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Kapitel 3

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Zur Überraschung der Belegschaft brachte Tanja Beck wenige Tage später ein Rundschreiben an die Arbeitsplätze, mit dem für fünfzehn Uhr desselben Tages eine Abteilungsversammlung bekannt gegeben wurde. Worum es gehen sollte, ergab sich aus dem Brief nicht, was die Phantasie der Mitarbeiter besonders anheizte. Die Gerüchteküche brodelte. Die Arbeit kam praktisch zum Erliegen.

Die Mitarbeiter versammelten sich weit vor fünfzehn Uhr im Sitzungssaal. Versehen mit vier Mikrofonen stand der Besprechungstisch nicht mehr mittig im Raum, wie bei Idas und Albert Kragens Feier, sondern quer vor einer der Seitenwände. Die Stühle standen wie im Kino in Reihen davor.

Fünf Minuten nach drei erschienen im Gänsemarsch Heinrich Leder, der zweite Geschäftsführer der Shirt-Parade, Klaus Eberhard, Ernst Zieher und eine mittelgroße, schlanke Frau mit brauner Kurzhaarfrisur. Sie nahmen nacheinander hinter dem Besprechungstisch Platz, testeten die Mikrofone, indem sie dagegen klopften, hineinpfiffen und von eins bis drei zählten, was allgemeine Heiterkeit zur Folge hatte und zu immer lauterem Stimmengemurmel führte, bis Heinrich Leder das Wort ergriff.

„Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter. Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer Abteilungsversammlung und danke Ihnen für Ihr zahlreiches Erscheinen. Es gibt sehr wichtige Neuigkeiten.“

Er machte eine Pause, bis es mucksmäuschenstill war, fuhr dann fort: „Ihr Abteilungsleiter, Herr Eberhard, möchte gern für ein halbes Jahr ins Ausland gehen. Dies ist bereits seit Längerem sein Wunsch. Jetzt endlich können wir ihm diesen Traum erfüllen!“

Erstaunte Rufe unterbrachen die Ansprache: „Das ist doch nicht möglich!“

„Hat der denn in der Vergangenheit Auslandsreisen unternommen?“

„Seine Arbeit ging ihn doch über alles!“

Leder klopfte nachdrücklich ans Mikrofon: „Bitte, meine Damen und Herren, lassen Sie mich fortfahren. Also, jetzt ist gerade der richtige Zeitpunkt gekommen, denn wir konnten Frau Ingeborg Lotte gewinnen, Herrn Eberhard für ein halbes Jahr zu vertreten.“

Mit diesen Worten wies er mit einer Handbewegung zu der Frau neben ihm, die aufstand und mit einem Kopfnicken einen Gruß an die Belegschaft andeutete.

Leder nahm das Wort wieder auf: „Frau Lotte wird uns für sechs Monate von der Unternehmensberatung Querformat zur Verfügung gestellt. Sie hat dort Ethikregeln für Unternehmen erarbeitet, die sie bei der Leitung der Abteilung anwenden wird.“

Erneut unterbrach lautes Stimmengewirr den Vortrag. Leder klopfte ans Mikrofon, fuhr unbeirrt fort: „Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen. Sie werden nicht Versuchskaninchen für einen neuen, monströsen Führungsstil. Im Gegenteil. Die Anwendung der von Frau Lotte erarbeiteten Ethikregeln wird zu besserem Betriebsklima, größerer Transparenz und, wie ich hoffe, zu noch mehr Zufriedenheit mit Ihrer Arbeit führen.

Wie ich bereits sagte, Sie brauchen keine Angst zu haben. Nichts wird unkontrolliert ablaufen. Frau Lotte wird Herr Zieher zur Seite stehen, der seit Jahren für die Shirt-Parade im Einsatz ist, ein Mann mit sehr großer Erfahrung, wie Sie wissen ...“

Was immer der zweite Geschäftsführer noch hatte sagen wollen, es ging in dem nun einsetzenden lauten Diskutieren der Mitarbeiter unter. Leder nutzte den Tumult, um die Versammlung für beendet zu erklären, wünschte allseits einen guten Tag. Dass seine Worte nicht gehört wurden, störte ihn nicht. Auf sein Zeichen hin erhoben sich Eberhard, Zieher und Lotte, um aus dem Raum zu marschieren, wie sie gekommen waren.

Das unsichtbare Tor

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