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Quid pro quo

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Paul hasste den Typ. Wenn Mark Glaser morgens mit seiner Angeberkarre auf den Parkplatz fuhr und kurz darauf mit Ak­tentasche und maßgeschneidertem Anzug an ihm vorbei schlenderte, hätte er ihm am liebsten eine Faust in sein süffi­santes Grinsen geschmettert.

Auch an diesem Morgen lächelte er so herablassend wie immer. „Schicker Overall, Paul.“

Er sagte nichts dazu. Was sollte er auch erwidern? Vielleicht: „Schicke Krawatte, Arschloch. Dieselbe Farbe hat die Kotze, die gleich deine Schuhe schmückt“?

Paul schnitt gerade die Hecke, als SIE ankam. Rechtsanwältin Victoria Hoffmann arbeitete erst seit wenigen Wochen hier. Sie hatte kurze schwarze Haare, eine Stupsnase und eine Figur wie eine Leinwandgöttin aus den Fünfziger Jahren.

Er beobachtete sie bei jeder Gelegenheit, achtete aber darauf, dass sie ihn nicht wahrnahm. Sobald sie in seine Richtung sah, drehte er den Kopf weg oder bückte sich nach Unkraut. Er wollte nicht sofort als Hausmeister und damit als unter ihrer Würde eingestuft werden. Man konnte ja nie wissen, vielleicht begegneten sie sich irgendwann unter anderen Umständen.

Die Heizungsanlage war kaputt. Als Paul mit der Reparatur fertig war, zeigte die Uhr halb sieben. Er hatte längst Feier-abend. Auf dem Parkplatz waren nur noch zwei Wagen: Der rote Angeberschlitten von Glaser und der kleine silberfar­bene Japaner von Victoria Hoffmann. In seinen Träumen war sie Vicky, die Stripperin, die sich zu langsamer Musik gekonnt vor ihm entblätterte, sich nackt an einer Stange rekelte und schließlich vor ihm in die Knie ging ...

Gleich da vorn war ihr Büro. Er schlich zum Fenster, über­zeugte sich davon, dass niemand in der Nähe war und warf wie so oft einen Blick hinein. Doch diesmal war etwas anders. Heute beugte Vicky sich nicht über Akten, sondern weit über den Schreibtisch. Die Unterarme hatte sie aufgestützt und ihre nackten Brüste schwangen hin und her wie Kirchen­glocken, nur schneller. Zwei Hände hatten ihre Hüfte gepackt.

Die Hände gehörten Mark Glaser.

Eine eigentümliche Hitze stieg in Paul auf. Gedämpftes Keu­chen erreichte seine Ohren und verwandelte sich in ein Rau­schen, als wäre er unter Wasser.

Das Stöhnen wurde lauter, Glaser stieß schneller und härter zu, bis beide ihren finalen Schrei losließen. Laut und hemmungs­los. Waren sie doch sicher, allein und unbeobachtet zu sein.

Mit rasendem Herzen und feuchten Handflächen sah Paul zu, wie die zwei sich langsam voneinander lösten, Knöpfe schlos­sen und sich auf intime und vertraute Art anlachten. Dann trat er vom Fenster weg, drehte sich um und ging.

Eine Einladung zum fünfzehnjährigen Bestehen der Kanzlei verbesserte Pauls Laune erheblich. Das war die Chance, auf die er gewartet hatte.

Unauffällig mischte er sich unter die Gäste, die plaudernd Sekt tranken. In einer Glastür betrachtete er zufrieden sein Spiegel­bild. Der Anzug betonte seine sportliche Figur und stand ihm hervorragend.

Als Seniorchef Meyer eine Rede hielt, entdeckte Paul Rechts­anwältin Victoria Hoffmann. Sie trug ein Kostüm, meerblau, wie ihre Augen. Ihr Brustan­satz war zu sehen.

Paul atmete tief ein. Er kannte ihre Brüste, sah sie jede Nacht vor sich. Vergrub sein Gesicht darin.

Ihr Blick fiel auf ihn. Nur kurz. Dann noch einmal, verwun­dert, nachdenklich. Sie schien zu überlegen, woher sie ihn kannte. Er lächelte ihr zu.

Nach der Rede ging er zu ihr hinüber und streckte ihr die Hand entgegen. „Hallo. Ich bin Paul.“

Sie zögerte, erwiderte dann seinen Händedruck. „Victoria Hoffmann. Sie sind ein Mandant?“

Er lächelte. „Victoria, die Siegreiche. Was für ein passender Name für eine Anwältin.“

„Nur deshalb habe ich Jura studiert“, sagte sie trocken, mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln in den Mundwinkeln.

Ein kurzer Blick zur Seite zeigte Paul, dass Glaser auf sie zukam. Verdammt!

