Читать книгу Das Juwel der Talmeren (Band 1) - C. M. Spoerri - Страница 10
Kapitel 2 - Léthaniel
Оглавление»Verflucht noch mal, was soll das?«, höre ich Steinwinds Stimme hinter mir und als ich mich zu ihm umdrehe, kann ich im Halbdunkel sehen, dass zwei Dunkelelfen meinen glatzköpfigen Freund flankieren.
Doch was mir viel mehr Sorge bereitet, ist, dass wir von diesen Dunkelelfen gerade in eine gewaltige Höhle geführt werden.
Wir befinden uns auf einer kleinen Plattform, von der aus ein Weg zwischen Tropfsteinen nach unten führt. Vereinzelt vermag ich ein paar Fackeln zu entdecken, aber das meiste der eisig kalten Höhle liegt im Dunkeln.
Da ich kein Ende wahrnehme, muss der Unterschlupf der Dunkelelfen enorme Ausmaße besitzen. An den Wänden fallen mir ein paar Einbuchtungen und Türen auf, die wohl in weitere Gänge oder Räume führen. Alles wirkt trist und schmutzig und ein säuerlicher Gestank dringt mir in die Nase. Ein scharfer Wind bläst mir ins Gesicht. Hatte ich vorhin noch das Gefühl, es mit meiner Reisekleidung und dem Pelzumhang warm genug zu haben, so lässt mich die Kälte, die in dieser Höhle herrscht, nun frösteln.
»Weiter!«, befiehlt der Elf, der fast noch ein Kind ist und sich vor mir aufgebaut hat. Er befindet sich anscheinend gerade im Stimmbruch, denn das Wort wird von einem leisen Quieken begleitet, das ihm unangenehm ist, wie ich in den roten Augen lesen kann.
Wie bei seinen Artgenossen ist seine Haut dunkel, mit einem leichten Graustich. Das Haar, unter dem spitze Ohren hervorblitzen, ist weiß, seine Statur schlank, jedoch muskulös und unterscheidet sich von der eines Menschen nur in der Feingliedrigkeit sowie der Anmut, mit der er sich bewegt.
Er reicht mir vielleicht knapp bis zur Brust und ich muss ein Lachen unterdrücken, weil ich von so einem kleinen Kerlchen Befehle erhalte.
Aber es wäre purer Selbstmord, wenn ich mich ihm widersetzen würde, das sehe ich ein. Steinwind und ich wären im Nu überwältigt, da ich keinerlei Magie wirken kann und zudem davon ausgehe, dass die Dunkelelfen in der Überzahl sind. Wir könnten allenfalls gegen zehn von ihnen bestehen, doch dann müssten wir uns geschlagen geben. Das ist wohl auch der Grund, wieso wir keine Fesseln tragen – diese Bastarde wissen ganz genau, dass sie die Oberhand haben.
Erneut ergreift der kleine Dunkelelf meine Finger, aber dieses Mal entziehe ich sie ihm.
»Ich kann selbst gehen«, brumme ich.
Das Kerlchen scheint nicht mit Widerrede gerechnet zu haben, denn es verzieht das Gesicht zu einer grimmigen Miene, ehe es mit Nachdruck meine Hand packt und mich mit so viel Kraft hinter sich her zerrt, dass ich tatsächlich stolpere. Gerade so gelingt es mir mit einem Ausfallschritt, meinen Körper daran zu hindern, mit dem Boden Bekanntschaft zu machen.
»Verdammt, Kleiner, pass auf!«, knurre ich, da wirbelt der Dunkelelf jedoch zu mir herum und stößt mir zwei seiner Finger gegen die Rippen.
Ich keuche laut auf, ein heftiger Schmerz durchzuckt mich und ich gehe in die Knie. Als ich an mir herunterblicke, sehe ich, dass seine Finger sowohl mein ledernes Wams als auch meine Haut durchdrungen haben, als bestände beides aus Papier. Nachdem er sie zurückgezogen hat, sind sie blutig und er leckt sie genüsslich ab, während er Worte in einer Sprache spricht, die ich nicht verstehe.
