswurf

Schon als Hein die Tür zum Hühnerstall aufzog, überkam ihn so ein Gefühl, dass diesmal nicht ein ganz normaler Morgen war. Als sein roter Kopf sich langsam durch den Türspalt schob, um vorsichtig zu erkunden, was ihn so zögern ließ, wurde klar: Es war wirklich kein Morgen wie jeder andere!

Heins Augen wurden ganz groß und glotzen auf eine Reihe Hühner, die dort standen, als seien sie zum Morgen-Appell angetreten. In erster Reihe stand Helmuth und schaute Hein aus funkelnden Augen an! So schaute kein normales Huhn. So schaute nur ein Huhn, das zum Äußersten entschlossen war, das selbst nicht davor zurückschreckte körperliche Gewalt anzuwenden, um sich Respekt zu verschaffen.

Obwohl es Bauer Hein seltsam, ja fast beängstigend vorkam, was er dort sah, schlurfte er, ohne weiter nachzudenken, wie jeden Morgen, in den Hühnerstall und schloss die Stalltüre hinter sich.

„Was soll denn das geben, wenn es fertig ist?“, fragte Hein seine Hühner.

Wie jeden Morgen erwartete er nicht, dass seine Hühner auch nur die geringste Reaktion zeigten. Vielmehr erwartete Hein, dass sie wie immer dumm im Boden scharren und nach Körnern und Würmern picken würden, ohne auch nur die geringste Notiz von ihm zu nehmen.

Hein schlurfte also ebenfalls, wie jeden Morgen, zu den Nestern, um nachzuschauen, ob er nicht das ein oder andere leckere Hühnerei finden würde.

„Wage es nicht, deine dicken Finger nach unseren Eiern auszustrecken!“ Helmuth ging drohend eine Hühnerschritt auf Hein zu.

Nun, Hein ist ja nicht der schnellste Schnellmerker. Also schaute er Helmuth an und die respekteinflößende Reihe wehrhafter Hühnern im Hintergrund machte ihn unsicher.

„Was??? Wer sagt dddddas ddennnn?“, stotterte Hein. Er räusperte sich und holte einmal tief Luft. Dann stockte er einen Moment mit einem Gesichtsausdruck, als würde er gerade überlegen.

Da Bauer Hein beim Überlegen aber eben nicht so besonders schnell ist, und das, was dann nach langer Zeit dabei herauskommt, auch nicht immer so gescheit ist, dauerte es etwas länger… das Überlegen.

Dann, endlich, kam er zu einem Ergebnis: Alles Quatsch. Hühner können nicht sprechen!

Mit einer lässigen Handbewegung wischte er die Gedanken an sprechende und böse guckende Hühner weg.

„Also Mädels, wie sieht es aus. Heute wieder nur mickrige 4 Eier?“

„Heute gibt es gar kein Ei. Wage es ja nicht, eines anzurühren!“ Helmuth richtete sich zu seiner vollen imposanten Größe auf und pickte ein paar Mal drohend in Heins Richtung.

Hein stutze und versuchte, kurz zu überlegen. Aber dass dabei nichts rauskommt, ist ja schon bekannt. Darum schüttelte er schließlich seinen Kopf so, als ob er das, was hier vor sich ging, damit abschütteln konnte, dachte dass das alles nur platte Einbildung sei und kniete sich dann hin, um das erste Ei aus einem der Nester zu nehmen.

Blitzschnell vollführte Helmuth einen gekonnten Ausfallschritt in Richtung Bauer Hein und, untermalt mit einem lauten schrillen Kampfgegacker, hackte Helmuths Schnabel in Heins empfindlichen Handrücken.

„Aua, du blödes Vieh, das tut doch weh!“ Erschrocken zuckte Hein seine Hand zurück und betrachte die kleine Wunde auf seinem Handrücken.

„Ich habe dir gesagt, lass deine Finger von unseren Eiern!“, krächzte Helmuth und die Hühner hinter ihm gackerten zustimmend. Aufgebracht lärmten alle Hühner durcheinander, und nur ganz langsam trat wieder Ruhe ein.

Ohne wirklich zu kapieren, was hier vor sich ging, antwortete Hein:

„Aber das sind doch bloß Eier und noch lange keine Küken! Ihr habt ja noch nicht mal 'nen Hahn, ihr dummen Hühner. Ohne Hahn gibt das nix mit Küken! Ihr seid aber auch dumme, dumme Hühner.“ Dabei kratzte Hein sich am Kopf, so, als müsste er noch mal darüber nachdenken.

Wieder gackerten alle durcheinander. Und als es wieder still wurde, schauten unzählige Hühneraugenpaare auf Helmuth. Jedes Huhn ahnte, dass Helmuth eigentlich kein Hahn, sondern ein Huhn war und nur so tat, als wäre er oder sie der tollste Hahn.