„Trinken wir etwas zusammen?“, fragte er.

Sie zuckte mit den Schultern. „Warum nicht?“

„Großartig! Laufen Sie nicht weg, ich bin sofort zurück.“

Er betrat den leeren Herrenwaschraum. Durch einen Spalt in der Tür sah er, dass Mark Glaser zu Victoria trat und ihr etwas zuflüsterte. Sie lachte und schüttelte den Kopf.

Paul runzelte die Stirn. Verschwinde, du Widerling. Jetzt bin ich dran!

Doch Glaser blieb.

Paul dachte eine Weile nach, dann zog er sein Handy hervor.

„Herr Glaser, Telefon.“

Mark Glasers Augenbrauen hoben sich unheilvoll. „Jetzt? Wer ist es denn?“

„Seinen Namen hat er nicht genannt. Er sagte nur, es sei drin­gend.“

Mark seufzte, ging zum Empfang und nahm den Hörer auf. „Glaser.“

„Fahren Sie einen blauen Mazda MX 5?“

„Ja, allerdings. Wer ist denn da?“

„Sie sollten mal nach dem Wagen sehen.“

„Wieso? Was ist mit meinem Auto? Hallo? Hallo!?“

Kaum hatte Glaser das Gebäude verlassen, holte Paul zwei Gläser mit Sekt vom Empfang und trat auf Victo­ria zu.

„So, da bin ich wieder. Haben Sie mich schon vermisst?“

Sie lächelte amüsiert. „Es geht so. Aber Sie hatten mir etwas zu Trinken versprochen.“

„Und ich pflege Versprechen zu halten.“ Er reichte ihr eines der Gläser. „Bitte sehr.“

„Danke.“

Als er ihr tief in die Augen schaute, bemerkte er zufrieden, dass sie seinen Blick erwiderte. Gut so. Durch die Glasfront sah er, dass Glaser auf den Eingang zu­kam.

Paul fluchte innerlich. Er hatte auf etwas mehr Zeit gehofft. Entwaffnend lächelte er Victoria an. „Welches ist Ihr Büro?“

Sie sah überrascht auf. „Das letzte auf der rechten Seite. Warum?“

„Weil ich, äh, ich glaube, dass ein Arbeitsplatz viel über einen Menschen verrät“, improvisierte er. „Würden Sie mir Ihren zeigen?“

Sie musterte ihn, stellte ihr Glas auf einem Bistrotisch ab und nickte. „Also gut. Aber nur kurz.“

„Danke. Ich bin neugierig, was ich über Sie herausfinde.“

„Ich auch, glauben Sie mir.“

Sie ging voran. Paul sah Glaser durch die Eingangstür kom­men. Rasch folgte er Victoria durch den Flur.

„Hier ist es.“ Sie hielt die Tür auf und ließ ihn eintreten.

Er drehte sich zu ihr um. „Warum kommen sie nicht rein? Haben Sie Angst vor mir?“

„Angst? Nein, das nicht. Ich würde es gesunde Vorsicht nen­nen.“

„Die ist völlig unbegründet. Ich bin harmlos, wirklich.“

Er ging auf sie zu, nahm ihre Hand und zog sie ins Zimmer. Die Tür fiel zu. Widerstrebend folgte sie ihm und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen an den Schreibtisch.

Paul musste unweigerlich an die Szene denken, die sich hier abgespielt hatte und sein Herzschlag beschleunigte sich.

Wissend sah sie ihn an. „Warum sind wir wirklich hier?“

Er ging auf sie zu. „Gut, ich will ehrlich sein. Ich wollte mit dir allein sein.“ Er blieb vor ihr stehen, nahm ihre Hand. „Du wolltest es auch, oder?“

Sie zögerte. „Ich bin nicht sicher.“

„Doch, das bist du. Ich weiß es.“

Sie schluckte. „Wer sind Sie, Paul?“

Er strich sanft über ihre Wange. „Ist das wichtig?“

Sie zog den Kopf weg. „Für mich schon.“

„Du wirst es erfahren. Später. Ich verspreche es.“

Sie atmete tief ein. „Und du pflegst Versprechen zu halten, richtig?“

„Richtig.“

Er sah ihre geröteten Wangen, die Verwirrung in ihren Augen und wusste, er hatte sie dort, wo er sie haben wollte.

Ohne ein weiteres Wort legte er die Arme um ihre Taille, zog sie an sich und küsste sie.

Sie versuchte, ihn von sich wegzuschieben, doch als sie merkte, dass sie gegen ihn nicht ankam, gab sie den halbherzi­gen Widerstand auf.

Wurde weich und anschmiegsam.