Bei den Göttern … wie ekelhaft!
Ich presse eine Hand auf die Verletzung und fluche in mich hinein. Noch eine Wunde mehr … so langsam wäre es verdammt sinnvoll, einen Heiler aufzusuchen. Nur leider ist hier weit und breit keiner.
»Anführer!«, höre ich Steinwind hinter mir keuchen. »Geht es dir …«
»Nein!«, unterbreche ich ihn und stoße scharf die Luft aus, was mir mit einem schmerzhaften Blitz aufzeigt, dass die Rippen, die der Dunkelelf getroffen hat, gebrochen sein müssen.
Verdammt noch mal, was essen diese Bastarde, um derart übermenschliche Kräfte zu erhalten?! Na gut, es sind Elfen, dennoch übersteigt diese Attacke alles, was ich bisher gesehen habe – und mein Gegenüber ist fast noch ein Kind!
Ein Teil von mir ist fasziniert, der andere würde sich am liebsten direkt hier übergeben.
»Steh auf!«, befiehlt der Scheißkerl wieder in der Menschensprache Praedisch, die ich problemlos verstehe, obwohl ich in Chakas aufwuchs, wo man Temer spricht.
Als Jugendlicher wurde ich in allen drei Landessprachen Altras unterrichtet und spreche sie daher fließend. Mit ein Grund, weshalb ich nach Fayl geschickt wurde, wo Lormisch die Hauptsprache darstellt.
Energisch greift der Elf nach meinem langen Haar, um mich daran hochzuziehen.
Früher habe ich meine dunkelbraune Mähne bis fast zu den Hüften wachsen lassen, aber für die Reise stutzte ich sie, sodass sie mir bloß noch bis über die Schulterblätter fällt. Nichtsdestotrotz hege und pflege ich meine Haarpracht, da ich weiß, dass sie viele Frauen wie magisch anzieht.
Dass dieser Kerl jetzt einfach so daran herumzerrt, geht eindeutig zu weit! Mein Haar ist mir heilig und mit Sicherheit wird es nicht von so einem dreckigen Bastard wie ihm angefasst!
Ich werfe den Kopf zurück und entwinde mich damit seinen Fingern, stemme mich hoch, um wankend auf die Beine zu kommen. Meine Seite pocht fürchterlich und noch immer presse ich die Hand auf die Wunde. Ich spüre warme Flüssigkeit, die auf den Boden tropft, doch ich fixiere mit den Augen das Dunkelelfenkind.
»Geh voran, du kleine Ratte!«, zische ich.
Ein hochmütiger Zug erscheint auf seinem Gesicht und ich glaube schon, dass er die Arme vor der Brust verschränken wird, da ertönt hinter mir ein Knurren, das nicht von Steinwind, sondern von einem der beiden anderen Dunkelelfen stammt.
In ihrer eigenen Sprache sagt einer von Steinwinds Bewachern etwas, das dem Kleinen wohl gegen den Strich geht. Er schenkt mir einen weiteren flammenden Blick, ehe er sich abrupt abwendet und weiterschreitet. Da mir keine andere Wahl bleibt, folge ich ihm – sorgsam darauf bedacht, nicht zu tief einzuatmen, um meine Rippen zu schonen.
Während wir den Weg in die Höhle hinuntergehen, schließen sich uns immer mehr Dunkelelfen an, die aus dem Nichts auftauchen. Mal lehnen sie plötzlich an irgendwelchen Tropfsteinen, mal stehen sie jäh vor uns, als wären sie von der Decke gefallen. Frauen und Männer jeglichen Alters befinden sich darunter – und sie folgen uns, als wären wir der Anfang eines verdammten Festumzugs.
Hätte ich mich nicht schon an ihr unheimliches Aussehen aufgrund unseres Gefährten ›Schatten‹ gewöhnt, wäre ich wohl zusammengezuckt. Aber so nehme ich ihre finsteren Mienen mit stoischer Gelassenheit hin. Es gibt anderes, was mich mehr sorgt. Steinwinds Leben und meines zum Beispiel.