„Ach, papperlapapp.“ Helmuth räusperte sich etwas verlegen. „Das ist doch egal. Das sind unsere Eier und wir haben sie trotzdem lieb.“ Und dabei reckte Helmuth alle Federn prachtvoll von sich, streckte seinen Körper, und fast schien es, als glühe sein Kamm rot auf, wie beim prächtigsten Hahn. „Wozu brauchen wir einen Hahn? Wir haben doch mich!“ Ein erleichtertes Raunen ging durch die Reihen der Hühner. Sie gackerten zustimmend und betrachteten sehnsüchtig ihren Helden Helmuth.

„Bist Du wirklich ein Hahn? Habe ich dich jemals den Tag und Sonne begrüßen sehen? Ein Hahn steht morgens auf dem Misthaufen und begrüßt den Tag mit lautem Krähen. Dann jagt ein Hahn den ganzen Tag hinter seinen Hühnern her und vertreibt den Fuchs. Und stehst du morgens auf dem Misthaufen oder jagst deine Hühner oder den Fuchs? Der lacht sich doch schlapp, wenn er dich sieht!“

Helmuth wurde etwas unsicher. Und außerdem fühlte er sich jetzt aber wirklich zutiefst beleidigt.

„Ach, papperlapapp, dummes Zeug.“

Helmuth gewann seine Fassung zurück.

„Und jetzt sieh zu, dass du hier raus kommst!“ Dabei scharrte er respekteinflößend mit den Hühnerkrallen im Boden, dass der Dreck nur so umher flog. Die Schar der Hühner begann aufgeregt zu gackern und sie alle folgten Helmuths Beispiel.

In null-komma-nix war der ganze Hühnerstall eine dreckige Staubwolke, und das Gegacker steigerte sich zum infernalen Gekreische.

Die Situation wurde für Hein jetzt doch recht bedrohlich, und entgegen seiner sonstigen Art, eher der Langsame zu sein, fasste er diesmal blitzeschnell den einzig richtigen Entschluss.

„Nur raus hier, aber dalli!“

Hein tastete nach hinten. Seine Finger suchten den Türriegel und fanden ihn. Sein Denken bestand nur noch aus dem Wunsch, ganz schnell zu entkommen. Dabei pochte sein Herz bis zum Hals, gerade so, als wolle es ihm aus dem Hemd springen. Und als die aufgebrachte Hühnerschar sich auf ihn stürzte und mit einem wilden entschlossenem „Kiaaaahhhh“- Kampfschrei zum Angriff überging, konnte Bauer Hein gerade noch durch den Türspalt entweichen.

Rumms… die Stalltür fiel ins Schloss und Bauer Hein rutschte schwer atmend, mit dem Rücken an die Tür gelehnt, langsam hinunter auf seinen Hosenboden. Da saß er nun, der Bauer Hein, auf seinem Hintern, in die Flucht geschlagen von ein paar blöden Hühnern, und konnte nicht verstehen, was das denn da eben gewesen war.

Wütend, aber auch etwas unsicher, stampfte er in den Schweinestall. Dann schaute er sich seine Schweine von außerhalb des Stalls an. (Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste… man weiß ja nie, was in den Köpfen der Tiere so vor sich geht. )

Er schaute genau hin, und er schaute lange. Erst als er sich ziemlich sicher war, dass seine Schweine nicht ebenfalls auf ihn losgehen würden, ging er erleichtert zurück ins Haus. Allerdings musste er vorher noch einige drohende Worte an seine Schweine richten.

„Also, ihr blöden Schweine, wenn ihr jetzt auch meint, ihr könntet hier die Sau rauslassen, dann zeig' ich euch wo der Metzger wohnt. Dann gibt es morgen Frikadellen… jawoll!“

Die Schweine interessierte das nicht, sie wühlten ohne erkennbare Regung wonnig grunzend weiter im Dreck.

An diesem Morgen gab es wieder kein Frühstücksei, nur einen Hein, der den Rest des Tages vor dem Hühnerstall hockte und wie gebannt auf die Stalltür starrte. In seinem Kopf drehte es sich wie auf dem wildesten Karussell. Was war das gewesen? Hatte er geträumt? Konnten seine Hühner wirklich sprechen? Hatten seine Hühner ihn tatsächlich aus dem Stall vertrieben? Was auch immer… es musste einen Grund geben. Etwas musste geschehen sein. Etwas Geheimnisvolles, etwas, das er noch nicht verstand.

Sein Entschluss stand fest: Er würde herausfinden, was geschehen war. Und er würde es herausfinden, jetzt, in der nächsten Nacht. Er würde sich aus dem Haus schleichen, wenn sein Schmetterling laut schnarchend neben ihn liegen würde. Dann würde er sich zum Hühnerstall schleichen und versuchen, zu hören und zu sehen, was dort vor sich ging.

Die unglaubliche Geschichte von Hein, Gerda und Henne Helmuth

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