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Einleitung

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Dies ist eine Entzauberung – die Analyse einer Idee, die immer rascher immer klarere Formen annimmt und alle Lebenswelten zugleich erobern möchte. Ob in Erziehung, Partnerschaft, Kunst, Alltag, Philosophie, Politik, der Finanz- oder der Flüchtlingskrise, der Medizin oder Psychologie – überall wird das Prinzip Grenzenlosigkeit als Lösungsschlüssel par excellence offeriert. Subtil bis offen kommuniziert soll das kollektive Bewusstsein mit dieser neuen Beglückungsphantasie verzaubert werden. Die Chancen, dass dies wieder einmal klappt, stehen gar nicht so schlecht. Die letzten Beglückungsphantasien oder Ideologien, wie Kommunismus und Faschismus, haben gezeigt, dass so etwas geht und wie so etwas geht. Der französische Schriftsteller Victor Hugo hatte es schon im 19. Jahrhundert treffend formuliert: Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Also höchste Zeit, sich das Prinzip Grenzenlosigkeit einmal ganz genau anzuschauen. Denn bislang waren alle Utopien Einbahnstraßen zu Dystopien, aus vermeintlich zauberhaften Ideen wurde nur fauler Zauber, der im schlimmsten Fall im Blutbad mündete.

Überall wird das Prinzip Grenzenlosigkeit als Lösungsschlüssel par excellence offeriert.

Dass wir Grenzen brauchen, überall Grenzen existieren und Grenzenlosigkeit irgendwie noch nie so richtig funktioniert hat, ist eigentlich eine Banalität. Anders formuliert: Grenzen sind eine klare und einfache Lösung. Doch gerade die einfachen Lösungen haben einen denkbar schlechten Ruf und für die komplex zurechtgedrechselten Ideengebäude von Linksintellektuellen, zu denen man zur Zeit auch die der Mitte rechnen muss, sind sie das Schmuddelkind schlechthin. Am Beispiel Grenzenlosigkeit lässt sich sehr schön zeigen, wie gerade hier etwas Zurechtgedachtes an der Wirklichkeit zerbrechen wird und die einfache Lösung die richtige ist. Wenn alle Grenzen aufgehoben würden, dann ließen sich die Dinge nicht mehr exakt voneinander unterscheiden und das Schlechte ließe sich nicht mehr vom Guten trennen. Es ist ein Irrglaube, dass sich durch Vermischung mit dem Guten das Schlechte verliere. In einer zunehmend werterelativistischen und orientierungslosen Zeit werden klare Trennungen, Identifizierungen und Identitäten immer wichtiger. Das Konzept der Grenzenlosigkeit würde Orientierungslosigkeit durch grenzenlose Orientierungslosigkeit ersetzen. Und doch hat es die Grenzenlosigkeit geschafft, sich wie ein heimtückischer viraler Kobold in den Köpfen der Menschen einzunisten. Noch längst nicht bei allen Menschen, aber immerhin bei Menschen, die in den Medien Wortführer sind und manchmal auch gesellschaftspolitische Entscheidungen treffen und Fakten schaffen. Von ihnen wird Grenzenlosigkeit als vielgestaltig und verführerisch dargestellt. Doch im Resultat schafft sie noch mehr Probleme als vorher ohnehin schon da waren. Es ist schon erstaunlich, wie ein nicht zu Ende gedachtes Konzept als so erfolgversprechend auftreten konnte und weiterhin kann. Deshalb wird in diesem Buch die Strategie und Vermarktung dieses Konzeptes, insbesondere in Philosophie und Politik, gründlich analysiert. Richtschnur ist dabei nicht Political Correctness, sondern eine faktenbasierte Darstellung in postfaktischen Zeiten.

Dass wir Grenzen brauchen, überall Grenzen existieren und Grenzenlosigkeit noch nie richtig funktioniert hat, ist eigentlich eine Banalität.

Es ist ein Irrglaube, dass sich durch Vermischung mit dem Guten das Schlechte verliere.

Albtraum Grenzenlosigkeit

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