Der junge Dunkelelf hält erst an, als wir eine Weile durch die scheinbar endlose Höhle gegangen sind und vor uns ein Platz mit noch mehr Angehörigen dieser Brut erscheint. Inzwischen müssen es Hunderte sein, die sich um uns versammelt haben.
Etwas Hoffnung beschert mir lediglich, dass ich weit über uns an der Höhlendecke einen kleinen hellen Fleck erkenne, der auf eine Öffnung hindeutet. Ein Ausgang, eine Fluchtmöglichkeit.
Nur wie komme ich da hoch? Wäre mein Greif Meteor hier, hätte dies kein Problem dargestellt – bloß erreiche ich diesen leider gedanklich immer noch nicht.
Als ich mir den Platz genauer anschaue, fallen mir zwei Pfähle auf, die am hinteren Ende aufgestellt sind und zu denen Steinwind und ich nun gebracht werden.
Wunderbar … man wird uns vor der schaulustigen Menge das Herz herausreißen, während wir dort festgebunden sind.
Die Dunkelelfen, die unseren Weg flankieren, sind erstaunlich still. Ich hätte mit Jubelgeheul oder Beifall gerechnet, aber sie fixieren uns nur mit ihren roten Augen und lassen die Szenerie dadurch noch unheimlicher erscheinen.
Aufmerksam sehe ich mich um, kann allerdings weder unseren ›Freund‹ Schatten noch Lucja entdecken. Entweder sind die beiden tot oder sie konnten fliehen. Ich hoffe auf Letzteres.
Als wir bei den beiden Pfählen angekommen sind, wundert es mich nicht, dass wir mit dicken Stricken daran festgebunden werden. Ich werfe einen Blick zu Steinwind, der sich ebenso konzentriert umschaut wie ich. Panik ist bei uns beiden fehl am Platz. Wir sind ehemalige Schurken und der Kampf ums tägliche Überleben ist uns nicht fremd. Wir haben schon schlimmere Situationen als diese hier gemeistert.
Nun ja … vielleicht nicht viel schlimmere.
Diese Situation ist echt RICHTIG übel …
Wir beide suchen nach einem Ausweg, ohne ihn jedoch zu entdecken.
Meine Aufmerksamkeit wird auf einen schlanken, hochgewachsenen Dunkelelfen gelenkt, der vor uns tritt. Er mustert sowohl mich als auch Steinwind ein paar Sekunden lang, bevor er sich der Menge zuwendet und wieder in dieser Scheißfremdsprache spricht, die ich nicht kenne.
»Verstehst du was?«, raunt Steinwind neben mir.
Ich schüttle zur Antwort den Kopf, da Steinwinds Worte ihm einen Faustschlag in den Magen von einem Dunkelelfen einbringen, der neben ihm steht.
Keine gute Idee, die Rede ihres Anführers zu unterbrechen. Verstanden.
Meine Rippen können auf weitere Misshandlungen verzichten.
Ich versuche, anhand der Stimmlage des Elfen irgendeinen Hinweis darauf zu bekommen, was sie mit uns vorhaben. Doch sie ist so monoton und düster, dass es von ›Schlitzt sie auf und esst ihre Eingeweide‹ über ›Wir werden ein dämonisches Ritual an ihnen vollführen‹ bis hin zu ›Lasst uns ihren Willen brechen und sie zur Sklaverei verdammen‹ alles bedeuten kann.
Mir ist bekannt, dass Dunkelelfen liebend gern Dämonen beschwören, was sie noch gefährlicher macht. Selbst habe ich mich noch nie an sogenannter grauer Magie probiert. Das ist mir zu schmutzig und Dämonen saugen zudem die Magie des Beschwörers nach und nach auf. Wenn ich etwas an mir saugen lasse, dann sind es die vollen Lippen einer Frau – sicher nicht die hässlich dunklen Kräfte eines Dämons.
Ich sehe mich um. Nur Dunkelelfen sind zu entdecken, das bestärkt mich in der Annahme, dass dieser Stamm keine Gefangenen zu Sklaven macht.
Na, das sind mal tolle Aussichten – endlich weiß ich, in welche Richtung das hier alles gehen wird. Herrlich.