Er wusste, sie genoss es, sich einem völlig Fremden hinzuge­ben. Genoss das Prickeln und die Gefahr, die es bedeutete. Immerhin konnte jederzeit einer ihrer Vorgesetzten herein­kommen.

Paul dagegen spürte nur den Triumph. Er, der einfache Haus­meister, verführte die Frau, die sein Erzfeind Glaser als die seine ansah. Er erforschte ihren Mund mit seiner Zunge, kne­tete ihre vollen Brüste und schob ihr den Rock über die Hüfte. Lauschte ihrem heißen Atem an seinem Ohr. Hob sie auf den Schreibtisch und drängte sich zwischen ihre Schenkel. Fühlte, streichelte, tastete.

Sie ließ es geschehen. War warm und feucht. Ungeduldig. Das Geräusch von reißendem Stoff vermischte sich mit dem erre­genden Geruch, der ihrem Schoß entströmte.

Es war soweit. Stöhnend drang er in sie ein. Bohrte sich so tief in sie, dass sie nach Luft schnappte, ihn ungläubig ansah und „Oh, mein Gott!“ hauchte.

Paul lächelte zufrieden.

Ihre Beine umklammerten ihn, sie sank nach hinten und wölbte sich ihm entgegen. Gehorsam stieß zu. Hart und schnell. Dann wieder langsam und sacht. Sie keuchte.

Ihre Hände packten seine Arme. Spitze Nägel bohrten sich in teuren Stoff. Sein Atem ging stoßweise. Er zwirbelte ihre Brustwarze, die so hart war wie eine tiefgekühlte Erbse.

„Jaaa!“, hauchte sie. „Jaaa!“

Gleich war sie soweit. Gleich würde ihr erleichterter Schrei die Luft zerreißen. Er wurde immer schneller, konzentrierte sich voll auf seine Körpermitte.

Bis er glaubte, Schritte zu hören. Sofort waren alle seine Sinne geschärft. Nun war der Moment gekommen, auf den er drei lange Jahre gewartet hatte.

Er steigerte noch einmal das Tempo, lauschte verzückt ihren immer lauter werdenden Quietschtönen und nahm gleichzeitig aus den Augenwinkeln wahr, dass sich die Tür wie in Zeitlupe öffnete. Mark Glaser erschien im Türrahmen.

Paul sah seinen schockierten Gesichtsausdruck und kam. So heftig wie noch nie zuvor in seinem Leben. Jaaaaaa!

„Victoria!“

Paul spürte, dass sie erstarrte. Nur ihr Brustkorb hob und senkte sich wie eine aufgewühlte Meeresoberfläche. Mit auf­gerissenen Augen sah sie zu Glaser.

Dann schob sie Paul von sich und richtete sich auf. Ordnete verlegen ihre Kleidung.

Glaser schloss die Tür und trat näher.

„Du treibst es mit unserem Hausmeister?“, fuhr er sie an. „Hast du den Verstand verloren?“

Ihr Kopf ruckte zu Paul, der erschöpft aber zufrieden seine Hose schloss.

„Hausmeister?“, echote sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

„Das ist eine Überraschung, nicht wahr?“, lächelte Paul. „Ich hatte dir doch versprochen, du würdest erfahren, wer ich bin.“

Fassungslos starrte sie ihn an, doch er achtete nicht mehr auf sie. Stattdessen wandte er sich an Mark Glaser.

„Deine Freundin ist sexuell offenbar nicht ausgelastet. Wir kennen uns noch keine Stunde, weißt du? Sie konnte es gar nicht erwarten, flachgelegt zu werden. Das war meine Rache.“

Marks Wangenknochen traten deutlich hervor. „Wovon zum Teufel redest du?“

„Davon, dass du mir vor drei Jahren meine Verlobte ausges­pannt hast. Melanie Herzog. Wir standen kurz vor der Hoch­zeit, als sie dich in einer Mietsache um Hilfe bat. Erinnerst du dich?“

Mark öffnete den Mund und schloss ihn wieder.

„Du hast sie verführt. Eine Mandantin. Wegen dir hat sie mich verlassen. Ich wurde depressiv, verlor meinen Job. Du hast mein Leben zerstört und ich habe mir selbst geschworen, dass ich dir das heimzahlen werde. Und ich halte meine Verspre­chen.“

„Das stimmt“, murmelte Victoria bitter und vergrub ihr Ge­sicht in den Händen.

Glaser achtete nicht auf sie. „Das mit Melanie ist doch schon längst Geschichte.“

„Vielleicht für dich, aber nicht für mich. Drei lange Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet.“

Paul ging auf Glaser zu und blieb direkt vor ihm stehen. „Quid pro quo. Du kannst doch Latein, nehme ich an.“

Damit schob er den verblüfften Anwalt zur Seite und ging.

ENDE

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