Da fällt mein Blick auf einen Dunkelelfen, den ich kenne. Einen, dem ich mein Leben anvertraut habe.
»Verdammter Bastard!«, knurre ich, als ich tatsächlich den Assassinen unter den Zuschauern ausmache.
Ich zerre an meinen Fesseln, was allerdings ebenfalls von einem Faustschlag in meinen Magen unterbrochen wird. Keuchend schließe ich die Augen, versuche, gegen den Schmerz anzuatmen.
Als ich die Lider erneut öffne und zu der Stelle starre, wo der Assassine eben noch stand, ist er fort.
Aber ich habe ihn gesehen, eindeutig. Dieser Dreckskerl hat uns verraten!
Gerade beendet der Anführer seine Ansprache und Jubel bricht doch noch aus. Allerdings lässt er mir eine Gänsehaut über den Rücken gleiten. Die Mordlust in den Mienen der Dunkelelfen ist eindeutig: Wir werden gleich in Stücke gehackt.
Der Anführer wendet sich dem jungen Dunkelelfen zu, der mich hergeführt hat, und nickt, was diesem ein Grinsen entlockt. Er lässt sich von zwei seiner Kumpane die Kleidung ausziehen, sodass er schließlich nackt vor uns steht. Mir wird immer mulmiger zumute.
Was für ein kranker Scheiß geschieht hier?!
Ich beginne zu begreifen, dass es sich wohl um eine Art Aufnahmeritual oder so handelt, denn nur der junge Elf ist es, der sich für das, was gleich kommt, bereit macht. Der Rest steht weiter im Halbkreis um uns herum.
Wieder spricht der Anführer einige Worte und nun wird der Jubel der Umstehenden zu einer Anfeuerung.
Nicht gut …
Ich beobachte mit schmalen Augen, wie der Halbwüchsige seinen gestählten Körper dehnt, sodass die Knochen knacken. Dann, ohne Vorwarnung, prescht er auf Steinwind zu und rammt ihm, wie vorhin bei mir, seine Finger in den Unterbauch. Mein Freund stößt ein lautes Stöhnen aus, als die Hand des Elfen durch das Leder und seine Haut dringt.
Blitzschnell zieht der Elfenjunge sich zurück und hält ein Stück Fleisch in den Fingern.
Mein Magen rebelliert, als ich feststelle, dass es die Milz sein muss – zumindest klafft genau an der Stelle, wo sie liegen sollte, ein Loch in Steinwinds Bauch. Mein Freund heult laut auf, während Blut aus der Wunde läuft.
Ich zerre erneut an meinen Fesseln, aber es bringt nichts, ich kann mich nicht losreißen und muss hilflos zusehen, wie der verfluchte Elf beginnt, das Organ meines Freundes zu … essen?!
Was zum Henker läuft mit diesem Volk schief?!
Blut tropft auf seinen nackten Körper, was ihn zu erregen scheint, wie unschwer zu erkennen ist. Ich wende den Kopf ab, da ich nicht länger zusehen kann, ohne mich zu übergeben.
Ja, in meinem Leben habe ich schon viel zu sehen bekommen, aber wie ein Halbstarker ein blutiges Stück Fleisch meines besten Freundes vertilgt und dabei einen Ständer kriegt, muss ich mir nicht geben. Sollte ich das hier überleben, werde ich definitiv einen Albtraum mehr haben, der mich verfolgt.
Ich presse die Augen zusammen und versuche, das triumphierende Geheul der Dunkelelfen sowie die Schmerzensschreie meines Freundes auszublenden. Keine Chance.
Als ich einen brennenden Schmerz an der Stelle spüre, wo der Elf mich bereits verwundet hat, reiße ich die Lider wieder auf. Hätte ich das Mal besser gelassen … denn der Anblick, der sich mir zeigt, und der Eisengeruch, der in meine Nase dringt, lassen mich nun wirklich würgen.
Der junge Elf hat sich vor mich hingestellt und schiebt mir unter dem Beifall seiner Artgenossen gerade grinsend Hemd und Wams hoch, um mir auf Höhe der Taille ein handtellergroßes Stück Fleisch herauszureißen. Als seine spitzen Zähne in meinen Körper dringen, werfe ich den Kopf in den Nacken und kann den Schmerzensschrei nicht unterdrücken, der meiner Kehle entweicht.
Der junge Elf lacht gehässig und das genüssliche Schmatzen, das ich vernehme, gibt mir den Rest. Doch ehe ich mich übergebe, fällt mein Blick hinauf zur Höhlenöffnung. Als ich dort einen schwarzen Schatten entdecke, kann ich mein Glück kaum fassen.
Eine Mischung aus Heulen und Lachen entfährt mir, während ich kurz darauf in meinem Geist ein Bild aufflackern sehe, das nur ein Wesen auf dieser Welt mir schicken kann: Es ist das Bild einer kleinen Echse. Mein Greif Meteor hat einmal einer das Leben gerettet, indem er sie vor dem Vertrocknen auf sandigem Boden bewahrte und sie stattdessen behutsam mit seinem Adlerschnabel aufnahm und in den nächsten Tümpel brachte, den er fand. Ich bin zwar keine Echse, aber dennoch verstehe ich, dass Meteor mich retten wird.
Schon spüre ich seine Magie, die sich mit mir verbindet und damit die Lücke füllt, die entstand, als mir meine eigenen Kräfte von den Dunkelelfen genommen wurden.
Ich fackle nicht lange, sondern lasse meine Stricke in Flammen aufgehen, was das Jubelgeheul unserer Peiniger abrupt verstummen lässt. Allerdings nur für die Dauer eines Lidschlags, denn im nächsten Moment sind wütende Schreie zu vernehmen.
Obwohl der Schmerz meiner klaffenden Wunde überwältigend ist, stoße ich mich blitzschnell vom Pfahl ab und ramme den jungen Elfen, der mich vollkommen verdattert ansieht, mit der Schulter. Noch während aus seinem Mundwinkel ein Fetzen meiner Haut hängt, stoße ich ihn zu Boden. Anschließend hechte ich zu meinem Freund, bilde um uns einen Schutzschild und lasse meine Feuermagie in seine Fesseln dringen.
Als sich die Stricke eine Sekunde darauf gelöst haben, sackt Steinwind benommen zusammen. Er hat viel zu viel Blut verloren, wie mir die glänzende Lache seines Lebenssaftes zeigt, in die ich unwillkürlich getreten bin.
»Aufstehen, Großer!«, befehle ich mit scharfer Stimme, denn die Dunkelelfen waren derweil nicht untätig.
Dutzende Pfeile prasseln gegen meinen magischen Schild und lassen ihn erbeben. Ich sehe, wie einige unserer Gegner gerade ihre Kräfte miteinander verbinden, um uns mit Magie anzugreifen.
Scheißelfenpack!
»Hoch mit dir!« Ich zerre an Steinwinds Oberarm, habe aber keine Chance, seinen muskelbepackten Körper aufzurichten, da meine eigenen Kräfte durch die schmerzhafte Wunde an der Seite und die gebrochenen Rippen geschwächt sind.
Ich schaue nach oben und bemerke, dass Meteor inzwischen so nahe ist, dass ich seine gelben Adleraugen erkennen kann. Er trägt zum Glück immer noch die Satteltaschen, die ich ihm nicht abgenommen hatte, und wieder einmal muss ich feststellen, was für ein beeindruckendes Geschöpf er ist. Wenn wir nebeneinanderstehen, reicht er mir bis zur Brust und ich zweifle keinen Moment daran, dass es ihm problemlos gelingt, Steinwind und mich zusammen auf seinem Rücken zu tragen. Doch dafür müssen wir erst mal heil zu ihm gelangen.
Da ich jetzt über die schier endlose Magie meines Greifs verfüge, gelingt es mir, breit gefächerte Feuerwellen auf die Dunkelelfen loszulassen. Sie ziehen sich etwas zurück, aber der Pfeilhagel prasselt weiter auf uns nieder.
Meteor wird unter solchen Umständen nicht heil landen können, denn ich vermag meinen Schutzschild erst über ihn auszubreiten, sobald er in meiner Nähe ist.
Leise fluchend halte ich die Elfen mit meinen Feuerzaubern auf Abstand, während ich ein Stoßgebet zu den Göttern sende, dass sie uns Hilfe schicken.
Als das schaurige Knurren eines Dämons erklingt, sinkt die Hoffnung jedoch, dass die Götter mich erhört haben könnten.
Voller Entgeisterung stelle ich fest, dass die Dunkelelfen tatsächlich ein Schattenwesen beschworen haben, das sie auf uns zupreschen lassen.
Das war’s – sobald der Dämon uns erreicht, sind wir geliefert.
Noch einmal jage ich eine mächtige Feuerwelle auf die Gegner. Als ich sie wütend fixiere, erkenne ich mit einem Mal, dass sie kurz blinzeln, wenn das Feuer auf sie zuschießt.
Da kommt mir ein rettender Gedanke.
Unser Gefährte Schatten hat seine Augen bei Tageslicht immer mit einem Stoff geschützt, weil er als Dunkelelf äußerst lichtempfindlich ist.
»Licht«, knurre ich. »Wir brauchen mehr Licht.«
Ich werfe einen raschen Blick zu Meteor, der über uns kreist und ebenfalls von Pfeilen attackiert wird. Allerdings ist er glücklicherweise zu weit weg, sodass sie ihn nicht erreichen.
»Tut mir leid, mein Junge, das wird jetzt etwas unangenehm«, murmle ich, ehe ich so viel Magie wie nur möglich sammle.
Meteor kreischt vor Schreck, doch bevor er seine Kräfte vor mir verschließen kann, lasse ich ein Licht um uns entstehen, das die Höhle taghell erleuchtet. Es ist derselbe Zauber, den ich verwende, wenn ich mit Magie meine Umgebung erhellen möchte, nur viel stärker.
Ein Aufschrei geht durch die Reihen der Dunkelelfen, doch ich kümmere mich nicht darum, sondern zerre Steinwind mit letzter Kraft auf die Beine.
»Komm!«, befehle ich meinem Greif, der sich von dem ersten Schrecken erholt hat und nun wie ein Komet zu uns herunterschießt. Genau wegen solch waghalsiger Flugmanöver hat er seinen Namen erhalten.
Ich habe keine Ahnung, wie lange die Elfen geblendet sind, möchte es aber auch nicht herausfinden, denn der Dämon, den sie beschworen haben, ist leider nicht lichtempfindlich.
Da die Elfen, die ihn kontrollieren, damit beschäftigt sind, ihre Sehfähigkeit wiederzuerlangen, anstatt ihm Befehle zu erteilen, schwebt er gerade lediglich bewegungslos in der Luft und fixiert mich mit rot glühenden Augen. Aus seinem Blick spricht purer Hass.
Nein, mit dem will ich definitiv keine nähere Bekanntschaft schließen …
Meteor landet direkt vor mir, ich breite blitzschnell den Schutzschild über ihn aus und hieve Steinwind auf seinen Rücken. Zum Glück ist mein Freund noch so weit bei Bewusstsein, dass er mir dabei etwas helfen kann.
Den Schmerz in meiner Seite ignorierend, steige ich ebenfalls hinter Steinwind auf Meteors Rücken. Noch ehe ich richtig sitze, erhebt sich der schwarze Greif mit einem lauten Kreischen und stößt sich mit seinen Löwenpranken vom Boden ab.
Während er sich in die Luft schraubt, ertönt wütendes Gebrüll unter uns und der Pfeilhagel setzt wieder ein. Aber ein paar Sekunden darauf sind wir schon zu weit weg und die Geschosse erreichen uns nicht mehr. Trotzdem halte ich den Schutzschild weiterhin aufrecht – sicher ist sicher.
Erst als wir durch die Öffnung in der Höhlendecke fliegen und uns der warme Schein eines Sonnenaufgangs empfängt, gestatte ich mir, durchzuatmen.
»Verflucht, war das knapp«, murmle ich, bevor ich über Steinwind zusammensacke, der bereits bewusstlos ist.